15.50

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Man hat irgendwie den Eindruck, Sie fühlen sich auf den Schlips getreten ob dieser Dringlichen Anfrage. Ich kann Ihnen von unternehmerischer Seite her sagen, es ist ganz wichtig, sich mit den Zahlen zu beschäftigen.

Ich komme gleich zu ein paar Antworten auf Fragen, die wir Ihnen gestellt haben, aber der wirtschaftliche Grundsatz eines Unternehmers ist auch ganz wichtig: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!, oder: Wir lassen uns ein Defizit nicht als Überschuss verkaufen.

Ich glaube, verantwortungsvolle Politik ist ganz enorm wichtig. Ich möchte Ihnen zei­gen, wie ehrlich man es meint, wenn Sie in Ihrer Antwort auf die Frage 10, in der auf Aussagen der Regierungsparteien im Wahlkampf Bezug genommen wird, jetzt von einem zweistelligen Milliardenbereich in der Legislaturperiode sprechen. Beide Par­teien, die Türkisen und die FPÖ, haben sich mit jährlich 14 Milliarden bis 16 Milliarden Euro an Entlastung geschmückt – und jetzt kommt, wenn wir Glück haben, knapp ein zweistelliger Milliardenbetrag innerhalb von vier oder fünf Jahren zustande. Das ist das, was man im Hinblick auf Ehrlichkeit meint. Man muss mit Zahlen schon ganz offen umgehen.

Bei den Antworten auf die Fragen 12, 13 bis 16 (Zwischenruf bei der ÖVP: Ha, ha, ha!) haben Sie schon das Thema, dass Sie die Bankenrettung dieses Jahr nicht hatten, sondern die Bankenrettung hat Sie gerettet, dass Sie auch in diesen Rubriken Über­schüsse erzielt haben beziehungsweise durch die Bankenrettung auch nichts verloren haben. Das sind diese Gags, von denen wir sprechen, das sind diese PR-Maschi­nerien. (Beifall bei den NEOS.)

Ich muss schon ganz ehrlich sagen – und das interessiert mich auch als Unternehmer und interessiert die Unternehmer und vor allem die Steuerzahler, die jetzt vor den Fernsehschirmen sitzen, die wahrscheinlich gerade auch die Steuererklärungen machen, die Ihre Arbeit machen: Diese haben nämlich ein Problem damit, dass diese angekündigten großen Reformen mit diesen jährlich 14 Milliarden bis 16 Milliarden Euro in Wahrheit jetzt in einer Micky-Maus-Steuerreform gelandet sind. Diese Micky-Maus-Steuerreform erinnert mich ein bisschen an die Geschichte der Panzerknacker. – Ja, das ist so. Das Hobby der Panzerknacker, das habe ich mir herausgesucht, ist nämlich: Pläne schmieden, die nicht funktionieren. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS.) Das kann ich Ihnen dann geben. (Abg. Winzig: Der Strolz geht ...!) Das ist auch so, nämlich ankündigen, was wir sowieso nicht machen können.

Das ist ein Thema, das mich ganz speziell beschäftigt. Jetzt komme ich dorthin, weil eben auch Ihr Staatssekretär in einem Ö1-„Morgenjournal“ angekündigt hat, dass diese Steuerreform, die jetzt dann kommt, im zweistelligen Milliardenbereich liegt, dass die kalte Progression jetzt abgeschafft wird, nicht am Ende der Legislaturperiode. Das, was hier gesprochen wurde, ist eklatant falsch. Offensichtlich haben Sie ihn overrult und offensichtlich war das der PR-Schmäh und der Gag der FPÖ.

Ich möchte jetzt auch zu einem Punkt, zu einem der großen Förderer der ÖVP, die darauf auch noch stolz sind, kommen. In der „Kleinen Zeitung“ hat Stefan Pierer in einem Interview von der Gewinnprämie für seine Mitarbeiter erzählt. Er hat nämlich all seinen Mitarbeitern – sehr löblich, muss man wirklich sagen, sehr löblich – 2 700 Euro Gewinnprämie gegeben. Das Blöde ist nur, von diesen 2 700 Euro Gewinnprämie sind bei den Mitarbeitern nur 1 300 Euro angekommen. Mehr als 1 300 Euro, nämlich 1 400 Euro, sind bei Ihnen gelandet. Ein paar Hunderter davon im Finanzministerium, ein paar Hunderter bei den Sozialversicherungen, ein paar Hunderter in der Pensions­versicherung; vom Familienlastenausgleichsfonds und von der Wohnbauförderung wollen wir gar nicht reden. (Abg. Rossmann: Klassischer Dienstgeberbeitrag!) – Dienstgeber, ja.

