Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend „Bekämpfung des Rechtsextremismus in allen seinen For­men – klares Bekenntnis zur Europäischen Union – klares Bekenntnis zur libera­len Demokratie und zum Rechtsstaat“ (3402/J)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3402/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Beginnen wir mit einer Selbstverständlichkeit: Der Verfassungsgerichtshof hat sich in mehreren Erkenntnissen klar dazu geäußert, dass die kompromisslose Ablehnung aller Formen des Nationalsozialismus ein grundlegendes Merkmal der 1945 wiedererstan­denen Republik sei.

Dieser Konsens hat im Jahr 2019 dieselbe Selbstverständlichkeit zu haben und er hat nicht nur vom Verfassungsgerichtshof, sondern von allen Institutionen und Amtsinha­berinnen und Amtsinhabern dieser Republik geachtet und erhalten zu werden.

Mit diesen Sätzen wurde die dringliche Anfrage im Bundesrat am Donnerstag, den 11. April 2019 an Bundeskanzler Sebastian Kurz eingeleitet. Bedauerlicherweise hatte der Bundeskanzler zum Thema „klares Bekenntnis zur Bekämpfung des Rechtsextre­mismus in allen seinen Formen und klares Bekenntnis zur Europäischen Union“ nur wenig mitzuteilen. Zehn ausführliche Fragen wurden von ihm in einer Minute Redezeit beantwortet.

Das einzige, was mitgenommen werden konnte, ist die Aussicht, dass die personelle Ausstattung des Extremismusreferates im Bundesamt für Verfassungsschutz und Ter­rorismusbekämpfung evaluiert und gegebenenfalls auch gestärkt wird. Rechtsextremis­musberichte seien nicht notwendig, es müsse der allgemeine Extremismusbericht ge­nügen. Konkreter wurde der Bundeskanzler bei zwei Themen: Personen aus dem rechtsextremistischen Milieu dürfen keinen Platz in Kabinetten oder Büros der Bun­desregierung haben. „Sollte uns jedoch eine solche Tatsache bekannt werden, werden selbstverständlich umgehend Konsequenzen gezogen“, so der Bundeskanzler. Er per­sönlich lehne Schaltungen in rechts- wie auch linksextremen Publikationen in aller Deutlichkeit ab, dies sei jedoch Sache der einzelnen Ressorts. Alles in allem ist Bun­deskanzler Sebastian Kurz also im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht be­sonders engagiert, sondern eher verärgert, dass er sich mit einem solchen Thema aus­einandersetzen muss.

Ein Bundeskanzler ist gemäß dem System unserer Bundesverfassung aber für die Auswahl der Bundesregierung verantwortlich, er schlägt diese vor und er kann jeder­zeit einzelne Mitglieder der Bundesregierung entlassen. Er trägt die Verantwortung für das Agieren der einzelnen Mitglieder der Bundesregierung, für die Achtung und Wah­rung des antifaschistischen Grundkonsenses der 2. Republik sowie für die Positionie­rung der Republik Österreich in Europa.

Gegenwärtig stellt die Freiheitliche Partei Österreichs die Hälfte der Mitglieder der Bun­desregierung und den Vizekanzler. Bei der Ressortverteilung wurden beide Sicher­heitsressorts, sowohl das Innenministerium wie auch das Landesverteidigungsministe­rium, in den Kompetenzbereich von FPÖ-Ministern gelegt. Auch dafür trägt der Bun­deskanzler die Verantwortung.

Von Tag zu Tag werden gleichzeitig aber immer wieder neue Sachverhalte darüber be­kannt, wie eng die Beziehung zwischen seinem Regierungspartner FPÖ und der Iden­titären Bewegung in Österreich ist.

