20.36

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich mit den Handelsabkommen zwischen der EU, Kolumbien und Peru befas­sen. (Zwischenruf des Abg. Riemer.) Diese Abkommen gehörten ja, schon bevor sie im Europäischen Parlament abgestimmt wurden, und das ist schon sieben Jahre her, zu sehr umstrittenen, wenn nicht überhaupt zu den umstrittensten Abkommen – aus guten Gründen, wie ich glauben würde. Sie sind seit 2013 in Kraft, daher haben wir die Möglichkeit, relativ gut zu beurteilen, was sich seit damals geändert hat. Sind sie in der Tat noch immer so umstritten wie damals? Haben diese Freihandelsabkommen die Er­wartungen erfüllt oder nicht?

Wir hatten ja auch ein Expertenhearing zu diesen Freihandelsabkommen im Aus­schuss. Entlang der Äußerungen, der Meinungen von zwei Experten möchte ich auch meinen Kommentar in drei Punkten zusammenfassen und begründen, warum wir diese Freihandelsabkommen ganz entschieden und ganz vehement ablehnen.

Der erste Punkt: Die optimistischen Erwartungen in Bezug auf höhere Stufen der Wert­schöpfung in Kolumbien und Peru haben sich in keiner Weise erfüllt. Zugenommen ha­ben in Kolumbien lediglich die Palmöl- und die Bananenexporte und in Peru die Avo­cadoexporte. Aber was wir dort feststellen konnten, ist, dass es bei all diesen Anbauten von Palmöl, Avocado und dergleichen mehr zu eklatanten Verletzungen von Men­schenrechten, von fairen Arbeitsbedingungen, von Umweltstandards gekommen ist.

Wenn ich der Meinung der Experten folge, so sind zwei der Experten – und die haben das sehr überzeugend ausgeführt – der Meinung, dass es keine ökonomische Dring­lichkeit gibt, diesen Abkommen zuzustimmen, keine Win-win-Situation für diese beiden Staaten und auch nicht für die Europäische Union. Das ist der erste Punkt.

Aber es kommt noch dicker. Der zweite und für mich ganz zentrale Punkt ist, dass sich die Menschenrechtslage in diesen beiden Ländern ganz dramatisch verschlechtert hat, sowohl in Kolumbien als auch in Peru. In Kolumbien ist die Zahl der Morde an Men­schenrechtsaktivisten und an Gewerkschaftern auf ein Niveau angestiegen, das un­erträglich ist. In Peru ist es die Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern, die schlichtweg nicht akzeptabel ist.

Der dritte Punkt: Dem Nachhaltigkeitstitel fehlt es in diesen Abkommen an Sanktions­möglichkeiten. Sanktionsmöglichkeiten sind aber aufgrund der ständigen Verletzungen von Standards im Arbeitsrecht, im Bereich von Umwelt und von Menschenrechten un­verzichtbar. Daher kann man nur eine Schlussfolgerung ziehen – einer der Experten hat diese Schlussfolgerung gezogen –: Dieses Abkommen ist äußerst überarbeitungs­bedürftig. Erst dann kann man überlegen, ob man diesen Abkommen zustimmen soll oder nicht. Das ist nicht der Fall. Das Abkommen wurde vorgelegt, wie es seinerzeit im MB beschlossen wurde. Noch einmal: Wir lehnen es daher eklatant ab.

Dass die Regierungsfraktionen hier zustimmen, wundert mich nicht. Dass aber die Menschenrechtsverletzungen, die dort stattfinden, von Ihnen, Herr Kollege Graf, in kei­ner Weise moniert worden sind, das mag vielleicht ein wenig wundern. Was mich aber sehr wundert, ist, warum die NEOS diesen Freihandelsabkommen zustimmen. Offen­bar gilt bei den NEOS Freihandel vor Menschenrechten. Da frage ich mich schon, wie Sie hier in diesem Haus glaubwürdig eine Menschenrechtspolitik betreiben können, wenn Sie diesen Freihandelsabkommen zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei JETZT. – Abg. Martin Graf: Kein Wort zu Venezuela!)

20.41

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.