10.43

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Europaminister! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Danke dem Euro­paminister für diese umfassende Information und vor allem ein Danke für das, was diese Bundesregierung in der Präsidentschaft geleistet hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Danke!)

Die NEOS reden gerne von Visionen und neuer Sachlichkeit. (Ruf bei der ÖVP: Reden!) – Sie reden davon! Ich habe mir die Mühe gemacht, das EU-Programm der NEOS anzusehen: Es strotzt von Angstmache und maßloser Übertreibung. Ich darf aus Ihrem Leitantrag nur zwei Sätze zitieren: Der Kontinent soll „in nationale Ketten“ gelegt werden (Heiterkeit des Abg. Wöginger); Heinz-Christian Strache ist einer derjenigen, die den Kontinent in Ketten legen möchten. – Während der Präsidentschaft war das Gegenteil der Fall: konstruktive, aktive Mitarbeit seitens der Regierungs­mitglieder der FPÖ, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ja, Sie nehmen das nicht zur Kenntnis, Präsident Juncker hat das aber so beurteilt. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Aber es geht ja noch weiter: Die EU „sitzt im Gefängnis“. Wissen Sie das? Die EU „sitzt im Gefängnis der starren Ansprüche nationaler Politikerinnen und Politiker“. – Wir (reihum auf die Sitzreihen weisend) halten die EU im Gefängnis? Ja, wo leben die NEOS eigentlich?! Die EU ist kein Gefängnis, das Gegenteil ist der Fall! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die Grund- und Freiheitsrechte und das, was die Nationalstaaten hier in Europa gemeinsam aufgebaut haben, sind weltweit ein Vorbild. Das sage ich Ihnen schon zu Beginn. Wenn Sie hier sagen, wir müssen die EU neu gründen, sage ich: Nein, wir müssen sie sicherlich nicht neu gründen, wir müssen sie weiterentwickeln! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Würden wir jetzt darangehen, ernsthaft darüber zu diskutieren, die EU neu zu gründen, würden wir das Gegenteil von dem erreichen, was Sie bezwecken. Wir hätten dann jenes Chaos, das jetzt Großbritannien hat, denn die Herausforderungen sind zurzeit so groß, die Probleme innerhalb der Europäischen Union sind so groß, dass wir nicht darangehen dürfen, solche Debatten zu führen, wie Sie sie führen wollen, wie Kollegin Gamon das jetzt erwähnt hat: Vereinigte Staaten von Europa, Europa neu gründen. – Das bringt uns in der jetzigen Situation nicht weiter. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir müssen hier alles tun – genau so, wie es Minister Blümel gesagt hat –, um nach dem Brexit, der für alle ein Schaden ist – für Groß­britannien, aber auch für die restlichen 27 Mitgliedstaaten –, bestmöglich mit Großbri­tan­nien zusammenzuarbeiten. Es war Ihr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff, der das vor zwei Tagen im Europaausschuss eingefordert hat, als wir über Erasmus ge­sprochen haben. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Genau das macht die Bundesregierung, wie Sie jetzt gehört haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich sage Ihnen – weil Sie mit dem Finger wieder Richtung FPÖ und auch in unsere Richtung gezeigt haben –, auch Sie haben Hausaufgaben zu erfüllen! In Ihrem Programm lese ich, dass Sie eine wichtige Rolle innerhalb der ALDE spielen. Reden Sie mit Ihrem Parteikollegen, Ministerpräsident Andrej Babiš in Tschechien, bringen Sie ihn auf einen proeuropäischen Kurs! Das wäre Ihre Aufgabe, und nicht, von Ver­einigten Staaten zu philosophieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.) – Ja, das ist Ihr Parteikollege – das hören Sie nicht gern –, der Populist und große, sehr große Fördernehmer von EU-Geldern. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scherak.) – Ja, Ihr Parteifreund! Strengen Sie sich an, vielleicht bringen Sie etwas weiter!

Unsere Leitlinie ist klar, und das, was in dieser Koalition gemacht wird, hat eine Grund­lage: Das ist unser Regierungsprogramm, in dem wir ganz klar festgelegt haben, dass – und ich zitiere aus dem Regierungsprogramm – „die Zukunft Österreichs fest mit dem europäischen Friedens- und Einigungsprojekt verknüpft“ ist. (Abg. Meinl-Reisinger: ... etwas Gegenteiliges gesagt?) „Unser Heimatland ist integraler Teil der Europäischen Union und der gemeinsamen Währung Euro“, heißt es hier, und: „Wir werden als aktiver und zuverlässiger Partner an der Weiterentwicklung der EU mit­wirken“. (Abg. Meinl-Reisinger: Wo ist der Widerspruch?)

Das für uns Entscheidende ist aber, dass wir das Prinzip der Subsidiarität in den Mittel­punkt stellen, und das unterscheidet uns von den NEOS ganz massiv. Wir wollen im Sinne der Subsidiarität darauf hinwirken, dass die Europäische Union bei den großen Fragen gestärkt wird, aber wir wollen nicht, dass sich die Europäische Union in alle Kleinigkeiten einmischt. Das ist unser Ansatz, und es ist ein durchaus proeuropäischer Ansatz, meine Damen und Herren, dass diese Europäische Union weniger macht, aber dass sie das, was sie macht, effizienter macht (Beifall bei ÖVP und FPÖ), denn nur so kann Europa bestehen.

Diese Europäische Union ist integriert wie nie zuvor – wie nie zuvor!, da hat es inner­halb kürzester Zeit eine große Weiterentwicklung gegeben –, aber man muss diese Vielfalt in Europa sehen. Wir haben nach wie vor 24 Amtssprachen, wir haben elf Wäh­rungen in der Europäischen Union (Ruf bei der SPÖ: Redezeit!), daher kann es nur darum gehen, das mithilfe der nationalstaatlichen Parlamente und auch mithilfe der regionalen Mandatare in den Landtagen weiterzuentwickeln. Das ist unser Konzept der Europäischen Union: eine Union der Regionen, eine Union, in der Nationalstaaten aktiv mitarbeiten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schieder ist zu Wort gemel­det. – Bitte.