18.24

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Sie haben schon erwähnt, es trifft zahlreiche El­tern, aber ganz besonders trifft es oft die Mütter. Sie haben die Herausforderung, dass sie oftmals in Österreich die Kindererziehung übernehmen.

Sie haben davon gesprochen, dass es hauptsächlich die nicht vorhandenen Kinderbe­treuungsplätze sind. Ich glaube, wir haben uns darüber schon ausgetauscht, es gibt da jetzt eine Studie von der Princeton University und der ETH Zürich, die ganz klar zeigt, dass Frauen in Österreich nach der Geburt des ersten Kindes um 51 Prozent weniger Lohn haben – und das auf zehn Jahre.

Ich weiß nicht, wie genau Sie sich diese Studie durchgelesen haben – ich habe sie sehr genau durchgelesen. Als Wissenschafterin mache ich das gerne; hohe Affinität, gebe ich zu. Die Studie hat gezeigt, das liegt daran, dass bei uns in Österreich die Frauen sehr oft und lange Teilzeit arbeiten. Sie haben schon gesagt, 75 Prozent der Frauen mit Kindern unter 15 arbeiten oft sehr wenige Stunden in Teilzeit. Teilzeit kann ja ein gutes Lebensphasenkonzept sein, aber diese Studie hat keine Kausalität zwi­schen den Kinderbetreuungsplätzen und der Teilzeitarbeit gefunden. Es wurde nicht einmal ein Stadt-Land-Gefälle gefunden. Das wurde auch noch einmal von Wissen­schaftern in Österreich gescreent und genauso dargestellt. Wir haben selbst eine Kos­ten-Nutzen-Analyse der Kinderbetreuungsplätze gemacht, die hat das Gleiche gezeigt; aber man hat ja gern auch noch eine externe Studie, eine zweite Studie von Experten.

Nichtsdestotrotz haben wir gesagt, wir investieren in Kinderbetreuungsplätze, wir ma­chen mehr. Und wir bauen vor allem die Öffnungszeiten aus – diese müssen flexibler sein –, weil ich das natürlich auch so sehe: Ich war sehr froh als Mutter, dass ich für meine Kinder immer eine Ganztagskinderbetreuung hatte, damit ich wieder schnell in die Arbeit zurückkehren konnte.

Aber es ist auf jeden Fall ein Thema: Frauen haben wesentlich weniger Pension. Die Lohnschere beträgt über 20 Prozent in Österreich. 40 Prozent bei der Pensionssche­re – ich wiederhole es gerne – ist doch recht viel: wegen Kinderbetreuung, Pflegeauf­gaben, Teilzeit, langer Teilzeit und – was Sie auch schon erwähnt haben – neuer Fami­lienformen und vor allem neuer Lebensrealitäten. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als die Scheidungs- und Trennungsrate in Österreich noch sehr niedrig war, als man davon ausgegangen ist, dass die Familie erhalten bleibt. Das haben wir nicht mehr. Wir leben in neuen Lebensrealitäten. Die Scheidungsrate liegt bei über 40 Prozent. Die Trennungen finden im Durchschnitt zehn Jahre nach der Hochzeit statt. Ich gehe da­von aus, dass die Trennungsrate von nicht verheirateten Paaren ebenso so hoch ist.

Ich habe mich ganz klar – und das eigentlich schon von Anfang an – für ein automati­sches Pensionssplitting ausgesprochen. Wenn Sie mich jetzt fragen, mit welchen Ex­perten und Expertinnen ich rede, dann sage ich, das sind lauter Experten und Expertin­nen, die kein Honorar verlangen. Wir haben mit Personen von den Versicherungen ge­sprochen, die uns die Zahlen gezeigt haben, die uns das ausgerechnet haben. Ich habe mit Personen aus dem Wissenschaftsbereich gesprochen, die mich auch ohne Honorar beraten haben. Und ich habe mit Kollegen und Kolleginnen in anderen Län­dern Europas gesprochen, die das Pensionssplitting schon eingeführt haben. Zum Bei­spiel war ich kürzlich in Liechtenstein und habe mich dort mit Kollegen Pedrazzini aus­getauscht, ich konnte auch seine Erfahrungen mit nach Hause bringen.