Um die Identitären kurz zu charakterisieren, sei eine Aussage von Martin Sellner, den Vorsitzenden dieser Bewegung, zitiert:

„Es existiert Krieg, ein Kampf bis aufs Messer. Damit dieser Krieg gewonnen werden kann, müssen wir ihn beginnen."“

Dazu passt, dass bei den Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern der Identitären Bewe­gung nicht nur umfangreiches Propagandamaterial, sondern auch Gaspistolen, Schlag­stöcke, Butterfly-Messer und andere Waffen sichergestellt wurden.

Die finanzielle Ausstattung dieser rechtsextremen Bewegung erfolgt hauptsächlich durch Spenden. Laut Recherchen von ZiB 2 und Salzburger Nachrichten nahmen die Identitären seit 2012 über drei Fördervereine mindestens 700.000 Euro ein. Wie bereits nachgewiesen werden konnte, erfolgt die laufende Finanzierung durch regelmäßige Spender, angeblicher Weise rund 500 Personen, sowie 600 Einzelspenden im letzten Kalenderjahr. Eine Überprüfung der Spenderlisten brachte eine hohe Übereinstimmung zwischen Spendern und Personen, die ebenfalls im Umfeld der FPÖ aktiv sind. Eine besonders hohe Übereinstimmung besteht im Bereich der Jugendbewegungen der FPÖ, aber es wurden durchaus auch Persönlichkeiten aus der aktiven Politik in den Medien genannt. Die Beziehungen sollen aber auch in die Ministerien direkt führen, al­so zu Personen, die die Politik der Bundesregierung aktiv mitgestalten und beeinflus­sen.

Die Finanzierung dieser rechtsextremistischen Bewegung findet aber auch durch das offizielle Österreich statt:

So vergaben 2018 die Ressorts der FPÖ Minister Strache, Kickl, Hofer und Kunasek Inserate in der Höhe von insgesamt € 71.636 an vom DÖW als rechtsextrem einge­stufte Magazine wie den „Wochenblick“, „Zur Zeit“ oder „alles roger?“, wie parlamenta­rische Anfragen ergaben. FPÖ-Ressortminister haben daher auf Kosten der Steuerleis­tungen der Österreicherinnen und Österreicher dafür gesorgt, dass rechtsextremisti­sches Gedankengut verbreitet wird. Ein solcher Vorgang ist nicht nur als besorgniser­regend, sondern als demokratiegefährdend zu werten.

Die Gleichgültigkeit des Bundeskanzlers diesen Sachverhalten gegenüber zeigt sich durch seine Beantwortung im Bundesrat. Es reicht nicht, wenn er persönlich gegen In­seratenschaltungen in rechtsextremen Medien ist, nein er muss es verbindlich anord­nen. Dazu hat Sebastian Kurz ausreichend rechtliche Möglichkeiten. Dafür trägt Se­bastian Kurz die Verantwortung. Dafür ist er Bundeskanzler.

„Grazie a Harald e a tutti gli storici amici e alleati austriaci della FPÖ che hanno aderito all'appello di Milano „Verso l'Europa del Buonsenso!“

„Vielen Dank an Harald und alle historischen österreichischen Freunde und Verbünde­ten der FPÖ, die sich dem Mailänder Aufruf „Towards a Europe of Common Sense“ an­geschlossen haben!“

Mit diesen Worten begrüßte Matteo Salvini den Entschluss der FPÖ, also einer öster­reichischen Regierungspartei, der von ihm gegründeten rechten Allianz im Europapar­lament beizutreten und deren politische Inhalte zu unterstützen. Eine Allianz, der Par­teien wie die AfD, die Lega, der Front Nationale und andere rechte Parteien, aber eben auch die FPÖ, angehören sollen.

All diese Parteien vereint ein ideologischer Grundsatz, nämlich die Europäische Union schwächen bzw. zerstören zu wollen, um den Nationalismus in Europa zu stärken.

Es ist anzunehmen, dass der Koalitionspartner von Bundeskanzler Sebastian Kurz in Zukunft verstärkt einen antieuropäischen Politikansatz vertreten wird. Damit werden aber auch Institutionen wie die Europäische Menschenrechtskonvention infrage ge­stellt, die Basis und Grundlage unseres liberalen Rechtsstaates ist, und Nationalismus sowie Ausländerfeindlichkeit gefördert.

