19.12

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Atomenergie ist leider noch immer kein Auslaufmodell, und insofern bin ich froh darü­ber, dass wir in der letzten Sitzung des Umweltausschusses einen Fünfparteienantrag zustande gebracht haben, in dem wir unser klares und entschiedenes Auftreten gegen die Atomkraft und gegen die Atommülllager an Österreichs Grenzen zum Ausdruck bringen.

Ich habe aber bereits in der Sitzung des Umweltausschusses angedeutet, dass mir die­ser Entschließungsantrag nicht weit genug geht, weil wir an unserer Grenze, in der Slo­wakei, ein Atomkraftwerk haben, Mochovce – wir kennen es alle –, das ja in Betrieb genommen werden soll. Die Sicherheitsrisiken sind enorm hoch. Es gibt furchterregen­de Berichte darüber, dass Druck erzeugt wird oder dass Schlampereien am Bau pas­sieren, was natürlich die sicherheitspolitischen Risiken erhöht. Die Betreiber wissen Bescheid und lassen aber trotzdem gewähren, weil Interesse daran besteht, dieses Kraftwerk so rasch wie möglich in Betrieb gehen zu lassen. In der „Kronen Zeitung“ war vor wenigen Tagen ja auch zu lesen, dass der Reaktor in Mochovce „so löchrig wie ein Schweizer Käse“ sei.

Es ist ja auch kein Zufall, dass die Landesklimaschutzreferenten in ihrer letzten Kon­ferenz beschlossen haben, dass in Mochovce ein unabhängiges Experten- und Exper­tinnenteam zum einen eine Überprüfung durchführen soll und dass zum anderen ein UVP-Verfahren unter Einbeziehung aller Nachbarstaaten, insbesondere auch der ös­terreichischen Öffentlichkeit, eingefordert werden soll. Aus diesem Grunde war das eine Motivation für mich, einen Entschließungsantrag zu schreiben und ihn gemeinsam mit der SPÖ, mit Kollegen Feichtinger, hier heute einzubringen. Dessen Ziel geht ge­nau in diese Richtung: Einerseits fordern wir eine erneute UVP-Prüfung, darüber hi­naus wollen wir aber auch einen Dialog, Frau Ministerin, mit der slowakischen Regie­rung und mit den Betreibern im Rahmen einer außerordentlichen, bilateralen Konsul­tation.

Warum wollen wir diesen Dialog, den Sie mit der Slowakei und mit den BetreiberInnen führen müssen? (Ruf bei der ÖVP: Das werden Sie uns jetzt gleich erklären!) – Weil es notwendig ist, dass mehr Transparenz geschaffen wird. Wir wollen die Offenlegung der Dokumente seit der UVP des Jahres 2009. Wir wollen schlicht und einfach wissen, was dort Stand der Dinge ist. Wir wollen wissen, wie es bei Mochovce 3 und 4 ausschaut, was adaptiert worden ist, was die Schwächen sind, wo die Sicherheitsrisiken liegen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Sonder-Bilaterale mit der Slowakei zum AKW Mochovce und erneute Umweltverträglichkeitsprüfung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus, wird aufgefordert, vor der angekündigten Inbetriebnahme von Mochovce 3 und 4 im Rahmen einer außerordentlichen bilateralen Konsultation den Dialog mit der slo­wakischen Regierung und mit dem AKW-Betreiber zu suchen, sodass alle Dokumente über die zwischenzeitlichen Adaptierungen seit der Umweltverträglichkeitsprüfung von 2009 offengelegt werden. Zudem soll die Ministerin mit der slowakischen Regierung Gespräche aufnehmen, um ein erneutes Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren un­ter Einbeziehung der österreichischen Öffentlichkeit einzuleiten.“

*****

Ich lade Sie ein, meine Damen und Herren von den NEOS, von FPÖ und ÖVP, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Wir können damit unserer Bevölkerung mehr Si­cherheit geben, indem wir Schritte einleiten, die sicherstellen, dass Mochovce wirklich nur dann in Betrieb genommen wird, wenn die Sicherheitsrisiken minimiert werden können. – Danke sehr. (Beifall bei JETZT.)

