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Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Der Terrorismus, den wir gegenwärtig wahrnehmen, und die Radikalisierung müssen wir als ein langes Kapitel der westlichen Modernisierung und auch der Glo­balisierung begreifen. Die Ursachen für Extremismus und der Radikalisierung sind multidimensional, die Bruchlinien der globalen Ungerechtigkeit gepaart mit Rück­ständigkeit und einer Tradition des orientalischen Despotismus sowie eines islamis­tischen Klerus, welcher den Nährboden dafür aufbereitet – in millionenfacher Weise über Predigten und sogenannte Koranschulen, über Medresen oder über TV-Sender, die von unseren Verbündeten wie Saudi-Arabien und so weiter finanziert werden, von denen wir wissen, dass die nicht nur Erdöl exportieren, sondern auch den salafistisch-wahhabitischen Islam; das ist genau jene Strömung innerhalb des Islam, die den Nährboden für Radikalisierung und Extremismus aufbereitet.

Die Logik der Islamisten, egal ob mit Krawatte und Anzug oder mit Sprengstoffweste, ist immer dieselbe, ihr Mantra lautet: Kümmere dich um die Religion, und das Gemeinwohl entsteht von selbst! Der sichtbare Terror ist nur die Spitze des Eisbergs, denn darunter liegt immer eine Theologie der Verachtung. Es ist hier unsere gemeinsame Aufgabe, die Diskussionen differenziert zu führen. Wir dürfen den Islam und diese Extremisten nicht im gleichen Atemzug erwähnen, da wird die Religion missbraucht. Es gibt auch in islamischen Kreisen sehr bedenkliche Strömungen, diesbezüglich müssen wir die säkularen und liberal-progressiv eingestellten Muslime unterstützen, damit sie diesen Diskurs auch führen können.

Eines ist klar: Herr Erdoğan wird diesen Kräften die Unterstützung nicht geben, die Muslimbruderschaft auch nicht. Wenn hier in diesem Haus der politische Wille vorhanden wäre, könnten wir diesen Leuten unter die Arme greifen, dass sie diese Diskussionen hier führen und dieses Gedankengut auch in die Communitys und auch in die Herkunftsländer hineintragen können. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) – Danke.

Wir haben – und das muss ich leider kritisch anmerken – die Zeit der EU-Rats­präsidentschaft nicht dafür genützt, hier in Wien so einen Dialog zu organisieren und uns einerseits gegen diese reaktionären Strömungen im Islam zu positionieren und gleichzeitig diese Diskussionen auch in die Herkunftsländer und in die Communitys in Österreich und in Europa hineinzutragen. Das haben wir verschlafen, aus welchen Gründen auch immer.

Es ist daher wichtig, dass wir dieser Theologie der Verachtung, die von ganz bestimm­ten, wenigen Gruppierungen aus dem Eck dieser islamischen Strömungen in die Welt gesetzt werden, massiv etwas entgegensetzen. Dieser legalistisch agierende Islamis­mus ist unser größtes Problem, denn die Gewaltbereiten, die Radikalen, die haben unsere Sicherheitsbehörden am Radar, aber das, was wir nicht am Radar haben, weder sicherheitspolitisch noch gesellschaftspolitisch, ist, was denn die Gründe dafür sind, die zur Radikalisierung führen. Es ist daher begrüßenswert, dass die Bundes­regierung eine Beobachtungsstelle betreffend religiösen Extremismus einrichten wird, damit wir uns das einmal ganz genau anschauen können, was denn hier der Nähr­boden ist, wer die handelnden Akteure sind, von wo sie Unterstützung bekommen, wer mit wem zusammenarbeitet und wie die Finanzierung stattfindet. Dann haben wir als politische Entscheidungsträger auch eine Entscheidungsgrundlage, und das ist wichtig für unsere politische Arbeit, und das ist auch wichtig für die Sicherheit dieses Landes und dafür, dass unsere Gesellschaft nicht noch weiter auseinandergetrieben wird und wir die Diskussionen differenziert führen können. Das ist sehr, sehr wichtig.

Ich betone deshalb immer wieder, und ich habe es auch in meinem Buch mehrmals erklärt, wie es zu diesen Radikalisierungen kommt und wie man dem entgegenwirken kann. Das Verhalten zählt und nicht die Herkunft. Das Buch ist im Leykamverlag publiziert worden; da habe ich das alles im Detail dargelegt und geschildert. Wichtig ist, dass dieses Wissen nicht ein Insiderwissen ist und bleibt, sondern einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Abschließend gratuliere ich Ihnen, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, dass Sie mit der Einrichtung dieser Beobachtungsstelle gegen religiösen Extremismus einmal den ersten Schritt setzen. – Danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

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