9.44

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Minis­ter! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich muss meinen Vorrednern schon auch recht geben – Herrn Gudenus nicht, Herrn Krainer schon (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) –, dass die Aktualität sich mir nicht ganz erschließt.

Die Selbstverliebtheit dieser Regierung dürfte heute auf die Spitze getrieben worden sein, aber man könnte auch die Rede des Herrn Finanzministers so interpretieren, dass er eine Übungsvorlage für Schülerinnen und Schüler sein soll, die sich in Zukunft im Futursetzen oder vielleicht in Konditionalsätzen üben sollten – falls, dann –: Falls wir keinen Einbruch in der Konjunktur haben, falls wir das nötige Volumen haben, dann haben wir aber wirklich – diesmal wirklich! –, wirklich, wirklich vor, eine Entlastung durchzuführen. Jedenfalls ist es sehr, sehr mutig, sich hierherzustellen und eigentlich auf der Basis von nichts (Abg. Belakowitsch: Das ist so wie Ihre Reden! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), von Absichtserklärungen eine Aktuelle Stunde zu machen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Es ist eine große Enttäuschung, dieses Nichts, das kann ich Ihnen auch verraten, denn das, was sozusagen an Punktation, an Absichtserklärungen, an Vorhaben hier schon auf den Tisch gelegt oder zumindest medial aufgeblasen wurde, ist sehr enttäuschend.

Herr Finanzminister, Sie haben erst vor ein paar Tagen eine Jubelmeldung ausge­geben, was sozusagen den Budgetpfad angeht. Sie haben auch heute wieder gesagt, dass die Einnahmen massiv steigen und die Ausgaben sinken. Jetzt bin ich die Letzte, die diesen Kurs an sich kritisiert. Wenn ich aber Unternehmerin wäre, dann wäre ich schon ganz schön angefressen, dass Sie sich nach solch einer Konjunktur, nach solch einer Wachstumsphase, in der so viele Unternehmerinnen und Unternehmer hervor­ragende Arbeit gemacht haben und dafür Sorge getragen haben, dass die Steuern sprudeln, nach knapp einem Jahr hinstellen und sagen: Das ist meine Leistung! – Verzeihen Sie also: Das finde ich schon ein wenig übertrieben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich hat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. – Das ist ein Satz, der schon so lange so dringend im Raum steht, an dem Sie aber auch nichts ändern – gar nichts ändern!

Kommen wir zum ersten Punkt: Wo ist denn zumindest ein Vorhaben einer echten Ausgabenbremse, also dass Sie sagen, dass Sie eine Schuldenbremse oder eine Ausgabenbremse in die Verfassung schreiben? – Es gibt nichts, keine Vorhaben, die zeigen: Wir gehen es jetzt wirklich an, entschlossen Reformen auf den Weg zu bringen und die Ausgaben für die Zukunft zu zügeln!

Zweitens: Welche Art der Entlastung braucht es? – Da gebe ich meinem Vorredner, Herrn Krainer, in vielem, was er gesagt hat, nicht recht, da habe ich ganz andere Vorstellungen. Wenn es nach uns NEOS geht, geht es nicht darum, Vermögen weiter umzuverteilen, es geht aber auch nicht darum, Vermögen zu sichern, sondern es geht darum, die Menschen – insbesondere den Mittelstand – in die Lage zu versetzen, wieder Vermögen aufbauen zu können, sich zumindest wieder ein bescheidenes Ver­mögen erarbeiten zu können. Das, was mittlerweile ja so viele Menschen wirklich gran­tig macht, ist, dass sie sehen, dass sie mit ihrer Arbeit eigentlich nicht vorankommen.

Dazu braucht es aber eine radikale Entlastung insbesondere der mittleren Einkommen. Davon sehe ich nichts. Davon höre ich nichts. Dazu braucht es auch ein Bekenntnis zu einer Stärkung des Kapitalmarkts, zum Beispiel ein Vorhaben, das man wieder einmal darüber redet, die Abschaffung der Spekulationsfrist abzuschaffen. Davon sehe und höre ich nichts, das ist definitiv zu wenig.

Es geht auch um Generationenfairness, das ist uns ein besonderes Anliegen. Wenn wir heute wissen, dass das Medianeinkommen – und es sei wirklich allen vergönnt –, das mittlere Einkommen von Menschen über 65 deutlich höher ist als jenes von unter 40-Jährigen, dann können Sie sich vorstellen, wie schwierig es junge oder mittel­alterliche Menschen haben, die gerade in der Phase sind, eine Familie zu gründen, sich umzuschauen, ob es vielleicht noch irgendwo ein Eigenheim gibt, das sie erwer­ben können, sich etwas aufzubauen. (Abg. Wöginger: Was sind mittelalterliche Men­schen?) Daran ändert sich nichts. Haben Sie Mut und gehen Sie eine radikale Entlas­tung des Faktors Arbeit an! (Beifall bei den NEOS.)

Zum Thema kalte Progression: Entschuldigung, das ist nichts anderes als ein Ver­sprechen, das gebrochen wird. Sie als ÖVP und als FPÖ haben mehrfach gesagt, dass die kalte Progression abgeschafft wird. Heute hören wir nichts anderes als eine Absichtserklärung. Ich verstehe die Logik dahinter: Die Steuerzahler dürfen sich diese Steuerreform selber finanzieren. Aus der linken Tasche ziehen wir das Geld raus und in die rechte Tasche geben wir das dann gnädig wieder zurück. Das ist eine Chuzpe und nichts anderes! Die kalte Progression gehört sofort abgeschafft. (Beifall bei den NEOS.)

Ein Punkt noch zur Generationenfairness: Generationenfairness heißt auch, Lenkungs­maßnahmen auf den Weg zu bringen, die dringend notwendig sind – und das wissen Sie! Dazu zählt eine Ökologisierung des Steuersystems, das heißt eine aufkommens­neutrale CO2-Besteuerung. Wir müssen die CO2-Preise in ganz Europa höher machen. Das ist eine Frage der Generationenverantwortung – wie ich es gesagt habe –, nämlich auf der einen Seite Arbeit radikal zu entlasten, aber auf der anderen Seite den Ressourcenverbrauch sehr wohl zu besteuern. (Abg. Wöginger: Was ist das? Ist das eine Dieselsteuer? Was wollt ihr denn? – Ruf bei der FPÖ: Oder eine Eisenbahn­steuer? Weil die Eisenbahn ... so viel Feinstaub! – Zwischenruf der Abg. Winzig.) Dies­bezüglich sehe ich gar nichts. Es ist mutlos, es ist kraftlos und es ist der nächsten Ge­neration gegenüber nicht fair. (Abg. Belakowitsch: Sehr fair!)

Ein Letztes zur ausgabenseitigen Reform noch: Den größten Brocken gehen Sie nicht an, nämlich den eines generationenfairen Pensionssystems, den einer Reform des Pen­sionssystems dahin gehend, dass es allen Generationen gegenüber fair ist.

Sie haben hier nur Ankündigungen auf den Tisch gelegt. Sie haben sich im Wahlkampf damit überboten, wer mehr bietet: 14 Milliarden Euro Einsparungen, Ausgabenbremse.

Sie haben hier nichts auf den Tisch gelegt, und die nächste Generation schaut durch die Finger. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

9.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.