16.47

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Wenn man die Redebeiträge Revue passieren lässt, stellt man fest, dass man grundlegende Widersprüche oder Uneinigkeiten eigent­lich vergebens sucht – und das ist ja auch gut so.

Uns allen ist bewusst, dass die Organisation der Pflege eine ganz große Herausfor­derung ist. Uns allen ist auch bewusst, dass diese Herausforderung in den kommen­den Jahren noch größer werden wird. Der Grund ist die demografische Entwicklung, die kleineren Familieneinheiten, die verstärkte Berufstätigkeit der Frauen.

Es ist also ganz klar, dass diesbezüglich ein Bedarf besteht, der noch größer werden wird und den der Staat in irgendeiner Weise berücksichtigen und auch decken müssen wird. Aus meiner Sicht ist die primäre Frage heute daher nicht – jetzt bin ich bei meinem Vorredner und auch bei meinen Kollegen –: Wie bringen wir dann das Geld auf?, sondern die primäre Frage ist: Wie machen wir es, wie organisieren wir das? Dann wird man fragen: Was kostet das?, und dann wird man schauen: Wie können wir dieses Geld aufbringen? – Die Notenpresse ist da wahrscheinlich nicht das richtige Mittel.

Ich glaube, wenn man sich dem Thema nähert, muss man vier Fragen stellen. Die erste Frage ist: Was können wir tun, damit die Menschen länger fit bleiben? Was können wir mit Prävention hinsichtlich Pflegebedürftigkeit erreichen? Wie können wir Menschen mobil halten? Das ist einmal das Wichtigste, glaube ich, denn wer nicht pflegebedürftig wird, der muss gar nicht gepflegt werden, beziehungsweise es wird der Zeitraum dann viel kürzer.

Der zweite Punkt, der sehr wichtig ist – das wurde ja schon wiederholt angesprochen ‑: Die Menschen wollen zu Hause bleiben. Wie machen wir es möglich, dass Menschen zu Hause gepflegt werden? Wir haben ja das Riesenglück – ein unverdientes Glück, denn wir können gar nichts dafür –, dass der Lebensstandard in unseren östlichen Nachbarländern niedriger ist, sodass Frauen aus diesen Ländern bereit sind, diese schwere Aufgabe bei uns zu übernehmen. Was täten wir, hätten wir nicht die 24-Stunden-Betreuerinnen? Jeder kann das in seinem Umfeld beobachten. Was also tun wir, um die Pflege zu Hause möglich zu machen? Eines Tages werden diese Frauen nämlich nicht mehr kommen, jedenfalls nicht in dieser Zahl.

Das Dritte, das ganz wichtig ist: Noch immer tragen Angehörige die Hauptlast. Wie unterstützen wir sie? Auch das ist angesprochen worden, auch das muss man sich überlegen. Kann man jeden anstellen? Kann der Bund jetzt so viele Beschäftigungs­verhältnisse schaffen?

Das Vierte, das wir uns fragen müssen, ist: Wie machen wir es attraktiv, in der Pflege zu arbeiten? Wie können wir das bewerkstelligen? – Es wird nicht nur übers Geld laufen, es wird auch das Ansehen, die Wertschätzung sein, die diese Menschen in der Gesellschaft erhalten. NEOS haben daher ein Projekt aufgesetzt – Frau Kdolsky leitet das –, in dem Vorschläge ausgearbeitet werden, wie Pflege organisiert werden kann.

Im Februar gab es dazu eine Auftaktveranstaltung. Dort sind Vertreter und Ver­treterinnen von Pflegeberufen, Experten und Expertinnen zusammengekommen. Seit­her gab es schon einige Workshops, und da hat sich zumindest eines herauskris­tal­lisiert: Wir müssen bei den Primärversorgungsnetzwerken ansetzen. Das ist eine gute Idee, und es ist gut, dass diese eingeführt wurden. Was wir brauchen – dazu haben wir in Skandinavien ein Vorbild, dort gibt es die Community Nurses –, das sind Ansprech­personen und Pflegepersonen in diesen Netzwerken, Pflegepersonen, die sich das Umfeld der Personen anschauen, die sie beraten und die auch bestimmte Pflege­leis­tungen erbringen.

Um das aufzuwerten, wird man den Pflegepersonen, dem Pflegepersonal auch Auf­gaben übertragen können, die jetzt von Ärzten wahrgenommen werden. Man wird sie auch besser bezahlen müssen. Dazu wird es notwendig sein, dass man auch einen Pflegekostenkatalog erstellt. Das fehlt jetzt. Es gibt zwar eine Abgeltung für die ärztlichen Leistungen in einem Primärversorgungsnetzwerk, aber noch nicht für die Leistungen des Pflegepersonals. Das ist aber dringend notwendig.

Da müssen wir ansetzen, und ich glaube, da sind alle gefordert: Wir brauchen alle guten Ideen von allen Seiten, egal, von wem sie kommen. Setzen wir uns dafür ein, beschäftigen wir uns damit! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.