11.33

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Karas eingehen, der leider ein bisschen versteckt ist, deswegen ist es schwierig, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Vielleicht schaffen wir es ja, die Mitglieder des Europäischen Parlaments im neuen Hohen Haus – beziehungsweise im alten, wenn wir umsiedeln – besser zu positionieren. (Zwischenruf des Abg. Mölzer.)

Herr Kollege Karas, Sie haben davon gesprochen, dass die Vereinigten Staaten von Europa eine Themenverfehlung sind. Wissen Sie, was als Erstes kommt, wenn man Karas und Vereinigte Staaten von Europa googelt? – Ein Artikel aus der „Presse“ vom 15.1.2012, dessen Überschrift lautet: „Karas für ‚Vereinigte Staaten von Europa‘“. (Beifall bei den NEOS.) Sie sprechen davon, dass das aus unserer Perspektive ein Rückschritt ist. – Der einzigen Rückschritt, den ich heute hier erlebt habe, ist Ihr Posi­tionsrückschritt, dass Sie sich von Ihrer Position zurückziehen, nämlich anscheinend nur – und da hat Kollege Pilz recht –, weil Sie der neuen türkis-blauen, schwarz-blauen – wie auch immer – Regierung gefallen wollen. Das finde ich – ganz ehrlich – nicht sehr ehrlich, und das ist auch kein gutes Vorzeichen für die Europawahl, wenn das die Versprechen sind, die Sie dann halten.

Kommen wir zum Thema zurück; ich möchte ein bisschen über das Thema euro­päische Verteidigung sprechen: Wir haben eine globale Lage, und das ist schon von vielen Vorrednern angesprochen worden, in der sich in den letzten Monaten und Jahren vieles verändert hat. Es gibt auf der einen Seite mit Donald Trump einen Präsidenten, der unberechenbar ist und Europa die ganze Zeit mittels Tweets vor sich hertreibt, und auf der anderen Seite mit Russland und China zwei ebenso unberechen­bare Akteure, die auch beide ständig aufrüsten.

Da muss es als Europa natürlich in unserem Sinne sein, in eine gemeinsame Ver­teidigung zu investieren, um langfristig Sicherheit zu gewährleisten. Die Basis für diese gemeinsame Verteidigung muss natürlich immer die Solidarität innerhalb Europas sein, die Friedenssicherung, weil Europa von Anfang an ja ein großes Friedensprojekt war und nach wie vor ist; und ein ganz wichtiges Thema ist natürlich auch immer die Achtung der Menschenrechte. Das müssen die Pfeiler sein, die wir hinsichtlich einer europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik einschlagen.

Wenn man dann behauptet, wir seien neutral und die Neutralität sichere uns, dann muss ich leider sagen, das ist nicht mehr so. Es ist nicht so, dass Cyberattacken, wenn wir an der Grenze ein Schild mit der Aufschrift Neutralität aufstellen, dann plötzlich haltmachen, nach dem Motto: Ich gehe jetzt lieber nicht über diese Grenze drüber, denn das ist ein neutrales Land! – Die Neutralität alleine ist kein Garant für Sicherheit (Abg. Schieder: Aber eine Armee auch nicht!), und dementsprechend müssen wir da – wir sind sogar in der Pflicht – weitere Schritte setzen, weiterdenken und eine lang­fristige Perspektive hinsichtlich einer gemeinsamen europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik mit – natürlich, Herr Kollege Schieder – einer europäischen Armee entwickeln (Abg. Schieder: Ist auch kein Garant!), denn nur so werden wir langfristig Sicherheit gewährleisten können.

Fakt ist, es gibt in Europa, in den Nachbarstaaten, auch wenn es nicht direkt unsere Grenzen betrifft, ganz viele Konflikte, und es wäre eine Lüge, zu sagen, die betreffen uns nicht, das ist nicht an unserer Grenze, wir sind von all dem, was da passiert, unberührt. Natürlich hat das Auswirkungen auf uns, und wir alle wissen, dass wir die Folgen der Flüchtlingskrise hier nach wie vor regelmäßig diskutieren. Natürlich haben diese Konflikte einen Einfluss auf uns, und dementsprechend müssen wir hier ge­meinsam agieren, müssen wir das große Ganze sehen und müssen als Europa stärker zusammenhalten. Wenn ein Konflikt nicht direkt unsere Grenzen betrifft, heißt das nicht, dass er nicht unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unseren Frieden gefähr­den kann, daher müssen wir da Schritte setzen.

Eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat aber auch noch viele andere Vorteile, beispielsweise auch einen finanziellen. Die EU-28 – noch 28 – geben insgesamt 227 Milliarden Euro jährlich für Verteidigungspolitik aus. Die Europäische Kommission sagt, man kann da ordentlich sparen. Laut Berechnungen sind es zwi­schen 25 und 100 Milliarden Euro, die man da sparen kann; die gemeinsame Luftraum­überwachung ist beispielsweise immer wieder ein Thema gewesen.

Die Nachrichtendienste sind ein ganz wichtiger Bereich, in dem wir nach wie vor Probleme haben, denn sie alle achten viel zu stark auf ihre Nation und arbeiten viel zu wenig zusammen, kooperieren zu wenig. Es gibt regelmäßig Terroranschläge, und wir wissen, dass bei den letzten 23 Terroranschlägen in Europa mindestens ein Attentäter in irgendeinem europäischen Land bereits amtsbekannt und den Verfassungs­schüt­zern vor Ort bekannt war. Weil wir nicht gut genug zusammenarbeiten, haben wir diese Dinge nicht verhindern können. Gerade, wenn uns Sicherheit wichtig ist, müssen wir da die europäische Perspektive sehen und an dieser europäischen Perspektive arbeiten.

Alles in allem, glaube ich, ist es wichtig, dass wir jetzt mutig nach vorne gehen. Wir sind – leider – anscheinend die Einzigen, die mutig nach vorne gehen und sagen: Wir wollen die nächsten Schritte setzen, wir wollen, dass dieses Europa langfristig ein Ort des Friedens ist, und dementsprechend in eine gemeinsame Sicherheits- und Ver­teidigungspolitik investieren! Nur ein starkes Europa kann auch handlungsfähig blei­ben, und das ist uns ganz besonders wichtig. (Beifall bei den NEOS.)

11.39

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mar­tina Kaufmann. – Bitte.