12.51

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Zunächst erlaube ich mir, die Schülerinnen und Schüler der Pfarrschule aus Baden zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

In der Sache, glaube ich, ist es vernünftig, das Ganze ein bisschen niedriger zu hän­gen. Sie kennen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die dritte Landepiste. Damals wurden die Staatsziele Umweltschutz und Nachhaltigkeit sehr stra­paziert und daraufhin herrschte entsprechende Aufregung bei den Wirtschaftstreiben­den. Das, was das Bundesverwaltungsgericht damals gemacht hat, war halt, das Bun­desverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, das wir seit 2013 haben, sehr zu be­mühen. Die Konsequenz davon war dann die Entscheidung des Verfassungsgerichts­hofes aus dem Juni 2017, in der dieser in Hinsicht auf diese Entscheidung ganz ein­deutig gesagt hat, aus dem Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit sei kein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen ableitbar, und die gesamte Sache wie­der behoben hat. Das war aber dann mit diesem neuen Staatsziel schon in die Gänge gekommen.

Dazu, was Kollege Stefan zu Recht gesagt hat, nämlich man soll das Visier hochklap­pen und Farbe bekennen: Ich halte absolut nichts von diesem Verfassungsgeschwafel. Bestimmungen, die inhaltlich unbestimmt sind, die weitestgehend nur Symbolic Use of Politics bedeuten und den Höchstgerichten die Möglichkeit geben, an nicht mehr kor­rigierbaren Abwägungsschaukeln ihre politischen Ansichten in Staatszielbestimmungen zu verpacken und damit Entscheidungen zu legitimieren, will ich in unserer Verfassung nicht. Da bin ich halt auch ein Anhänger von Hans Kelsen, seit allem Anfang an: Je mehr unbestimmte Bestimmungen wir in der Verfassung haben, umso mehr Macht ge­ben wir den Höchstgerichten. Ich halte das für eine Selbstentwürdigung des Gesetzge­bers. Gesetze sollten knapp, sie sollten verständlich, und sie sollten effektiv sein – und das wäre Aufgabe des Parlaments. (Beifall bei JETZT.)

Wenn man jetzt vorschlägt, eine Bestimmung zu machen, wonach sich die Republik Österreich zu einem wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaftsstandort be­kennt – an sich schon eine ganz große Unsinnigkeit für einen verfassungsrechtlichen Terminus –, und kein Mensch weiß, was wettbewerbsfähig, was nachhaltig in diesem Zusammenhang heißt, und man dann auch noch den allgemeinen Wohlstand als Be­kenntnisziel formuliert, dann gibt man in Wirklichkeit die Gesetzgebung in der Sache selbst auf.

Was hier sachlich passiert und was hier im Haus passiert, ist, dass die Industriellenver­einigung gerufen hat und der Hund der Industriellenvereinigung – in diesem Fall die ÖVP – und die FPÖ – seltsamerweise – mit dem Schwanz wedeln und diesem Schwanz das Kleid einer Staatszielbestimmung geben. Und nichts macht das offensichtlicher als die heutige Ausgabe der „Wiener Zeitung“ – im Übrigen eine unterschätzte Zeitung in Österreich –, wo der Vizegeneralsekretär der Industriellenvereinigung Peter Koren ganz offen ausspricht, dass es hier um das geht, was im Ausschuss auch Kollege Gerstl – der dann gleich sprechen und das allenfalls korrigieren wird, wenn ich es falsch zum Ausdruck bringe – verkündet hat: Wir wollen dieses neue Staatsziel als Kontrapunkt zum Umweltschutz in die Verfassung intabulieren.

Damit wird etwas gemacht, was mit Verfassungsrecht gar nichts zu tun hat, aber sehr viel mit dem nachhaltigen Nichts im Umweltbereich, das diese Regierung kennzeich­net. In Wirklichkeit wird damit ein weiterer Baustein geliefert, um die Zukunft Öster­reichs als Müllhalde der Gegenwart zu institutionalisieren. – Wir lehnen das ab. (Beifall bei JETZT sowie der Abgeordneten Jarolim und Wittmann.)

12.55

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Schram­böck zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.