13.15

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer­te Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe jetzt sehr, sehr lange überlegt, ob ich mich zu diesem Tages­ordnungspunkt zu Wort melden soll, und vor allem auch – und das ist ja das Schöne des freien Mandats, selbst darüber entscheiden zu können –, wie ich abstimmen werde.

In meinem Herzen finden sich zwei Regungen. Ich habe so wie viele von uns ein Men­schenbild, das ich nach Worten Immanuel Kants so wiedergeben möchte: Wenn wir glücklich sind, dann denken wir nicht an Elend, wenn Licht ist, denken wir nicht an Dunkelheit, und wenn es uns gut geht und wir Wohlbefinden fühlen, dann denken wir nicht an das Schlechte oder an Schmerz. – Ich wünsche niemandem von uns, dass es ihm einmal schlecht geht, dass er Schmerz verspürt oder in Armut verfällt. Das ist si­cherlich nicht lustig und auch nicht selbst gewählt.

Andererseits weiß ich, dass diese gute Grundhaltung, dieser soziale Staat, den wir ha­ben, von manchen Menschen auch ausgenutzt wird. Viele meiner Vorredner haben heu­te hier an dieser Stelle gesagt, dass insbesondere die Zuwanderung von Ausländern ins Sozialsystem vermieden werden soll, was eben auch als Ausländerfeindlichkeit in­terpretiert wird.

Ich sage Ihnen eines: Ich habe diese Woche mit einem Unternehmer aus Wien ge­sprochen. Er ist Gastronom. Er hat in Wien 20 Filialen, in denen er Speisen und Ge­tränke anbietet. Er ist türkischstämmig. Er hat ungefähr 200 Mitarbeiter, die meisten stammen auch aus der Türkei, kurdischstämmig, und es sind auch einige Syrer da­runter. Wissen Sie, was er mir gesagt hat? – Seine Mitarbeiter verdienen Vollzeit 1 500 Euro netto, und er findet nur ganz schwer Mitarbeiter. Manche, die Vollzeit ange­meldet sind, kommen zu ihm und sagen, er soll sie doch mit maximal 800 Euro oder sogar noch weniger, geringfügig anmelden, damit sie gewisse Leistungen nicht verlie­ren. Das kann es doch nicht sein!

Aus beiden Lagern, sowohl von der Sozialdemokratie, aber auch aus der FPÖ und der ÖVP, sind viele richtige Argumente gekommen. Ich sage Ihnen aber eines: Der beste Schutz vor Armut ist nach wie vor die Bildung und der soziale Aufstieg. Darum ist es auch nicht wurscht und nebensächlich, zu erheben, welchen Bildungsstand die Eltern haben und woher sie kommen, um zu wissen, ob es über die Generationen hinweg einen Aufstieg gibt. Der soziale Aufstieg wird sehr schwer sein, wenn es pro Jahr 15 000 Schulabbrecher gibt.

In den nächsten Jahren – das wissen alle hier in diesem Saal – wird in der Arbeitswelt kein Stein auf dem anderen bleiben. Durch die Digitalisierung und die Industrie 4.0 werden viele Tätigkeiten durch Maschinen und Roboter ausgeführt werden. Es entste­hen aber andererseits natürlich auch wieder neue Jobmöglichkeiten, aber nicht mehr in dieser Hülle und Fülle. Wir leben gerade in einer Zeit, in der viele Bereiche der Pro­duktion in Billiglohnländer exportiert worden sind. Das heißt, hier in Österreich wird der Druck auf jene, die eine schlechte Schulausbildung haben, die schlechte Deutsch­kenntnisse haben, die kaum einen Hauptschulabschluss haben, noch mehr steigen. Daher ist es wichtig, dass wir massiv auf Bildung setzen, wenn wir Armut vermeiden möchten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Auch ich habe zwei Kinder im Schulalter. In diese Klasse wurden vier oder fünf Flücht­lingskinder reingesetzt. (Abg. Friedl: ... Alleinerziehende!) – Auch Kinder von Alleiner­ziehenden sind in dieser Schule, in dieser Klasse. In dieser Klasse fahren alle Kinder auf einen Schulausflug mit, da wird keines zurückgelassen, und alle Kinder haben ge­nauso wie meine Kinder auch einen Schulrucksack und die Schulsachen, die sie benö­tigen, mit dabei, weil sie diese bekommen, weil wir auf Landesebene Unterstützungen haben oder auch vom Elternverein aus jenen, die sozial und finanziell schwächer sind, unter die Arme greifen.

Wir lassen niemanden zurück, und das ist wichtig, im Kleinen und auch für einen Staat. Es ist aber auch wichtig, dass wir diesen Sozialstaat erhalten, daher verstehe ich, dass da gegengesteuert werden muss. Ich muss aber ehrlich sagen, dass sehr viel davon abhängt, welches Menschenbild und welche persönlichen Zugänge man hat.

Ich bin in einem meiner Grundberufe Sozialarbeiter und ich tue mir jetzt sehr, sehr schwer. Ich habe jetzt lange überlegt, wie ich abstimmen soll ...

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich kann Ihnen leider nur noch ein kurzes Schluss­wort erlauben, dann ist Ihre Redezeit erschöpft.

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (fortsetzend): Schlusssatz: Ich werde dieser Ge­setzesvorlage dieses Mal leider nicht meine Stimme geben. – Danke. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

13.21