Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung, 30. Jänner 2019 / Seite 29

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.50.11

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Bundesregierung bewirbt eine Steuerreform, die sie selbst noch gar nicht kennt, über die sie streitet. Bevor dieses sogenannte Entlastungsprogramm bei der Regierungs­klau­sur in Mauerbach präsentiert wurde – ich erinnere mich –, war die FPÖ für eine Abschaffung der Normverbrauchsabgabe. Dann musste das Finanzministerium aus­rücken und sagen: Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage. – Jetzt bewerben Sie aber diese sogenannte Steuerreform, von der wir alle nicht wissen, wie sie ausschauen wird (Abg. Wöginger: Sie haben ja gerade gesagt, dass sie präsentiert wurde!), in großflächigen Zeitungsinseraten. Darin steht (einen Zeitungsausschnitt in die Höhe haltend): „Das Entlastungsprogramm bis 2022 auf einen Blick“.

Nehmen wir das Beispiel einer teilzeitbeschäftigten Billa-Verkäuferin mit einem monat­lichen Einkommen von 900 Euro brutto! Herr Finanzminister, was sagen Sie denn dieser teilzeitbeschäftigten Billa-Verkäuferin? (Abg. Hafenecker: Das sind die, die Sie nicht wählen!) Wie hoch wird denn ihre Entlastung sein? Sagen Sie es! Sie wissen es nicht, wir wissen es alle nicht, weil Sie Ihre Maßnahmen nicht im Detail präsentiert haben.

Herr Finanzminister, da Sie auf das, was Sie schon beschlossen haben – auf den Fa­milienbonus und die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge –, Bezug genom­men haben und dann von einer ehrlichen Entlastung gesprochen haben: Wissen Sie, wie viel diese Billa-Verkäuferin profitiert, wenn sie alleinerziehende Mutter ist? Vom Familienbonus profitiert sie mit 250 Euro – nicht mit bis zu 1 500 Euro, da muss man schon mehr verdienen – und von der Senkung der Arbeitslosenver­sicherungs­beiträge profitiert sie gar nicht.

Sie bewerben also eine Steuerreform, die eigentlich nicht bekannt ist, und sprechen immer wieder davon, dass Sie im System sparen. Das, was Sie hier betreiben (den Zeitungsausschnitt in die Höhe haltend), Herr Minister, ist Steuerverschwendung pur. (Beifall bei JETZT.)

Wenn von dieser Reform eines bekannt ist, dann ist es mit Sicherheit das Folgende, worüber bisher noch niemand gesprochen hat: Die Entlastung in den beiden Etappen soll 4,5 Milliarden Euro ausmachen. Wenn ich mir den Budgetpfad bis 2022 ansehe – das Wifo hat die entsprechenden Prognosen vorgelegt –, dann sehe ich, dass sich eine Finanzierungslücke von 2,2 Milliarden Euro auftut; das heißt, die Hälfte dieser Steuer­reform ist gar nicht finanziert. Wir kennen sie nicht nur nicht – nein! –, wir wissen auch gar nicht, wie diese Regierung sie finanzieren wird.

Wenn die Regierung aber sagt, sie wolle keine neuen Schulden machen, wenn diese Regierung sagt, sie wolle die Steuern nicht erhöhen, dann bleibt zur Finanzierung dieser Lücke in der Höhe von 2,2 Milliarden Euro nur eines übrig: Kürzung von Aus­gaben! – Und was erwarte ich mir? – Kürzung von Ausgaben im Sozialbereich. Wenn Sie nun sagen, Sie wollen die niedrigen Einkommen durch die Senkung der Sozial­versicherungsbeiträge entlasten, so kann ich sagen: Das Prinzip ist richtig, aber die Gefahr ist hoch, dass sich Geringverdiener diese Steuerentlastung zum Teil oder sogar zur Gänze selbst zahlen müssen. – Das kann ich nicht befürworten! (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Sie sagen auch, Sie wollen dafür Sorge tragen, dass den Trägern fehlende Kranken­versicherungsbeiträge ersetzt werden sollen, aber wer gibt uns die Garantie? – Die Garantie können wir nur erhalten, wenn es dazu eine Bestimmung in der Verfassung


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