10.30

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! (Unruhe im Saal.) Sind Sie jetzt bereit, mir zuzuhören? (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz.) Das würde mich freuen, und es würde Ihnen, glaube ich, sehr guttun! Lauschen Sie also, was ich zu sagen habe!

Wir sprechen bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung über das unterste soziale Auffangnetz in unserem Lande, und die Aufgabe dieses untersten sozialen Auffang­netzes muss wohl darin bestehen – wenn man Sozialpolitik betreiben will, die diesen Namen verdient –, allen Menschen, die auf diese Mindestsicherung angewiesen sind, eine gesellschaftliche Teilhabe und damit auch ein Leben in Würde zu gewährleisten.

Stellen wir uns jetzt die Frage, ob diese Mindestsicherung Neu diesen Ansprüchen gerecht wird. – Ich würde sagen: Nein! Was wird nämlich hier getan? – Mindest­siche­rung Neu kürzt. Sie kürzt nicht nur, das ist richtig, aber in entscheidenden Punkten wird gekürzt, etwa bei Familien mit Kindern. Das ist nun einfach so, das kann man drehen und wenden, wie man will: Das dritte Kind bekommt nur mehr 43 Euro, und das verschärft die Kinderarmut. Alle Rechenkünste, die Sie anstellen, können nicht darüber hinwegschwindeln, Herr Gudenus! (Abg. Gudenus: Sie können nicht rechnen, peinlich, peinlich!)

Außerdem gibt es – auch das kann man nicht wegreden – massive Einschränkungen und Kürzungen für Zuwanderer mit schlechten Deutschkenntnissen. Gleichzeitig aber, meine Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, kürzen Sie die budgetären Mittel für Deutschkurse. – Einschnitte dieser Art im untersten sozialen Netz habe ich in den letzten Jahrzehnten mit Sicherheit nicht erlebt. Mit diesen Kürzungen werden Menschen noch weiter in den Abgrund getrieben.

Das Ziel muss es aber sein, Existenz zu sichern und Chancen zu fördern, aber damit hat die Regierung nichts im Sinn! Die Chancen von Kindern werden verschlechtert. – Das nennen Sie soziale Gerechtigkeit zurückbringen, Frau Ministerin? Familien werden krankmachenden Lebensbedingungen ausgesetzt. – Das nennen Sie soziale Gerech­tigkeit, Frau Ministerin? (Abg. Neubauer: Das ist Unsinn!) Menschen werden bis weit in die Mittelschicht hinein in ein drohendes Almosenregime getrieben. – Das nennen Sie soziale Gerechtigkeit? Das nennen Sie Fairness? – Nein!

Ich frage mich immer wieder, welches Problem diese Regierung mit Armen hat. Was nämlich tut die Regierung – und das ist ja nicht die erste Maßnahme dieser Art? – Sie bekämpft die Armen im Land und nicht die Armut. Die Aufgabe wäre es aber, die Armut zu bekämpfen. So, wie Sie das anlegen, geht das aber nicht: Wenn Sie in vorgelagerten Bereichen immer wieder eine Politik betreiben, die darauf ausgerichtet ist, alles zu tun, um Menschen in diese sozialen Netze zu treiben, dann darf man sich nicht wundern, wenn es dort immer mehr Menschen werden!

Einige dieser Maßnahmen kann man ja rasch erwähnen: Indexierung der Familien­beihilfen für Kinder in der EU und in Drittstaaten, Streichung der Aktion 20 000, Kür­zungen von Deutschkursen, wie ich bereits erwähnt habe. Dazu kommen Maßnahmen, die geplant sind, etwa die geplante Abschaffung der Notstandshilfe. Es droht nach wie vor Hartz IV. Das letzte Tüpfelchen auf dem i war allerdings der von Innenminister Kickl angekündigte Stundenlohn für Asylwerber in der Höhe von 1,50 Euro, und der Kanzler applaudiert und stimmt zu! – Ich finde das äußerst unanständig, ja ich finde das men­schenverachtend!

Mit dieser Politik, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, spalten Sie, spielen Sie Arme gegen Arme und Inländer gegen Ausländer aus! Damit tun Sie alles, nur nicht eine Politik betreiben, die im Sinne einer modernen Sozialpolitik ist und im Sozialbereich eine existenzsichernde Grundsicherung für alle schafft. Das Ziel einer modernen Mindestsicherung würde aber darin bestehen, Grundrechte statt Almosen, Grundrechte mit ausreichenden Mitteln für ein menschenwürdiges Leben zu schaffen, Chancen zu schaffen statt Abstieg, sozialen Ausgleich zu schaffen anstatt zu spalten und zu hetzen und Achtung zu schaffen statt zu beschämen.

Wir diskutieren hier über das unterste soziale Auffangnetz, über Mittel in der Größen­ordnung von 1 Milliarde Euro. Würde die Politik und würden der Herr Kanzler und der Herr Finanzminister mehr tun, um die Steuerflucht von Großkonzernen zu stoppen, dann könnten wir uns eine soziale Politik leisten, welche die von mir genannten Bedin­gungen erfüllt.

Schauen wir also darauf, dass diese sozialen Netze das sind, was sie sein sollen: da zur Sicherung der Existenz von Menschen und eines menschenwürdigen Lebens. Schauen wir darauf, dass wir eine Politik betreiben können, die zu null Armut führt und nicht dort kürzt, wo nicht gekürzt werden soll! – Danke sehr. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule Neunkirchen recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bißmann. – Bitte.