9.43

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren, die wie immer hier zuhören und zusehen! Eines ist klar: Unser Planet ist in einer tiefen Klimakrise. Wir sind derzeit auf dem direkten Weg dahin, dass sich unser Klima erhitzt. Das hat auf der ganzen Welt massive Auswirkungen: Teile unserer Erde werden durch Wirbelstürme zerstört, durch Dürren unbewohnbar, ganze Inselstaaten drohen unter dem Meeresspiegel zu verschwinden.

Das ist jetzt bei einer Erhitzung von 1 Grad schon Realität. Welche Auswirkungen eine Erhitzung von 2 oder 3 Grad auf die Erde hätte, kann man sich gar nicht vorstellen. Auch in Österreich sehen wir täglich die Auswirkungen der Klimakrise: Die Gletscher verschwinden, und damit Teile des Wintertourismus. (Abg. Schimanek: Wir haben 30 Zentimeter Schnee daheim!) Unsere Bäuerinnen und Bauern (Zwischenruf bei der ÖVP) sind mit viel zu langen Dürreperioden, mit plötzlichem Kälteeinbruch, mit Starkre­gen und Hagelschlag konfrontiert, Erdbeerernten werden zerstört und – ja! – sogar der südsteirische Welschriesling ist gefährdet.

Wir haben in Österreich 2 Grad zu viel. In nur neun Jahren hatten wir an der Donau zwei Jahrhunderthochwasser, jedes Jahr entsteht in der Landwirtschaft ein Schaden von Hunderten Millionen Euro, und die niedrig gelegenen Skigebiete – was mir als Stei­rer besonders wehtut – sperren der Reihe nach zu. Der Weltklimarat berechnet, dass wir die globalen Emissionen in nur elf Jahren halbieren müssen, um unter 1,5 Grad Kli­maerhitzung zu bleiben (Abg. Schimanek: Wir haben 30 Zentimeter Schnee zu Hau­se!), alles andere, geschätzte Damen und Herren, wäre katastrophal. In Europa müs­sen wir die für die letzten drei Jahrzehnte geplanten Klimaschutzmaßnahmen in nur ei­nem Jahrzehnt umsetzen.

Österreich hat schon seit Jahrzehnten völker- und europarechtliche Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasen. Traurige Tatsache ist aber, dass die Emissionen noch immer steigen und weit über dem Wert des Jahres 1990 liegen. Die Umweltministerin hat vor wenigen Tagen bestätigt, dass uns das Versagen bei den Klimazielen 6 Milliar­den Euro kosten wird. Geschätzte Damen und Herren, leider unternimmt diese Bun­desregierung nichts dagegen. (Beifall bei der SPÖ.) Die Klimakrise ist Türkis-Blau in Wahrheit egal. (Abg. Martin Graf: Ihr habt seit Jahrzehnten nichts gemacht!) Dieses Versagen werden am Ende alle Österreicherinnen und Österreicher ausbaden müs­sen – und wir wollen das sicher nicht, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Leider steht unsere Regierung und auch die Frau Bundesministerin, die sich hinge­bungsvoll mit ihrem Telefon beschäftigt (Abg. Ecker: Wie immer! – Ruf bei der SPÖ: Das hat sie vom Kurz gelernt! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstin­ger), für eine Politik, die nicht die Menschen, sondern die großen Konzerne dieser Welt schützt. Sie steht für eine Politik, die weiterhin giftige Spritzmittel erlaubt, die für Mensch und Umwelt gefährlich sind, die für unsere Bauern und Bäuerinnen gefährlich sind, die dadurch nicht nur in Gesundheitsgefahr, sondern auch in Abhängigkeit von den großen globalen Chemiekonzernen geraten. Das ist nicht der Sinn nachhaltiger Landwirtschaft, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Vor wenigen Tagen hat ein erschütternder Bericht der Vereinten Nationen das Ausmaß des Artensterbens verdeutlicht. Millionen Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht und viele drohen bereits in den nächsten Jahren zu verschwinden. Dafür sind wir Menschen verantwortlich – und vor allem diejenigen, die unterstützen, dass große Agrar- und Chemiekonzerne weiter ihr Unwesen treiben können.

Es ist höchst an der Zeit, dass wir auch in Österreich endlich Maßnahmen umsetzen, um unser Klima und unsere Umwelt zu schützen. Die Bundesregierung sollte beim Ar­tensterben ansetzen und Spritzmittel wie Glyphosat in der Landwirtschaft endlich ver­bieten, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Diese Stoffe gefährden Menschen, diese Stoffe töten Insekten – und wir sind damit an dieser Klimakrise mit­schuldig.

Alle Expertinnen und Experten sind sich einig, dass auch eine Ökologisierung des Steuersystems notwendig ist. Was ist aber geschehen? – Nichts ist geschehen, es war eine Steuerreform für die großen Konzerne, geschätzte Damen und Herren! (Abg. Hauser: Ah, so ein Blödsinn!) 1,5 Milliarden Euro für Großkonzerne, und 55 Millionen Euro für die Ökologisierung, das ist Ihre Wertigkeit, und so schaut es aus, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Sie fahren mit Tempo 140 in die Klimakatastrophe, das ist Ihre Politik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wer soll diesen Leichtfried noch ernst neh­men?)

9.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.