Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

74. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 15. Mai 2019

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

74. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 15. Mai 2019

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 15. Mai 2019: 9.05 – 22.52 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Mittelstandsbericht 2018 der Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort

4. Punkt: Bericht über den Nationalen Bildungsbericht Österreich 2018

5. Punkt: Bericht über den Antrag 495/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Institu­tes des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen und die Einglie­derung des Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens erlassen und das Bundesgesetz über die Einrichtung ei­nes Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österrei­chischen Schulwesens geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 723/A der Abgeordneten MMMag. Gertraud Salz­mann, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrpersonenge­setz 1966 geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 708/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Zeitgemäße Sexualpädagogik im Schulunterricht!“

10. Punkt: Bericht über den Antrag 755/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Frauen*Volksbegehren 2.0 – Sensibilisierungspro­gramme zum Thema Gewaltschutz und Antigewalttrainings


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11. Punkt: Bericht über den Antrag 756/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Frauen*Volksbegehren 2.0 – Sicherstellung und Finan­zierung von sexueller Bildung

12. Punkt: Bericht über den Antrag 677/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trautt­mansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Medienkompetenz in der Erwachse­nenbildung zum Aufbau einer resilienten Gesellschaft

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 28

Ordnungsrufe ......................................................................................................  170, 212

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend die §§ 90 und 91 GOG:

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 28

August Wöginger ......................................................................................................... 29

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 30

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................ 30

Stellungnahme des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka ...................................... 30

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 43

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 3073/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 81

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         185

RednerInnen:

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 185

Bundesministerin Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ......................................  187, 195

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 189

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 191

Michael Bernhard ....................................................................................................... 192

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 194

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG                    81

Aktuelle Stunde (20.)

Thema: „Regierung ignoriert Artensterben und Klimakrise – mit Symbol­politik zu Milliardenstrafen“ ............................................................................................................................... 30

RednerInnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ............................................................................................ 30

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ..............................................................  33, 53

Johannes Schmuckenschlager .................................................................................. 36

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................... 38

Walter Rauch ................................................................................................................ 39


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Michael Bernhard ......................................................................................................... 40

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 42

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................... 44

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ................................................................................. 45

Maximilian Linder ......................................................................................................... 47

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ...................................................................................... 48

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ......................................................................... 50

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann .................................................................................. 51

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................... 54

Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (21.)

Thema: „Ordnung, gute Lebensperspektive und Hausverstand: Ein neuer Vertrag für die Zukunft Europas“ ....................................................................................................................... 55

RednerInnen:

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 55

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA .............................................................. 57

MEP Dr. Othmar Karas, MBL-HSG ............................................................................. 59

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................... 60

MEP Harald Vilimsky .................................................................................................... 62

Claudia Gamon, MSc (WU) .......................................................................................... 63

Mag. Bruno Rossmann ................................................................................................ 65

Dipl.-Ing. Georg Strasser ............................................................................................ 66

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 68

Petra Steger .................................................................................................................. 69

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES .............................................................................. 71

Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................................................... 72

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 73

MEP Mag. Evelyn Regner ............................................................................................ 75

Mag. Roman Haider ...................................................................................................... 77

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann .................................................................................. 78

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 28

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 79

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Sechster Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ..................................................... 80

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz be­treffend „Armutsbekämpfung und Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit“ (3536/J) .................................................................................... 135

Begründung: Dr. Dagmar Belakowitsch .................................................................... 139

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ....................................................... 145

Debatte:

Peter Wurm ................................................................................................................. 151

August Wöginger ....................................................................................................... 153

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................................................... 155


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Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 157

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 160

Petra Wagner .............................................................................................................. 164

Tanja Graf .................................................................................................................... 165

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 166

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 167

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 169

Bundesministerin Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ............................................... 172

Werner Neubauer, BA ................................................................................................ 173

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 175

Norbert Sieber ............................................................................................................ 175

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 176

Dr. Nikolaus Scherak, MA (tatsächliche Berichtigung) ............................................. 178

Mag. Jörg Leichtfried ................................................................................................. 178

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 179

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................. 180

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 182

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 183

Alois Stöger, diplômé ................................................................................................ 183

Entschließungsantrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut in Österreich“ – Ablehnung           163, 185

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorla­ge (110 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Si­cherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geän­dert wird (598 d.B.) ............................................................................... 81

RednerInnen:

Dr. Peter Wittmann ....................................................................................................... 82

Andreas Ottenschläger ............................................................................................... 83

Josef Schellhorn .......................................................................................................... 85

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 90

Dr. Alfred J. Noll ........................................................................................................... 91

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ......................................................... 92

Mag. Wolfgang Gerstl .................................................................................................. 94

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................... 97

Ing. Wolfgang Klinger .................................................................................................. 98

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 100

Mag. Klaus Fürlinger .................................................................................................. 101

Angela Lueger ............................................................................................................ 102

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Staatsziel Wirtschaft – Es braucht mehr als zehn Buchsta­ben in der Verfassung!“ – Ablehnung  86, 105

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „eine ausgewogene Berücksich­tigung der gesamtstaatlichen Zielsetzungen in der Rechtsordnung“ – Annahme (E 73) ......................................................................  96, 105


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keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 GOG hinsichtlich des Ge­setzentwurfes in 598 d.B.         ............................................................................................................................. 104

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorla­ge (592 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (597 d.B.) ............................................ 105

RednerInnen:

Dr. Alfred J. Noll ......................................................................................................... 105

Karl Nehammer, MSc ................................................................................................. 106

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 108

Hans-Jörg Jenewein, MA .......................................................................................... 109

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA  ........................................................... 110

Mag. Friedrich Ofenauer ............................................................................................ 111

Melanie Erasim, MSc .................................................................................................. 112

Hermann Brückl, MA (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 113

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................... 113

Annahme des Gesetzentwurfes in 597 d.B. ................................................................. 114

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Mittelstandsbericht 2018 der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort (III-232/529 d.B.) ... 115

RednerInnen:

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 115

Peter Haubner ............................................................................................................. 117

Cornelia Ecker ............................................................................................................ 119

Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (tatsächliche Berichtigung) ................................... 120

Ing. Wolfgang Klinger ................................................................................................ 120

Josef Schellhorn ........................................................................................................ 121

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ....................................................... 122

Andreas Ottenschläger ............................................................................................. 124

Rainer Wimmer ........................................................................................................... 125

Ing. Christian Höbart ................................................................................................. 127

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 128

Doris Margreiter ......................................................................................................... 130

Dr. Jessi Lintl .............................................................................................................. 131

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................... 132

Gabriel Obernosterer (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 133

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitszeitverkürzung“ – Ablehnung ..................................................................  116, 134

Kenntnisnahme des Berichtes III-232 d.B. ................................................................... 134

4. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Nationalen Bildungsbe­richt Österreich 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-268/611 d.B.) ..... 134

RednerInnen:

Nico Marchetti ............................................................................................................. 134

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 196

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 198

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 199

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 200

Angelika Kuss-Bergner, BEd .................................................................................... 202

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................... 203


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Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................... 204

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 205

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ................................................................................... 206

Kenntnisnahme des Berichtes III-268 d.B. ................................................................... 208

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 495/A der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (612 d.B.) ......................................................... 208

RednerInnen:

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 209

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................... 212

Dr. Irmgard Griss ....................................................................................................... 214

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 215

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 216

Nico Marchetti ....................................................................................................  219, 230

Nurten Yılmaz ....................................................................................................  220, 229

Stephanie Cox, BA (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 221

Peter Wurm ................................................................................................................. 221

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA ....................................................................... 223

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 224

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ................................................................................ 225

Carmen Schimanek ...........................................................................................  227, 230

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 228

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesamtpaket zur Integration statt Symbol­politik“ – Ablehnung .......  210, 231

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine religiösen Symbole an öffentlichen Schulen“ – Ableh­nung ................................  218, 231

Annahme des Gesetzentwurfes in 612 d.B. ................................................................. 230

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorla­ge (595 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird (613 d.B.) ..................................................... 231

RednerInnen:

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................... 231

Christian Kovacevic ................................................................................................... 232

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 234

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 235

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 236

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 237

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 237

Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................... 238

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung von Kinderbetreuungsange­boten in den Herbstferien“ – Ablehnung    233, 239

Annahme des Gesetzentwurfes in 613 d.B. ................................................................. 239

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorla­ge (596 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung ei-


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nes Institutes des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen und die Eingliederung des Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens erlassen und das Bundesge­setz über die Einrichtung eines Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innova­tion und Entwicklung des österreichischen Schulwesens geändert wird (614 d.B.)                                                                                                                        239

RednerInnen:

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 239

Dipl.-Ing. Alois Rosenberger .................................................................................... 240

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 241

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 243

MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 244

Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................... 245

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 245

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................... 247

Annahme des Gesetzentwurfes in 614 d.B. ................................................................. 248

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 723/A der Abge­ordneten MMMag. Gertraud Salzmann, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 geändert wird (615 d.B.)   ............................................................................................................................. 248

RednerInnen:

Erwin Preiner .............................................................................................................. 248

MMMag. Gertraud Salzmann ..................................................................................... 249

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ........................................................................ 250

Christoph Zarits ......................................................................................................... 251

Erwin Preiner (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 252

Annahme des Gesetzentwurfes in 615 d.B. ................................................................. 252

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 708/A(E) der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zeitgemäße Se­xualpädagogik im Schulunterricht!“ (616 d.B.)      ............................................................................................................................. 252

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 755/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen*Volks­begehren 2.0 – Sensibilisierungsprogramme zum Thema Gewaltschutz und Anti­gewalttrainings (617 d.B.) ......................................................... 252

11. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 756/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen*Volks­begehren 2.0 – Sicherstellung und Finanzierung von sexueller Bildung (618 d.B.)                                                                                                                 252

RednerInnen:

Mario Lindner .............................................................................................................. 253

Angelika Kuss-Bergner, BEd .................................................................................... 253

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 255

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 256

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 256

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 616, 617 und 618 d.B. ........................... 257

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 677/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betref-


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fend Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung zum Aufbau einer resilienten Gesellschaft (619 d.B.) .......................................................... 258

RednerInnen:

Christian Kovacevic ................................................................................................... 258

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ................................................................................... 259

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 259

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 260

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 619 d.B. ...................................................... 261

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 79

Petition betreffend „Stopp Atomstrom – Stopp AKW Mochovce. Das sicherste AKW ist das, das erst gar nicht gebaut wird!“ (Ordnungsnummer 25) (überreicht von den Abgeordneten Erwin Preiner und Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger)

Petition betreffend „Mehr Tierschutz durch eine deutliche Reduktion der Tier­transporte!“ (Ordnungsnummer 26) (überreicht vom Abgeordneten Ing. Maurice Androsch)

Regierungsvorlage ....................................................................................................... 79

620: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (19. FSG-Novelle)

Berichte ......................................................................................................................... 79

Vorlage 45 BA: Bericht gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabi­litätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 1. Quartal 2019; BM f. Finanzen

Vorlage 46 BA: Bericht gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz über die im 1. Quartal 2019 ergriffenen Maßnahmen; BM f. Finanzen

