16.14

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Vorsitzende! Hohes Haus! Jetzt bin ich ganz beklommen von diesem Bedrohungsszenario, das Herr Kollege Wittmann hier entworfen hat.

Dass wir die Mittel für die Staatsanwaltschaften gekappt hätten und diese nicht mehr arbeiten können, ist mir völlig neu. (Zwischenruf des Abg. Plessl. Abg. Wittmann: Fragen Sie den Justizminister, der gibt Ihnen Auskunft!) Dass wir in einer autoritären Demokratie leben, ist ja jetzt ganz modern. Also autoritär ist man jetzt offensichtlich schon dann, wenn man überhaupt nur irgendwelche Entscheidungen trifft und nicht einfach alles zulässt und totales Laissez-faire über sich ergehen lässt (Beifall bei FPÖ und ÖVP); aber gut, dann ist es halt autoritär.

Abgeordneter Noll hat im Ausschuss zu Recht darauf hingewiesen, dass das Thema ORF nicht auf die Finanzierung beschränkt werden soll, sondern dass das Thema wesentlich größer ist. Jetzt steht die Finanzierung so im Fokus, es geht aber darum: Wozu brauchen wir wirklich einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Was soll er leisten? Wo sind Grenzen, Möglichkeiten? Brauchen wir diesen Public Value wirklich?

Grundsätzlich sind wir uns, glaube ich, über die Existenzberechtigung des ORF einig. Wie gesagt, die Finanzierung ist nur eine Frage, die man angreifen darf. Man muss darüber diskutieren können, ohne dass das gleich als Angriff auf den ORF gewertet wird. Eine Umstellung auf eine Steuerfinanzierung oder eine solche aus dem Budget bedeutet nicht sofort Einsparungsmaßnahmen, denn die Art der Finanzierung sagt ja noch nichts über die Höhe der Mittel aus, es ist auch nicht die sofortige Beseitigung der Unabhängigkeit des ORF, des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Schließlich werden zum Beispiel viele öffentliche Aufgaben aus dem Budget bezahlt, und niemand sagt, dass die Gerichte Regierungsgerichte oder Regierungsverwaltungsbehörden sind; die agieren ja auch unabhängig.

In den Mitgliedstaaten der EU teilt sich das System in gebührenfinanziert gegen steuerfinanziert, also aus öffentlichen Mitteln, aus dem Budget finanziert. Da muss man mit den Experten noch ein möglichst gerechtes, sinnvolles Modell finden, insbesondere auch aufgrund der Herausforderung der Digitalisierung, denn es ist wirklich nicht ganz einzusehen, dass man den ORF auf dem Smartphone ohne Gebühren konsumieren kann, vom TV-Gerät aber mit Gebühren.

Im Vordergrund steht aber die Überarbeitung, die Neudefinition des öffentlich-recht­lichen Auftrags. Es geht um Public Value, der wirklich auf möglichst alle Plattformen eindringen soll, natürlich auch online. Was ist das? Was verstehen wir unter dem öffentlichen Auftrag? Was verstehen wir unter diesem wertvollen Public Value?

Es geht um unabhängigen, ausgewogenen, glaubwürdigen Journalismus, um eine solche Information. Es geht um eine faktengetreue Information, die Journalisten sollen berichten, was ist, sie sollen die Realität aufbereiten, abbilden, die Meinungsbildung dann den Konsumenten überlassen. Sie sollen nicht unnötig emotionalisieren, manipu­lieren und zu sehr moralisieren. Das ist nicht ihre Aufgabe. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Sie sollen abbilden, was ist. Die Konsumenten, gerade auch die des ORF, sind mündig genug, sich dann eine Meinung zu bilden.

Natürlich gehören auch hochwertige Kultur-, Bildungs- und Unterhaltungsinhalte dazu. Dies ist eine sehr vornehme Aufgabe, die die Journalisten zu erbringen haben, die auch der ORF zu erbringen hat. Medien sind ein unabdingbarer Teil der Demokratie, sie werden auch nicht umsonst als vierte Gewalt bezeichnet. Sie sind der Link zwischen Politik und Bevölkerung. Von den Medien wird sozusagen die Politik für die Menschen übersetzt. Bei ihrer Ausübung gilt Pressefreiheit. Die SPÖ hat in ihrem Ent­schließungsantrag gleich ihre Dauerempörungen geäußert, so wie Reporter ohne Grenzen uns ja jetzt bescheinigt, dass wir von Platz elf auf Platz 16 heruntergerasselt sind – die Lage für die Medien ist jetzt nur mehr ausreichend und nicht gut.

