13.29

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen auf der Galerie! Werte Kolleginnen und Kollegen! Aus der Geschichte heraus sind die Staatsziele als Überlegung eingeführt worden, dass man keine Novellen in einfachgesetzlichen Bestimmungen machen wollte, sondern dass man ein Bekenntnis formulieren wollte, das eine Gesamtaufgabe des Staates definiert – und zwar des Bun­des, der Länder und auch der Gemeinden.

Seit 1980 sind in der Bundesverfassung Staatsziele formuliert worden. Die am weites­ten gehende Diskussion, die wir diesbezüglich hatten, war im Konvent 2003 bis 2005, und 2013 hat der Nationalrat zusätzlich zum umfassenden Umweltschutz noch den Tier­schutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und das Prinzip der Nachhaltigkeit bei der Nutzung natürlicher Ressourcen eingebracht und im Verfas­sungsrecht verankert.

Es gibt einen Grundkonsens, dass Staatsziele in jedem Gesetzesvorhaben, in gerichtli­chen Entscheidungen herangezogen und berücksichtigt werden sollen. Aber wem nüt­zen ArbeitnehmerInnenrechte, wem nützt es, wenn wir auf Kosten der Umwelt einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort haben, wenn der Planet kaputt ist? Die jungen Menschen zeigen uns jeden Freitag, dass es ihnen ein wichtiges Anliegen ist, sich für diese Erde einzusetzen, auf der sie leben. (Ruf bei der FPÖ: Schule schwänzen!) Noch einmal: Was nützt es, wenn wir einen gut funktionierenden Wirtschaftsstandort haben, wenn der Planet kaputt ist? Ich möchte China nicht als Beispiel hernehmen, denn die Welt schaut auf China, weil die Industriebetriebe dort drei Tage abschalten, damit die Menschen einmal einen blauen Himmel sehen. – Das möchte ich für uns hier in Ös­terreich so nicht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Frage, die sich mir stellt, ist Folgende: Oder ist dieser Entwurf etwas, das Sie, liebe ÖVP, an die Industrie abliefern müssen, die Sie sehr großzügig in Ihrer Wahl­werbung unterstützt hat?

Es gibt auch kein Staatsziel für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es gibt kein Staatsziel für den sozialen Ausgleich – das wäre mir ein sehr wichtiges Anliegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einfach wird, Arbeitnehmerrechte auszubauen, Mög­lichkeiten, dass Arbeitszeit gestaltet wird, auszubauen, Arbeitnehmerrechte so auszu­bauen, dass Arbeitnehmer nicht von ihren Arbeitgebern ausgebeutet werden, wenn dem die Konzerninteressen gegenüberstehen. Trotz und gerade wegen des Staatsziels Umweltschutz ist Österreich, Herr Kollege Ottenschläger, Topwirtschaftsstandort in Eu­ropa und in der Welt geworden.

Während Europa die Umwelt- und Klimaschutzpolitik vorantreibt, setzt der Herr Bun­deskanzler sein Kapperl so auf, wie er es gerade braucht, indem er einerseits sagt, Kli­maschutz braucht eine gesamteuropäische Lösung, und andererseits in Österreich genau das Gegenteil macht. Ich habe mir die Rede von Kollegin Evelyn Regner vom Europäischen Parlament angehört, die sie im Rahmen der Aktuellen Europastunde ge­halten hat, und muss sagen, wir SozialdemokratInnen wünschen uns ein Europa der Men­schen und nicht ein Europa der Konzerne. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Was will diese Bundesregierung? – Diese Bundesregierung möchte auf Basis des um­strittenen Urteils betreffend die dritte Piste am Flughafen Wien das Gesetz ändern. Wie ist die Vorgehensweise? – Der erste Anlauf im Verfassungsausschuss im Oktober ist nicht gelungen, daher wurde vorige Woche ein Fristsetzungsantrag beschlossen. Was bedeutet ein Fristsetzungsantrag? – Diskussion nicht erwünscht, Fragen der Opposi­tion gar nicht erwünscht. Es soll das umgesetzt werden, was sich diese Bundesregie­rung wünscht.

Herr Kollege Gerstl, Sie haben es eigentlich in Ihren Ausführungen verräterisch gesagt (Zwischenruf der Abg. Steinacker): Wir brauchen ein Gegengewicht dazu, um das Staatsziel über den Umweltschutz zu stellen! Und dann lese ich in einer Aussendung des Wirtschaftsbundes betreffend Wirtschaftspolitik: Wir brauchen das Staatsziel, um einen wichtigen Hebel in der Wirtschaftspolitik zu haben. – Meine sehr geehrten Da­men und Herren, was konkret wollen Sie aushebeln? Wo genau ist der Knackpunkt, dass wir dem Entwurf zustimmen sollen?

Wir werden diesem Entwurf für diese Staatszielbestimmung sicherlich nicht die Stim­men für die Zweidrittelmehrheit geben (Zwischenruf des Abg. Rädler), denn es ist sinn­befreit: ein Staatsziel, das diametral Umweltschutz – Arbeitnehmer, Arbeitnehmer – Kon­zerne gegenüberstellt; und dafür werden wir nie unsere Stimme hergeben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.