Vorlage 47 BA: Monatserfolg März 2019; BM f. Finanzen

III-240: 42. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2018)

III-272: Bericht betreffend KELAG Wärme GmbH; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/15; Rechnungshof

III-273: Bericht betreffend Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/16; Rechnungshof

III-274: Bericht betreffend Frontrunner-Förderaktion; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/17; Rechnungshof

III-275: Bericht betreffend Ausgewählte Stiftungen bei der Österreichischen Aka­demie der Wissenschaften; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/18; Rech­nungshof

III-276: Bericht betreffend Ökologisierung Fließgewässer, zweite Sanierungspe­riode – Reihe BUND 2019/19; Rechnungshof


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 9

III-278: Datenschutzbericht 2018; BM f. Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

III-279: Bericht betreffend Nebenbeschäftigungen der Universitätsprofessorinnen und -professoren – Reihe BUND 2019/20; Rechnungshof

III-280: Bericht betreffend Bundesschullandheim Radstadt – Reihe BUND 2019/21; Rechnungshof

III-281: Bericht betreffend Arbeitsbericht der NQR-Koordinierungsstelle (NKS) für das Jahr 2018; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

III-282: Bericht betreffend Nationales Reformprogramm Österreich 2019; Bundes­regierung

III-283: Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2018; BM f. Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz

Anträge der Abgeordneten

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Berufsbildungsprogramms Erasmus+ für Lehrlinge (784/A)(E)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veranke­rung von Elternbildung im Mutter-Kind-Pass (785/A)(E)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (786/A)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klima-, Natur- und Umweltschutz stärker im Schulunterricht verankern (787/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konjunkturpaket zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung (788/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf 4-Tage-Arbeitswoche (789/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (790/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geän­dert werden (791/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (792/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Ar­beitszeitgesetz geändert wird (793/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (794/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verankerung von grünen Infrastrukturen auf allen Planungsebenen in Österreich (795/A)(E)


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Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Entlastung für Ge­ringverdienende: Kammerzwangsbeiträge senken (796/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersuchung der Umweltbe­lastung durch Kunstrasensportplätze (797/A)(E)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird (798/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit den Beamten-Privilegien in den Krankenfürsorgeanstalten (799/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einschränkung der Planungs- und Widmungskompetenzen auf Gemeindeebene (800/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Vorausset­zungen für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld (801/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorbildwirkung der öffentli­chen Hand sowie Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung bezüglich Reduktion des Flächenverbrauchs (802/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Klimatrans­parenzgesetzes inklusive Klimabudget (THG-Budget) (803/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung sämtlicher För­der- und Subventionssysteme, um die Zersiedelung und die Neuversiegelung von Bo­den zu verhindern (804/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesrahmengesetz und Bundesstrategie für Raumordnung und Flächenmanagement (805/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Echte Entlastung für Unter­nehmer_innen (806/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 geändert wird (807/A)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Recht auf Schule bis 18 für alle Kinder (808/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung familienautonomer Tage (809/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzieller Beitrag zur Entminung von Bosnien und Herzegowina (810/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundespaket Schutz von Böden (811/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz der Bundesregierung für den Schutz von Böden und den Kampf gegen Bodenversiegelung bei der Neuausrichtung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (812/A)(E)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (Zinsenstoppgesetz) (813/A)

Anfragen der Abgeordneten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 11

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Gutachten für die Staatsanwalt­schaft Graz (3403/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Gesichtserkennungssoftware (3404/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Zweckentfremdete Mittelverwen­dung im Bereich der Ganztagsbetreuung (3405/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend ART for ART – Pick-up (3406/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Landeskulturreferenten und Kunst- und Kulturstrategie (3407/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Versammlungsrechtliche Behandlung des „Bleiburger Kroatengedenkens“ (3408/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend „Mord in Dornbirn“ (3409/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Umsetzungsstand des Struktur­umbaus in der Sozialversicherung (3410/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Tiroler Festspiele Erl (3411/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Tiroler Festspiele Erl (3412/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Tiroler Festspiele Erl (3413/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Deutschförderklassen und MIKA-D Testun­gen“ (3414/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend Schulmilch (3415/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Handelsabkommen TTIP (3416/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Handelsabkommen TTIP (3417/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Re­formen, Deregulierung und Justiz betreffend Handelsabkommen TTIP (3418/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Handelsabkommen TTIP (3419/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Handelsabkommen TTIP (3420/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 12

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Handelsabkommen TTIP (3421/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Handelsabkommen TTIP (3422/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Handelsabkommen TTIP (3423/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integra­tion und Äußeres betreffend Handelsabkommen TTIP (3424/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Breitspureisenbahnverlängerung von Košice (SK) in den Raum Wien (3425/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Handelsabkommen TTIP (3426/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Handelsabkommen TTIP (3427/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Handelsabkommen TTIP (3428/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Handelsabkommen TTIP (3429/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Handels­abkommen TTIP (3430/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Schulmilch (3431/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Schulmilch (3432/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Anleitung zur Spionage? (3433/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kein Plan, kein Ziel & kein Zeitdruck bei Aufarbei­tung der Eurofighter-Gegengeschäfte? (3434/J)

Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Schließung der Bahnstrecke „Schweinbar­ther Kreuz R18“ (3435/J)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend nicht elektrifizierte Bahnstrecken in der Steier­mark (3436/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Justiz 3.0“ (3437/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Maß­nahmen zur CO2-Reduktion im BKA (3438/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMI (3439/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 13

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung betreffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMLV (3440/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMÖDS (3441/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, In­tegration und Äußeres betreffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion (3442/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMF (3443/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMVIT (3444/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMVRDJ (3445/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Maßnahmen im BMDW zur CO2-Reduktion (3446/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend Maßnahmen zur CO2-Reduktion im BMNT (3447/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, So­ziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen im BMASGK zur CO2-Reduktion (3448/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend fehlende Kollektivverträge in den Bundesmuseen (3449/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Aktueller Bericht der Volksanwaltschaft zum Straf- und Maßnahmenvollzug (3450/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Personal- und Pensionsaus­gaben in der Sozialversicherung (3451/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Offene Fragen zur Sicherheitsschule von Ma­rio Kunasek“ (3452/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Präzisierung bezüglich Sonder-Budget für Lawinenschutz in der Steiermark (3453/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Änderungen Alterssiche­rungskommission (3454/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ermittlungen des BVT gegen Mandatar_innen (3455/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ein­satz für CO2-Steuer auf EU-Ebene (3456/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 14

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Einsatz für CO2-Steuer auf EU-Ebene (3457/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltig­keit und Tourismus betreffend Einsatz für CO2-Steuer auf EU-Ebene (3458/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten für die Präsentation der „Sport Stra­tegie Austria“ (3459/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Budgetärer Aufwand für die Steuerabsetzbarkeit der Kirchenbeiträge gem. § 18 Abs. 1 Z 5 EStG (3460/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend das Bundesheer und sein verfassungsmäßiger Auftrag (3461/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Wesen und Wirken der Konfe­renz der Generalsekretäre“ (3462/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekretäre“ (3463/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekretäre“ (3464/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalse­kretäre“ (3465/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalse­kretäre“ (3466/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekretäre“ (3467/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Gene­ralsekretäre“ (3468/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekretäre“ (3469/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Gene­ralsekretäre“ (3470/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekre­täre“ (3471/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalse­kretäre“ (3472/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 15

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentli­chen Dienst und Sport betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekre­täre“ (3473/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Generalsekretäre“ (3474/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend „Wesen und Wirken der Konferenz der Ge­neralsekretäre“ (3475/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend aufgescho­bene Karenzzeiten (3476/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend „Offene Fragen zur Sicherheitsschule (BMLV)“ (3477/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Kinder-Ge­sundheitswoche (3478/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz in Zusammenhang mit den Auswirkungen des Strafprozessrechtsänderungsgesetzes 2018, BGBl I 27/2018 (3479/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend zukünftige Reformen im Zusammen­hang mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit (3480/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „totale Kontrolle durch Spitzeloffiziere?“ (3481/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Türkises Familienfest im Schlosspark Schönbrunn auf Ministeriumskosten (3482/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Türkises Familienfest im Schlosspark Schönbrunn auf Ministeriumskosten (3483/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Türkises Familienfest im Schlosspark Schönbrunn auf Ministeriumskosten (3484/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Website für türkises Familienfest im Schlosspark Schönbrunn auf Ministeriumskosten (3485/J)

Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Fotobuch der österreichischen Ratspräsidentschaft (3486/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorkommnisse rund um die „Wehrhaft pennale Burschenschaft Ti­gurina zu Feldkirchen“ (3487/J)

Irene Hochstetter-Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Vorkommnisse rund um die „Wehrhaft pennale Burschenschaft Tigurina zu Feldkirchen“ (3488/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 16

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend die neue Polizeischule in Wels (3489/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Neuer Kommunikationserlass und neue Kommunikationsrichtlinien des BMI (3490/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend „Sparen im System“ (3491/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Freigabe der Sicherheitsschule des Bundesheeres (3492/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentli­chen Dienst und Sport betreffend Strache besucht Viktor Orbán in Budapest (3493/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend einer statistischen Auswertung der „Anzeige gemäß § 121a Bundesabgaben­ordnung (BAO) – Schenkungsmeldegesetz 2008“ nach Gegenstand der Zuwendungen (Übertragenes Vermögen) (3494/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend ein Neonazi-Konzert in Mailand mit österreichischer Beteiligung (3495/J)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Nationales Impfgremium (3496/J)

Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend den Ausbau der Arlbergbahn (3497/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Familienfest auf Steuerzahlerkosten (3498/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend betreffend Familienfest auf Steuerzahlerkosten (3499/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ausrollung des e-Impfpas­ses (3500/J)

Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres betreffend Mangelndes Engagement der Bundesre­gierung bei der Hilfe vor Ort (3501/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Vereinbarkeit von Werbung für eine Zeitschrift mit dem Amt eines Bundesministers (3502/J)

Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Vereinbarkeit von Werbung für eine Zeitschrift mit dem Amt eines Bundesministers (3503/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend App-Fehler untergräbt höhere Wahlbeteili­gung bei EU-Wahl (3504/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend App-Fehler untergräbt höhere Wahlbeteiligung bei EU-Wahl (3505/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 17

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Fluggastdatenzentralstelle (3506/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Fehlleistungen von gerichtlich bestell­ten Sachverständigen und die daraus gezogenen Konsequenzen (3507/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Gefährdung der innovativen Filmförderung und Filmfestivalförderung des BKA (3508/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Wahlkartendebakel im Digitalen Amt (3509/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Entwicklung und Umsetzung der Onlinean­wendung „Digitales Amt“ (3510/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Printwerbung für die Onlineanwendung „Di­gitales Amt“ (3511/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend das Ermittlungsverfahren in der Causa „Rattengedicht der Braunauer FPÖ“ (3512/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentli­chen Dienst und Sport betreffend Folgen des EuGH Urteils bzgl. Vordienstzeitenan­rechnung (3513/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Staatsverschuldung Bundesebene im Jahr 2018 (3514/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Österreichische Position zur europäischen Entwicklungszusammenarbeit in den EU-Budgetverhandlungen (3515/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Geplante Sicherheitsschule des Bundesheers (3516/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Ermittlungsverfahren und Auszahlungen beim „Cum-Ex“-Betrug (3517/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ermittlungsverfahren und Aus­zahlungen beim „Cum-Ex“-Betrug (3518/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3519/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3520/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ziel und Wirkung von Förderun­gen (3521/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3522/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 18

