15.01

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Also haben wir einen Innenminister, demzufolge das Recht der Politik zu dienen hätte und nicht die Politik dem Recht. (Abg. Rosenkranz: Das Zitat ist aber falsch!  – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Wir haben einen Verwalter der Gesetze, einen mit der Verwaltung der Gesetze beauftragten und be­trauten Exekutivherrn, der dem unbedingten und unbeschränkten Primat freiheitlicher Politik das Wort redet. – Schön, so hat er es gesagt, unser Innenminister, und so wird er es ja wohl auch meinen. (Abg. Steger: Haben Sie nicht bestätigt, dass das Faktum ist?)

Mich hat ja beim Anschauen dieser „Report“-Sendung etwas gewundert, mit welchem Ingrimm und mit welch mühsam unterdrückter Aggressivität gesprochen wurde. Na gut, habe ich mir gedacht, so ist er halt, unser Innenminister, er kann nicht aus seiner Haut. Aber er müsste doch wissen, dass die Regierung ihre politischen Vorstellungen jeder­zeit in Regierungsvorlagen packen kann, das auch tut, und dass dieses Haus sich im letzten Jahr zur gut funktionierenden Vollzugsmaschine für die Regierungspolitik ent­wickelt hat. (Abg. Steger: Nicht im letzten Jahr!) Anders gesagt: Seine Politik ändert ohnedies jedes Monat das Recht der Republik Österreich. Warum und woher also die Vehemenz, mit der der Innenminister etwas fordert, was längst ohnedies schon Realität ist?! Der politische Wille unserer Regierung schlägt sich in Regierungsvorlagen nieder, und die Gesetze folgen diesem politischen Willen.

Warum hat es dann aber eine derartige Aufregung um diesen Satz gegeben? (Abg. Steger: Weil es mediales Bashing ist!) Die Aufregung und die Empörung sind ja wirklich ganz außergewöhnlich groß. (Abg. Steger: Ungerechtfertigte Aufregung!) Man ereifert und erregt sich, vom Präsidenten der Rechtsanwaltskammer angefangen bis hin zur Präsidentin der Richtervereinigung, Protest kommt also nicht nur von ein paar oppositionellen Quälgeistern, sondern überdies von einer Vielzahl von Künstlerinnen und Künstlern, ja sogar vom Justizminister, wenn man seine Worte verstehen will, bis hin zur Opposition hier im Haus.

Unseren Herrn Innenminister ficht das alles nicht sehr an, wie wir sehen, und ver­schiedene Mitglieder der Regierungsfraktionen haben sich für unseren Minister auch sofort mächtig ins Zeug gelegt.

Die Empörung besteht aber zu Recht: Ein Innenminister dieser Republik darf so etwas nicht sagen (Abg. Steger: Warum? – Ruf bei der FPÖ: Wo steht das?), ein Innen­minister dieser Republik darf so etwas nicht so sagen! (Abg. Höbart: Muss er erst Sie fragen, oder wie?) Auch ich meine, dass Herr Kickl mit diesem unterirdischen Satz etwas getan hat, was einem verbalen Sprengstoffattentat auf diesen Rechtsstaat entspricht. (Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS.) Wer so etwas als Minister so sagt, der hat in dieser Position nichts verloren. (Neuerlicher Beifall bei JETZT, SPÖ und NEOS.)

Bevor sich jetzt die Damen und Herren der Regierungsfraktionen ganz groß ereifern, will ich Ihnen darlegen, warum ich dieser Meinung bin. Ich glaube, es ist geboten, bei ganz grundsätzlichen Dingen anzufangen. Das gibt mir die wunderbare Gelegenheit, meinen geliebten Herrn Montesquieu einmal hier ins Haus zu bringen. Es ist tat­sächlich eine mühsam durch die Geschichte errungene Gewissheit, was Montesquieu in sein Notizbuch schrieb: Eine Sache ist nicht deswegen gerecht, weil sie Gesetz ist, sondern weil sie gerecht ist, muss sie Gesetz werden.

Für uns alle – einerlei, ob einfache Bürgerin oder Bürger, ob Politikerin oder Politiker – sollte es immer ganz selbstverständlich sein, unsere Gesetze daraufhin zu überprüfen, ob sie der Sache der Gerechtigkeit dienen oder ob sie dieser Sache zuwiderlaufen. (Abg. Rosenkranz: Ja! – Abg. Belakowitsch: Ja, ganz richtig!) Der Maßstab für diese Gerechtigkeit fällt natürlich nicht vom Himmel, sondern er richtet sich nach unseren politischen oder weltanschaulichen Haltungen. (Abg. Steger: Oder nach der Politik!)