19.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sonder-Bilaterale mit der Slowakei zum AKW Mochovce und erneute Um­weltverträglichkeitsprüfung

eingebracht im Zuge der Beratungen zu TOP 8: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 715/A(E) der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend klares und entschiedenes Auftreten gegen Atom­kraft und Atommüll-Endlager an Österreichs Grenzen,

über den Antrag 451/A(E) der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zu grenznahen Atommüll-Endlagern sowie

über den Antrag 660/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Nein zum Schrottreaktor - Stopp Mochovce (576 d.B.)

Begründung

Bereits im September 2018 tauchten in slowakischen Medien Berichte über massive Baumängel beim AKW Mochovce auf. Der italienische Maschinenbauingenieur Mario Zadra, der am Bau des Kraftwerks beteiligt war, sprach in einem Interview mit der slo­wakischen Zeitung „Sme“ davon, dass unqualifizierte Arbeiter Schweißarbeiten durch­geführt hätten und teils Genehmigungen fehlten. Es sei auch Druck ausgeübt worden, die Anlage so schnell wie möglich fertigzustellen, egal, ob alles funktioniere oder nicht. Die Schlampereien hätten „ernsthafte Konsequenzen für die Sicherheit des Kraft­werks“, meinte er. Die Betreiber wüssten davon, würden aber nichts unternehmen (Zu­sammenfassung des Interviews laut Die Presse, https://diepresse.com/home/ausland/welt/5498182/Slowakei_Massive-Baumaengel-beim-AKW-Mochovce)

Im April 2019 wurden in österreichischen Medien ähnliche Vorwürfe laut. Der Reaktor sei „so löchrig wie ein Schweizer Käse“, berichtete die Kronenzeitung unter Berufung auf einen Whistleblower. Einer der Gründe: Tausende Bohrungen an den Wänden, re­sultierend aus Arbeiten, die für die seismische Nachrüstung notwendig gewesen seien. (Quelle: https://www.krone.at/1895800)

Fakt ist: Was bisher an Sicherheitschecks und Überprüfungen am AKW Mochovce durchgeführt wurde, ist nach derzeitigem Kenntnisstand ungenügend und garantiert die Sicherheit der Bevölkerung in der Umgebung des AKWs nicht – also auch nicht die der österreichischen Bevölkerung.

Das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung für das mittlerweile 34 Jahre alte Kraftwerk von 2009 ist zwar gültig, aber es konnten in den bisherigen Kontakten mit dem Betreiber die folgenden technischen Adaptierungen nicht nachvollzogen werden. Zudem wurde die Prüfung 2010 einseitig beendet. Die österreichische Regierung hatte damals eine Protestnote deponiert. Eine Inbetriebnahme von Mochovce aufgrund alter Daten und einer technisch überholten, möglicherweise unvollständigen Prüfung wäre aber eine echte Bedrohung.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 hatte im Herbst 2018 in ihrer „Stellungnah­me über die Erfüllung der UVP-Bedingungen für das AKW Mochovce 3 und 4“ unter anderem festgestellt, dass die Umweltverträglichkeitserklärung von 2008 zum Teil des­halb vollkommen veraltet ist, „weil bei Fragen der Sicherheit Dokumente von 2003 an­geführt werden“.

Die LandesklimaschutzreferentInnenkonferenz hat bei ihrem letzten Zusammentreffen beschlossen, die Bundesregierung aufzufordern, sich dafür einzusetzen, dass die Bau­ausführung von Mochovce durch internationale Expertinnen und Experten überprüft werde, und dass ein erneutes Umweltverträglichkeitsverfahren unter Einbeziehung der österreichischen Öffentlichkeit eingefordert werde.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus, wird aufgefordert, vor der angekündigten Inbetriebnahme von Mochovce 3 und 4 im Rahmen einer außerordentlichen bilateralen Konsultation den Dialog mit der slowa­kischen Regierung und mit dem AKW-Betreiber zu suchen, sodass alle Dokumente über die zwischenzeitlichen Adaptierungen seit der Umweltverträglichkeitsprüfung von 2009 offengelegt werden. Zudem soll die Ministerin mit der slowakischen Regierung Gespräche aufnehmen, um ein erneutes Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren un­ter Einbeziehung der österreichischen Öffentlichkeit einzuleiten.“

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte, Frau Abgeordnete.