19.43
Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das Positive zuerst: Es ist sehr erfreulich, dass jetzt auch für das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen ist, dass elektronische Eingaben rechtzeitig sind, wenn sie am letzten Tag der Frist vor Mitternacht einlangen. Es ist eigentlich unverständlich, warum es bisher nicht so war, da der Postaufgabestempel ja genügt. Was noch fehlt, sind die Landesverwaltungsgerichte; ich hoffe, die ziehen nach.
Positiv ist auch, dass nun auch Sachverständige und Dolmetscher den Elektronischen Rechtsverkehr nützen müssen. Das erleichtert die Arbeit. Das ist eine gute Sache. Da ist aber ein Wermutstropfen dabei, und der Wermutstropfen ist, dass die Dolmetscher bisher für die Eingabe, die sie da gemacht haben, 22,70 Euro bekommen haben, und jetzt, für diese elektronische Eingabe, ist die Gebühr praktisch halbiert.
Da bin ich schon beim wesentlichen Thema, mit dem ich mich befassen will – Frau Kollegin Duzdar hat das auch schon erwähnt –, das ist die Entlohnung der Dolmetscher, und diese ist katastrophal niedrig. In den letzten zehn Jahren wurde sie nicht an die Inflation angepasst, sie war von vornherein schon sehr niedrig, und das hat auch negative Folgen. Diese negativen Folgen sind, dass sich die Zahl der eingetragenen Dolmetscher in den letzten zehn Jahren von 1 400 auf etwas über 700 halbiert hat.
Wenn man sich die Gebührensätze anschaut, dann glaubt man das gar nicht, denn für die Stunde kommen da etwa 25 Euro heraus – ein extrem niedriger Betrag. Dafür werden Sie keinen Handwerker finden, der schaut um dieses Geld nicht einmal halb hin. Das Weitere ist, dass dieses Gebührenanspruchsgesetz ja noch auf Voraussetzungen beruht, wie sie in den Siebzigerjahren bestanden haben. Da ist noch die Rede von Durchschlägen, die honoriert werden. Ich glaube, die jungen Leute wissen heute gar nicht mehr, was ein Durchschlag ist. Auch die Dolmetscher arbeiten längst mit Computern.
Es ist also dringend notwendig, dass das angepasst wird, dass die Honorierung angepasst wird und dass das Dolmetschergesetz überhaupt überarbeitet wird.
Ich bringe dazu einen Entschließungsantrag ein, um Ihre Position, Herr Bundesminister, gegenüber dem Finanzminister zu stärken, denn ich weiß ja, dass das auch Ihnen ein Anliegen ist:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung der Angemessenheit der Gebührensätze des Gebührenanspruchsgesetzes“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wird ersucht, die Höhe der Gebührensätze für Sachverständige und Dolmetscher_innen im Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) idgF hinsichtlich deren Angemessenheit zu evaluieren. Bei der Evaluierung soll insbesondere auf die ausreichende Versorgung des Justizsystems mit qualifizierten Sachverständigen und Dolmetscher_innen Bedacht genommen werden. Über die Ergebnisse dieser Evaluierung möge der Herr Bundesminister ehestmöglich berichten sowie etwaige“ – also nicht nur etwaige, ich hoffe, es kommt sicher dazu – „daraus resultierende Gesetzesvorschläge dem Nationalrat zuleiten.“
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Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Haubner und Kühberger.)
19.46
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Evaluierung der Angemessenheit der Gebührensätze des Gebührenanspruchsgesetzes
eingebracht im Zuge der Debatte in der 70. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (561 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz und das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz geändert werden (584 d.B.) – TOP 8
Sachverständige und Dolmetscher_innen leisten in unserem Rechtsstaat einen essenziellen Beitrag. In dem sie den Gerichten ihr Wissen und ihre Fachkenntnisse zur Verfügung stellen und mit ihren Übersetzungsleistungen sonst unüberwindbare Sprachbarrieren überbrücken, ermöglichen sie es der Justiz, Verfahren zu führen und Entscheidungen zu treffen.
Diese verantwortungsvolle und überaus wichtige Funktion innerhalb des Justizsystems wird von den qualifizierten allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher_innen erfüllt. Doch wer Qualität will, muss auch dafür Sorge tragen, dass qualifizierte Arbeit auch angemessen entgolten wird. Nur so ist sichergestellt, dass sich auch in Zukunft ausreichend qualifizierte Sachverständige und Dolmetscher_innen finden, um ihre Fähigkeiten in den Dienst der Rechtspflege der Republik zu stellen.
Die Gebührensätze des Gebührenanspruchsgesetzes, das Grundlage für die Entlohnung von Sachverständigen und Dolmetscher_innen in vielen behördlichen Verfahren ist, wurden seit dem Jahr 2007 nicht mehr erhöht. Im Jahr 2014 wurden diese sogar noch herabgesetzt. In Kombination mit der Inflation bedeutete dies in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Reallohnverlust. Auch aufgrund dieser Umstände sieht sich die Branche der Sachverständigen und Dolmetscher_innen einem erheblichen Überalterungsproblem sowie einem imminenten Nachwuchsproblem konfrontiert.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz wird ersucht, die Höhe der Gebührensätze für Sachverständige und Dolmetscher_innen im Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) idgF hinsichtlich deren Angemessenheit zu evaluieren. Bei der Evaluierung soll insbesondere auf die ausreichende Versorgung des Justizsystems mit qualifizierten Sachverständigen und Dolmetscher_innen Bedacht genommen werden. Über die Ergebnisse dieser Evaluierung möge der Herr Bundesminister ehestmöglich berichten sowie etwaige daraus resultierende Gesetzesvorschläge dem Nationalrat zuleiten."
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, auch ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Strasser. – Bitte.