Wenn einer von uns also meint und auch sagt, dass er bestimmte verfassungs­gesetz­liche Regelungen vor dem Hintergrund seiner eigenen politischen Haltung nicht für gerecht und deshalb auch nicht für richtig hält (Abg. Steger: Schon wieder wird was unterstellt!), dann ist das das Normalste auf der Welt. Das ist weder absurd noch ist es skandalös, es sollte vielmehr eine nicht weiter erwähnenswerte Selbstverständlichkeit sein. (Abg. Belakowitsch: Ja!)

Ich würde mir ja in vielen Belangen wünschen, dass wir den geltenden Gesetzen mit einer aus nachvollziehbarer Haltung gewonnenen Skepsis gegenüberstünden. (Abg. Steger: Das passiert ja auch!) Und genau das ist es, horribile dictu, was der junge Journalist Karl Marx 1842 ausgerufen hat: „Die rechtliche Natur der Dinge kann sich [...] nicht nach dem Gesetz, sondern das Gesetz muss sich nach der rechtlichen Natur der Dinge richten.“

Herr Kickl scheint also Montesquieu und Marx auf seiner Seite zu haben. Und die Herren Blümel, Strache und Gudenus und etliche mehr haben vordergründig nicht anders argumentiert als der humanistische Montesquieu und der damals jung eifernde Karl Marx.

Die Sache steht aber nur ganz oberflächlich, sozusagen auf den ersten Blick, zuguns­ten unseres Innenministers, denn die Republik steht nicht im Orbit einer irreal humanis­tischen Weltweisheit, sondern in einer tatsächlichen Welt. (Abg. Rosenkranz: Ach so! – Ruf bei der FPÖ: War doch klar, oder?) Und zu dieser tatsächlichen Welt gehört zunächst, dass die Europäische Menschenrechtskonvention nicht, wie das Kollege Gudenus in bekannt geschmackvoller Weise zum Besten gegeben hat, von Gott gegeben wurde, nein, sondern sie wurde dem leidvollen Erfahrungsschatz der Nazi­herr­schaft enthoben.

Mit aller Deutlichkeit uns Parlamentariern hier zur Erinnerung: Die Europäische Men­schenrechtskonvention ist nicht einfach nur ein Gesetz – das ist sie natürlich auch, und zwar ein Verfassungsgesetz dieser Republik, und ein völkerrechtlich verbindlicher Ver­trag überdies –, sondern sie ist geronnene Politik aus der Erfahrung der Vergangen­heit. Sie ist geschlossen worden, um in Europa ein Zurückschlittern ins Autoritäre, ins Tyrannische zu verhindern.

Mein Kollege Alexander Somek hat das auf den Punkt gebracht, wenn er von der Europäischen Menschenrechtskonvention sagt: „Die Grundidee ist, Menschenrechts­verstöße als Anzeichen für das Auftreten von ,tyrannischen Mehrheiten‘ zu deuten.“ Er fügte überdies hinzu: „Die populistisch aufgehetzte Herrschaft der Mehrheit entledigt sich schnell der Fessel der demokratischen Kontrolle und zementiert sich ein.“ – Das ist unser Problem mit dem Herrn Innenminister. (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Wenn Herr Kickl, der Innenminister dieser Republik, den unbedingten Vorrang der Politik vor dem Recht postuliert, dann ist das in doppelter Weise demagogisch, und es ist auch falsch, denn die Europäische Menschenrechtskonvention ist ja gerade der entschlossene und in völkerrechtlich verbindliche Vertragsform gegossene Ausdruck einer immanent politischen Haltung.

