18.14

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, an die ich mich heute wenden will, weil ich Ihnen etwas bewusst machen möchte! Wir diskutieren heute über zwei Anträge der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ, die in einer scheinheiligen Manier fordern (Abg. Neubauer: Ordnungsruf!), man möge Parallelgesellschaften und Radi­kalisierung verhindern sowie Schlepperei und illegale Migration bekämpfen.

Jetzt sind diese Zielsetzungen und diese Anträge wunderbar, wir stimmen inhaltlich völlig zu – wenn es nicht so wäre, dass diese Regierung absolut kein Interesse daran hat, diese Ziele zu erreichen. Warum nicht? – Weil diese Parteien ÖVP und FPÖ davon profitieren, wenn Integration nicht funktioniert und Migration nicht gemanagt wird. Diese beiden Parteien wissen genau, dass ihre bewusste Desintegrationspolitik dazu beiträgt, dass es mehr statt weniger Klüfte in unserer Gesellschaft gibt, dass Menschen Angst haben und deswegen eher ausländerfeindliche Parteien wählen. Das ist das Geschäftsmodell der FPÖ und mittlerweile auch der ÖVP.

Heute sagen die Regierungsparteien A in diesen Anträgen, um Sie, geschätzte Wäh­lerinnen und Wähler, zu täuschen, denn sonst machen sie B. Was haben sie denn bis jetzt im Bereich Integration gemacht? – Sie haben geflüchtete Jugendliche in Isola­tionshaft aufs Land geschickt. Sie haben gefordert, Musliminnen und Muslime aus dem Gemeindebau zu verbannen. Sie haben in schlimmster klischeehafter Manier bei der e-card-Kampagne mit der Ali-Werbung pauschal alle türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger als Sozialbetrüger verunglimpft. Sie haben das Angebot an Deutschkursen für Asylwerber gekürzt, und gleichzeitig planen sie die Hürde von B1-Deutschkennt­nissen bei der Mindestsicherung für Asylberechtigte.

Und Bundeskanzler Kurz? – Statt auf die Stimmen mit Herz und Hirn innerhalb seiner Partei zu hören, nämlich auf jene, die in den Ländern und Gemeinden wirklich bei den Menschen sind und für Integration eintreten, hört er nur mehr auf Innenminister Kickl. Er setzt die Latte für Unmenschlichkeit und Ausgrenzung immer tiefer. Der letzte Vor­schlag war jener des 1,50-Euro-Stundenlohns für Asylwerber. Da eilt Bundeskanzler Kurz eher vor, um zu sagen, er hatte diese grandiose, absurde Idee schon viel früher, aber er hört nicht auf seine Bürgermeister und Landeshauptleute der ÖVP, die zu Recht dagegenreden.

Was bleibt? – Ein perfider Cocktail von Desintegrationspolitik. Im Bereich Migration hat diese Bundesregierung behauptet, etwas für die Hilfe vor Ort tun zu wollen, damit sich Menschen eben erst gar nicht auf den Weg zu uns machen müssen. Was haben Sie getan? – Sie haben die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit gekürzt und absolut keinen Vorschlag gebracht, wie Sie Verbesserungen erzielen wollen, damit die Men­schen nicht nach Europa kommen müssen oder wollen.

Wir NEOS sagen A und fordern auch A. Wir unterstützen diese Anträge und kämpfen für Maßnahmen zu deren Umsetzung durch konkrete Anträge, die aber dann von den Regierungsparteien in den jeweiligen Ausschüssen vertagt werden. Wenn es also darauf ankommt – walk the talk –, dann zeigt sich die Scheinheiligkeit der Regierungs­parteien. (Abg. Amesbauer: Was ist schon wieder scheinheilig? Zum Thema reden!)

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich würde Sie bitten, die Formulierung „Scheinheiligkeit“ zurückzunehmen!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (fortsetzend): Ich nehme sie zurück und ersetze sie durch Unwille zur Wahrheit.

Ich bitte Sie, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sich jeden Satz, jedes Versprechen der Bundesregierung bezüglich dieser Themen zweimal anzuschauen und aus der Schein- - (Heiterkeit bei den NEOS), aus der Wahrheitsfremde, der Doppelzüngigkeit, den Unwahrheiten Ihre Schlüsse zu ziehen, ob Sie diesen Parteien noch einmal vertrauen wollen, falls Sie es einmal gemacht haben, denn es geht hier letztendlich um unser Zusammenleben, um die Sicherheit in unserem Land, etwas, das nicht für billige Pointen und politisches Kalkül aufs Spiel gesetzt werden soll. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

18.18

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.