Herr Finanzminister, Sie haben gesagt, die öffentlichen Abgaben haben sich sehr dynamisch entwickelt. – Ja, darauf will ich auch zurückkommen. Ja, die öffentlichen Abgaben haben sich sehr dynamisch entwickelt, nämlich plus 662 Millionen Euro bei der Körperschaftsteuer, plus 179 Millionen, also rund 180 Millionen Euro bei der Einkommensteuer, plus 177 Millionen Euro bei der Lohnsteuer, plus 172 Millionen Euro bei der Kapitalertragsteuer, plus 60 Millionen Euro bei der Normverbrauchsabgabe und plus 57 Millionen Euro bei der Grunderwerbsteuer. Das ist dynamisch. Es ist leider nur ein Betriebsunfall des Finanzministeriums, dass das für Sie gilt und nicht für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das ist das Thema. (Beifall bei den NEOS.)

Sie machen Taschenspielertricks, indem Sie es den Menschen aus den Taschen neh­men und es irgendwann, vielleicht am Ende der Legislaturperiode, knapp vor Wahlen, wieder herschenken. Das finde ich verwerflich. Das ist keine ehrliche Politik. Wenn Sie versprechen, dass Sie den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern 14 Milliarden jährlich zurückgeben, dann sollten Sie dies auch tun und sie nicht am Schmäh halten.

Herr Finanzminister, das Wirtschaftswachstum lag bei 2,7 Prozent. Das Steuerwachs­tum betrug bei der veranlagten Einkommensteuer plus 8,3 Prozent, plus 7,2 Prozent bei der Lohnsteuer, plus 15,6 Prozent bei der Körperschaftsteuer, plus 11,6 Prozent bei der Kapitalertragsteuer, plus 3,5 Prozent bei der Umsatzsteuer, plus 13 Prozent bei der NoVA und plus 9,3 Prozent bei der Grunderwerbsteuer. Das Wirtschaftswachstum: 2,7 Prozent; jenes von Steueraufkommen und Vermögen ist also faktisch doppelt so hoch mit 5,3 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

Jetzt können wir über verschiedene Punkte reden, ich kann auch der FPÖ noch einmal das Wahlprogramm vorlesen. Worum es mir geht, ist Ehrlichkeit in der Politik. Ich bin ein Steuerzahler und ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie endlich auch etwas für meine Mitarbeiter tun. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Für die unteren Einkommen haben Sie etwas getan, dieses Lob muss ich Ihnen aussprechen, Sie haben auch etwas für die Familien getan (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger), aber der Bereich in der Mitte wurde nicht entlastet. Das Problem ist, dass sich diese Menschen, die kräftig Steuer zahlen, kein Eigentum ansparen können – das ist das Kernproblem –, weil Sie ihnen durch die kalte Progression viel zu viel wegnehmen. Schaffen Sie die kalte Pro­gression ab! Die kalte Progression abzuschaffen haben schon angekündigt: Grasser – der ist jetzt mit den Gerichten beschäftigt (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger) –, Molterer – der ist beim Europäischen Fonds –, Finanzminister Pröll – der mahlt ein bisschen Mehl –, Frau Fekter – die ist zu ihrer Sand- und Kiesboutique zurückgekehrt –, Herr Spindelegger – der kümmert sich um die Migration – und Finanzminister Schelling, der auch sehr heftig dafür eingetreten ist und jetzt bei Gazprom ist. – Ich bin ja ge­spannt, was Sie machen werden.

Eines können Sie den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aber nicht vormachen, nämlich indem Sie etwas versprechen, was Sie nicht einhalten. Ich denke, dass es jetzt an der Zeit für Entlastung ist und dass jetzt die kalte Progression wegkommen muss, weil wir eine Niedrigzinspolitik haben. Ihr Thema ist einfach, dass Sie sich bei den Schulden und damit beim Schuldenstand insgesamt etwas ersparen, weil wir eine Nullzinspolitik haben. Stellen Sie sich vor, die Zinsen würden steigen – dann würde Ihr ganzes Kartenhaus zusammenbrechen.

Ich glaube nach wie vor, dass das, was Sie uns als Steuerreform verkaufen, eine Micky-Maus-Reform ist. Die Panzerknacker werden uns halt irgendwann einmal erzäh­len, was mit uns geschehen ist und was mit Ihnen geschehen ist.

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass Sie den Menschen den Glauben geben, dass Sie den Menschen, die wirklich Steuer zahlen, den Glauben wieder geben. Diese müssen eine Vision haben, nämlich die Vision, dass ihnen nicht alles aus der Tasche gezogen wird, sondern dass sie sich Eigentum ansparen können. Das ist eine wichtige Mission. Dieser Verantwortung müssen Sie sich stellen. (Beifall bei den NEOS.)

15.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Klubobmann Wöginger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.