12.29

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren hier im Plenum und zu Hause! Eine der genialsten Erfindun­gen in der Zivilisation war die Erfindung der Idee der Freiheit des Einzelnen. Sie hat ihren Ausdruck in der Demokratie gefunden, die Garant dafür ist, dass der Einzelne seine Freiheit auch leben kann. Deswegen, meine Damen und Herren, darf es – und das kommt in den Reden, auch wenn darin unterschiedliche Gewichtungen vorgenom­men werden, ganz klar hervor – bei einer Ideologie, die menschenverachtend oder ge­fährlich ist, keine Toleranz geben.

Das ist unser entscheidender Wesenskern, deshalb darf ich folgenden Antrag einbrin­gen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Strategie gegen Extremismus“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Einbindung des ,bundesweiten Netz­werks für Extremismusprävention und Deradikalisierung‘ (BNED), eine umfassende Strategie und konkrete Maßnahmen (wie Aussteigerprogramme) gegen jegliche Form des Extremismus zu erarbeiten“.

*****

Jetzt darf ich auf eine Aussage der Frau Abgeordneten Griss eingehen. Frau Abgeord­nete, ich habe den Artikel, den Sie angesprochen haben, damals in der Zeitung gele­sen, ich habe ihn jetzt noch einmal nachgelesen. Ich darf Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Meinung, so wie Sie das interpretiert haben, überhaupt nicht teile, denn wer das liest, kommt klar zu der Meinung, dass da die Tatsache beschrieben wird, dass nicht Opfer gegeneinander aufgerechnet oder abgewogen werden – denn jedes Opfer, meine Da­men und Herren, ist gleich viel wert und jeder Mensch hat die gleiche Würde. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Abgeordnete Krisper! Die Bundesregierung hat schon im Herbst eine klare Strategie mit Vorschlägen dargelegt, in der es darum geht, dass man Extremismusprä­vention und Deradikalisierungsmaßnahmen umsetzt und begleitet, und das hat Frau Staatssekretärin Karoline Edtstadler gestern hier im Plenum auch klar ausgeführt. Es geht uns aber nicht um den Wettstreit, wer es erfunden hat, sondern uns geht es da­rum, dass wir es gemeinsam beschließen; deswegen haben wir auch einen entspre­chenden Antrag zu dieser Materie eingebracht, um das zu unterstreichen.

Ich glaube, wesentlich ist, dass wir – wie es der Herr Innenminister in seiner Eröff­nungsrede auch zum Ausdruck gebracht hat – sachlich klar differenzieren und die ver­schiedenen Zuständigen in dieser Republik arbeiten lassen. Es wurde klar der Weg ge­zeichnet, dass morgen der Unterausschuss zusammentritt und am Montag der Sicher­heitsrat zusammentritt. Der Rechtsstaat funktioniert, die ordentlichen Gerichte funktio­nieren, es wird in alle Richtungen ermittelt. Man ist weder auf dem linken noch auf dem rechten Auge blind, sondern wir haben vollstes Vertrauen in unsere Behörden, in die Gerichtsbarkeit, in die Exekutive und in sämtliche auch staatssichernde Institutionen, die wir unser Eigen nennen dürfen.

Geschätzte Damen und Herren! Es war sehr gut und wichtig, dass auch die Parla­mentsmehrheit das Sicherheitspaket beschlossen hat, weil dieses Sicherheitspaket ein Garant dafür ist, dass geheime, verschlüsselte Internetkommunikation, zum Beispiel über WhatsApp, in Österreich ab 2020 auch entsprechend nachvollzogen und gelesen werden kann. Wir wissen ja nicht nur aufgrund dieses traurigen Ereignisses, dass dieses Medium auch von vielen terroristischen und verbrecherischen Organisationen verwendet wird, um ihre Absprachen zu tätigen.