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentli­chen Dienst und Sport betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3523/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Euro­pa, Integration und Äußeres betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3524/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ziel und Wirkung von Förde­rungen (3525/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3526/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3527/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3528/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3529/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3530/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3531/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en, Familien und Jugend betreffend Ziel und Wirkung von Förderungen (3532/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Vermögen und Schulden des Staates (3533/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vereinsauflösung der Identitären Bewegung Österreich (3534/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die Gegenfinanzierung der Steuerreform 2015/2016 (3535/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ar­beit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Armutsbekämpfung und Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit (3536/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (2917/AB zu 2924/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2918/AB zu 2943/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2919/AB zu 2953/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2920/AB zu 2971/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (2921/AB zu 2981/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 19

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2922/AB zu 2934/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (2923/AB zu 2948/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2924/AB zu 2933/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2925/AB zu 2932/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2926/AB zu 2996/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (2927/AB zu 2949/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (2928/AB zu 2944/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2929/AB zu 2994/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (2930/AB zu 2950/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2931/AB zu 2936/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2932/AB zu 2955/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kolle­gen (2933/AB zu 2995/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (2934/AB zu 2962/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2935/AB zu 2961/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2936/AB zu 2956/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2937/AB zu 2985/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2938/AB zu 2931/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen (2939/AB zu 2976/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 20

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2940/AB zu 2940/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ka­rin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2941/AB zu 2989/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (2942/AB zu 2977/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (2943/AB zu 2947/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (2944/AB zu 2963/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (2945/AB zu 2927/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2946/AB zu 2939/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Elisabeth Feichtinger, BEd, BEd, Kolleginnen und Kollegen (2947/AB zu 2978/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2948/AB zu 2938/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2949/AB zu 2967/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2950/AB zu 2986/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2951/AB zu 2990/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Elisabeth Feichtinger, BEd, BEd, Kolleginnen und Kollegen (2952/AB zu 2979/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (2953/AB zu 2983/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (2954/AB zu 2984/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2955/AB zu 2957/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2956/AB zu 2960/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kol­leginnen und Kollegen (2957/AB zu 2969/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolle­ginnen und Kollegen (2958/AB zu 2997/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 21

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2959/AB zu 2930/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2960/AB zu 2988/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2961/AB zu 2970/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2962/AB zu 2941/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (2963/AB zu 2923/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (2964/AB zu 2926/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (2965/AB zu 2928/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (2966/AB zu 2966/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (2967/AB zu 2946/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2968/AB zu 2942/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen (2969/AB zu 2952/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2970/AB zu 2972/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2971/AB zu 2987/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (2972/AB zu 2982/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2973/AB zu 2973/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2974/AB zu 2958/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (2975/AB zu 2954/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen (2976/AB zu 2991/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 22

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (2977/AB zu 2980/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2978/AB zu 3003/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (2979/AB zu 3088/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Ga­mon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2980/AB zu 3012/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (2981/AB zu 3035/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Clau­dia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2982/AB zu 3014/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2983/AB zu 3007/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2984/AB zu 3008/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2985/AB zu 3009/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2986/AB zu 3006/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Ab­geordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2987/AB zu 3013/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen (2988/AB zu 3002/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2989/AB zu 3011/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2990/AB zu 3004/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Ga­mon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2991/AB zu 3010/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2992/AB zu 3015/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (2993/AB zu 3001/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (2994/AB zu 3005/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 23

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (2995/AB zu 3021/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die An­frage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2996/AB zu 3018/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (2997/AB zu 3024/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (2998/AB zu 3022/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen (2999/AB zu 3020/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3000/AB zu 3017/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (3001/AB zu 3019/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3002/AB zu 3023/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3003/AB zu 3029/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3004/AB zu 3028/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3005/AB zu 3030/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3006/AB zu 3041/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3007/AB zu 3025/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3008/AB zu 3026/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3009/AB zu 3027/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3010/AB zu 3037/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 24

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kolle­gen (3011/AB zu 3046/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3012/AB zu 3060/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3013/AB zu 3065/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kolle­gen (3014/AB zu 3044/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3015/AB zu 3056/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3016/AB zu 3049/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3017/AB zu 3053/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leicht­fried, Kolleginnen und Kollegen (3018/AB zu 3047/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3019/AB zu 3040/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3020/AB zu 3036/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3021/AB zu 3048/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3022/AB zu 3052/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3023/AB zu 3042/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3024/AB zu 3064/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3025/AB zu 3039/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3026/AB zu 3050/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Ab­geordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3027/AB zu 3055/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3028/AB zu 3062/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3029/AB zu 3054/J)

der Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3030/AB zu 3061/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 25

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (3031/AB zu 3051/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3032/AB zu 3043/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolle­ginnen und Kollegen (3033/AB zu 3045/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3034/AB zu 3059/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3035/AB zu 3302/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzin­ger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3036/AB zu 3032/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen (3037/AB zu 3057/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3038/AB zu 3063/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3039/AB zu 3287/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leicht­fried, Kolleginnen und Kollegen (3040/AB zu 3038/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (3041/AB zu 3137/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3042/AB zu 3300/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kolle­gen (3043/AB zu 3033/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3044/AB zu 3058/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kol­legen (3045/AB zu 3070/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kol­legen (3046/AB zu 3072/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3047/AB zu 3154/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3048/AB zu 3034/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 26

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3049/AB zu 3068/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (3050/AB zu 3071/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (3051/AB zu 3069/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3052/AB zu 3066/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3053/AB zu 3067/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3054/AB zu 3076/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (3055/AB zu 3080/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3056/AB zu 3073/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3057/AB zu 3079/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien im EU, Kunst, Kultur und Me­dien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kol­legen (3058/AB zu 3074/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3059/AB zu 3075/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3060/AB zu 3077/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3061/AB zu 3078/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3062/AB zu 3098/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann, Kolleginnen und Kollegen (3063/AB zu 3083/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3064/AB zu 3082/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3065/AB zu 3084/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 27

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3066/AB zu 3091/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (3067/AB zu 3094/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3068/AB zu 3092/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (3069/AB zu 3095/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen (3070/AB zu 3085/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolle­ginnen und Kollegen (3071/AB zu 3086/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3072/AB zu 3097/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Frauen, Familien und Ju­gend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen (3073/AB zu 3093/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3074/AB zu 3081/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen (3075/AB zu 3113/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3076/AB zu 3096/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3077/AB zu 3090/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3078/AB zu 3087/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen (3079/AB zu 3099/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3080/AB zu 3089/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3081/AB zu 3100/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (Zu 3002/AB zu 3023/J)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 28

09.05.43Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

09.05.44*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete, ich darf Sie recht herzlich zur 74. Sitzung des Nationalrates begrüßen. Ich darf die Damen und Herren auf der Galerie recht herzlich willkommen heißen und auch die Zuseher vor den Fernsehgeräten seien herzlich begrüßt. Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 70. und der 71. Sitzung vom 24. April dieses Jahres sowie der 72. und der 73. Sitzung vom 25. April 2019 sind in der Parlamentsdirektion aufgele­gen und wurden nicht beanstandet.

*****

Zunächst möchte ich Klubobfrau Mag. Beate Meinl-Reisinger wieder recht herzlich bei uns begrüßen und ihr und der ganzen Familie zur Geburt ihrer Tochter recht herzlich gratulieren. – Schön, dass Sie wieder hier sind. (Allgemeiner Beifall.)

Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, das ist möglich – Sie beweisen es.

*****

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Thomas Drozda und Dietmar Keck.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung Folgendes mitge­teilt: Außenministerin Dr. Karin Kneissl wird durch den Bundesminister für Verkehr Ing. Norbert Hofer vertreten.

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Ich darf bekannt geben, dass ORF 2 die Sitzung bis 13 Uhr überträgt. ORF III wird bis 19.15 Uhr senden und anschließend, wie letztes Mal mit guter Referenz erprobt, in der TVthek online übertragen. Auch ein Fotograf wird heute wieder für die Parlamentsdi­rektion fotografieren.

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Ich darf gleich zu Beginn Klubobmann Leichtfried zur Geschäftsbehandlung das Wort erteilen. – Bitte.

09.07.40*****


09.07.41

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Behandlung der §§ 90


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und 91 unserer Geschäftsordnung durch die Bundesregierung; ich hätte da eine Frage an unseren Präsidenten beziehungsweise auch eine Anregung.

Sie erinnern sich sicher, dass einige Mitglieder der Bundesregierung in den Vereinigten Arabischen Emiraten waren und dort ein eher zweifelhaftes Gastgeschenk hinterlassen haben, einen Lipizzaner. Es hat dann eine Reihe von Anfragen dazu gegeben, und die­se Anfragen wurden wie gewohnt relativ oberflächlich, schlecht und inhaltsleer beant­wortet. – Allein das wäre meines Erachtens Grund genug gewesen, Herr Präsident, dass Sie hier Maßnahmen gegen dieses Vorgehen ergreifen. (Beifall bei der SPÖ.) Konkret erfolgte diese Beantwortung durch den Bundeskanzler, die Bundesministerin für Landwirtschaft und die Bundesministerin für Wirtschaft.

Jetzt hat aber ein Journalist nicht lockergelassen und recherchiert, und herausgekom­men ist, Herr Präsident, dass in diesen Beantwortungen offenbar bewusst die Unwahr­heit gesagt wurde. Herr Präsident, das ist eine Missachtung und eine Geringschätzung sowohl dieses Hauses als auch der Öffentlichkeit, die einfach nicht hinzunehmen ist. Das geht so nicht, Herr Präsident! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Zadić.)

Das ist ein Indiz für etwas, das wirklich bedenklich ist, ein Indiz dafür, dass in dieser Regierung eines fehlt: Anstand und Charakter – das fehlt dieser Regierung, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident, ich frage Sie jetzt: Haben Sie dagegen schon etwas unternommen oder haben Sie vor, etwas zu unternehmen?

Ich appelliere an Sie, Herr Präsident! Sie sind der Präsident des Nationalrates, der zweithöchste Vertreter dieses Landes. Nehmen Sie Ihre Verantwortung als Präsident wahr und tun Sie endlich etwas gegen die Charakterlosigkeit dieser Bundesregierung in dieser Frage, Herr Präsident! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Lugar.)

9.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Herr Klubobmann Wöginger zur Geschäftsordnung. – Bitte.


9.10.18

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt jedes Mal ein Déjà-vu: Zu Beginn der Sitzung wird irgendetwas herbeigezerrt, meistens von der SPÖ. Herr Kollege Leicht­fried, Sie haben das parlamentarische Recht, eine Anfragebesprechung zu verlangen. Das steht Ihnen als SPÖ, als Partei zu.

Warum machen Sie nicht Gebrauch von dieser Anfragebesprechung, dann können Sie diese Fragen dort vorbringen? (Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) Das Regierungsmitglied wird kommen. Warum machen Sie eine Geschäftsordnungsdebatte, die völlig unnötig ist – nur um hier irgendjemanden anzupatzen. Das ist das Einzige, was Sie in der Op­position noch können: Hier mit Schmutz um sich zu werfen und nicht von den Rechten, die Ihnen zustehen, letzten Endes auch Gebrauch zu machen. (Zwischenrufe der Ab­geordneten Kollross und Heinisch-Hosek.)

Nehmen Sie die Geschäftsordnung, die Ihnen das ermöglicht, zur Hand! Machen Sie eine Anfragebesprechung und unterlassen Sie diese Untergriffigkeiten gegenüber die­ser Bundesregierung! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Klubobfrau Meinl-Reisin­ger. – Bitte.



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09.11.31

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ja, natürlich wäre es der SPÖ auch unbenommen, hier eine Kurzde­batte zu führen, aber ich möchte jetzt schon noch etwas dazu sagen, vor allem zu den Ausführungen des Herrn Klubobmanns Wöginger: Wir haben hier schon ein Problem, wenn wir sehen, dass wir im Rahmen des parlamentarischen Interpellationsrechts we­niger an Beantwortung bekommen als Bürgerinnen und Bürger über das Auskunfts­pflichtgesetz.

Ich freue mich, wenn wir in Richtung eines Staates gehen, der umfassend transparent ist, vielleicht auch in Richtung eines Informationsfreiheitsgesetzes, das Bürgerinnen und Bürger generell in die Lage versetzt, die Verwaltung zu kontrollieren, in die Exeku­tive hineinzuschauen, aber wir als Parlament bekommen ein Problem, wenn wir sozu­sagen im Rahmen unseres parlamentarischen Interpellationsrechts und Kontrollrechts weniger Auskunft bekommen.

Ich bitte Sie einfach im Namen meiner Fraktion, als Präsident diese Problematik oben auf die Agenda zu setzen. – Danke. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

9.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Klubobmann Rosenkranz hat sich zur Geschäfts­ordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.12.29

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich habe auch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Wichtig in der Ge­schäftsordnung ist immer, wo das Parlament tagt, und ich habe eine Frage an Sie, aufgrund der Ausführungen des Herrn Klubobmanns Leichtfried: Befinden wir uns im Ausweichquartier des Parlaments in der Hofburg oder im Burgtheater? (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Schellhorn: Mit der Kunst habt’s es ihr nicht so! Abg. Rosenkranz: Die Schmierenkomödie ist nicht unseres! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

9.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich ganz kurz antworten?! – Ich werde diese Frage in der nächsten Präsidiale noch einmal entsprechend beantworten und hätte mir erwartet, dass wir das vielleicht in der letzten Präsidiale besprechen hätten können. Darüber hinaus: Der Präsident ist nicht zur in­haltlichen Beurteilung da, das wissen Sie auch, sondern da gibt es die nötigen parla­mentarischen Rechte, und ich glaube, wir sollten das in der Präsidiale besprechen – dazu bin ich gerne bereit – beziehungsweise dann alle anderen Mittel ausschöpfen.

09.13.40Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Regierung ignoriert Artensterben und Klimakrise – mit Symbolpolitik zu Milliardenstrafen“

Als Erster zu Wort gemeldet ist der Antragsbegründer, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Er weiß, 10 Minuten Redezeit stehen ihm zur Verfügung. Ich darf ihm das Wort er­teilen.


09.14.04

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Herr Präsident! Einen schönen guten Morgen! Beginnen wir mit einem Zitat des österreichischen Vizekanzlers! Auf die


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Frage, was denn die Regierung gegen die Klimakatastrophe tue, sagte der österreichi­sche Vizekanzler letzten Dezember im „Standard“: „Inwieweit der Mensch das Klima beeinflussen kann, ist eine offene Frage.“

Das ist möglicherweise ein seltener, von der FPÖ immer wiederkehrender Lapsus, aber allen, die noch überlegen, ob sie bei der Europawahl eventuell die FPÖ wählen, sei hier eines gesagt: Die Abgeordneten der FPÖ stimmen im Europäischen Parlament regelmäßig gegen Anträge zur Verbesserung unseres Klimas! (Abg. Rauch: Das ist ja nicht wahr! Das stimmt ja nicht!) Das haben sie gegen die Pariser Klimaziele gemacht, das haben sie gegen die Reduktion von CO2 gemacht und das haben sie bei strenge­ren Grenzwerten für Autos erst im März dieses Jahres gemacht.

Die ÖVP ist da wesentlich korrekter und richtiger am Weg, hat gelegentlich auch Aus­rutscher, insbesondere in Kommentaren – wenn ich zum Beispiel an einen Kommentar des oberg’scheiten Professor Taschner denke (Abg. Zarits: „Oberg’scheit“?! – Abg. Wöginger: Das gehört zurückgenommen! – Ruf bei der ÖVP: Also wirklich! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – also nur g’scheit, nicht oberg’scheit, stimmt –, der in ei­nem Kommentar ironisch schreibt: Angeblich verantwortet das CO2 den Treibhausef­fekt, angeblich lässt es Gletscher verschwinden, angeblich erhöht es den Meeresspie­gel. – Zitatende.

Herr Kollege Taschner – ist er überhaupt hier? Ich sehe ihn gerade nicht (Zwischenruf bei der ÖVP); egal, Sie werden es ihm ausrichten. Herr Kollege Taschner, 80 Prozent der Treibhausgase werden von CO2-Emissionen produziert. Das kann gemessen wer­den. Und es wird auch gemessen, dass jährlich 250 Milliarden Tonnen Gletschereis schmelzen – 250 Milliarden Tonnen jedes Jahr. Das kann gemessen werden, und aus­gerechnet und gemessen werden kann, dass der Meeresspiegel jedes Jahr um 3,5 Mil­limeter steigt.

Nur ausgerechnet kann werden – und das hat die Universität in Fribourg gemacht –, dass wir ab dem Jahr 2050 wahrscheinlich kein Süßwasser mehr aus den Gletschern bekommen. Das wird Kollegen Taschner nicht kümmern, denn zu diesem Zeitpunkt wird er wahrscheinlich nicht mehr leben (Zwischenruf der Abg. Schimanek), so wie ich auch nicht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Aber die Kinder, die dann erwachsen sein werden, werden sich fragen: Wer hat angesichts dieser Tatsachen die FPÖ gewählt? Wer hat Professor Taschner geglaubt? Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, meine Damen und Herren, sind dermaßen abgesichert, wie sie angesichts dieser drohenden Katastrophe noch nie abgesichert waren. (Beifall bei JETZT.)

Eines ist jedenfalls klar: Wir haben es hier mit einer der größten Herausforderungen der Menschheit zu tun, und wenn wir hier nicht sehr rasch, sehr präzise, einschneidend und kompromisslos handeln, werden wir unseren Kindern eine Kloake hinterlassen – jedenfalls keine Welt, die man als lebenswert bezeichnen kann.

Einige Regierungen in Europa haben das kapiert. Tatsächlich sind in den letzten Jah­ren die CO2-Emissionen ein wenig gesunken – viel zu wenig, das ist klar, aber immer­hin. In Österreich aber sind sie gestiegen. Acht europäische Länder sind draufgekom­men, dass die Maßnahmen zu wenig sind und schlagen eine härtere Gangart vor, aber Österreich ist da natürlich nicht dabei. Die Niederlande zum Beispiel verteuern alles, was hohe Emissionen provoziert. Die Schweden haben für die Industrie ganz präzise Ausstiegsszenarien aus den CO2-Emissionen beschlossen, und die Schweiz zahlt allen Bürgern und Bürgerinnen, die sich klimafreundlicher als der Durchschnitt verhalten, jährlich einen Bonus aus.

Österreich macht auch etwas, Österreich klopft Sprüche und sagt: Alles wird gut!, und wird genau diesen Ländern, die jetzt agieren und die Emissionen reduzieren, aufgrund


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der notwendigen Emissionszertifikatsankäufe hohe Milliardenbeträge zahlen müssen – und zwar sehr bald –, die natürlich aus Steuergeldern getätigt werden.

Dazu kommen dann noch die Schäden, wie wir sie jetzt schon aufgrund der Klimaver­änderungen verzeichnen: Hagel, Überschwemmungen, Trockenheit, Dürre, Lawinen. Das macht im Jahr zurzeit 1 Milliarde Euro aus. Im Jahr 2050 – das hat eine Studie im Auftrag des Klima- und Energiefonds der Regierung ergeben – werden das schon 9 Mil­liarden Euro sein, zusätzlich zu einem ähnlichen Betrag für Zertifikatsankäufe.

Dieses Geld, werte Kolleginnen und Kollegen, das kann man ganz leicht sagen, wäre wohl in Maßnahmen, die jetzt getätigt werden, besser investiert – alles Gelder, die uns jetzt zur Verfügung stehen könnten, aber nicht verwendet werden.

Frau Ministerin – Frau Ministerin? (Bundesministerin Köstinger – die Handflächen nach oben hebend –: Ja!) –, wir brauchen keine Ankündigungen und keine Versprechen. Seit 1985 wird das Umweltministerium von VP-Ministern und ‑Ministerinnen geführt, und diese Minister haben für das Jahr 2012 eine Reduktion der CO2-Emissionen um 13 Prozent angekündigt. Tatsache ist, dass die Emissionen in Österreich um 3 Prozent gestiegen sind.

Oder: Seit zehn Jahren verspricht das Ministerium, dass die Flüsse wieder gereinigt werden, die in einem elenden Zustand sind. Der Rechnungshof hat im jüngsten Rech­nungshofbericht festgestellt, dass da nichts oder fast nichts getan wurde. 60 Prozent unserer Flüsse sind ungesund und nicht im ökologischen Gleichgewicht. Damit verfehlt Österreich ein weiteres Ziel der europäischen Richtlinie, und es drohen zusätzliche Strafzahlungen von Hunderten Millionen Euro, die natürlich jetzt dafür verwendet wer­den könnten, diese Strafzahlungen zu verhindern.

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass auch die Pflanzen- und Tierwelt zusam­menbricht. Das Artensterben ist natürlich – wir wissen das – weltweit ein Problem, aber in Österreich ist es überdurchschnittlich massiv ausgeprägt. Die Universität für Boden­kultur verzeichnet etwa bei den Wirbeltieren einen Rückgang um 70 Prozent seit 1990 – 70 Prozent weniger Wirbeltiere in Österreich seit dem Jahr 1990! –, und allein in den letzten 13 Jahren sind um ein Drittel weniger Vögel auf unseren Feldern.

Grund dafür ist eine weitere Katastrophe: der Rückgang von Insekten und Pflanzen. Wir wissen, dass drei von vier Insekten, die noch 1980 existiert haben, nicht mehr exis­tieren; das heißt, wir haben einen Schwund von drei Vierteln der Population. Bei den Pflanzen sieht es ähnlich aus: Während vor 30 Jahren auf einer Wiese durchschnittlich zwanzig verschiedene Blumen geblüht haben, sind es jetzt nur noch zwei.

Warum ist das so? – Auch dafür gibt es einen Grund: weil wir die Lebensräume von Pflanzen und Tieren durch dummes Zubetonieren systematisch zerstören. Österreich ist Europameister im Betonieren, wir versiegeln – Verkehrswege, Parkplätze –, wir bau­en drauflos. Was immer irgendwo frei ist, wird zubetoniert. Auch diesbezüglich läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, und es drohen auch da Jahr für Jahr Strafzahlungen im Ausmaß hoher Millionenbeträge, die jetzt schon besser eingesetzt werden könnten.

Oder: Seit die ÖVP das Umweltministerium führt, wird versprochen, und zwar den Bun­desforsten, dass die Schutzwälder gegen Lawinen saniert werden, aufgeforstet wer­den. Das wäre vor 30 Jahren noch relativ billig gewesen, mittlerweile müssen künstli­che Barrieren geschaffen werden, die das Hundertfache dessen, was der natürliche Lawinenschutz gekostet hätte, kosten.

Ihre Umweltstrategie, Frau Ministerin, das wissen Sie ganz genau, ist lediglich ein Ver­such, die Bevölkerung zu beruhigen. Vielleicht gelingt Ihnen das sogar noch das eine oder andere Mal, die Umweltbedingungen selbst ändern Sie dadurch nicht; das wissen


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Sie. Sie wissen, dass Sie zu wenig gemacht haben, und weil Sie wissen, dass Sie zu wenig machen, ist es verantwortungslos; und sollten Sie das nicht wissen, ist es schlicht und einfach naiv.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (fortsetzend): Radikale strukturelle Maß­nahmen – Herr Präsident, das ist mein Schlusssatz – wären erforderlich, das steht so­gar auf der Homepage Ihres Ministeriums, aber wem wollen Sie damit was sagen? – Ich danke Ihnen. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Bernhard.)

9.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schüler der Berufsschule für Bauge­werbe in Wien recht herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.) Bauen ist auch hier ein Thema.

Ich begrüße auch die Schülerinnen und Schüler des Bundesrealgymnasiums Villach St. Martin. Herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Minister Köstinger. – Bitte.


9.25.00

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Zuallererst: Vielen herzlichen Dank für das Thema dieser Aktuellen Stunde und für die Möglichkeit zur Aussprache zu den doch sehr bedeutenden Themen Artenvielfalt und vor allem eben auch Klimaschutz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zuerst mit einer guten Nach­richt beginnen: Es wurde von Herrn Abgeordnetem Zinggl – ich glaube, wir haben in der Vergangenheit sehr viele Plenardebatten zu diesem Thema generell abgehalten – mehrmals davon gesprochen, dass speziell im Jahr 2017 die Treibhausgasemissionen in Österreich wieder gestiegen sind. – Das ist seit 2015 der Fall, also innerhalb von drei Jahren haben sich die Treibhausgasemissionen in Österreich wieder stärker aufge­baut. Der Zielpfad wäre ein anderer gewesen: Schon in den Jahren 2015, 2016 und 2017 hätte Österreich die Emissionen massiv senken sollen. Dass das nicht der Fall ist, ist vor allem auf die Bereiche Verkehr und Gebäude zurückzuführen, ist zum Teil auch durch Witterungsverhältnisse bedingt, natürlich war aber auch das entsprechende Wirtschaftswachstum da ein Faktor.

Wir als Bundesregierung haben als erste Maßnahme, als wir ins Amt gekommen sind, begonnen – speziell ich in meinem Ressort –, unsere #mission 2030, unsere Klima- und Energiestrategie auszuarbeiten, haben bereits ab dem Tag eins dann Maßnahmen entsprechend umgesetzt und haben – Herr Abgeordneter Zinggl, das sei Ihnen noch einmal gesagt – von Eurostat mittlerweile auch die Prognose bekommen, dass seit dem Jahr 2018 die CO2-Emissionen erstmals wieder sinken. Das sei wirklich einmal klar ge­sagt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rossmann: ... kalter Winter!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir haben jetzt noch nicht die detaillierten Zahlen, diese werden erst im Jänner des Folgejahres vorgelegt, aber: 2018 sind die CO2-Emis­sionen um 1,1 Prozent gesunken. Von dem Pfad, der permanent nach oben gegangen ist – 2017 wieder über 3 Prozent –, sind wir jetzt, 2018, bei minus 1,1 Prozent. Sind wir dort, wohin wir müssen? – Nein. Haben wir eine Trendwende geschafft? – Ja. (Heiter­keit der Abgeordneten Friedl und Klaus Uwe Feichtinger.)

Meine sehr geehrten Abgeordneten! Wir wissen, dass das vor allem auch in anderen Bereichen sehr positiv bewertet wird. Es gibt noch einen zweiten Index, in dem unsere Arbeit – im Ausland – sehr positiv bewertet wird, das ist der globale Energiewende-In-


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dex des World Economic Forum. Da belegen wir unter 115 untersuchten Ländern mitt­lerweile den sechsten Platz, und das ist für uns der Auftrag, genau in diese Richtung weiterzumachen.

Was mich besonders freut, das sei in diesem Kreis auch dazugesagt: Das alles ist uns gelungen, obwohl das Wirtschaftswachstum speziell im Jahr 2018 nach wie vor ein sehr, sehr hohes war.

Sie wissen: Klimaschutz ist dieser Bundesregierung ein zentrales Anliegen, daher ar­beiten wir die Maßnahmen der #mission 2030 ab. Bis 2030 sollen 100 Prozent des Stroms aus erneuerbarer Energie kommen. Wir bereiten zurzeit gerade das Erneuer­baren-Ausbau-Gesetz vor, das vor allem Wind-, Sonnen-, Wasserkraft, Biomasse den Vorzug geben soll und somit alle fossilen Energieträger in letzter Konsequenz raus­bringen soll. Ich hoffe da wirklich sehr auf Ihre Unterstützung, denn immer nur dagegen zu sein und zu sagen, das sei alles zu wenig, das sei alles zu langsam, das sei alles zu spät, ist auch kein politisches Konzept, das nachhaltig ist. Ich lade Sie ein, uns vor al­lem beim Ausbau der Erneuerbaren zu unterstützen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein zweites Thema sei auch sehr deutlich angesprochen: Wir sehen, dass auch be­dingt durch das Thema Klimaschutz, durch die Anstrengungen, die jeder Mitgliedstaat in Europa zu vollziehen hat, die Atomenergie wieder eine Renaissance erlebt. Atom­energie und Kernkraft dürfen nicht auf Klimaschutzmaßnahmen und Treibhausgasbi­lanzen anrechenbar sein – in aller Deutlichkeit, bitte! Ich glaube, es wird zum Teil noch unterschätzt, was in Europa auf diesem Sektor zurzeit los ist. Atomenergie ist nicht klimaneutral, und Nuklearenergie ist nicht sicher. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

In Mochovce, weniger als 200 Kilometer von Wien entfernt, sollen noch heuer die Re­aktorblöcke drei und vier ans Netz gehen. Wir haben besorgniserregende Whistle­blowerberichte vorliegen, dass das Sicherheitsniveau der neuen Anlagen nicht erreicht werden kann, es ist von gravierenden Sicherheitsmängeln die Rede. Wir als Bundesre­gierung haben bereits einen Ministerratsbeschluss gefasst.

Wir sind auf allen politischen und rechtlichen Ebenen entsprechend tätig, um die Inbe­triebnahme und das Ans-Netz-Gehen dieses Kernkraftwerkes zu verhindern. Wir ha­ben die IAEO angerufen und gebeten, dass sie uns unterstützt und eine unabhängige Überprüfung durchführt. Ich habe auch im Rahmen eines Treffens der deutschsprachi­gen Umweltministerinnen, das vor wenigen Wochen stattgefunden hat, entsprechende Initiativen gesetzt. Luxemburg unterstützt uns in diesem Kampf, es wäre großartig, wenn das auch Deutschland machen würde. Ich glaube aber, es dauert noch ein biss­chen, bis Deutschland diese Wende schafft. Wir wollen da wirklich eine Bewegung für mehr Klimaschutz, für mehr erneuerbare Energien ohne Atomkraft hineinbringen.

Herr Abgeordneter Zinggl, weil Sie auch die Langfriststrategie und diverse Initiativen angesprochen haben: Österreich – und das erkennen Sie, wenn Sie die #mission 2030 lesen – bekennt sich klar zum Ziel des Erreichens der Klimaneutralität bis ins Jahr 2050. Das bedeutet: alles Fossile raus, die Erneuerbaren rein und Klimaneutralität herstellen! Wenn Sie heute Länder wie Frankreich anführen, dann müssen Sie bitte auch dazusa­gen, dass der Energiemix aus 70 Prozent Kernkraft besteht. Wenn Sie heute da weg­schauen, dann werden die Weichen in Richtung einer fatalen Zukunft gestellt, nämlich dahin gehend, dass wir weit davon entfernt sind, in Zukunft ein atomkraftwerkfreies Europa haben zu können. All diese Staaten, die jetzt diese Initiativen aufbauen, sind nämlich nicht dazu bereit, über ein Szenario nachzudenken, das auf 100 Prozent er­neuerbare Energien setzt – und das ist falsch! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

Zum zweiten Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete: Die UN-Berichte, die uns zum Thema Artensterben, zum wirklich massiven Verlust der Biodi-


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versität vorliegen, sind erschreckend und wirklich dramatisch. Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Da sind natürlich unterschiedliche Faktoren, die das befeuern und begünstigen, zu nennen: Ob es – natürlich! – landwirtschaftliche Produktivität ist oder ob es veränderte Klimabedingungen sind, all das hat in den letzten Jahrzehnten wirklich zu einem massiven Artensterben geführt. Wissenschafter nennen die großen Ursachen. Allen voran sind die Hauptursachen, die auch von Wissenschaftern heraus­gearbeitet worden sind, der Verlust von Urwäldern, die Überfischung der Meere, die veränderten Landschaften, begünstigt durch Klimawandel, Verbauung, Zerstückelung der Flächen, aber vor allem auch Verschmutzung durch Plastik, durch Feinstaub und auch die eingeschleppten Arten, die neue Krankheiten mit sich bringen.

Wir spüren viele Ursachen auch hier in Österreich. Wir haben aber in unseren Berei­chen bereits sehr viele Maßnahmen gesetzt. Ein Beispiel ist die Reduktion von Plastik. Jetzt weiß ich schon, dass Österreich und Europa nicht die Hauptverschmutzer der Weltmeere sind, aber wir können hier die Technologien herstellen, die zu Lösungen in anderen Ländern, auf anderen Kontinenten beitragen. Wir haben auch selbst einen Beitrag zu leisten und wollen bis 2025 rund 60 000 Tonnen Plastik an Verpackungsma­terial einsparen.

