Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 27. Februar 2019 / Seite 35

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Politik Menschenleben und Kinderleben wert? – Genau das verbirgt sich hinter dem Begriff Abbiegeassistent für Lkws.

Sie wissen es alle, es war der 31. Jänner dieses Jahres, als in Wien ein neunjähriger Bub ums Leben kam, weil ein abbiegender Lkw eben diesen Abbiegeassistenten nicht hatte. Das sind zweifelsohne zutiefst traurige Fakten, und da muss ich Ihnen, glaube ich, nicht noch moralisch ins Gewissen reden.

Ich werde in der heutigen Rede aber ganz bewusst nicht über die eine oder andere Partei sprechen, ich werde auch nicht über Regierung und Opposition sprechen, ich möchte heute nur Folgendes machen: Ich möchte uns, den 183 Abgeordneten dieses Hohen Hauses, eine einfache Frage stellen: Kann es für Kinderleben wirklich einen Preis geben, Herr Bundesminister, der uns zu hoch ist? (Beifall bei der SPÖ.)

Wir alle haben in den letzten Tagen medial auch sehr viel über technische Details erfahren. Wir haben erfahren, dass der sogenannte tote Winkel bei Lkws sehr groß ist – größer als bei Personenkraftfahrzeugen –, und wir haben auch gelernt, dass es nicht mehr notwendig ist, dass es diesen großen toten Winkel gibt, weil es Lösungen dafür gibt, diesen toten Winkel zu vermeiden, weil Lkws nachgerüstet werden können. Ja, das kostet Geld, aber ja, das rettet Leben, denn in diesem großen toten Winkel der Lkws sterben Menschen, und vielfach sind es Kinder, die da ums Leben kommen. Wir wissen, wenn wir diesen toten Winkel schließen, beenden wir das Sterben der Men­schen und der Kinder durch solche Unfälle. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch bei einer sehr bekannten und großen Lebensmittelkette dieses Landes bedanken, die denselben Namen trägt wie Sie, Herr Bundesminister. Diese Lebensmittelkette, diese Firma hat angekündigt, ihre Lkws, ihre Lieferlastkraftwägen freiwillig und auf eigene Kosten nachzurüsten und mit diesen Abbiegeassistenten auszustatten. Warum? – Aus ethischen Gründe, aus moralischen Gründen.

Es ist ein großer Schritt, der hier seitens der Privatwirtschaft, seitens dieses Privat­unter­nehmens, dieser Firma gesetzt wird, aber es ist auch ein Signal an uns, an die Politikerinnen und Politiker, dass die Wirtschaft diese moralische Notwendigkeit erkannt hat – und ich denke, wir sollten es auch erkennen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Beweggrund für diese Lebensmittelkette ist ein ganz einfacher: Sie will mit ihren eigenen Fahrzeugen nicht dafür verantwortlich sein, dass Menschen ums Leben kom­men. Daher darf ich auch alle anderen bitten, diesem Signal und diesem Vorbild zu folgen. Machen wir in Österreich die Straßen sicherer, und zwar für alle Menschen, aber besonders für unsere Kinder! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Wir diskutieren in diesem Haus nicht zum ersten Mal über die Sicherheit von Kindern. Ich kann mich erinnern, dass wir dieses Thema letztes Jahr sehr oft in der Nicht­raucherschutzdebatte besprochen haben. Gestern haben wir beim Expertenhearing im Gesundheitsausschuss auch über die Sicherheit, die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in diesem Land diskutiert, über die jungen Lehrlinge in der Gastronomie, die unfreiwillig dem Rauch ausgesetzt sind. Ich habe ehrlich gesagt als Sozial­demo­kratin kein Verständnis dafür, wenn hier Ihrerseits für die Frage der Kosten und der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Sicherheit der Kinder und der Jugendlichen argumentiert wird. Dafür gibt es kein Verständnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, es geht um Moral, es geht um Ethik, es geht um Verantwortung, die die Politik zu tragen hat. Viele von uns haben Kinder und Enkelkinder, und jedes unserer Kinder und Enkelkinder hätte dieses Kind am 31. Jänner sein können, das durch diesen Lkw zu Tode kam. Ja, es ist eine gemeinsame Verantwortung, die wir hier im Hohen Haus


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