Die Parlamentsmehrheit, meine Damen und Herren, diese Regierung steht aufseiten der Sicherheit, steht aufseiten der Bevölkerung, und wir arbeiten entschlossen weiter daran. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kol­legen

betreffende Strategie gegen Extremismus

eingebracht im Zuge der Debatte in der 68. Sitzung des Nationalrates über die Erklä­rung des Bundesministers für Inneres gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die aktuelle Situation vor dem Hintergrund des Terroran­schlags in Neuseeland“ – TOP 1

Dass extreme Ideologien auch in gefestigten westlichen Demokratien zu Terror und Mord in großem Ausmaß führen können, zeigen die jüngsten Anschläge auf zwei Mo­scheen in Christchurch/Neuseeland sowie die Verhaftung eines radikal-islamistischen Terroristen in Wien. Der Umgang mit Extremismus und radikalen Strömungen inner­halb der Bevölkerung stellt unsere demokratische Gesellschaft in Bezug auf die innere Sicherheit und damit den gesellschaftlichen Frieden vor große Herausforderungen. Diesen gilt es angemessen und vor allem mit konkreten Maßnahmen ehebaldigst zu begegnen.

Am 23. Oktober 2018 wurde im Innenministerium im Rahmen eines „Präventionsgip­fels“ die „Österreichische Strategie Extremismusprävention und Deradikalisierung“ vor­gestellt. Diese Strategie enthält dabei sehr unterstützungswürdige Rahmenvorstellun­gen gegliedert in acht Themenfelder:

1.         SICHERHEIT, STRAFVOLLZUG UND RESOZIALISIERUNG

2.         POLITIK UND DEMOKRATIEKULTUR

3.         KOOPERATION UND RESSOURCEN

4.         BILDUNG, ARBEITSMARKT UND RESILIENZ

5.         SOZIALE VERANTWORTUNG UND GESUNDHEIT

6.         WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

7.         INTERNET UND MEDIEN

8.         GENDER

Das Strategiepapier weist gleich an mehreren Stellen darauf hin, dass Extremismus­prävention und Deradikalisierung einen innenministeriellen Ansatz erfordert. In seinem Vorwort erklärt sich der Herr Bundesminister für Inneres für das Thema aus der Pers­pektive der inneren Sicherheit für zuständig. Die Generaldirektorin für öffentliche Si­cherheit, Michaela Kardeis, kündigte im Rahmen des Gipfels einen Aktionsplan zur Umsetzung konkreterer Schritte und Maßnahmen im Bereich an.

Extremismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das staatliches Handeln in vie­len Bereichen fordert, insbesondere in der inneren Sicherheit, der Justiz, der Bildungs­einrichtungen und der sozialen Sicherheit.

Neben solchen restriktiven Maßnahmen ist es jedoch unumgänglich, sich auch subs­tanziell wie inhaltlich mit extremen Gruppierungen und Individuen aktiv auseinanderzu­setzen und gezielte Deradikalisierungsmaßnahmen (wie sie etwa für islamistisch radi­kalisierte Personen existieren) zu entwickeln. Weiters hat das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz (dBfV) bereits im Jahr 2001 ein „Aussteigerprogramm für Rechts­extreme“ initiiert, um Einzelpersonen den Ausstieg aus der rechtsextremistischen Sze­ne zu ermöglichen. Das dBfV bietet vielfältige und individuelle Maßnahmen:

•           Beratung von Eltern, Familienangehörigen und Lebenspartnern der Betroffenen

•           Persönliche Begleitung und Betreuung während des Ausstiegs

•           Hilfe bei der Vermittlung von schulischen oder beruflichen Qualifizierungsmaß­nahmen

•           Hilfe bei Behördenkontakten

•           Gespräche mit Arbeitsgebern und Bewährungshelfern

•           Vermittlung von externen Hilfsangeboten, z.B. bei Alkohol-, Drogenproblemen oder Überschuldung

•           Unterstützung bei Bedrohung durch Angehörige der rechtsextremistischen Sze­ne, z.B. durch Hilfe bei Wohnungssuche und Umzug

•           In Einzelfällen und für zwingend erforderliche Umzugsmaßnahmen können auch einmalig finanzielle Hilfen gewährt werden.

Auch im Schulbereich gilt es hier einen noch stärkeren Fokus auf die Problematik von Radikalisierung zu legen. In diesem Zusammenhang wäre beispielsweise anzuregen, die neu geschaffenen Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsmi­nisterium auch explizit mit dem Thema Radikalisierung zu betrauen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unter Einbindung des „bundesweiten Netz­werks für Extremismusprävention und Deradikalisierung“ (BNED), eine umfassende Strategie und konkrete Maßnahmen (wie etwa Aussteigerprogramme) gegen jegliche Form des Extremismus zu erarbeiten“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Angela Lueger, Sie sind als Nächste zu Wort gemeldet. Bitte.