In unserer Biodiversitätsstrategie sind viele Handlungsfelder verankert. Wir haben zur­zeit gerade zwei große Studien laufen, die die Wirkung unserer Maßnahmen auf Tag­falter, Heuschrecken und Vögel bewerten. Es gibt noch eine weitere große Studie zu Pflanzenschutzmitteln. Österreich setzt sich auf allen Ebenen für den Erhalt der Be­stäuber ein. Wir unterstützen beispielsweise die Umsetzung der Initiative der Europäi­schen Union für Bestäuber und haben uns auch der weltweiten Initiative Coalition of the Willing on Pollinators im Rahmen der Vereinten Nationen angeschlossen. Wir ar­beiten aber vor allem mit den Bundesländern zusammen. Naturschutz ist in Österreich Bundesländerkompetenz. Wir wollen diesbezüglich gemeinsam mit den Bundesländern entsprechende Maßnahmen, die wirklich wirken, setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Klimaschutz ist aber vor allem auch für die Land- und Forstwirtschaft ein existenzielles Thema. Die Landwirtschaft, die bäuerli­chen Familienbetriebe in Österreich sind die Ersten, die die Auswirkungen des Klima­wandels zu spüren bekommen. Sie sind auch die Ersten, die in wirklich existenzbedro­hende Situationen kommen, wenn der Klimawandel weiter so fortschreitet und wenn wir keine Maßnahmen zur Anpassung treffen.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass wir in Österreich zurzeit mit einem noch nie da gewesenen Schadholzaufkommen zu kämpfen haben – begünstigt durch den Borkenkäfer, der vor allem im Norden, aber auch im Süden Österreichs massiv wütet. Wir haben in Österreich durch den Rüsselkäferbefall unglaubliche Produktionseinbu­ßen in der Zuckerproduktion. Die Anbaufläche für die Zuckerrüben ist in den letzten Jahren um 10 000 Hektar zurückgegangen. Der Schädlingsdruck ist enorm.

Es sei aber klar dazugesagt: Wer die Landwirtschaft als alleinigen Sündenbock für al­les hinstellt, hat nichts verstanden und sorgt vor allem dafür, dass die bäuerlichen Fa­milienbetriebe in Österreich noch stärker unter Druck kommen, dass andere dann zu geringeren Standards produzieren und das dann wieder nach Österreich importieren. Das ist nicht der Weg, den wir gehen werden. Wir setzen massiv darauf, dass wir un­sere nachhaltig wirtschaftenden Familienbetriebe in Österreich weiterhin unterstützen und ihnen eben als Teil der Lösung Maßnahmen an die Hand geben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Über 80 Prozent unserer Betriebe nehmen am Öpul, dem österreichischen Agrarum­weltprogramm, teil. Sie setzen seit Jahrzehnten umfassende Maßnahmen zum Schutz von Insekten, zum Schutz von Boden – und das ist wirklich unvergleichbar in ganz Eu­ropa. Es werden Blühflächen angelegt, es werden Fruchtfolgeauflagen umgesetzt, es


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werden Pflanzenschutzmittel eingespart und Landschaftselemente erhalten. Zudem ist vor allem der Bodenaufbau des Humus ein ganz wichtiger Bereich, den wir auch durch die nächste Reform stärker in der Gemeinsamen Agrarpolitik verankert wissen wollen.

Wir investieren im Jahr 266 Millionen Euro in diese Umweltschutzmaßnahmen und stellen somit Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten in der heimischen Agrarlandschaft sicher. Genau das ist der Weg, den wir weitergehen wollen – in unse­ren Intensivproduktionsgebieten genauso wie auch im Berggebiet, im benachteiligten Gebiet, wo eben vor allem die traditionellen Bewirtschaftungsformen vielfältige und ar­tenreiche Kulturlandschaften entwickeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen wirklich vor enorm großen He­rausforderungen. Wir haben jetzt auch versucht, mit der Steuerreform Lenkungseffekte einzuführen, den CO2-Ausstoß speziell bei Neuwagen stärker zu besteuern, wirkliche Anreize zu bieten, um auf emissionsarme Mobilitätsformen umzustellen.

Wir stehen vor großen Herausforderungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich würde darum bitten, dass wir – bei all den Auffassungsunterschieden – speziell bei diesem Thema zusammenarbeiten, zu schauen, wo wir uns gegenseitig unterstüt­zen können, denn alles, was ausgestorben ist, ist unwiederbringlich. Wir haben vor al­lem diesbezüglich, was unsere nächste Generation betrifft, eine sehr große Verantwor­tung. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

9.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ab nun gilt pro Redner eine Redezeitbeschrän­kung von 5 Minuten. Sie wissen das.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.


9.37.54

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Ak­tuelle Stunde, Klimawandel und Artenvielfalt sind immer prekäre Themen und daher immer auch aktuell. Wir diskutieren auch den Weltbiodiversitätsbericht der UNO, in dem über 132 Staaten ihre Berichte und ihre Bewertung betreffend Biodiversität seit 2005 vorgelegt haben. Der Bericht zeigt Dramatisches.

Laut Bericht ist die biologische Vielfalt zurückgegangen. Die Ursachen sind vielfältig – wir haben es schon gehört –, sie reichen vom Klimawandel, über die Verbreitung ge­bietsfremder, invasiver Arten, die Lebensräume und Ökosysteme gefährden, bis hin zu immer intensiverer Landnutzung und Abholzung von Wäldern. Bitte beziehen Sie diese Ausführungen nicht nur auf Österreich: Das gilt es weltweit zu beachten. Es braucht gemeinsame Lösungen, jeder kann letztendlich seinen Beitrag dazu leisten.

Ich halte nichts von Vereinfachungen, diesbezüglich gibt es keine einfachen Antworten. Wir müssen Biodiversität in allen gesellschaftlichen und in allen politischen Realitäten verankern, und das Thema muss fester Bestandteil unter anderem von Bebauungsplä­nen, Geschäftsmodellen oder Fördermaßnahmen werden. Die Regierung ist aber ak­tiv – Sie werfen ja der Regierung Inaktivität vor –: Bereits Minister Rupprechter hat eine Biodiversitätsstrategie beauftragt und in Umsetzung gebracht. Bundesministerin Kös­tinger steht kurz vor der Fertigstellung des Altlastensanierungsgesetzes.

Da auch auf den Bereich Flächenrecycling und Renaturierung eingegangen wurde: Es ist ein Abfallwirtschaftsgesetz in Ausarbeitung, in dem das Plastikverbot verankert ist, was in Richtung der Müllvermeidung geht. (Zwischenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtin­ger.) Wir haben die Bioökonomiestrategie ausgearbeitet, in der es darum geht, fossile durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. Die Regierung hat auch die #mis­sion 2030 innerhalb kurzer Zeit gemeinsam ausgearbeitet; darin ist ein strukturierter


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Umbau unseres Energiesystems vorgesehen. Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz werden wir noch dieses Jahr einen Gesetzentwurf vorlegen, der einen Vergleich in Eu­ropa nicht zu scheuen braucht, mit dem wir starke Impulse in diesem Bereich setzen.

Wir müssen aber in Zukunft noch stärker werden, etwa in Fragen des Wohnbaus, der Wohnbauförderung und der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union. Auch im Finanzausgleich ist darauf zu achten, dass Gemeinden nicht im Wettbewerb mit dem einen oder anderen Bieter und letztendlich um Geschäftsfelder stehen, sondern dass sie gemeinsam Lösungen finden können, um Flächen zu schützen.

Was verstehen wir unter Artenvielfalt? – Das geht es nicht nur um Bienen und Insek­ten, das Thema ist viel breiter. Artenvielfalt ist die Diversität aller Organismen und Öko­systeme weltweit. All das hat die Studie unter die Lupe genommen.

Ich möchte hier ein Beispiel bringen, das auch uns in Österreich betrifft. Es gibt im Ackerbau den Wirkstoff Imidacloprid – das klingt schon bösartig und chemisch –, der zu den Neonicotinoiden zählt. Diesen Wirkstoff haben wir verteufelt und vom Acker verbannt, was meines Erachtens nicht sehr zielführend ist, weil er sehr wirkungsvoll und ressourcenschonend war. Es gibt ihn aber nach wie vor als Biozid in den Zecken- und Flohbändern für Hunde und Katzen. Das bedeutet, wir sind da nicht konsequent. Wir müssen systemischer denken.

Gerade die Biodiversität, die Artenvielfalt lässt sich nicht so leicht fassen, und auch die Zieldefinitionen dafür können wir nicht so klar festlegen, wie es zum Beispiel beim Kli­mawandel mit dem 2-Grad-Ziel möglich ist. Wir müssen da weiterdenken und in un­serer Produktionswelt Produkte entwickeln, die letztendlich einen niedrigeren Umwelt­einfluss haben.

Auch die Land- und Forstwirtschaft wird sich da Nachhaltigkeitsziele setzen und diese entsprechend definieren. Es geht vor allem auch darum – und ich bitte Sie wirklich, das nicht als Widerspruch aufzufassen –, höhere Erträge zu erzielen, weil die Weltbevölke­rung wächst. Wir brauchen das für die Versorgung und gleichzeitig einen schonende­ren Einsatz von Ressourcen, damit wir den Schutz der Biodiversität voranbringen.

Auf der Biodiversität beruht nämlich die Versorgung mit Lebensmitteln, die Versorgung mit sauberem Wasser und die Versorgung mit sauberer Luft. Sie ist auch das, was un­ser Ökosystem fit für den Klimawandel macht. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Be­völkerung weltweit – in Asien, in Afrika – rasant wächst; diese muss versorgt werden, und das wird auch Land in Anspruch nehmen.

Es wäre fahrlässig, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union extensiv zu wirtschaften und unsere Produktionsnotwendigkeiten auf andere Kontinen­te auszulagern, anstatt Biotechnologie als Chance zu sehen, um Forschung und Inno­vation zu stärken, die Chancen zu nutzen und damit die europäische Produktion voran­zubringen. Sie dürfen hier nicht immer das Schreckensbild der modernen Landwirt­schaft malen. Wenn wir Biodiversität wollen, dann müssen wir auch entsprechend han­deln.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (fortsetzend): Ich komme zum Schluss­satz: Es gilt, die Fenster aufzureißen und den Dialog zu führen, aber nicht – wie viel­leicht der eine oder andere Freund der Hausbesetzer – die Fenster herauszureißen.

Eine politisch motivierte Diskussion rund um die EU-Wahl eignet sich wahrscheinlich nicht für einen sachlichen Dialog zum Klimawandel. Es braucht Nachhaltigkeit in Eigen­tümerhand und kein Zurück ins Kommunistenland! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

9.43



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leicht­fried. – Bitte.


