12.08

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Öster­reich hat sich dazu verpflichtet, wirksame Maßnahmen zum Schutz vor Passivrauchen am Arbeitsplatz, in geschlossenen Räumen, in öffentlichen Verkehrsmitteln und an geschlossenen öffentlichen Orten einzurichten. Nach dem novellierten Tabakgesetz von 2004 galten in Österreich schon ab 1. Jänner 2005 Rauchverbote in Räumen und an öffentlichen Orten.

Es wurde auch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz dahin gehend novelliert, dass Rauchen am Arbeitsplatz nicht mehr erlaubt ist – einzige Ausnahme: die Gastronomie, in der die Beschäftigten, insbesondere die Jugendlichen, dem äußerst gesundheits­schäd­lichen Rauch passiv ausgesetzt sind.

Die Experten, insbesondere Herr Dipl.-Ing. Tappler hat uns erklärt, dass alle Maß­nahmen, die gesetzt wurden, Nichtraucher in der Gastronomie nicht vor den gesund­heitsgefährdenden Stoffen, die Zigarettenrauch erzeugt, schützen.

Wir haben Kollegen Wurm ja auch beim letzten Hearing aufgefordert: Sag uns ein einziges Argument, das Rauchen in der Gastronomie zulässt, wodurch die Gesundheit nicht gefährdet ist! (Abg. Neubauer: Wahlfreiheit!) Er hat darauf hingewiesen, er werde es hier im Plenum sagen. Ich habe jetzt bei deiner Rede wirklich intensivst aufgepasst, ob irgendein Argument kommt, das die gesundheitlichen Bedenken, die alle Experten geäußert haben, zerstreut und Rauchen in der Gastronomie zulässt. Es ist kein einziges Argument von dir gekommen, das Rauchen in der Gastronomie für unbedenk­lich erklärt, das erklärt, dass Beschäftigte, die dort dem Rauch passiv – und das haben uns viele Experten erklärt – ausgesetzt sind, diesen krebserregenden Stoffen aus­gesetzt sind, dadurch nicht gefährdet wären. Wir setzen diese Menschen dem Rauch aus und ihre Gesundheit aufs Spiel.

Es ist wirklich schrecklich, was hier diesbezüglich passiert. Und es kommt kein Argu­ment außer: Ja, wir wissen, dass Rauchen schädlich ist, aber, mein Gott na! Es geht ja – wer hat das gesagt, Kollege Riemer – um die Eigenverantwortung der Bürger. (Abg. Riemer: Ja, natürlich!) Die Bürger sollen entscheiden, wo sie hingehen. Aber, Kollege Riemer (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ) – klatschen Sie nur! (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –, was ist denn im Ausschuss passiert, als es um die Eigenverantwortung der Bürger gegangen ist, als dort diskutiert wurde? – Gerade die FPÖ-Abgeordneten haben im Ausschuss erklärt, wir müssen ja das Rauchen lassen, denn am Land gibt es im Ort nur ein einziges Lokal, und dann könnte es sein, dass dieses nicht besucht wird. – Wie gehen Sie denn da mit der Eigenverantwortung der Bürger um? (Abg. Haider: Verbieten! Verbieten! Das hat schon die Grünen ... aus dem Parlament ....!)

Kollege Riemer, ich kann dir nur sagen: Das, was hier passiert, ist ein Wahnsinn! Ich kann aber den FPÖ-Abgeordneten jetzt zugutehalten: Seitdem wir über das Rauchen diskutieren, seit 2005, seitdem wir es auch in den ÖBB-Zügen abgeschafft haben – da gab es auch einen großen Aufstand der FPÖ-Abgeordneten –, sind sie immer dazu gestanden, dass geraucht wird. Das, was mich wirklich fürchterlich aufregt, ist aber die Haltung der ÖVP. Wir haben es mit der leider zu früh verstorbenen Gesundheits­ministerin Sabine Oberhauser und dem damaligen Vizekanzler Mitterlehner geschafft, im Jahr 2015 ein Rauchverbot in der Gastronomie einzuführen, mit einer Übergangs­frist bis 1. Mai 2018. Das ist mit den Stimmen der ÖVP mitbeschlossen worden.

