21.02

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte einleitend noch einmal kurz auf die gesamten Rechnungshofberichte, die heute auf der Tagesordnung stehen, eingehen: Wir haben 22 Berichte des Rechnungshofes vorgelegt, die hier zur Debatte stehen, davon sieben Follow-up-Überprüfungen und eine Sonderprüfung betreffend die Kapitalertragsteuererstattungen nach Dividendenausschüttungen – das war ein Verlangen des damaligen Grünen Klubs.

Ich möchte auch sagen, dass es unsere Aufgabe ist, unabhängig und objektiv zu prüfen. Ausgehend von unseren Prüfberichten und ausgehend von dieser Kritik geht es dem Rechnungshof darum, Verbesserungen in allen von uns geprüften Bereichen zu erzielen. Die konkreten Kritikpunkte finden Sie im Detail in den von uns vorgelegten Berichten.

Lassen Sie mich aber auf eine Reihe von zentralen Empfehlungen eingehen, die der Rechnungshof auch am heutigen Tag wieder aussprechen muss! Ich sehe es als Aufgabe der Ministerien an – sie sind dazu aufgerufen –, umgehend auf diese Kritik­punkte zu reagieren und die notwendigen Maßnahmen zu setzen. Der Rechnungshof liefert seinerseits fundierte Grundlagen, und es liegt jetzt in der Hand der politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, diese aktiv aufzugreifen.

Es sind acht konkrete Handlungsfelder, die man in unseren Prüfberichten sieht. Das erste Thema ist die Qualität der öffentlichen Leistungserbringung. Das ist auch der Prüfschwerpunkt des Rechnungshofes, und dieser Prüfschwerpunkt stellt auf den Nutzen der Bürgerinnen und Bürger ab. Unter das Thema der Qualität der öffentlichen Leistungserbringung fällt etwa der Bericht zum AMS hinsichtlich der Schulungen und der Jobvermittlung im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik, der Bericht betreffend Zahnmedizin – den wir noch besprechen werden – hinsichtlich einer zeitgemäßen Ver­sorgung durch einen neuen Gesamtvertrag, der Bericht über die Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich hinsichtlich einheitlicher Kriterien zur Behandlungsqualität für alle Patientinnen und Patienten und auch der Bericht zur 24-Stunden-Betreuung, der hier angesprochen wurde, in dem es unter anderem um eine Ausweitung des Qualitätssicherungssystems und um verpflichtende Hausbesuche, die wir gefordert haben, geht. Das Gütesiegel wurde schon angesprochen.

Der zweite Punkt, der für den Rechnungshof wichtig ist, ist die Schaffung von zeit­gemäßen Organisationsstrukturen. Im AMS-Bericht sehen wir, dass die regionalen Ge­schäftsstellen sehr zersplittert waren. Es gibt rund 100 regionale Geschäftsstellen, und diese wurden nicht ganzheitlich evaluiert. Auch der Abstimmungsmechanismus im AMS gestaltete sich aufgrund der unterschiedlichen Interessenlagen als sehr aufwen­dig. Wichtig ist, dass man flexibel auf arbeitsmarktpolitische Anforderungen reagieren kann.

Wir haben auch den Bericht zur Einrichtung von Fonds und Stiftungen im öffentlichen Bereich auf der Tagesordnung. Auch da gibt es keine einheitliche Grundstruktur. Wenn Stiftungen und Fonds eingerichtet sind, dann verursachen sie in der Regel einen erhöhten Verwaltungsaufwand und verhindern Reformen, weil sie natürlich im Zweifel eine erhöhte Bestandskraft aufweisen. Daher müssten nach Auffassung des Rech­nungshofes Kriterien für die Schaffung von Fonds festgelegt werden.

Bei Reorganisationsprozessen – das spielt sich insbesondere beim Bundesamt für Wasserwirtschaft ab – finden wir, dass diesen Prozessen jedenfalls eine Aufgabenkritik und die Festlegung eines Leistungsspektrums vorangestellt werden muss, damit eine organisatorische Änderung auch entsprechende Effekte bringen kann. Auf Basis einer Aufgabenkritik wäre dann auch eine Analyse des Personalbedarfs durchzuführen, um verwaltungsintern das notwendige Know-how bereitzustellen.

Dritter Punkt, Vermeidung von Interessenkonflikten: Auch das sehen wir immer wieder in unseren Rechnungshofberichten. Mit dem Programm für ländliche Entwicklung wird ja unter anderem der Betrieb von Clustern und Netzwerken gefördert. Beim Projekt Netzwerk Kulinarik haben wir das Risiko von Interessenkonflikten bei der AMA, zwischen ihren Eigentümerinteressen an der AMA Marketing GmbH und der objektiven Beurteilung des Förderfalls, kritisiert. Es bestand eben zur gleichen Zeit das Aufsichts- und Weisungsrecht des Ministeriums gegenüber der AMA, die als Zahlstelle dazu angehalten wurde, eine Vorschusszahlung zu leisten. Der Rechnungshof empfiehlt, institutionelle Verflechtungen und Unvereinbarkeiten grundsätzlich zu vermeiden.