Auch hier trägt der Bundeskanzler Mitverantwortung; ein bloßer Hinweis auf die aktuel­len Europawahlen ist als Reaktion auf diese besorgniserregende Entwicklung zu we­nig.

Da diese politischen Parteien in Österreich vielleicht noch etwas zu unbekannt sind, seien deren politische Einstellungen kurz vorgestellt, damit man sich ein Bild machen kann, in welche Richtung die FPÖ sich entwickelt:

Marine Le Pen (Rassemblement National): „Ich will die EU zerstören, nicht Europa! Ich glaube an das Europa der Nationen.“ (Le Pen, Der Spiegel, 2.6.2014)

Auf einer Pressekonferenz mit Matteo Salvini in Rom im Oktober 2018 bekräftigte Le Pen: „Wir kämpfen zusammen mit Salvini nicht gegen Europa, sondern gegen die Eu­ropäische Union, die zu einem totalitären System geworden ist. Wir kämpfen gegen diese Europäische Union um das wahre Europa zu retten.“ (euronews, 8.10.2018)

AfD-Bundessprecher Alexander Gauland sagte vor dem AfD-Parteitag im Jänner 2019 in Riesa, dass die EU „krank an Kopf und Gliedern“ sei und von Grund auf reformiert werden müsse. (APA, 13.1.2019)

Salvini bei einer Pressekonferenz mit Viktor Orbán Ende August 2018 in Mailand: „Heute beginnt eine Reise, die uns in den nächsten Monaten auf dem Weg zu einem anderen Europa (…) führt. (…) All das, was die Soros-finanzierten europäischen Eliten, die von den Macron’s präsentiert werden, abgelehnt haben. Ich glaube, wir stehen kurz vor einem historischen Wendepunkt auf kontinentaler Ebene.“ (APA, 28.8.2018; RT, 29.8.2019)

Salvini bei einer Plenarsitzung des EU-Parlaments im August 2018: „Ich entschuldige mich beim Publikum (…) für diesen Irrsinn in diesem Haus. (…) Ihr seid nicht normal meiner Meinung nach. (…) Euch sollte ein sehr guter Arzt therapieren!“ „Ich warte nur darauf, dass das EU-Parlament auch noch eine Psycho-Polizei einführt, um nicht ganz Linientreue die nicht (…) gleichgeschaltet sind zu verfolgen.“ (Salvini, Rede vor dem EU-Parlament, 13.4.2017)

Es ist daher äußerst besorgniserregend, in welche Richtung sich die Hälfte der öster­reichischen Bundesregierung entwickelt, ohne dass der Bundeskanzler aktiv dagegen auftritt. Die Äußerungen dieser neuen Allianz gehen jedoch nicht nur in Richtung EU-Feindlichkeit. Nein, sie sind vielmehr den Nationalsozialismus verharmlosend und fremdenfeindlich auf einem Niveau, das nur als verabschiedungswürdig betrachtet wer­den kann.

So führte Alexander Gauland, AfD, aus: „Hitler und die Nazis sei nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“

So auch Bernd Höcke, der in einem Interview ausführte, dass es ein Problem sei, dass Hitler als absolut böse dargestellt wird, und dass es nicht so Schwarz und Weiß sei. Denn in der Geschichte gebe es kein Schwarz und kein Weiß, es gebe vielmehr viele Grautöne.

Der Gründer der rechten Allianz trat in der Vergangenheit mit folgenden Äußerungen an die Öffentlichkeit:

Salvini: „Wir brauchen eine Massen-Säuberung. Straße für Straße. Quartier für Quar­tier.“ Oder: „Wenn ich Minister werde lasse ich alle Migranten zurück an Afrikas Strän­de bringen, mit einem freundlichen Schulterklopfen, einem Päckchen Nüsse und einem Eis.“

Offen versprach er „eine kontrollierte ethnische Säuberung“.