Wir hatten eine Mehrheit in diesem Haus, weil wir gesagt haben, wir in diesem Haus sind für die Gesundheit der Menschen in Österreich verantwortlich. Wir haben dieses Gesetz für die Gesundheit der Menschen in Österreich beschlossen. Nur damit die ÖVP den Bundeskanzler in der Regierung stellen kann (Abg. Belakowitsch: Was heißt „nur“?), gibt sie einem Vorschlag des Koalitionspartners nach und fällt zu 100 Prozent bei einem Gesetz um, das die Gesundheit der Menschen in Österreich schützen sollte. (Abg. Belakowitsch: Der einzige Bundeskanzler, der ... , war euer Kern!)

Sie von der ÖVP sind dafür verantwortlich, dass Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten müssen, weil sie nicht die Chance haben, sich den Arbeitsplatz nach Raucher­arbeitsplatz oder Nichtraucherarbeitsplatz auszusuchen, in diesen Betrieben krank werden können. Sie sind dafür verantwortlich, dass Menschen aufgrund dieser Erkran­kung sterben können. Sie sind dafür verantwortlich, dass es in Österreich Leid gibt, weil eine Maßnahme gesetzt wird, die man in diesem Parlament nicht vertreten kann. (Beifall der Abgeordneten Rendi-Wagner und Leichtfried.)

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, bringe ich folgenden Entschließungs­antrag ein:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nichtraucher­schutz und Rauchverbot in der Gastronomie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, den eindeutigen Willen der österreichischen Bevölkerung im Sinne eines umfassenden Gesundheitsschutzes umzusetzen und dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der ein absolutes Rauchverbot in der Gastro­nomie, so wie dies bereits mit 1.5.2018 vorgesehen gewesen wäre, eingeführt wird.“

*****

Ich bitte die ÖVP-Abgeordneten, wieder dem Entschluss, den sie schon 2015 gefasst hatten, zu folgen, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen und das Rauchen in der Gastronomie zu verbieten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riemer: Der ... hat immer gesagt, ...! Der war ein Gesundheitsminister!)

12.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher

Genossinnen und Genossen

betreffend Nichtraucherschutz und Rauchverbot in der Gastronomie

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über das Volksbegehren „Don`t Smoke“ (434 d.B./533 d.B.)

Das Kippen des totalen Rauchverbots in der Gastronomie ist ein enormer gesund­heitspolitischer Rückschritt.13.000 bis 14.000 ÖsterreicherInnen sterben jährlich an den Folgen des Tabakkonsums.

Die meisten europäischen Länder haben bereits vor Jahren Rauchverbote eingeführt. Die Folge: eine signifikante Abnahme von Herzinfarkten, Atemwegserkrankungen und Frühgeburten. Kaum wo ist der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich so gut doku­mentiert wie beim NichtraucherInnenschutz.

Die internationale Gesundheitspolitik der letzten Jahre bewegt sich klar in Richtung NichtraucherInnenschutz. Die Debatte dazu wird bereits seit Jahrzehnten geführt, zah­lreiche Länder haben aufgrund der klaren wissenschaftlichen Fakten mittlerweile ge­nerelle Rauchverbote in der Gastronomie eingeführt. Diese haben in Folge zu einem signifikanten Rückgang der Tabak-assoziierten Erkrankungen in diesen Ländern ge­führt. Kaum wo ist der gesundheitliche Nutzen wissenschaftlich so gut dokumentiert wie beim NichtraucherInnenschutz.

Zahlreiche EU-Staaten haben in den letzten Jahren generelle Rauchverbote eingeführt, was Studien zufolge auch zu einer Senkung der RaucherInnenzahlen geführt hat. In Irland zum Beispiel herrscht seit 2004 ein striktes Rauchverbot in der Gastronomie und auch dort gibt es einen deutlichen Rückgang an RaucherInnen von 28 Prozent auf 21 Prozent.

