Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung, 30. Jänner 2019 / Seite 46

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

Es gibt aber auch eine zweite Gefahr für die Europäischen Union, und das ist die Faulheit, Herr Minister! Ich habe mir das genau angeschaut: Kaum war die öster­reichische Präsidentschaft vorbei, waren Sie nicht mehr in Brüssel. Am 8. Jänner war ein europäischer Rat, da ist es um den Finanzrahmen gegangen – die österreichische Regierung ist nicht hingefahren, hat nur einen kleinen Beamten hingeschickt. (Abg. Gudenus: Unglaublich! ... Beamtenbashing! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: ... aber ein kleiner Klubobmann!)

Am 21. und am 22. Jänner war der Afrikagipfel. Die Ministerin war nicht dort, sondern man hat sich wiederum nur auf Beamtenebene vertreten lassen. Am 22. Jänner hätte eigentlich Finanzminister Löger zum europäischen Finanzministertreffen fahren und endlich etwas für seine Digitalsteuer und vielleicht endlich einmal etwas gegen die Steuerhinterziehung der Großkonzerne machen sollen. Was hat er gemacht? – Er hat einen Beamten aus seinem Haus hingeschickt, weil man selber ja keine Zeit gefunden hat, denn da mussten sich alle drei Ministerinnen und Minister noch von den Strapazen des Weihnachtsurlaubs erholen und konnten nicht europäische Politik machen.

Europa ist keine Angelegenheit für Ihre Faulheit, das muss man ganz, ganz offen sa­gen. Europa gehört gestaltet, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Hallo! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Worin liegt die Herausforderung? – Die Herausforderung sind die eigenen Natio­nalis­ten und die Herausforderung liegt auch in der Weltlage, in der Nationalisten, ob sie Trump, Putin oder wie immer heißen (Zwischenruf des Abg. Neubauer), auch global keine Zusammenarbeit mehr zulassen. (Abg. Höbart: Schlafen Sie eigentlich schlecht?)

Die Antwort darauf, das muss ich auch ganz ehrlich sagen, Frau Gamon, ist jedoch nicht, eine europäische Armee zu schaffen und ein europäisches Aufrüsten. Militaris­mus ist nicht die Antwort auf globale Bedrohungen, die Antwort auf globale Bedro­hungen ist, mehr für die Menschlichkeit zu tun. Schauen Sie sich nur die Zahlen an: 1,4 Billionen Euro werden weltweit für Rüstung ausgegeben – und nur 75 Milliarden Euro für Entwicklungshilfe. – Da sollten wir mehr tun, mehr für Entwicklungshilfe, mehr für Zukunftschancen und nicht leere Phrasen dreschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine moderne Neutralitätspolitik hilft auch, um Europa genau da weiterzuentwickeln. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Ich kann weder mit der Phrase des Reinhold Lopatka – ein Europa der Regionen und der Subsidiarität – noch mit der Phrase Vereinigte Staaten von Europa etwas anfangen. Es geht um die Inhalte. Es geht darum, wie wir unsere Gesellschaft gestalten wollen. Wir sagen, wir brauchen mehr sozialen Zusammenhalt, wir brauchen weniger Privilegien für die Großen (Abg. Haider: Mehr Zuwanderer, mehr ...! Sag es! Sag es doch!), wir brauchen einen Kampf gegen die Steuerhinterziehung, wir brauchen sozial verträgliche Antworten auf den Klima­wandel, sodass sich niemand mehr vor der Zukunft fürchten muss. – Das sind die Ant­worten!

Wir brauchen Antworten auf die globalen Krisen, die sich allerorts auftun, und die Antwort auf die globalen Krisen ist nicht Militarisierung, die Antwort ist aus öster­reichischer Sicht eine moderne Neutralitätspolitik, eine moderne Außenpolitik Europas, die den humanitären Schwierigkeiten, die es in Europa gibt, begegnet und auch die wirtschaftlichen Stärken, die wir haben, positiv ausspielt. Eines müssen wir nämlich auch ganz ehrlich sagen: Wenn wir unseren Kontinent sozial weiterentwickeln wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass nicht ein ungezügelter Freihandel die sozialen Systeme zerstört (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf des Abg. Deimek), sondern dass unsere sozialen Systeme Teil des Freihandels werden und soziale Sicherheit auf allen


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite