Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung, 30. Jänner 2019 / Seite 51

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Ich bin der Meinung, dass der Brexit ein historischer Weckruf ist. Umso stärker müssen wir uns mit der Frage beschäftigen: Wie soll Europa ausschauen? – Ich weiß, ich bin großzügig mit meinem Alter, wenn ich sage, ich bin Generation Gamon, aber in den letzten Jahrzehnten erleben wir schon etwas, angesichts dessen wir sagen müssen, sowohl der Europäischen Volkspartei als auch der europäischen Sozialdemokratie ist die Vision abhandengekommen. Der Apparat und der Bürokratismus, das Sich-Verlieren im Klein-Klein, wie ich es heute wieder gehört habe, Herr Kollege Schieder oder Herr Kollege Lopatka – nur ein bissi verändern und ein bissi besser machen –, das ist alles viel größer geworden als die Vision.

Angesichts des Stillstands und der Bürokratie verstehe ich, dass viele Menschen sagen: Was haben wir eigentlich davon? Sie wollen große Lösungen für große Heraus­forderungen: Klimawandel, Migration, Steuergerechtigkeit, natürlich auch Sicherheit und Verteidigung.

Meine Herrschaften, in welcher Welt leben Sie? Ich lebe in einer Welt, in der sich Bedrohungsszenarien verändert haben, in der wir uns auf die transatlantische Partnerschaft angesichts eines erratischen Donald Trump nicht mehr verlassen können. Auf der anderen Seite stehen Wladimir Putin in Russland und China, die sich um ihre Stellung in der Welt rangeln. Cyberattacken sind – wenn auch Gott sei Dank noch nicht so sehr – jedenfalls ein Bedrohungsszenario, das sehr aktuell ist, vor dem gewarnt wird. – Und da stellen Sie sich hin und sagen, es sei nicht in Ordnung, von einem europäischen Heer zu sprechen, von einem handlungsfähigen Europa auch in dieser Frage?! (Abg. Schieder: Was machen wir mit so einem Heer?) Werden Sie dann Beistandspflicht googeln, wenn das österreichische Bundesheer konfrontiert wird, oder wie schaut eigentlich Ihre Sicherheits- und Verteidigungsvision Europas aus? Das ist doch einfach lächerlich! (Beifall bei den NEOS.)

Ein handlungsfähiges Europa, das ist das, was die Menschen brauchen (Abg. Schieder: Keine Panzer!), und für Handlungsfähigkeit reicht es nicht mehr, sich im Klein-Klein und im ständigen kleinsten gemeinsamen Nenner zu verlieren. Für Handlungsfähigkeit muss man den Mut haben, zu sagen, europäisch denken heißt auch europäisch handeln (Abg. Gudenus: Schön gesagt!  Abg. Deimek: Das definieren Sie?!), und natürlich in wesentlichen Fragen vom Einstimmigkeitsprinzip zum Mehrstimmigkeits­prinzip zu kommen. (Abg. Deimek: Eine diktatorische Maßnahme!) Das bedeutet selbstverständlich auch, weil es eine Wettbewerbsfrage ist  und die Frage der Wett­bewerbsfähigkeit und damit des Wohlstands der nächsten Generationen ist essen­ziell –, dass wir auch auf europäischer Ebene über eine Ökologisierung des Steuer­systems nachdenken müssen.

Und ja: Wir haben eine kraftvolle und mutige Vision, die legen wir auf den Tisch. Was ist denn Ihre ehrliche? – Danke. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Deimek: Also die Letzten, die von kraftvoll und mutig geredet haben, ... belastet! Passen Sie auf, was Sie sagen!)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Die nächsten drei Rednerinnen und Redner sind Mitglieder des Europäischen Parlaments.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Othmar Karas. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Der Karas ist sicher auch für die Aufhebung der Neutralität!)


11.11.28

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas, MBL-HSG (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich teile die Auffassung von Klubobfrau Meinl-Reisinger, dass die kommende Euro­pa-


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