Österreich ist in Sachen NichtraucherInnenschutz seit Jahren trauriges Schlusslicht. In kaum einem anderen Land der EU rauchen so viele Menschen wie hier, während die RaucherInnenzahlen in anderen Staaten sinken, stagnieren sie in Österreich.

Das von der SPÖ und ÖVP jahrelang verhandelte und im Jahr 2015 beschlossene NichtraucherInnenschutzgesetz sollte genau diesen Entwicklungen Einhalt bieten. Dem gegenüber hat die schwarz-blaue Bundesregierung, das Gesetz noch vor Inkrafttreten am 1. Mai 2018 rückgängig gemacht und somit das Rauchen in der Gastronomie weiter zugelassen.

Ein Argument gegen das Rauchverbot in Lokalen ist die Befürchtung der Wirte, dass die Umsätze der Gastronomen zurückgehen würden. Seit 20 Jahren ist jedoch wissen­schaftlich belegt, dass es durch Rauchverbote in der Gastronomie zu keinem wirt­schaftlichen Schaden für die Branche komme.

In Bayern gibt es z.B. seit 7 Jahren, seit 2010, ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie. Seither gibt es ein Umsatzplus in der Gastronomie, sowohl in der Speise- als auch Getränkegastronomie.

Auch in Italien gibt es seit 2005 ein Rauchverbot in der Gastronomie. Und obwohl es dort die Möglichkeit gibt, kleine Raucherräume einzurichten, wird das eher nicht gemacht. Die positiven Auswirkungen des Rauchverbots sind in Italien eindeutig: Um 4 Prozent weniger Menschen wurden in den ersten beiden Jahren wegen Herzinfarkts ins Spital gebracht. Auch die Sterblichkeit ist in diesem Zeitraum um drei Prozent gesunken.

Doch auch für PassivraucherInnen besteht ein erhöhtes Risiko und das ist besonders für die Beschäftigten in der Gastronomie relevant. Eine rauchfreie Gastronomie ist essenziell für den Schutz der Gesundheit von Tausendenden Beschäftigten in Öster­reich und einer noch viel größeren Anzahl von Kunden. Wenn jemand nur den Rauch von anderen inhaliert, hat er längerfristig die gleichen Risiken wie ein Raucher selbst – er hat die gleichen krebserregenden Substanzen im Körper. Von den 6 Millionen Menschen, die jährlich an den Folgen des Rauchens sterben, sind jährlich 600.000 PassivraucherInnen. Sie trifft das Ende des Rauchverbots in der Gastronomie ganz besonders.

In den im Gesundheitsausschuss durchgeführten Hearings wurde von allen anerkann­ten ExpertInnen auf die vielen gesundheitsschädlichen Auswirkungen eindringlich hingewiesen. All diese Apelle lassen die Regierungsparteien unbeeindruckt abprallen.

Seit dem Bekanntwerden des Vorhabens das generelle Rauchverbot in der Gastro­nomie zu kippen, hat sich auch in der Zivilgesellschaft sehr viel getan. Hundert­tausende Menschen haben ihren Unmut gegen die Abschaffung des Rauchverbots Luft gemacht. Zunächst haben fast 470.000 Menschen die Petition der österreichischen Krebshilfe und danach das Volksbegehren „Don`t Smoke“ unterschrieben. Für den Schutz der NichtraucherInnen haben 881.692 Menschen ihre Stimme abgegeben.

Dieses klare Bekenntnis der österreichischen Bevölkerung zum generellen Rauch­verbot in der Gastronomie, darf die Regierung nicht einfach übergehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, den eindeutigen Willen der österreichischen Bevölkerung im Sinne eines umfassenden Gesundheitsschutzes umzusetzen und dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der ein absolutes Rauchverbot in der Gastro­nomie, so wie dies bereits mit 1.5.2018 vorgesehen gewesen wäre, eingeführt wird.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Dieser Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Wurm zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: Beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung! – Bitte.