Diejenigen, die das eingeführt haben, haben eindeutig gesehen, es sorgt für mehr Fair­ness, es sorgt für mehr finanzielle Ausgewogenheit für jenen Elternteil, der die über­wiegende Betreuungsarbeit leistet, der den Großteil der unbezahlten Arbeit zu Hause macht. Ich möchte dazusagen – und das ist mir schon auch ganz wichtig –, dass die Erziehungsarbeit, die zu Hause stattfindet, ja eine wertzuschätzende Arbeit ist. Deswe­gen finde ich es auch gut, wenn es diesbezüglich zu mehr Fairness und zu einer finan­ziellen Ausgewogenheit kommt.

Wir haben hier auf Regierungsebene seit Wochen sehr konstruktive Gespräche. Kolle­gin Hartinger-Klein ist jetzt leider nicht mehr da, aber ich habe auch mit ihr schon öfter das Thema automatisches Pensionssplitting diskutiert, für das ich mich eben ausspre­che.

Sie (in Richtung Abg. Loacker) haben es erwähnt, das freiwillige Pensionssplitting ha­ben wir jetzt seit 2005. In den ersten zwölf Jahren haben sich gerade einmal 900 Paare dafür entschieden. Wir haben im letzten Jahr sehr viel über Pensionssplitting gespro­chen, Sie haben das gemacht, ich habe das gemacht, auch über automatisches Pen­sionssplitting, weil es die Dinge einfacher machen würde. Das hat immerhin dazu ge­führt, dass im Vorjahr 450 Personen das Pensionssplitting beantragt haben, also halb so viele wie in den zwölf Jahren davor.

Wir haben Informationskampagnen. Die Sozialversicherung wird auch eine verpflich­tende Informationskampagne durchführen. Dazu haben wir uns ja schon im Regie­rungsprogramm bekannt. Wir schaffen natürlich auch Bewusstsein, wenn wir heute da­rüber sprechen. Ich glaube, Bewusstsein zu schaffen, ist ein erster Schritt, das haben auch die Anträge des letzten Jahres gezeigt.

Wir haben schon lange auf der Website des Bundeskanzleramts und in der Broschüre des Familienguides Informationen zum freiwilligen Pensionssplitting inkludiert. Dieser Familienguide hat vorher Familien-Kompass geheißen, und auch da waren schon die Informationen zum Pensionssplitting teilweise enthalten.

Mein Anspruch und mein Ziel müssen sein, Altersarmut zu reduzieren. Wir haben heu­te schon zuvor über die Armutsbekämpfung gesprochen. Wir brauchen mehr Wert­schätzung und Fairness für die geleistete Betreuungs- und Pflegearbeit zu Hause. Am Sonntag war Muttertag. Ich freue mich natürlich immer, wenn meine Kinder mit Ge­dichten und netten Geschenken kommen. Wir feiern das einmal im Jahr, aber da blei­ben noch 364 Tage, an denen das eigentlich auch noch wertgeschätzt gehört. Wir ha­ben heute – das möchte ich auch nicht vergessen – den Internationalen Tag der Fami­lie. Österreich ist ein Familienland, die Familie ist wirklich ein Fundament der Gesell­schaft.

Ich glaube, umso mehr wir dafür tun, dass wir Familienarbeit auch wertschätzen – das automatische Pensionssplitting gehört für mich dazu –, umso mehr wertschätzen wir auch die Familien. Es braucht hier natürlich viele Maßnahmen, ein ganzes Paket, aber eine geeignete Maßnahme ist für mich das automatische Pensionssplitting. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.31

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.