Das sind also jene politischen Parteien, mit welchen die FPÖ in der nächsten Periode im Europaparlament eine enge politische Zusammenarbeit pflegen wird, eine Allianz, der wohl auch die Mitglieder der Bundesregierung, die der FPÖ angehören, verpflichtet sein werden. Damit bewegt sich die Republik Österreich, zumindest ein bedeutender Teil dieser Republik, in eine Politik der Schwächung bis hin zur Zerschlagung der Euro­päischen Union, der europäischen Grundwerte und Freiheiten hin zu einem Bekenntnis zum Nationalismus verbunden mit einer Skepsis gegenüber Ausländern, wenn nicht sogar zu einer Politik der Ausländerfeindlichkeit.

Dieser Befund wird nicht nur von Oppositionspolitikern geteilt, sondern sogar der lang­jährige ÖVP-Abgeordnete Ferdinand Maier führte in der Tiroler Tageszeitung am 12. Ap­ril 2019 aus:

„Es gibt viele Anzeichen dafür, dass wir auf dem Weg in die Dritte Republik sind“, be­findet Ferdinand Maier-mit Verweis auf Aussagen von FPÖ-Chef Jörg Haider in den 1990er-Jahren. „Als das damals öffentlich bekannt geworden ist, habe ich niemanden in der ÖVP getroffen, der gejubelt hat ob dieser Ideen. Nun wird das toleriert und ak­zeptiert. Man ist sukzessive weiter nach rechts gerückt.“

Diesem Urteil ist wenig hinzuzufügen. Eines wird aber immer deutlicher: Auch andere europäische Länder betrachten diese Entwicklung Österreichs mit Skepsis. So häufen sich die Hinweise, dass unser Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbe­kämpfung aus verschiedenen Gründen immer mehr von den Partnerdiensten abge­schnitten wird. Österreich bekommt Informationen nur mehr äußerst selektiv und ist sogar aus den Arbeitsgruppen des Berner Clubs, eine Vereinigung der europäischen Nachrichtendienste, ausgeschlossen. Eine Entwicklung, die gerade in Zeiten von Ter­rorbedrohungen von rechtsextremer, aber auch von islamistischer Seite her äußerst gefährlich ist. Die Österreicherinnen und Österreicher erhalten gegenwärtig nicht mehr den Schutz, den sie bisher gewohnt waren. Eine Gründung dieser rechten Allianz unter aktiver Mitwirkung einer österreichischen Regierungspartei wird diesen Trend noch ver­stärken, einen Trend der Ablehnung der Zusammenarbeit mit Österreich.

Neben diesen sicherheitspolitisch bedenklichen Entwicklungen wurde am 18. April 2019 der Index der Pressefreiheit veröffentlicht. Die Überschrift dieser Mitteilung lautete: Pressefreiheit in Österreich alarmierend verschlechtert. Die Menschenrechtsorganisa­tion Reporter ohne Grenzen hat die Republik Österreich in ihrer neuen Weltrangliste zur Lage der Medien binnen eines Jahres um 5 Plätze auf Rang 16 hinuntergestuft. Der Indexwert fiel von „gut“ in den Bereich „ausreichend“. Diese Entwicklung ist be­schämend und trägt die Handschrift der freiheitlichen Mitglieder der Bundesregierung, wieder unter Duldung durch Bundeskanzler Sebastian Kurz.

In der Begründung der Herabstufung Österreichs wurden der Angriff von Vizekanzler Heinz-Christian Strache gegenüber den ORF-Redakteur Armin Wolf (Vorwurf der Lü­ge), der Aufruf der RFJ der kritischen Standard-Redakteurin Colette Schmidt zu schrei­ben (samt Foto und Mailadresse der Journalistin), die interne Anordnung des Innenmi­nisteriums, kritischen Medien wie Falter, Standard und Kurier nur geringstmögliche In­formationen zur Verfügung zu stellen, sowie die Angriffe von FPÖ-Stiftungsräten und-Politikern auf den Ungarn-Korrespondenten des ORF Ernst Gelegs und Report-Chef Wolfgang Wagner genannt.