Solche Interessenkonflikte sehen wir etwa auch im Rahmen der Qualitätssicherung im Bereich der ärztlichen Berufsausübung, denn die Qualitätskontrolle wird von der ÖQMed in der Medizin GmbH, die finanziell und organisatorisch eng mit der Ärzte­kammer verflochten war, wahrgenommen. Wir glauben, dass die Aufgaben, die im Interesse der Allgemeinheit wahrzunehmen sind, nämlich Qualitätssicherung, von der Hauptaufgabe der Kammer, Interessenvertretung für Ärztinnen und Ärzte zu machen, nicht klar getrennt sind. Auch da könnten Überlegungen zur Stärkung der organisato­rischen Unabhängigkeit angestellt werden.

Der vierte Punkt betrifft die adäquate Personalausstattung und die IT-Unterstützung, insbesondere in Risikobereichen: Wir haben eine Sonderprüfung gemacht, etwa bei den Cum-Ex-Geschäften, bei der Frage der Kapitalertragsteuererstattungen ins Aus­land, und wir haben bemängelt, dass eine risikoadäquate Personalausstattung in be­stimmten Bereichen der Finanzverwaltung fehlt und dass die unzureichende IT-Unterstützung und die fehlenden risikoorientierten Prüfungen das Risiko von Mehrfach­erstattungen erhöhten. Wir glauben, dass eine bedarfsorientierte Personalausstattung das Abgabenausfallsrisiko minimieren könnte.

Hinzu kommt das Thema der zeitgemäßen und zweckmäßigen IT-Unterstützung spe­ziell im Finanzbereich und etwa auch eine zeitgemäße IT-Applikation für den Vollzug der Familienbeihilfe. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Fünfter Punkt, Überprüfung von Wirkungen von Fördermaßnahmen und Begünstigun­gen: Wir haben eine Follow-up-Überprüfung im Bereich der Transparenz von Begünsti­gun­gen im Einkommensteuerrecht gemacht und haben die zentrale Empfehlung abge­geben, die Begünstigungen kritisch zu durchforsten und zu evaluieren. Wir glau­ben, dass Steuerbegünstigungen grundsätzlich nur befristet gewährt werden soll­ten, damit sie wirksam bleiben. Wir wiederholen unsere langjährige Empfehlung, dass das Finanzministerium im Rahmen der geplanten Steuerreform auf ein transparentes, einfaches und verständliches Einkommensteuerrecht hinwirken sollte, um den Bürge­rinnen und Bürgern die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu erleichtern, die Steuer­moral zu heben und zu einer Verwaltungsvereinfachung beizutragen.

Auch im Bereich der Förderungen geht es uns darum, dass etwa im Rahmen der Clusterförderung geförderte Projekte finanziell nachhaltig sein sollen. Dazu müssen auch tragfähige Finanzierungskonzepte eingefordert werden.

Schließlich – und das wird Sie als Nationalrat besonders interessieren – geht es um rechtliche Klarstellungen. Eine Prüfung betrifft die Qualität der Gemeinde­haus­halts­daten. Wir glauben, dass in der Gebarungsstatistik-Verordnung auch inhaltlich klar beschrieben werden sollte, was auf Gemeinde- und Landesebene notwendig ist, damit Qualitätssicherungsmaßnahmen für diese Haushaltsdaten entsprechend gesetzt werden können. Wir verlangen die Einbeziehung außerbudgetärer Einheiten in eine umfassende Beurteilung der Gemeindegebarung.

Um Rechtssicherheit im Verfahren der Kapitalertragsteuererstattungen ins Ausland zu schaffen, schlagen wir vor, eine gesetzliche Regelung ins Auge zu fassen, etwa eine Mindesthaltedauer von Aktien. Das wurde in Deutschland als Reaktion auf die Cum-Ex-Geschäfte eingeführt.

Die Überprüfung der 24-Stunden-Betreuung hat ergeben, dass die bestehende Artikel-15a-Vereinbarung nicht mehr aktuell ist und auch diesbezüglich Anpassungsbedarf besteht.

Siebentens geht es um die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand. Der Prüfbericht zur Schutzwaldbewirtschaftung der Österreichischen Bundesforste fordert ein, dass dieser Zielkonflikt zwischen Erzielung eines bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolgs der Bundesforste und der bestmöglichen Sicherung der Schutzwirkung des Waldes durch eine entsprechende Eigentümervorgabe gelöst werden sollte.

Mittlerweile wurden auch schon Vorgaben für eine verstärkte Pflege gesetzt. Wir werden uns im Rahmen einer Follow-up-Überprüfung anschauen, wie sich das ganz konkret ausgewirkt hat. Faktum ist, dass zeitgerechte Erhaltungsmaßnahmen um ein vielfaches günstiger sind als technische Verbauungsmaßnahmen, wenn die Schutz­wirkung des Waldes nicht mehr gegeben ist.

Achtens, Bedarfsplanung für zukünftige Herausforderungen am Beispiel Pflege: Im Rechnungshof läuft aktuell eine bundesweite Prüfung zum Thema Pflege. Dabei werden Fragen von Qualität und Finanzierung der Pflege insgesamt betrachtet. (Abg. Jarolim: Zeit!) Es ist auch eine Tatsache, dass wir in Österreich eine langfristige, gesamtheitliche Planung aller Pflegeleistungen, und zwar auch unter Einbeziehung der 24-Stunden-Betreuung, im Sinne einer integrierten und abgestimmten Versorgungs­planung brauchen. Voraussetzung ist die Planung über die verschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften hinweg, auf Basis von soliden Datengrundlagen, Prognosen und Szenarien. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

21.13

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeord­neter Zinggl zu Wort gemeldet. – Bitte.