17.14

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe dieser Debatte jetzt schon mehr als zwei Stunden lang relativ intensiv zugehört (Ruf: Wir alle!), deshalb ein paar Anmerkungen.

Die erste: Die Behauptung, dass Kickl nur missverstanden worden wäre und dass es hier nur um eine aktuelle Debatte ginge, halte ich für falsch. – Wenn Sie das googeln, werden Sie sehen, dass Minister Kickl schon vor Jahren, auch vor der Flüchtlingskrise, bereits genau dasselbe gesagt hat. Er hat immer schon die Europäische Menschen­rechtskonvention infrage gestellt, auch vor der Flüchtlingskrise. Dass die Mitglieder der FPÖ das verteidigen, wundert mich nicht, weil es ja auch in ihrem Wahlprogramm steht. Dass die FPÖ gegen die Menschenrechtskonvention in der jetzigen Form ist, ist nichts Neues, das ist ihr Wahlprogramm. (Abg. Gudenus: Die wurde schon 17-mal geändert, die EMRK!) Das ist erschreckend, ja, aber die ÖVP sollte das eigentlich wissen.

Das Zweite betrifft diese Diskussion, ob jetzt Recht der Politik oder Politik dem Recht folgen sollte. – Ich finde, Kant hatte recht: Niemals darf das Recht der Politik folgen, sondern immer nur die Politik dem Recht. – Selbst wenn hier etwas mit Zweidrit­telmehrheit beschlossen wird, was zum Beispiel klar gegen die Menschenrechte ist, wird es deswegen nicht Recht, sondern bleibt Unrecht! Dann bleibt es Unrecht! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Aber Kant ist ...! – Abg. Gudenus: Wie weit dieses Recht gültig ist ..., sondern genau das Gegenteil! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es ist genau so, denn ich sage Ihnen: Dort wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht. (Beifall bei der SPÖ.) – Jene Leute, die gegen Unrecht aufgestanden sind, auch wenn mitunter Parlamente dieses Unrecht beschlossen haben, auch wenn mit­unter angeblich eine Mehrheit der Bevölkerung dafür gewesen wäre, sind meine Helden der Geschichte. (Abg. Gudenus: Sie sind gegen die Abschiebung von straf­fälligen Asylwerbern! Na bravo!) Das sind die Helden der Geschichte, und nicht die, die dieses Unrecht vollzogen haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Gudenus: Sie leisten Widerstand gegen die Abschiebung von straffälligen Asylwerbern!) Dass wir hier 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges darüber debattieren müssen, das erschreckt mich wirklich, und dass es eine Regierungspartei gibt, die dazu stehen will, das entsetzt mich wirklich. (Abg. Gudenus: Abschiebung von straffälligen Asyl­werbern wollen Sie nicht diskutieren – alles klar!)

Es gibt keinen Minister in dieser Regierung und meiner Erinnerung nach auch nicht in den letzten Jahrzehnten in der Politik, der mit dem Rechtsstaat (Rufe bei der FPÖ: Wo?), mit der Frage von Demokratie, mit der Frage von Meinungsfreiheit und mit der Frage von Menschenrechten so in Konflikt geraten ist wie Innenminister Kickl. (Abg. Rosenkranz: Und mit der Linken!) Ich habe keinen erlebt. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ganz ehrlich: Für mich ist diese rote Linie lange überschritten (Abg. Gudenus: Das haben die Roten so an sich!), und wenn ich sehe, dass dieser Innenminister jetzt unter den Augen von Bundeskanzler Kurz, unter den Augen der ÖVP auf den Trümmern des BVT dabei ist, sich einen eigenen FPÖ-Geheimdienst aufzubauen – mag sein, dass der Ausdruck blaue Stasi überspitzt ist (Zwischenruf der Abg. Steger); das mag sein, aber auf FPÖ-Geheimdienst werden wir uns wohl einigen können (Heiterkeit des Abg. Rosenkranz – Abg. Zanger: Du machst einem Fantasy-Autor Konkurrenz, das weißt du eh, gell?) –, sage ich: Wer jemanden, der gezeigt hat, was ihm Parlamentarismus, was ihm Demokratie, was ihm Meinungsfreiheit bedeuten, welchen Stellenwert das in seinem Leben hat, das machen lässt, der macht sich mitverantwortlich für das, was Minister Kickl macht.

Für mich ist die rote Linie längst überschritten, und ich kenne eine ÖVP, für die diese rote Linie auch schon lange überschritten wäre. Ich bin gespannt, wie die ÖVP heute zur Frage Menschenrechte steht, ob das eine rote Linie ist oder nicht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

17.18

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Petra Steger zu Wort. – Bitte.