9.43.30

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren, die wie immer hier zuhören und zusehen! Eines ist klar: Unser Planet ist in einer tiefen Klimakrise. Wir sind derzeit auf dem direkten Weg dahin, dass sich unser Klima erhitzt. Das hat auf der ganzen Welt massive Auswirkungen: Teile unserer Erde werden durch Wirbelstürme zerstört, durch Dürren unbewohnbar, ganze Inselstaaten drohen unter dem Meeresspiegel zu verschwinden.

Das ist jetzt bei einer Erhitzung von 1 Grad schon Realität. Welche Auswirkungen eine Erhitzung von 2 oder 3 Grad auf die Erde hätte, kann man sich gar nicht vorstellen. Auch in Österreich sehen wir täglich die Auswirkungen der Klimakrise: Die Gletscher verschwinden, und damit Teile des Wintertourismus. (Abg. Schimanek: Wir haben 30 Zentimeter Schnee daheim!) Unsere Bäuerinnen und Bauern (Zwischenruf bei der ÖVP) sind mit viel zu langen Dürreperioden, mit plötzlichem Kälteeinbruch, mit Starkre­gen und Hagelschlag konfrontiert, Erdbeerernten werden zerstört und – ja! – sogar der südsteirische Welschriesling ist gefährdet.

Wir haben in Österreich 2 Grad zu viel. In nur neun Jahren hatten wir an der Donau zwei Jahrhunderthochwasser, jedes Jahr entsteht in der Landwirtschaft ein Schaden von Hunderten Millionen Euro, und die niedrig gelegenen Skigebiete – was mir als Stei­rer besonders wehtut – sperren der Reihe nach zu. Der Weltklimarat berechnet, dass wir die globalen Emissionen in nur elf Jahren halbieren müssen, um unter 1,5 Grad Kli­maerhitzung zu bleiben (Abg. Schimanek: Wir haben 30 Zentimeter Schnee zu Hau­se!), alles andere, geschätzte Damen und Herren, wäre katastrophal. In Europa müs­sen wir die für die letzten drei Jahrzehnte geplanten Klimaschutzmaßnahmen in nur ei­nem Jahrzehnt umsetzen.

Österreich hat schon seit Jahrzehnten völker- und europarechtliche Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasen. Traurige Tatsache ist aber, dass die Emissionen noch immer steigen und weit über dem Wert des Jahres 1990 liegen. Die Umweltministerin hat vor wenigen Tagen bestätigt, dass uns das Versagen bei den Klimazielen 6 Milliar­den Euro kosten wird. Geschätzte Damen und Herren, leider unternimmt diese Bun­desregierung nichts dagegen. (Beifall bei der SPÖ.) Die Klimakrise ist Türkis-Blau in Wahrheit egal. (Abg. Martin Graf: Ihr habt seit Jahrzehnten nichts gemacht!) Dieses Versagen werden am Ende alle Österreicherinnen und Österreicher ausbaden müs­sen – und wir wollen das sicher nicht, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Leider steht unsere Regierung und auch die Frau Bundesministerin, die sich hinge­bungsvoll mit ihrem Telefon beschäftigt (Abg. Ecker: Wie immer! – Ruf bei der SPÖ: Das hat sie vom Kurz gelernt! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstin­ger), für eine Politik, die nicht die Menschen, sondern die großen Konzerne dieser Welt schützt. Sie steht für eine Politik, die weiterhin giftige Spritzmittel erlaubt, die für Mensch und Umwelt gefährlich sind, die für unsere Bauern und Bäuerinnen gefährlich sind, die dadurch nicht nur in Gesundheitsgefahr, sondern auch in Abhängigkeit von den großen globalen Chemiekonzernen geraten. Das ist nicht der Sinn nachhaltiger Landwirtschaft, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Vor wenigen Tagen hat ein erschütternder Bericht der Vereinten Nationen das Ausmaß des Artensterbens verdeutlicht. Millionen Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht und viele drohen bereits in den nächsten Jahren zu verschwinden. Dafür sind wir Menschen verantwortlich – und vor allem diejenigen, die unterstützen, dass große Agrar- und Chemiekonzerne weiter ihr Unwesen treiben können.


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Es ist höchst an der Zeit, dass wir auch in Österreich endlich Maßnahmen umsetzen, um unser Klima und unsere Umwelt zu schützen. Die Bundesregierung sollte beim Ar­tensterben ansetzen und Spritzmittel wie Glyphosat in der Landwirtschaft endlich ver­bieten, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Diese Stoffe gefährden Menschen, diese Stoffe töten Insekten – und wir sind damit an dieser Klimakrise mit­schuldig.

Alle Expertinnen und Experten sind sich einig, dass auch eine Ökologisierung des Steuersystems notwendig ist. Was ist aber geschehen? – Nichts ist geschehen, es war eine Steuerreform für die großen Konzerne, geschätzte Damen und Herren! (Abg. Hauser: Ah, so ein Blödsinn!) 1,5 Milliarden Euro für Großkonzerne, und 55 Millionen Euro für die Ökologisierung, das ist Ihre Wertigkeit, und so schaut es aus, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Sie fahren mit Tempo 140 in die Klimakatastrophe, das ist Ihre Politik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wer soll diesen Leichtfried noch ernst neh­men?)

9.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.


9.48.40

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Der Zwischenruf sagt ja vieles aus: „Wer soll diesen Leichtfried noch ernst nehmen?“ (Abg. Meinl-Reisinger: Das sagt mehr über das Niveau des Rufers aus! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Abgeordneter Leichtfried war ja auch Mit­glied der letzten Bundesregierung und hat sehr viele Möglichkeiten gehabt, diesbezüg­lich auch Maßnahmen zu setzen.

Ich verstehe Sie natürlich, Sie sitzen nicht mehr auf der Regierungsbank, sondern auf der anderen Seite (Abg. Wöginger: Kindesweglegung!); man sollte aber schon auch darauf achten, dass diese Kindesweglegung ernst zu nehmen ist und das entspre­chend bitte mit Inhalten gefüllt sein sollte, Herr Abgeordneter Leichtfried. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Zinggl, man muss Ihnen ja für diese Aktuelle Stunde danken; so können wir auch präsentieren, was wir im Bereich Umwelt- und Klimaschutz machen. Ich weiß, dass es für Sie schwer ist, bei dieser Europawahl Fuß zu fassen und in diesem Wahl­kampf eine Themenführerschaft zu erringen. (Ruf bei der SPÖ: Zur Sache!) Das ist schwer für Sie, weil Sie natürlich mit den Grünen im gleichen Teich fischen.

Man hat gesehen, was die Grünen in Wien im Umweltbereich und im Verkehrsbereich machen. Die einzige Maßnahme in Wien sind Stauen und Stauben, nichts anderes, und das lehnt die Bundesregierung zu hundert Prozent ab. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was wollen Sie eigentlich? Sie wollen ganz einfach eine CO2-Steuer einführen, eine Citymaut, die Spritkosten erhöhen, die Pendlerpauschale auflösen und natürlich auch die Pendler in diesem Bereich belasten. Das wollen wir nicht, das macht diese Bundes­regierung auch nicht, und Sie werden da in uns auch keinen Partner finden; wir werden das nicht unterstützen.

Forscher bestätigen ja auch, dass diese CO2-Steuer nicht nachhaltig ist und die Klima­probleme in diesem Land auch nicht lösen wird und nicht lösen kann. Sie wollen einzig und allein die Menschen belasten. Was wollen wir? – Wir machen eine Politik mit Haus­verstand, und diesen Ansatz leben wir vonseiten dieser Bundesregierung, sodass in diesem Bereich Umweltschutz und Klimapolitik mit den Bürgern und nicht gegen die


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Bürger gemacht wird. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Zwi­schenruf der Abg. Duzdar.)

Es haben ja auch schon viele Forscher bestätigt, dass diese CO2-Steuer nicht der Weisheit letzter Schluss ist und in diesem Bereich auch nicht zum Ziel führen kann. Wir haben seitens dieser Bundesregierung in der angekündigten und vorgelegten Steuer­reform im Rahmen der #mission 2030 entsprechende Maßnahmen gesetzt, nämlich die CO2-Schleudern – so bezeichne ich sie –, die SUVs, höher zu belasten und Fahrzeuge mit weniger CO2-Ausstoß günstiger zu machen. Die Eigenstromsteuer im Bereich erneu­erbare Energien fällt weg, Wasserstoff und Biogas werden steuerfrei, ebenso E-Bikes für Firmen und auch Elektromotorräder.

Das ist insgesamt ein Investitionsvolumen von 55 Millionen Euro. Das hat diese Bun­desregierung in diesem Bereich als ersten Schritt im Rahmen der #mission 2030 auf den Weg gebracht. Das heißt: Steueranreize setzen und Maßnahmen vorsehen, die im Endeffekt den Bürgern, den Menschen die Möglichkeit geben, sie mitzutragen und auch zu investieren. Das muss unser Ansatz für die kommenden Jahre sein.

Die Frau Bundesminister hat schon die Atomkraft erwähnt. Dazu ein klares Bekenntnis seitens dieser Bundesregierung: Es darf auch auf europäischer Ebene keine Atomkraft mehr unterstützt werden. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir lehnen Atomkraft zu hundert Prozent ab und versuchen natürlich auch auf allen bilate­ralen Ebenen, unsere Nachbarn davon zu überzeugen, aus der Atomkraft auszustei­gen und unseren österreichischen Weg mitzutragen. Warum? – Wir setzen auf 100 Pro­zent erneuerbare Energien, die für uns natürlich auch ein Wirtschaftsmotor sind und auch sein werden, denn mit der Technologie, die wir auf den Weg gebracht haben, ha­ben wir die Chance, in Europa Marktführer in der Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen zu werden.

Ich bin davon überzeugt, dass wir auf einem sehr, sehr guten Weg sind, die erneuerba­ren Energien in Österreich als Wirtschaftsmotor nutzen zu können und damit unsere Klima- und Energieziele voranzutreiben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Einen Appell noch in Ihre Richtung (in Richtung JETZT): Bitte nehmen Sie die Klima- und Umweltpolitik eher positiv mit auf den Weg und nicht negativ behaftet, wie Sie es immer machen! Verkünden wir es auch den Menschen positiv und nicht nur negativ, wie Sie das machen! Und hören Sie bitte mit dem Belasten, Bestrafen und Blockieren auf! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Heiterkeit der Abg. Hammerschmid.)

9.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bern­hard. – Bitte.


09.54.14

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe bei der Debatte sehr aufmerksam zugehört und versucht, die Argumente dafür herauszu­hören, dass diese Bundesregierung im Bereich des Schutzes der Artenvielfalt und im Bereich der Klimapolitik dermaßen untätig ist. Ich habe auch versucht, herauszuhören, was die Ursache dafür ist, dass eine FPÖ, von der man ja weiß, dass sie an Fake News mehr glaubt als an die Wissenschaft, dass sie an Chemtrails mehr glaubt als an die tatsächliche Evidenz, und die auch der Meinung ist, dass Klimawandel nicht men­schengemacht ist, eine solche Ansicht vertritt. (Abg. Deimek: Es ist wieder einmal ... Gru­ber ist irgendwie inkompetent, kennt sich nicht aus!) – Nicht aufregen, nachher raus­kommen und reden!

