Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung, 29. Jänner 2019 / Seite 49

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Tag für Tag – Sie wissen es, 24 Stunden, sieben Tage in der Woche – körperliche und auch psychische Arbeit für Patientinnen und Patienten in Österreich leisten.

Wenn ich mir ansehe, was in den kommenden Jahren auf den Gesundheitsbereich und die Gesundheitsversorgung zukommt, auf die Arbeitsbedingungen von Ärztinnen und Ärzten, kann ich Ihnen sagen, es wird nicht mehr sehr viele Ärztinnen und Ärzte und auch nicht sehr viele PflegerInnen und TherapeutInnen geben, die in diesem Gesund­heitssystem arbeiten wollen. Es drohen nicht nur kurzfristige Engpässe oder sogenann­te Versorgungslücken, wie die Experten sagen. Derzeit sind es einige Gemeinden, die betroffen sind – ich werde darauf eingehen –, die keinen Hausarzt, keine Hausärztin finden, aber bald werden es ganze Regionen in Österreich sein, in denen es keinen einzigen Hausarzt mit Kassenvertrag gibt.

In den nächsten Jahren – das ist eine demografische Entwicklung, dafür kann die Poli­tik nichts; der Grund ist die alternde Gesellschaft, das macht natürlich bei den Ärzten und Ärztinnen nicht Halt, das ist ganz klar – werden nämlich Tausende Ärzte in Pen­sion gehen beziehungsweise das Pensionsalter erreichen; das wirklich große Problem dabei ist: ohne Nachwuchs. Wenn jemand in Pension geht, ist es nicht so schlimm, wenn man weiß, der Nachwuchs ist vorhanden. Wir wissen, dass das nicht erst in ein paar Jahren ein großes Problem sein wird, es gibt schon einige Menschen, die davon betroffen sind; 200 000 Menschen in Österreich, Patienten und Patientinnen, haben derzeit keinen wohnortnahen Hausarzt zur Verfügung. Genau aus diesem Grunde muss und soll die Gesundheitspolitik dieses Thema und diese Entwicklung ernst neh­men. Frau Bundesministerin, auch Sie sollten es ernst nehmen und sollten hier han­deln. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie schaut die Situation in Österreich aus? – Ja, wenn man sich die absolute Zahl der Ärztinnen und Ärzte in Österreich anschaut, dann zeigt sich, wir haben, wenn man das europaweit vergleicht, eine der höchsten Ärztedichten; das stimmt. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wir müssen uns aber fragen: Wie kann es sein, dass die Menschen trotzdem stundenlang in überfüllten Ordinationen warten müssen? Wie kann es sein, dass Menschen oft wochen- und monatelang auf einen Facharzttermin warten? Es sind nicht alle, sondern einige Spezialisierungen besonders betroffen, etwa die Hautärztin­nen und Hautärzte, auch in Wien. Wie kann es sein, dass Gemeinden Kassenordina­tionen immer und immer wieder ausschreiben müssen und dennoch keinen Hausarzt finden, nachdem der alte Hausarzt oder die alte Hausärztin in Pension gegangen ist?

Und wie kann es sein, Frau Bundesministerin, dass ich den Eindruck habe, dass Sie vor diesem Thema in den letzten 13 Monaten eher die Augen verschlossen haben, die­ses Thema vielleicht auf die lange Bank geschoben haben, wie Sie es mit der Pflege kürzlich auch gemacht haben?

Wir alle wissen ganz genau: Ja, theoretisch gäbe es genug Ärztinnen und Ärzte in Ös­terreich. Sind sie aber gemäß dem sogenannten Sachleistungsprinzip dort, in den Kas­senordinationen, wo wir sie eigentlich tagtäglich brauchen, arbeiten sie im Spital bei den Patienten und Patientinnen? – Nein, dort sind sie nicht in ausreichender Zahl – wir wissen das, wir haben uns diese Zahlen ja genau angeschaut –, und das hat viele Gründe.

Ich weiß, wie Ihre mögliche Lösung, die Lösung der Bundesregierung und der Regie­rungsfraktionen, ausschaut: Die Menschen sollen halt zum Privatarzt gehen, oder sie müssen, wenn sie sich den Privatarzt nicht leisten können, eben länger warten, bis sie einen Termin bekommen, oder länger in der Ordination sitzen. Ihr Zugang ist wie so oft: Der Markt wird das schon regeln! Die Gesundheitsversorgung ist aber kein freier Markt. Das war schwarz-blaue Gesundheitspolitik in der Vergangenheit und das ist schwarz-blaue Gesundheitspolitik auch heute. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wögin-


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