Auch zu diesen unglaublichen Entgleisungen haben weder Bundeskanzler Sebastian Kurz, noch der zuständige Medienminister Gernot Blümel Stellung bezogen, schon gar nicht diesen für die Republik Österreich blamablen Vorgängen widersprochen oder die eigentlich wirklich notwendigen personellen Maßnahmen eingeleitet. Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, nennt die Entwicklungen alarmie­rend. Aus unseren Nachbarländern wissen wir, wie leicht angreifbar scheinbar unan­greifbare Werte wie Pressefreiheit sind. Umso mehr müssen wir uns für sie einsetzen. Ich bin schockiert darüber, in welche Richtung sich die Pressefreiheit in einem Land wie Österreich entwickelt hat. Unabhängiger Journalismus ist die Basis jeder Demo­kratie und muss entsprechend verteidigt werden.

Konsequenz muss daher sein, dass die Bundesregierung sofort alle Maßnahmen set­zen muss, um das Vertrauen in die Existenz einer qualitativ hochwertigen Pressefrei­heit wiederzuerlangen. Auch hierfür trägt neben der Bundesregierung in ihrer Gesamt­heit Bundeskanzler Sebastian Kurz, aber auch sein Medienminister Gernot Blümel die Verantwortung. Diese Maßnahmen sind umgehend zu setzen, Ziel muss es sein, im Index der Pressefreiheit in Österreich 2020 einen Platz unter den ersten Zehn zu errei­chen.

Ein weiterer wesentlicher Faktor zur Aufrechterhaltung einer liberalen Demokratie und eines Rechtsstaates ist die Justiz. Der zuständige Bundesminister Josef Moser ruft seit geraumer Zeit in der Öffentlichkeit nach Hilfe, was die Finanzierung von Planstellen für Richter und Staatsanwälte betrifft. Das personelle Aushungern der Justiz ist ein weite­rer Hinweis darauf, dass unser liberaler Rechtsstaat und unsere liberale Demokratie in eine illiberale Richtung verändert werden. Genauso, wie es zu wenig Planstellen für die Bekämpfung des Rechtsextremismus im Bundesamt für Verfassungsschutz und Ter­rorismusbekämpfung gibt, stehen auch zu wenige Staatsanwälte zur Verfügung, um beispielsweise Hass im Netz intensiv entgegenzutreten und zu bekämpfen. Anstatt Budgetmittel für Eigenwerbung, aufgeblähte Kabinette und Generalsekretariate oder Imagekampagnen durch Inseratenschaltungen (auch in rechtsextremen Medien) zu verwenden, sollten diese Mittel gezielt der Justiz zur Verfügung gestellt werden, um die Dauer der Verfahren deutlich zu verkürzen, aber auch die Bekämpfung von Hass im Netz intensiv und verdichtet zu führen. Denn Hass im Netz ist ein Umstand, der die Ge­sellschaft in Österreich spaltet und Solidarität und Gemeinsamkeit zerstört.

Die Vorgänge am letzten Wochenende, von der Veröffentlichung eines Rattengedich­tes durch die FPÖ-Braunau bis hin zum Teilen einer rechtsextremen Plattform im Internet durch den Vizekanzler, haben gezeigt, welche Priorität eine aktive Politik zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich gegenwärtig innehat. Mit diesem Rattengedicht eines FPÖ-Vizebürgermeisters einer Bezirkshauptstadt, welches sich an nazistischen Schmähschriften gegenüber Jüdinnen und Juden orientiert, wurde das in­ternationale Ansehen Österreichs wiederum auf das Spiel gestellt, die internationale Berichterstattung – von der BBC über die FAZ bis zur NY-Times – war für Österreich ein enormer Schaden. Es ist die rote Linie deutlich und mehrfach überschritten. Herr Bundeskanzler handeln sie endlich und entlassen Sie den Vizekanzler aus der Bun­desregierung, der maßgebliche Verantwortung für die freiheitliche Regierungsmann­schaft trägt.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler folgende

Dringliche Anfrage

1. Welche Ergebnisse brachte die Evaluierung des Extremismusreferates im Bundes­amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung?

