17.56

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie! Lieber Peter, dein Kampf, euer Kampf gegen den Rechtsextremismus in allen Ehren, aber den Armen in diesem Land wird das nicht einmal ein Wurstsemmerl bringen. Diskutieren wir daher, worum es bei diesem Tages­ordnungspunkt geht!

Viele Vorredner haben es auch schon gesagt: In Österreich leben über 1,2 Millionen Menschen in Armut. (Abg. Pilz: Die ... nehmen dich nicht!) Die geschätzte Frau Minis­terin hat auch gesagt, wir müssen Arbeitsplätze schaffen, es müssen entsprechende Chancen eingerichtet werden. – Ja, aber führen wir doch bitte die Diskussionen ehrlich und aufrichtig! Frau Ministerin, wenn man gesund ist und die richtige Ausbildung hat, die am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft gefragt ist, dann ist es in einer Leistungsge­sellschaft auch normal, dass man die Leistung erbringen kann und seinen Lebensun­terhalt absichern kann, es sogar es zu einem bescheidenen Wohlstand bringen kann. Aber was ist mit all den Menschen, die diese Möglichkeit nicht haben, weil sie eine Be­einträchtigung haben? Gerade von jenen Menschen mit den unterschiedlichsten Be­einträchtigungen wurden viele bis jetzt immer auch im öffentlichen Sektor unterge­bracht. Da wurde oder wird jedoch jetzt auch der Rotstift angesetzt. Die Ministerien müssen sparen. Es trifft die Menschen mit Beeinträchtigungen am härtesten.

Ich kann Ihnen aus Oberösterreich von einigen Jugendlichen berichten. Einer ist knapp 25, er wird im August 25. Er hat Hunderte von Bewerbungen an die unterschiedlichsten Firmen geschrieben, damit er einen Lehrplatz bekommt. Das Manko, das dieser Ju­gendliche hat: Er steckt im Körper eines knapp 25-Jährigen, ist aber auf dem Entwick­lungsstand eines Zwölfjährigen. Wie sollen diese Menschen einen Arbeitsplatz, einen Lehrplatz finden, wenn sie eine Absage nach der anderen bekommen – oder auch jene, die wir früher in Frühpension geschickt haben und die heute von der PVA von ei­ner Untersuchung zur anderen, von einem Chefarztgespräch zum anderen im Kreis ge­schickt werden?

Führen wir die Diskussionen ehrlich: Ja, in einer Leistungsgesellschaft ist es wichtig, Leistung erbringen zu können und zu müssen, und jeder, der alle sieben Zwetschken beieinander hat, wird diese Leistung auch erbringen wollen, aber es gibt viele, viele Menschen, die das nicht erbringen können, weil sie beeinträchtigt und krank sind. Das ist für uns Politiker eine riesengroße Herausforderung, und diese Menschen haben es, unter welcher Regierung auch immer, extrem schwer.

Der andere Punkt ist: Es gibt gewisse Gesetzmäßigkeiten. Die Schwerkraft werden wir alle hier herinnen nicht außer Kraft setzen können, und Einfluss auf das Wetter haben wir auch nicht, aber es ist auch eine Gesetzmäßigkeit – aus den Naturwissenschaf­ten –, dass große Fische immer kleine Fische fressen. Wir alle hier in diesem Haus sind privilegiert, wir konnten eine gute Ausbildung genießen, wir haben auch eine gute Schulbildung genossen, aber viele Menschen hatten diese Möglichkeit aus diversesten Gründen nicht. Was tun wir mit diesen Menschen in einer Leistungsgesellschaft?

Sie als Frauenministerin wissen besser als wir alle, dass gerade in den Sozial- und Ge­sundheitsberufen sehr, sehr viele Frauen unter prekärsten Beschäftigungsverhältnis­sen ihren Dienst verrichten müssen. Warum? – Weil genau in diesen Branchen – im Pflegebereich, im Gesundheitsbereich, auch in der Bildung – die Arbeit schlecht be­zahlt ist; weil wir da viele Sektoren haben, zum Beispiel müssen Pflegerinnen aus Ru­mänien, aus Bulgarien, aus Ungarn, aus Tschechien, aus der Slowakei hierher nach Österreich gebracht werden, damit das System, das wir haben, halbwegs funktioniert und am Leben erhalten werden kann.

Sehr geehrte Frau Sozialministerin! Ich habe vor ungefähr drei Monaten mit Ihnen hier ein Gespräch diesbezüglich geführt und habe Sie ersucht, dass Sie sich den Wild­wuchs, was diese Sozialagenturen betrifft, die diese Pflegerinnen vermitteln und unter denen es einige schwarze Schafe gibt, genauer anschauen und diesen unter die Lupe nehmen. Ich habe bis heute keine Rückmeldung bekommen. Ich bekomme aber tag­täglich zahlreiche E-Mails, dass es da ein riesengroßes Problem gibt.

Ich bin in die Politik gegangen, weil ich meinen Beitrag dazu leisten möchte und auch weiterhin leisten werde, jenen beizustehen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, die Unterstützung brauchen und wo man gegen Ungerechtigkeit ankämp­fen muss. (Heiterkeit und Zwischenrufe der – in Richtung ÖVP weisenden – Abgeord­neten Knes und Duzdar.– Wieso lacht ihr von der SPÖ da? Ich glaube, dass das doch auch Teile von euren Idealen sind! Aber vielleicht war das einmal so, ich weiß es nicht.

Auf jeden Fall müssen wir diese Diskussionen, sehr geehrte Frau Ministerin, ehrlich und aufrichtig führen. Nicht jeder, der keine Arbeit bekommt, ist ein Verweigerer und ein Tachinierer und jemand der von der öffentlichen Hand leben möchte, sondern es gibt viele, viele persönliche Umstände, warum diese Menschen eben nicht am Arbeits­markt unterkommen.

Ich appelliere hier an die Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen: Vielleicht haben Sie die eine oder andere Lehrstelle für einen Menschen mit Beeinträchtigung. Bitte melden Sie sich bei mir! Ich werde alles Menschenmögliche machen, um den Kontakt herzu­stellen, damit wir zumindest einige dieser Menschen, die es schwer haben, unterbrin­gen und nicht nur warme Luft produzieren. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

18.03

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Wal­ter Rosenkranz. – Bitte.