Wenn Herr Kickl sich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention wendet und dies seinem Publikum als Scharmützel zwischen seiner freiheitlichen Politik und den ach so rückständigen Gesetzen verkaufen will, dann betreibt er ein falsches Spiel. Er sieht bewusst davon ab, dass ebendieses Gesetz, nämlich die Europäische Menschen­rechtskonvention, Ausdruck einer ganz bestimmten und auch einer ganz unzwei­deuti­gen politischen Haltung ist, und tatsächlich will er deshalb nicht seine richtige und vorgeblich allein zeitgemäße Politik gegen ein falsches und als ältlich denunziertes Gesetz zum Einsatz bringen, sondern er will die von der Europäischen Menschen­rechts­­konvention zum Ausdruck gebrachte und festgeschriebene politische Haltung durch sein omnipotent sich wähnendes Regierungspouvoir ablösen. (Abg. Belakowitsch: Aber die Nachkriegsordnung ist schon irgendwie ...!)

Nicht die notwendige Politik gegen das veraltete Recht stellt Herr Kickl also zur De­batte, sondern seine freiheitliche Tagespolitik gegen die konsensuale europäische Nachkriegspolitik, die er ein für alle Mal beseitigt wissen will. Herr Kickl will über Bord werfen, was das europäische Nachkriegsschiff erst demokratietauglich gemacht hat. – Das ist unser Problem mit diesem Innenminister. (Zwischenrufe der Abgeordneten Steger und Höbart. – Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Nun ließ uns der Herr Innenminister wissen – nachträglich wissen –, er habe das ja alles gar nicht so gemeint, und die Stimmen von Vertretern der Regierungsfraktion hier aus dem Off bekunden ja dasselbe: alles ein Missverständnis, ist ja nicht so. Die nachträglich auf kleiner Flamme zubereitete Richtigstellung von Herrn Kickl hat aber die Sache nicht besser gemacht. (Abg. Steger: Das war keine Richtigstellung, das war eine Klarstellung!)

In der „Report“-Sendung am Dienstag sagte Herr Kickl unmittelbar vor seinem unter­irdischen Sager übers Recht, das seiner Politik folgen sollte, und nachdem Frau Schnabl die EMRK und die EU-Grundrechtscharta erwähnte – und jetzt zitiere ich, was Sie alle anscheinend vergessen haben –: „Ich möchte mich anlegen mit diesen Rege­lungen.“ – Das hat unser Innenminister als Minister dieser Republik gesagt. Und dann hat er die Chuzpe zu schreiben: Ich habe die Europäische Menschenrechtskonvention nie infrage gestellt! – Tja, da liegt einige Entfernung zwischen dem, was er gesagt hat, und der Wahrheit. In seinem Alter hat mich mein Kurzzeitgedächtnis noch nicht so sehr verlassen gehabt.

Wie auch immer, es ist in den Kommentaren zum sogleich international berühmt ge­wor­denen Einzelfall Kickl bemerkt worden, dass die Europäische Menschen­rechts­konvention just für Politiker vom Schlage eines Herrn Kickl geschaffen wurde. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass gerade er sich gegen sie wendet, sich mit ihr – wie er selbst sagt – anlegen will, und hier sehen wir den zweiten Aspekt seines durch und durch demagogischen Fütterungsversuchs fürs präsumtive Wahlvolk.

Die Europäische Menschenrechtskonvention ist Ausdruck einer unverzichtbaren Liberalität, einer offenen Gesellschaft. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Gudenus.) Sie ist die quasi in Stein gemeißelte Egalität, die nicht zu hinterge­hende Gleichheit aller Menschen, und sie ist die nur um den Preis des Bürgerkriegs aufzugebende Legalität politischer Machtausübung, das Gebot unbedingter Gesetz­lichkeit für jegliches Verwaltungshandeln.

Wer sich so wie unser Innenminister damit anlegen will – und Sie wissen in diesem Haus sehr gut, was es heißt, wenn einer sich mit jemandem anlegen will, so wie das unser Innenminister unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat –, der kann aber doch nicht, wenn er noch bei Sinnen ist, die rechtsförmige Abänderung des inner­staatlichen Verfassungsrechts und des völkerrechtlich verbindlichen Vertragswerkes im Auge haben. Da weiß selbst Herr Kickl, dass er damit nichts zu gewinnen hat.

