11.54

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Gestern hat die Regierung in einem Ministerratsbeschluss klargemacht, wofür sie in den kommenden Jahren steht: für ein Nulldefizit in den Jahren 2019 bis 2023. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) – Na, bevor Sie klatschen, hören Sie einmal zu, was ich zu sagen habe! (Abg. Neubauer: Nicht so schlecht!) Dieses Programm muss bis Ende des Monats nach Brüssel gemeldet werden. Wer ein Nulldefizit zum obersten Ziel der Politik erhebt, macht damit aber auch klar, dass andere Ziele keinen Platz haben, etwa die Frage der Armutsbekämpfung und die Vermeidung der Armut in die­sem Lande. (Abg. Rosenkranz: Da hat das eine mit dem anderen nichts zu tun! Sie verstehen es nicht!) – Mir wäre es doch deutlich lieber, wenn wir hier über Gesetze und Programme diskutieren könnten, Herr Kollege Rosenkranz, die nicht Nulldefizit lauten, sondern null Armut. (Beifall bei JETZT.)

Sie gehen aber mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf ja nicht das erste Mal in die Richtung, dass Sie nicht die Armut bekämpfen wollen, sondern eigentlich Armut schaf­fen und damit die Armen bekämpfen. (Ruf bei der FPÖ: Na geh!) Sie setzten in den letzten Monaten eine Reihe von Maßnahmen, die Österreich ziel- und treffsicher in Richtung einer Zweidrittelgesellschaft führen werden. Die heutige Regierungsvorlage ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Die Mindestsicherung, wie wir sie bisher hatten, war das unterste soziale Auffangnetz. Die Aufgabe des untersten sozialen Auffangnetzes in unserem Lande ist es, allen Men­schen – allen Menschen, ich betone: allen – ein Leben in Würde und eine Teilhabe an der reichen Gesellschaft, die Österreich nun einmal ist, zu ermöglichen.

Das gilt aber für die Sozialhilfe Neu natürlich nicht. Das leistet das Gesetz nicht, denn in entscheidenden Punkten wird gekürzt. Ja, es gibt auch einige Verbesserungen, das will ich gar nicht verschweigen, aber in einigen entscheidenden Punkten wird gekürzt. Es gibt empfindliche Kürzungen, wenn es um mangelhafte Deutschkenntnisse von NichtösterreicherInnen geht, und vor allem gibt es empfindliche Kürzungen bei Fami­lien mit Kindern.

Jetzt hat uns Martin Schenk von der evangelischen Diakonie vorgerechnet, was dieses Sozialhilfegesetz Neu für Familien mit Kindern bedeutet, und es bedeutet, dass Fami­lien mit Kindern in Österreich weniger Geld zur Verfügung haben werden als Familien mit Kindern in Deutschland mit Hartz IV. (Abg. Gödl: Das ist schon widerlegt!) – Nein, das ist nicht widerlegt, Herr Martin Schenk hat das noch einmal bestätigt und hat es Ihnen - - (Abg. Gödl: Das ist widerlegt! Das ist ein Rechenfehler! Das sind Fake News!) – Ja, aber dass Sie nicht rechnen können, haben Sie ja schon öfter bestätigt. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich erinnere nur an die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. Diese Milliar­de müssen Sie uns vorrechnen. Sie müssen aber offensichtlich einmal einen Grund­kurs in den arithmetischen Rechnungsarten machen, und dann können wir über die Tatsachen weiterreden, bei wem gekürzt wird und was das bedeutet. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Es sind also Leistungen unter Hartz-IV-Niveau, und das, meine Da­men und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, ist eine Schande für ein reiches Land wie Österreich. Einem solchen Gesetz werden und können wir niemals zustimmen! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kinderarmut ist wohl eines der schrecklichsten Dinge, die man sich überhaupt vorstel­len kann. Ich frage mich immer wieder: Was haben die Armen im Land verbrochen, dass sie von Ihnen so behandelt werden, wie sie behandelt werden? (Abg. Höbart: Das sagt der Luxuspensionist von der Arbeiterkammer!) Die Antwort ist, sie haben gar nichts verbrochen, aber die Politik von Türkis-Blau ist eben auf Spaltung angelegt. (Abg. Höbart: Der Luxuspensionist von der Arbeiterkammer!) Sie spielen Arme gegen Ärmere aus, Sie spielen Inländer gegen Ausländer aus. Genau das ist der Kern Ihrer Politik. Mit dieser Politik des Spaltens und Hetzens versuchen Sie, Ihre Macht im Land abzusichern. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Eine moderne Sozialpolitik indes schaut ganz anders aus. Da geht es um Grundrechte auf eine Mindestsicherung, die ein Leben in Würde garantiert. Da geht es nicht um Al­mosen, Frau Ministerin. Es soll nicht nur jenen geholfen werden, die nichts haben, denn es gibt viele Untersuchungen, die zeigen: Services for the poor tend to be poor services. – Das ist genau das, was Sie machen.

Ich will, dass wir ein unterstes soziales Auffangnetz in unserem Land haben, das null Armut garantiert – und das wäre leicht möglich. Das wäre dann leicht möglich, wenn Sie das dafür erforderliche Geld – es handelt sich ohnehin nur um 1 Milliarde Euro – dahin gehend vermehren würden.

Würden Sie den Finanzminister bei der Bekämpfung der Steuerflucht von Großkonzer­nen ein wenig antreiben und wäre er dafür in Brüssel ein wenig mehr tätig und in Ös­terreich aktiver, auch bei einer Digitalsteuer, könnten wir uns eine moderne Wohl­fahrtspolitik leisten, die allen ein Leben in Würde ermöglicht. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

12.00

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Michael Ham­mer zu Wort. – Bitte.