Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung, 30. Jänner 2019 / Seite 140

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wollen Sie vielleicht vor mir etwas sagen? (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Ministerin und werte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst – aber darauf werde ich noch zu sprechen kommen –: Es macht mich immer wieder betroffen, welche parteipolitische Instrumentalisierung (Zwi­schenruf des Abg. Stefan) vor allem von Ihrer Seite (in Richtung FPÖ), aber bedau­erlicherweise auch von Ihrer Seite (in Richtung ÖVP), dieser furchtbaren Taten hier stattfindet. (Abg. Deimek: Also die dürfen nur Linke ansprechen?) Das ist meines Erachtens wirklich ein schäbiger Missbrauch eines Themas. Bringen Sie Lösungen auf den Tisch und missbrauchen Sie nicht ein Thema aus parteipolitischen Motiven! (Bei­fall bei NEOS, SPÖ und JETZT. – Abg. Belakowitsch: Darum geht es ja gerade! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt aber zur Sache: Warum gibt es diesen Misstrauensantrag, den wir initiiert haben? – Wir haben diesen Misstrauensantrag im vollen Bewusstsein dessen initiiert, dass es dazu heute eine sehr lebendige Debatte geben wird, in der insbesondere wieder Relativismus betrieben wird – das ist ja alles nicht so gemeint!, und so weiter; aber darauf werde ich noch zu sprechen kommen –, von der FPÖ, bedauerlicherweise aber auch von der ÖVP. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Höbart.)

Ich möchte jetzt daran anknüpfen, weil ich das ganz interessant gefunden habe, Herr Kollege Rosenkranz, dass Sie als Klubobmann der FPÖ hier dieses Schild mit dem Zitat aus unserer Bundesverfassung aufgestellt haben: „Ihr Recht geht vom Volk aus“, denn offensichtlich ist die FPÖ lernfähig. Vor ein paar Jahren, bei der Bundes­prä­sidentschaftswahl, haben Sie plakatiert: „Das Recht geht vom Volk aus“. – Ich weiß, es ist nur ein kleines Wörtchen – das oder ihr –, aber damals habe ich darüber ge­schrieben, dass es einen sehr entscheidenden Unterschied gibt, ob man sagt, das Recht oder ihr Recht geht vom Volk aus. „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ – Dahinter kann nämlich neben anderen Möglichkeiten auch die Frage stehen, ob Sie sozusagen von Legalität oder Legitimität sprechen, also davon sprechen, dass etwas rechtens ist oder auch gerecht ist. Das ist eine ganz entscheidende Debatte, um die es auch heute hier geht, und das will ich Ihnen erläutern.

Ich gehe davon aus, dass ein Innenminister dieser Republik die intellektuellen Kapa­zitäten hat, das zu meinen, was er auch sagt (Abg. Belakowitsch: Können wir bestätigen! – Zwischenruf des Abg. Wurm), und jetzt möchte ich sagen, was er gesagt hat. Der Herr Innenminister hat von der Gefahr gesprochen, dass der Rechtsstaat „gegen sich selbst zur Anwendung gebracht wird, dass man quasi über die eigenen Gesetze stolpert und handlungsunfähig ist“ (Abg. Haider: Ja, so ist es! Das sieht jeder vernünftige Mensch genauso!), dass es „irgendwelche seltsamen rechtlichen Konstruktionen“ – Menschenrechtskonvention –, „teilweise viele, viele Jahre alt aus ganz anderen Situationen heraus entstanden“ gibt, „und die hindern uns daran, das zu tun, was notwendig ist“. Daher schließt er und sagt, „ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht.“

Das ist genau diese Unterscheidung hinsichtlich der Frage, welches Rechtsverständnis Sie haben: Geht es um das Legalitätsprinzip oder geht es Ihnen darum, das mit einer Ideologie oder mit einem Volkswillen oder einer Moral oder was auch immer zu hinterlegen und zu sagen: Das ist aber auch gerecht, und die Politik legt fest, was gerecht ist!? (Ruf bei der FPÖ: Na wer sonst?!) Das macht genau den Unterschied zwischen Innerhalb-des-Verfassungsbogens-Stehen und Außerhalb-des-Verfassungs­bogens-Stehen aus. (Beifall bei NEOS und SPÖ. Abg. Gudenus: Die Verfassung ist


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