Er will etwas ganz anderes. (Abg. Rosenkranz: Ah! – Zwischenrufe des Abg. Herbert sowie bei der ÖVP.) Er will in der Öffentlichkeit eine Verschiebung im Gefüge der Gewalten. Er will die parteipolitisch interessierte Deutungshoheit über die Regeln unseres Zusammenlebens mit seiner Maxime vom unbedingten Vorrang der Politik vor dem Recht - - (Abg. Gudenus: Da stehen einem die Haare zu Berge!) – Herr Gudenus, ich steige schon noch runter auf Ihr Niveau, ich bin groß genug, dass ich auch dann übers Pult schaue, keine Sorge. (Beifall bei JETZT und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Mit seiner Maxime vom unbedingten Vorrang der Politik vor dem Recht will Herr Kickl das gesunde Volksempfinden erwecken, nicht nur, indem er verschweigt, dass das Recht der Politik doch auch Grenzen zu ziehen hat und sie auch zieht, sondern vor allem auch dadurch, dass er verschweigt, was der EGMR längst schon entschieden hat, zum Beispiel dass die Bewegungsfreiheit von Ausländern aus Gründen der Sicherheit durchaus eingeschränkt werden darf – eine Entscheidung des EGMR –, zum Beispiel dass er auch entschieden hat, dass kurzfristige Anhaltungen von Aus­ländern durchaus EMRK-konform sind, zum Beispiel dass auch die Verhängung von Ausgangssperren erlaubt ist, und so weiter und so fort. (Abg. Rosenkranz: Also, beim Waldhäusl hat das ganz anders geklungen bei Ihnen! – Abg. Höbart: Soldaten müssen sich auch an Hausordnungen halten!)

Das, was Kickl unterschlägt und bei der Aufklärung seines Publikums unterlässt, ist, dass er die EGMR-Judikatur als im Fluss befindlich, als entwicklungsfähig und als durchaus dynamisch kommentiert. Die Fort- und Weiterentwicklung der EMRK findet statt, aber sie findet nicht durchs Einschlagen eines parteipolitischen Hammers statt.

Selbst wenn er Erfolg damit hätte, die Europäische Menschenrechtskonvention ihres innerstaatlichen Verfassungscharakters zu entkleiden – und offensichtlich schwebt ihm ja so etwas vor –, dann wäre da immer noch die EU-Grundrechtscharta, die ja fast wortwörtlich von der EMRK abgeschrieben ist. Und wenn er bei seinem Versuch, sich mit der EMRK anzulegen – seine Worte, nicht meine –, Erfolg hätte, dann würde ihm spätestens aus Luxemburg klargemacht, was Menschenrechte sind.

In Wirklichkeit geht es dem Herrn Innenminister nicht um eine Rechtsänderung. Es geht ihm um Klimaänderung in diesem Land. Herr Kickl schaut, wie weit er es treiben kann. Er betreibt symbolic use of politics; nicht angekränkelt von leidenschaftlicher Hingabe zu konstruktiven Lösungen, sondern angetrieben einzig und allein von einer unbändigen Lust an der Zuspitzung und angetrieben auch von einer offenkundig habi­tuell gewordenen Vereinfachungssehnsucht. – Das ist das Kennzeichen unseres Innenministers.

Ich erspare Ihnen die langweiligen und nur an der Peripherie der Debatte liegenden verfassungsrechtlichen Argumente. Das ist etwas für die Dissertanten kommender Jahre. Mit der Forderung nach Einhaltung juristischer Formalitäten kommen wir auch nicht weit, denn es ist ein politisches Problem, das wir mit dem Innenminister haben.

Ich persönlich halte es wirklich für eine Ungeheuerlichkeit und eine nicht zu tolerie­rende Unverfrorenheit, dass ein auf die Verteidigung unserer Verfassung vereidigter Minister zum Kampf gegen ebendiese Verfassung aufruft. Gäbe es so etwas wie einen Knigge für regierungspolitischen Anstand, dann wäre ein derartiges Verhalten wohl ganz vorne auf der Not-to-do-Liste. Ein Minister, der öffentlich auf diese Art fordert, die Verfassung der Republik zu ändern, also in Aussicht stellt, dass er sich mit unserer Verfassung anlegen werde, ist tatsächlich ein Sicherheitsrisiko für jede Republik, und vor dem Hintergrund der Geschichte unseres Landes für die österreichische allemal ein bisschen mehr als für andere Staaten.