Was in diesem Bericht von Reporter ohne Grenzen zum Beispiel auch zu sehen ist: Burkina Faso und Papua-Neuguinea wurden vorgereiht, vorgereiht vor Italien, den USA und Tschechien. In diesen beiden exotischen Ländern gibt es Folter in Polizeige­wahr­sam, Übergriffe durch marodierende Milizen auf die Bevölkerung auf der Straße und auch auf Journalisten sind an der Tagesordnung.

Die beiden Länder sind aber bei der Pressefreiheit vor Italien, Tschechien und den USA gereiht. Österreich ist heruntergereiht worden. Was sagt mir das? Welche Regie­rungen haben diese Länder? Was ist die Motivation hinter diesem Ranking? Ich glaube, wir alle wissen das: Es geht dabei um Länder, die rechte Regierungen haben und die abgestraft werden sollen. In diesem Bericht der Reporter ohne Grenzen geht es nicht um Fakten, dieses Herunterrasseln von elf auf 16 ist faktenbefreit. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Der ORF hat genauso wie alle anderen Medien Pressefreiheit. Wir beziehungsweise die Bürger haben vor allem Meinungsfreiheit. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Dies muss auch Herr Wolf akzeptieren und soll es auch in seinen „ZIB 2“-Interviews be­herzigen. Die steirische freiheitliche Jugend hat das volle Recht, vom Mittel der politi­schen Satire Gebrauch zu machen. (Ruf bei der FPÖ: Ja, genau! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie hat das Recht, ein Trachtenpärchen in positiver Konnotation zu zeigen. Sie hat das Recht, die Bedrohung darzustellen, übrigens mit Halbmond und Moschee. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie kann Karikaturen verwenden, das ist eine zeich­nerische Ironie, zu deren Wesen auch eine gewisse Übertreibung gehört. Sie haben es aber nicht übertrieben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man so etwas verbietet oder in den Zusammenhang stellt, in den es Herr Wolf gestern gestellt hat (Abg. Leichtfried: Das ist der Applaus bei der ÖVP!), dann sind wir bei der Gesinnung (Zwischenruf bei der SPÖ) der Islamisten gegen die Charlie-Hebdo-Redaktion. Die haben sich diese Satire auch nicht gefallen lassen und sprengen die Redaktion in die Luft. Wollen wir so etwas? – Ich denke nicht.

Die Medien haben eine ganz besondere Verantwortung in der Demokratie, daran möchte ich wirklich appellieren. Sie müssen auch ausgewogen sein. Man kann nicht verschiedene Maßstäbe anlegen. (Abg. Leichtfried: Die Redezeit ist auch schon aus!) Wenn Jean-Claude Juncker sagt, am Mittwoch nach Ostern wird zurückgeschossen – das kann man jetzt finden, wie man will, ich glaube, wir alle, die halbwegs gebildet sind, wissen, wer das wann gesagt hat –, gibt es keine Reaktion in den Medien; wenn sich Salvini lachend mit einem Gewehr abbildet und sagt: Wir wehren uns, wir sind bewaffnet!, dann ist das ein riesen-mega-rechtsextremer Skandal. Das sind unter­schiedliche Maßstäbe, und das ist sehr schade. Genauso ist es, wenn der marxistische Philosoph Jean Ziegler sagt, ohne Gewalt gehe es in der politischen Auseinander­setzung nicht. (Abg. Gudenus: Ja, super, das ist ein Roter, der wird geehrt! Sehr gut!) Es wird ihm von Ihnen, der SPÖ, eine Medaille, ein Orden umgehängt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Man fragt sich, welche Maßstäbe Sie haben. Das alles sollten Sie hier in Ihrem Ent­schließungsantrag thematisieren! Das tun Sie nicht. Das mit den Reportern ohne Grenzen können Sie vergessen. (Ruf bei der FPÖ: Ja, genau! – Abg. Wittmann: Das ist Ihre Einstellung zur Pressefreiheit! – Abg. Rosenkranz: Ja genau, machts die AZ wieder auf, dann könnts euch ...!)

Herr Wolf hat gesagt – und ich komme zum Schluss –: „Ich glaube [...], dass ein starker und unabhängiger ORF für dieses Land wirklich wichtig ist.“ – Ja, dieser Meinung sind wir auch, und objektiv muss er sein. Das ist wirklich wichtig, und wenn er sich daran hält, werden sich auch die Marktanteile, die in den letzten Jahren geschwunden sind, wieder einfinden. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Tolle Rede!)

16.22

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.