20.14

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ich habe das Gefühl, dass wir teilweise auf unterschiedlichen Ebenen diskutieren. Also gerade wenn ich zum Beispiel Sie, Frau Dr. Griss, anspreche: Diese theoretische Ebene, auf die Sie sich da begeben, hat ja überhaupt nichts mit der Praxis zu tun. Ich bin im 10. Bezirk in eine öffentliche Volksschule gegangen. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Ich kann Ihnen zum Beispiel auch aus meiner Erfahrung berichten, wie das abläuft.

Ich hatte eine muslimische Mitschülerin, mit der ich mich sehr gut verstanden habe, wir haben uns auch immer unterhalten. Sobald die Schule aus war, hat sie nicht mehr mit mir gesprochen. Ich habe mich gefragt: Warum spricht sie nicht mehr mit mir? Habe ich irgendetwas falsch gemacht? Es war so, dass sie mir dann irgendwann gesagt hat, ja, ihr Papa will nicht, dass sie mit Männern redet, und deswegen darf sie mit mir quasi nicht reden, wenn wir aus der Schule hinausgehen. (Zwischenruf des Abg. Wimmer.)

Das sind Dinge, die passieren, das ist die Praxis. Es gibt Eltern, die Druck auf die Kin­der ausüben. Auch bei diesem Kinderkopftuch ist es so, dass die Kinder nicht selbst entscheiden, ob sie es tragen oder nicht. Wenn sie es in der Schule abnehmen müs­sen, dann merken sie, dass sie nicht alleine sind, dass sie eine Wahl haben, dass das nicht normal ist. Das ist das Symbol, das wir ganz, ganz dringend aussenden müssen, Frau Dr. Griss. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist auch darum gegangen, dass die Religionsausübung eingeschränkt wird. Also ich muss da schon ganz klar sagen: Wir reden hier vom Volksschulalter. Wir reden von Kindern, die zwischen sechs und zehn Jahre alt sind. In einer gemäßigten Auslegung oder in einer normalen Auslegung des Islam tragen Kinder keine Kopftücher vor der Geschlechtsreife. Sie tragen in diesem Alter kein Kopftuch. Das ist einfach wichtig, da­zuzusagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Kollegin Hammerschmid hat gesagt, man müsste Experten beiziehen, und das wäre nicht passiert. – Es gab ein Expertenhearing. Ein Ergebnis davon war, dass wir unter anderem gesagt haben, dass andere religiöse Gruppen, wo die Religionsausübung eingeschränkt wäre – wie zum Beispiel im Falle des Tragens der Kippa und des Pat­ka –, nicht erfasst werden, weil wir eben nicht die Religionsausübung einschränken wollen, wir wollen nur nicht Extreme in der Schule haben.

Deswegen haben wir auch eine Ausschussfeststellung beschlossen, das war ein Er­gebnis des Expertenhearings. Sie stellen sich hierher und sagen, es wären keine Ex­perten eingebunden worden, wir hätten das durchgepeitscht. Wir haben das lange und ausführlich diskutiert. Wir haben unter anderem diesen Punkt aus dem Experten­hearing mitgenommen und auch in einer Ausschussfeststellung klargestellt. Das war ein guter Prozess, unter Einbindung von ganz, ganz vielen, es war ein langer Prozess. Wenn man jetzt sagt, das hat nicht stattgefunden, dann frage ich mich wirklich, wie ernsthaft Sie eigentlich über dieses Thema reden möchten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Kollegin Cox! Der erste Teil Ihrer Aussage, es sollen religiöse Symbole aus dem öffentlichen Leben verschwinden: Also ich hoffe, das meinen Sie nicht ernst (Abg. Cox: Das hab’ ich nicht gesagt! ), denn dann müsste man ja quasi in jeder zweiten Ortschaft die Kirche niederreißen. (Zwischenruf des Abg. Noll.) Also darauf gehe ich gar nicht weiter ein. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Der zweite Teil Ihrer Aussage betrifft die Schule. Wir können uns das gerne am Bei­spiel Frankreich anschauen: Da gibt es keinen Religionsunterricht in den Schulen, da gibt es Religionsunterricht im Hinterzimmer, privat organisiert und irgendwo anders. (Zwischenruf der Abg. Cox.) Ich glaube, es ist ein sehr guter Weg, dass bei uns Re­ligionsunterricht in der Schule unter staatlicher Kontrolle stattfindet und man auf diese Art und Weise auch Extremen entgegenwirkt. Das ist ein gutes, bewährtes Modell, das würde ich bitte in keinem Fall infrage stellen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Abschließend möchte ich sagen: Es geht um das Kinderkopftuch, es geht nicht ums generelle Kopftuch. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Unterschied. Ja, es ist ein Symbol, das wir da setzen. Ich glaube aber, es ist legitim, zu sagen – Sie haben auch Geburtslotterie erwähnt: es geht um Kinder, die in Österreich geboren wurden und so sozialisiert werden –, dass wir als Staat Österreich das Signal setzen, dass extreme Religionsinterpretationen und Extreme in der Schule keinen Platz haben.

Das ist ein Symbol, und es ist das absolut richtige Symbol. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.19

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.