2. Wann ist mit einer Aufstockung der personellen Ressourcen in diesem Referat zu rechnen, um gezielt und effektivextremistische Aktivitäten in Österreich zu bekämpfen, was offensichtlich bisher nicht gelungen ist?

3. Wann wird endlich wieder ein eigener Rechtsextremismusbericht jährlich erstellt, um der spezifischen Situation Österreichs aus seiner Geschichte heraus entsprechend ei­ne gezielte und effiziente Bekämpfung des Rechtsextremismus zu ermöglichen und die Österreicherinnen und Österreicher transparent darüber zu informieren?

4. Was brachten die Überprüfungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kabi­netten und den Generalsekretariaten betreffend allfällige Nähen zu rechtsextremisti­schen Gedankengut und wie viele Personen wurden wegen Verbindungen zu rechts­extremistischen Bewegungen aus ihren Ämtern entfernt, wie dies von ihnen in der Be­antwortung der dringlichen Anfrage im Bundesrat angekündigt wurde?

5. Wer hat diese Überprüfungen wann und auf welche Art und Weise vorgenommen?

6. In der Beantwortung der dringlichen Anfrage im Bundesrat haben sie erklärt, dass sie gegen Inseratenschaltungen in rechts- und linksextremen Medien sind. Was hat die Bundesregierung bisher rechtlich und politisch unternommen, um solche Inseraten­schaltungen in Zukunft zu verhindern?

7. Welche europapolitischen Maßnahmen wird die Bundesregierung betreffend die Bil­dung der rechten Allianz durch Matteo Salvini hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung der Europäischen Union setzen?

8. Welchen Einfluss auf die Politik der Bundesregierung hat der Umstand, dass ihr Koalitionspartner aktiv an dieser Allianz beteiligt ist betreffend die Ausrichtung der ös­terreichischen Bundesregierung in Fragen betreffend die Zukunft Europas?

9. Was wird die Bundesregierung konkret unternehmen, um den beschämenden Um­stand, dass Österreich in der Weltrangliste zur Lage der Medien um 5 Plätze auf Rang 16 heruntergestuft wurde, zu korrigieren und Österreich unter die Top 10 in die­sem Index zu bringen?

10. Was wird die Bundesregierung konkret unternehmen, um unabhängige Journalis­tinnen und Journalisten vor Angriffen aus der Politik insbesondere aus dem Kreise der Regierungsfraktionen zu schützen?

11. Wird die Bundesregierung im Gegensatz zur Vorgangsweise des Innenministeri­ums in Zukunft allen Journalistinnen und Journalisten den gleichen Zugang zu Informa­tionen gewährleisten?

12. Was wird die Bundesregierung konkret unternehmen, um den Rechtsstaat zu ga­rantieren und der Justiz die notwendigen Ressourcen insbesondere in personeller Hin­sicht zur Verfügung zu stellen, um einerseits Verfahren rasch zu erledigen, anderer­seits aber auch einen effizienten Beitrag zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Österreich zu leisten?

13. Wird die Bundesregierung dafür sorgen, dass ausreichend Planstellen (zum Bei­spiel in der Form von Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften) zur Bekämpfung von Hass im Netz zur Verfügung stehen und durch welche Maßnahmen wird dies bis wann er­folgen?

14. Was wird die Bundesregierung unternehmen, um das internationale Ansehen Ös­terreichs mittel- und langfristig wiederherzustellen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage dringlich zu behandeln.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Leichtfried als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.