15.33

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherIn­nen zu Hause und auf der Galerie! Es war eine sehr spannende Diskussion, es gab sehr konträre und teilweise übereinstimmende Expertenmeinungen, denn alle, die hier gesprochen haben, insbesondere Kollege Dr. Smolle, Frau Kollegin Dr. Povysil, sind Experten, die in diesem Bereich tätig sind. (Abg. Schieder: Machen Sie da jetzt die Zu­sammenfassung?) Sie haben ganz wichtige und wesentliche Dinge gesagt.

Ein ganz wesentlicher Punkt hat mir persönlich in dieser gesamten Diskussion aber wirklich gefehlt. Wenn wir den Blick nach China richten und unser System mit dem System dort vergleichen, dann fällt eines auf: In China werden die Ärzte dafür bezahlt, dass sie die Gesundheit der Menschen erhalten; nur dann gibt es Geld. Unser System ist komplett anders konzipiert, und da ist meiner Meinung nach schon der große Denk­fehler impliziert. Bei uns muss man krank werden, damit man Leistungen bekommt.

Der Tätigkeitsbericht des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger bestätigt ei­gentlich nur, was ich hier gerade skizziert habe. Wenn wir uns die Ausgaben der Kran­kenversicherung für 2017 anschauen, so sehen wir, es gab Gesamtausgaben von 18 440 Millionen Euro. Davon gehen 24 Prozent an die Ärzte, das sind 4 423 Millionen Euro, 28 Prozent gehen an die Spitäler, das sind 5 250 Millionen Euro, und die Medika­mente machen 19 Prozent aus, das sind 3 553 Millionen Euro. Das heißt, bei uns muss man erst krank werden, damit man Leistungen bekommt.

Wir müssten eigentlich dabei ansetzen, dass man viel mehr in die Prävention, in die Gesundheitsvorsorge, in Aufklärung und Information investiert. Kollege Hoyos-Trautt­mansdorff hat das in seinem Redebeitrag auch kurz erwähnt: Es gibt technische Mög­lichkeiten hinsichtlich Prävention und Gesundheitscheck, da gibt es gute Beispiele. Wir müssen wirklich ein großes Umdenken herbeiführen, was vielleicht kurzfristig auch et­was Geld kostet, damit wir längerfristig die Arztpraxen, die Spitäler und die Kranken­betten entlasten und letztendlich auch die Kosten senken können.

Herr Stöger, wenn Sie einen großen Dank an die niedergelassenen Ärzte ausspre­chen, die sehr viel Zeit in die Beziehungsarbeit stecken, dann muss ich eine Frage in den Raum stellen: Wann waren Sie das letzte Mal bei einem Arzt? Ich wünsche wirk­lich allen viel Gesundheit, denn das ist das Wichtigste; Frau Dr. Irmgard Griss hat das mehrfach betont und aufgezeigt. Ich sage Ihnen aber eines: Wenn ich zu meinem Hausarzt gehe – und ich wohne nicht irgendwo am Land, sondern in Linz, mitten in der Stadt – und um 8 Uhr dort bin, heißt es: Herr Dönmez, kommen Sie so gegen 12 Uhr, dann kommen Sie vielleicht heute noch dran! Wissen Sie, wie viel Zeit ein Arzt für die Beziehungsarbeit in der Ordination, die Sie angesprochen haben, aufbringt? – Keine 3 Minuten für einen Patienten!

Die Ärzte und Ärztinnen in meinem Freundeskreis haben an einem Tag, an dem es ruhig ist, teilweise 120 Patienten, und wenn sie dann auch noch KollegInnen vertreten, weil die gerade auf Urlaub sind oder die Praxis geschlossen hat, haben sie an einem Tag bis zu 180 Patienten, und das bis 13 Uhr. Dann wird die Ordination geschlossen, und sie müssen Hausbesuche machen, dann müssen sie noch in die Altersheime fah­ren und so weiter. Die sind bis hierher (die flache Hand über die Augenbrauen hebend) mit Arbeit eingedeckt.

Mit Wertschätzung und Dank alleine zahlen sich die Rechnungen und die erforder­lichen Geräte auch nicht. Wir wissen, dass dieses Equipment schweineteuer ist, und gerade für junge Ärzte ist es irrsinnig schwierig, wenn sie eine Praxis übernehmen müssen, wenn nicht schon die Eltern- oder die Großelterngeneration Ärzte waren. Für einen Jungarzt fallen da maximale Kosten an. Es ist schier unbewältigbar.

Eines muss man sich auch vor Augen halten: Warum gehen denn so viele ausgebilde­te Ärzte, wenn sie ihre Ausbildung in Österreich absolviert haben, in das angrenzende Ausland, nach Deutschland, in die Schweiz? – Weil sie dort um ein Viertel mehr ver­dienen! Es ist ja nicht jeder Feind seines eigenen Einkommens, sondern schaut natür­lich, dass er das Beste für sich herausholt. Die Leute um teures Geld in Österreich aus­zubilden und dann teilweise mehr als die Hälfte ans Ausland zu verlieren ist kurz­sichtig.

Wir müssen, so wie das Kollege Dr. Smolle gesagt hat, schon in der Ausbildung an­setzen und die Leute für Österreich begeistern. Das können wir nur schaffen, wenn wir attraktive Rahmenbedingungen haben und wenn es sich auch lohnt, dass man Arzt wird und Arzt bleibt. Ein Arzt am Land verdient durchschnittlich 5 000 Euro brutto, und ich sage Ihnen, als gelernter Installateur verdiene ich, wenn ich mehr als 40 Stunden arbeite, fast das Gleiche. Es kann nicht sein, dass jemand, der jahrelang studiert, der jahrelang in Ausbildung ist, so wenig Geld bekommt; da brauchen wir uns nicht zu wundern, dass dieser Beruf für viele nicht attraktiv und nicht interessant ist.

Das heißt, sehr geehrte Frau Ministerin – lange Rede, kurzer Sinn –, bitte in die Prä­ventionsarbeit viel Energie investieren, weil wir uns dadurch längerfristig sehr viel an Kosten sparen! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.39

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.