Das macht den Mann für mich untragbar. Und unser Herr Bundeskanzler findet es auch nicht so arg toll, auch wenn ihm aus politischer Opportunität gegenüber dem Koalitionspartner notgedrungen der Mumm und die Entschlossenheit fehlen müssen, diesen Mann wieder von seinem Amt zu befreien. (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Offenkundig haben wir verschiedene Vorstellungen. Ein Minister dieser Republik sollte unsere Verfassung loben, und er sollte sie preisen. (Abg. Stefan: Unkritisch!) Er sollte sie vertreten, er sollte dafür werben. Er sollte seine gesamte Autorität, so er eine hat, in den Dienst der Verteidigung und Bewahrung unserer Verfassung legen. Das ist schwer genug in unserem Land, in dem über die Jahrzehnte unsere Verfassung durch tages­politisch motivierte Änderungsgelüste entwürdigt und auch zur Ruine entwertet wurde. (Abg. Stefan: Nicht nur Gelüste!) Umso mehr müsste man sich anstrengen.

Ein Minister dieser Republik sollte es als seine höchste Tugend betrachten – wenn er denn darüber verfügt –, ein Diener der Gesetzlichkeit und auch der Verfassungstreue zu sein. Was aber macht Herr Kickl? – Er erweckt unentwegt den Eindruck, dass ihm die Verfassung eine allzu lästige Bürde bei der Verwirklichung seiner Minderheits­meinung ist – ein schönes Vorbild für unsere Beamtenschaft! Und in der Tat gibt die bisherige Amtsführung von Herrn Kickl keinen Grund, ihn als Minister zu loben. Sie erweckt nicht gerade das Vertrauen in mir, dass sein Grundsatz Politik vor Recht irgendetwas in diesem Land besser machen würde.

Erinnern Sie sich noch, wie Herr Kickl ganz schnell einen Generalsekretär an den Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes vorbei bestellt hat, und erinnern Sie sich noch, wie Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ihm zur Seite gestanden sind und rückwirkend das Ausschreibungsgesetz ändern mussten, um sein Verhalten zu salvieren? – Ein klarer Gesetzesverstoß!

Erinnern Sie sich noch, meine Damen und Herren, wie Herr Kickl den Chef des BVT suspendiert hat, obwohl ihm ein jeder juristische Tafelklassler hätte flüstern können, dass das rechtswidrig ist? – Entsprechend ist das dann auch ausgegangen. (Abg. Rosenkranz: Unfassbar! Das war nicht er, das war eine Kommission! Man sollte Ihnen die Lehrbefugnis entziehen!)

Erinnern Sie sich noch daran, dass sein Haus, das Haus von Herrn Bundesminister Kickl, der Staatsanwaltschaft die Dringlichkeit einer Hausdurchsuchung suggerierte, die dann in weiten Teilen als rechtswidrig erkannt wurde?

Erinnern Sie sich noch daran, wie aus seinem Haus, natürlich ohne dass er je die Verantwortung dafür übernommen hätte, den Landespolizeidirektionen nahegelegt wurde, missliebigen Zeitungen nur die allernotwendigste Information zu geben? (Abg. Steger: Mehr Informationen an Zeitungen stand in der E-Mail!)

Die FPÖ hat in Ihrem Wahlprogramm mehr oder weniger die Abschaffung der EMRK und deren Ersatz durch eine österreichische Menschenrechtskonvention gefordert. Ins Regierungsprogramm ist das nicht gekommen, aber dieses Ziel, nämlich die Be­seitigung der EMRK, hat unser Herr Innenminister wohl immer noch nicht aufgegeben. Herr Kickl möchte sich von den Fesseln unserer Verfassung befreien, und wenn er jetzt das Regierungsprogramm realisiert und verfolgt, dann macht er das offenkundig mit einer gewissen Mentalreservation, und nur in Zeiten des Stresses gerät dann nach außen, was er eigentlich denkt.

Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag an den Herrn Bundeskanzler einge­bracht, und wir fordern den Herrn Bundeskanzler auf, klarzustellen, dass für Minister, die an der EMRK zweifeln, kein Platz ist. (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Herr Kickl, treten Sie ab! Herr Bundeskanzler, helfen Sie ihm dabei! (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

15.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße die Mitglieder der Bundesregierung, an der Spitze den Bundeskanzler und den Vizekanzler.

Ich erteile dem Bundeskanzler zur Abgabe seiner Stellungnahme das Wort. – Bitte, Herr Bundeskanzler. (Abgeordnete der SPÖ halten Tafeln in die Höhe, auf denen ein Stoppschild mit der Aufschrift „Stopp Kickl!“ abgebildet ist. – Oje-Rufe bei ÖVP und FPÖ.)