17.37

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Schellhorn, es war eine wirklich wichtige Initiative, die Sie gesetzt haben. Der Herr Bundesminister hat ja gerade darauf Bezug genommen, dass auch Äußerungen von Politikern, die in sozialen Medien getätigt werden, archi­viert werden sollen. Es wird also ein riesiges Archiv mit vielen, vielen Äußerungen entstehen. Man wird gar nicht wissen, ob man dieses Archiv so einfach durchforsten wird können.

Eigentlich hat das ja an sich Tradition. Das Ganze hat ja mit Marcus Tullius Tiro begonnen. Das war derjenige, der jede Äußerung von Cicero, und sei es der letzte Hüstler, aufgezeichnet hat. Er hat eine eigene Kurzschrift entwickelt, und seither sind wir es gewohnt, dass immer alles, was gesagt wird, aufgezeichnet werden muss.

Ich möchte diese Gelegenheit auch wahrnehmen, um meine Bewunderung gegenüber all jenen, die hier in unserem Hohen Hause die Aufzeichnungen in bewundernswerter Weise durchführen, zum Ausdruck zu bringen. (Allgemeiner Beifall.) – Jetzt weiß ich nicht, wie sie diesen Applaus dann bewerten werden. Ein Beispiel aus der heutigen Sitzung: Ich habe es gar nicht verstanden, wie es gelingen kann, dass es, wenn Frau Kollegin Kucharowits ihre Anträge in einem Staccato herunterbetet, in ihrer Kurzschrift wirklich noch Platz finden kann. Das ist wirklich bemerkenswert. Bemerkenswert ist ebenso, dass das auch archiviert werden wird. Sie werden sehen, es werden Archive wie die Bibliothek von Babel entstehen. Die Schwierigkeit wird sein – der Herr Bundesminister hat davon gesprochen –, dass wir dann keine Informationsmedien mehr, sondern Verifikationsmedien haben werden. – Das ist richtig. Archive sind Veri­fikationsmedien. Das Schwierige bei diesen Verifikationsmedien ist: Wie sollen die, die verifizieren sollen, dann vorgehen, um das alles anzusehen?

Einen weiteren Punkt möchte ich erwähnen, in dem ich Herrn Kollegen Schellhorn ein bisschen widersprechen darf: Er hat in einem Interview, ich glaube, mit der „Kronen Zeitung“, gesagt, die Möglichkeit der Archivierung wird vielleicht auch dazu führen, dass sich die Politiker ein bisschen mehr „am Riemen reißen“. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Mit Verlaub: Das ist meinem Empfinden nach zu wenig. Sich ein bisschen mehr am Riemen zu reißen ist zu wenig, um im Archiv dann wirklich als Glanzpunkt erscheinen zu können. Ich glaube, da müssen wir mehr erwarten.

Herr Kollege Schellhorn, es ist auch so, dass wir gewisse Äußerungen, die getätigt werden, dann wirklich finden werden, und dann werden wir feststellen, dass manche Äußerungen, die von gewissen Seiten kommen, sich als Tartüfferien herausstellen, ja sogar in gewisser Hinsicht Hypokrisien sind, angesichts derer Molière selbst erblasst wäre und die er seinem Tartuffe nicht hätte in den Mund legen können. Sie werden gesprochen, und man sagt dann, wie schrecklich alles ist, und in Wirklichkeit hat man selber nicht alle Tassen im Schrank, wie es sein sollte. Auch das ist zu bedenken, und auch das kann man dann verifizieren, wenn man es verifizieren will – und ich hoffe, das werden viele verifizieren wollen.

Worauf es aber wirklich ankommt: Ich möchte mehr, als dass wir uns nur ein bisschen am Riemen reißen. Ich möchte, dass in diesen Archiven auch manchmal Glanzpunkte der Rhetorik vorkommen, so wie es nach Cicero eigentlich gewollt werden sollte; diese sollte man dann auch sehen, diese sollte man auch lesen können. Auf diese Glanz­punkte kommt es an. Es kommt darauf an, dass Politiker mit Weitsicht und mit Verantwortung sprechen; das ist eigentlich der wahre Grundsatz, den wir uns hier geben sollten. Quidquid dicis, prudenter dicas et respice finem, könnte man sagen – bei allem, was du sagst, bedenke deine Worte und denke daran, worauf es hinausläuft. Das sollten wir bedenken. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abgeordneten Schellhorn und Dönmez.)

17.41

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete Kucharowits gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.