Die Frage ist aber eine andere: Warum macht die ÖVP mit? Warum ist sie mit ihrem Regierungspartner verwechselbar? Warum gibt es keinen Unterschied? Ich glaube, es


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gibt dafür zwei ganz wesentliche Gründe. Der erste Punkt ist: Sie haben das Thema einfach nicht verstanden. Wir reden davon – der Weltbiodiversitätsrat, der letzte Woche seinen Bericht vorgestellt hat, hat das herausgearbeitet, durch Zigtausende Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler unter Teilnahme von 132 Ländern –, dass von acht Millionen Arten eine Million Arten binnen der nächsten wenigen Jahrzehnte verschwin­den wird – fast unaufhaltbar. Das geschieht nicht irgendwo am Äquator, das liegt nicht in weiter Ferne, sondern das betrifft vom Burgenland bis nach Vorarlberg auch unsere Natur. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Bereich Klimapolitik: Der Klimawandel und dessen Auswirkungen ist nichts, was die weite Ferne betrifft – und selbst dann hätten wir eine moralische Verantwortung –, son­dern es betrifft uns vor unserer Haustür. Es betrifft die Landwirtschaft – all die extre­men Wetterereignisse und die Dürre –, und es betrifft die Wasserversorgung in Europa; wir nutzen unser Grundwasser in einem sehr geringen Ausmaß, aber es wird uns nichts helfen, wenn Österreich noch Wasser hat, aber die Länder rundherum nicht mehr.

Das Nichthandeln von ÖVP und FPÖ trägt dazu bei, dass wir Staaten und Gesellschaf­ten destabilisieren, die ohnehin nicht sehr stabil sind. Wir sorgen durch unsere Untä­tigkeit, durch unser Nichtstun dafür, dass es vor allem in Küstenregionen und in Re­gionen im globalen Süden zu großen Migrationsbewegungen kommt, denn wenn dort nichts mehr ist, wenn es dort keine Lebensgrundlage mehr gibt, dann muss der Mensch woanders hin; das ist völlig verständlich. (Beifall bei den NEOS.)

All das verstehen ÖVP und FPÖ nicht. Der FPÖ mache ich nicht einmal einen großen Vorwurf, weil sie konsequent war – Sie waren gegen den Klimavertrag, Sie sind der Meinung, dass die Wissenschaft keine Wissenschaft ist, Sie glauben, der Klimawandel ist nicht vom Menschen gemacht (Abg. Deimek: Also wieder: Gruber ist dumm, kennt sich nicht aus, Bernhard weiß das alles!); das kann man wollen, das ist Ihre Sache –, aber die ÖVP, die seit Dekaden in der Regierung ist und immer den Umweltminister oder die Umweltministerin gestellt hat, tut nichts! (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Da frage ich mich schon: Dieses Nichtstun allein wäre ja schon fatal, das wäre fahr­lässig, aber es ist sogar das Gegenteil der Fall! Schauen wir uns an, was gemacht wird: Ein Finanzminister, der offensichtlich nur Finanzminister ist und nicht über seinen Tellerrand hinausschaut, versagt bei der Ökologisierung des Steuersystems! (Beifall bei den NEOS.) Wir NEOS haben ein CO2-Steuermodell vorgelegt, das aufkommens­neutral ist, das die Wirtschaft wie auch die Menschen in unserem Land im gleichen Maße entlasten würde, aber das ist natürlich kein Thema für die ÖVP – und auch kei­nes für die FPÖ. Dass 3 500 Ökonominnen und Ökonomen und 27 Nobelpreisträger ei­ne solche CO2-Steuer fordern, das macht Ihnen natürlich nichts aus, weil Sie keinen Mut haben. (Beifall bei den NEOS. Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Winzig.)

Sie haben keine Ahnung, und Sie haben keinen Mut! Der Verkehrsminister verlangt 140 km/h auf Teststrecken, weil er nicht verstehen will – oder einfach auch wirklich nicht versteht; das ist übrigens derselbe, der auch einmal eine Anfrage wegen Chem­trails gemacht hat –, dass bei einer Geschwindigkeitssteigerung auch der Ausstoß von Emissionen exponentiell wächst. Das ist ja nachgewiesen, das ist keine Frage des Glaubens, sondern das ist Wissen, aber das wird ignoriert und man macht diese Test­strecken. (Beifall bei den NEOS.)

Und eine Umweltministerin, die bald zwei Jahre im Amt ist, schwurbelt – Verzeihung, bei allem Respekt – herum. Ich habe Ihnen zugehört. Sie machen das, was die ÖVP und die FPÖ jeden Tag aufs Neue machen: Sie machen Angst und Sie reden von nichts. Wenn wir vom Artensterben in unserem Land reden, wenn wir von Maßnahmen für die Klimapolitik und gegen den Klimawandel reden, dann reden Sie von der Atom-


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kraft! Es ist unwahr, es ist einfach unwahr, dass wir in Österreich nichts machen kön­nen, wenn es um den Schutz unserer Arten geht. (Abg. Wöginger: Schlecht geschla­fen, ha?)

Sie lügen im Umweltausschuss – das sage ich in diesem Ausmaß, weil es nachweisbar ist. (Abg. Neubauer: Jetzt reicht es aber! Oh-Rufe bei ÖVP und FPÖ.) Es ist nach­weisbar. Es ist im Protokoll nachzulesen. Wir haben gefragt, warum Österreich nicht bei den ambitionierten neun Mitgliedstaaten dabei war, die sich für mehr Politik hin­sichtlich des Klimawandels ausgesprochen haben, und die Ministerin hat im Umwelt­ausschuss gesagt: weil das eine Unterstützung der Atomlobby ist. Fünf der neun Staaten haben gar keine Atomkraft in ihrem Land – fünf von neun haben keine! (Beifall bei den NEOS. Abg. Wöginger: Was ist mit den anderen?)

Alles, was Sie machen, ist nur ein Verdecken der Untätigkeit, weil Sie Ihre eigenen Zie­le nicht erreichen. Wir wissen heute schon, dass wir die Ziele, die wir uns für 2020 vor­genommen haben - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusswort, und nehmen Sie bitte das Wort „lü­gen“ zurück! (Abg. Noll: Nein, das darf er!)


Abgeordneter Michael Bernhard (fortsetzend): Es ist bewiesen, es ist nachweisbar, es ist im Protokoll nachzulesen, dass die Ministerin die Unwahrheit gesagt hat. Ich nehme das Wort „lügen“ zurück und behaupte, sie hat die Unwahrheit gesagt. (Nein-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Mein Schlusswort: Hören Sie auf zu schwurbeln! Verkaufen Sie uns Ihre umweltpoliti­schen Flaggschiffe nicht, denn das, was Sie als Flaggschiff sehen, ist im besten Fall ein Tretboot! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. Abg. Wöginger: Schlecht ge­schlafen, glaube ich! Was wollt ihr? Eine Dieselsteuer oder was?)

10.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rossmann. – Bitte.


10.00.17

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört. Sie sagen, die Progno­sen im Hinblick auf die CO2-Emissionen für das Jahr 2018 lauten auf minus 1,1 Pro­zent, und leiten daraus ab, dass es eine Trendwende gäbe. (In Richtung Bundesminis­terin Köstinger, die mit Abg. Schmuckenschlager spricht:) Es wäre sehr freundlich von Ihnen, Frau Ministerin, wenn Sie mir auch zuhören würden (Abg. Wöginger: Tut sie eh! Mein Gott na! Bundesministerin Köstinger nickt)  was ich jetzt sage, ist wich­tig –, denn diese Trendwende gibt es nicht. Sie wissen ganz genau, Frau Ministerin, dass das gemäß Klimaschutzgesetz nicht ausreicht, um eine Trendwende herbeizu­führen. – Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Wir müssen uns das Jahr 2018 ein bisschen genauer anschauen, denn wir hatten im Jahr 2017/2018 einen eher milden Winter – die Temperaturen lagen um 0,8 Grad unter dem Durchschnitt –, und der Winter 2018/2019 war bekanntlich einer der mildesten in der Geschichte der Messung von Temperaturen. (Abg. Hörl: ... der Schnee ...! Abg. Schimanek: Wir haben 30 Zentimeter Schnee ...!) Das hat natürlich einen Einfluss auf die Entwicklung der CO2-Emissionen. Frau Ministerin, arbeiten Sie bitte nicht mit Halbwahrheiten!

Sie sagen, der Klimaschutz sei Ihnen ein zentrales Anliegen. Ich vermag das bisher leider nicht zu erkennen. Sie sprechen in der #mission 2030 von Klimaneutralität, das ist richtig, und immer wieder von 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie. Wenn wir aber den Blick nicht nur auf Strom richten, sondern auf die gesamte in Österreich - -


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(Von der Galerie werden unter lauten Rufen Flugzettel ins Plenum geworfen und ein Transparent wird ausgerollt.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte den Ordnungsdienst, die Galerie zu räumen, und unterbreche die Sitzung.

*****

(Die Sitzung wird um 10.02 Uhr unterbrochen und um 10.05 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Abgeordnetem Rossmann wieder das Wort.


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

Ich war dabei, zu sagen, dass die Ministerin in Bezug auf die Klimaneutralität immer verzerrte Aussagen macht. Sie bezieht sich dabei auf 100 Prozent Strom aus Erneu­erbaren, spricht aber niemals davon, dass 67 Prozent der gesamten in Österreich ver­brachten Energie aus Öl, Kohle oder Gas stammen – also aus fossilen Energieträgern.

Genauso machen Sie es, Frau Ministerin, mit dem E-Mobilitäts-Paket und den Elektro­autos. (Bundesministerin Köstinger: Nein!) Da behaupten Sie – jedenfalls bei der letz­ten aktuellen Aussprache –, Österreich wäre Weltmeister bei der Neuzulassung von Elektrofahrzeugen. (Bundesministerin Köstinger: Nein, das habe ich nicht behauptet!) Der Anteil der Elektrofahrzeuge liegt in Österreich, Frau Ministerin – das habe ich im Ausschuss ausgeführt –, bei 0,4 Prozent; Statistik Austria, bitte nachschauen! Wir ver­zeichnen eine Gesamterhöhung des Pkw-Bestandes in Österreich, der weit über die Neuzulassungen von Elektroautos hinausgeht. Das, was Sie im Rahmen Ihrer Politik betreiben, ist Schönfärberei und sonst gar nichts.

Zur Frage der Atomenergie: Sie haben mir in der letzten Ausschusssitzung vorgewor­fen, ich würde mich dafür einsetzen, Atomenergie auf die Treibhausgase anrechenbar zu machen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstinger.) Ich finde das wirklich skandalös, Frau Ministerin! Ich habe mich bereits zu einem Zeitpunkt, als Sie noch gar nicht auf der Welt waren, gegen das AKW Zwentendorf eingesetzt – Sie sind Jahrgang 1978, ich habe das nachgeschaut, Sie sind erst nach der Volksabstimmung auf die Welt gekommen –; also bleiben Sie bitte bei der Wahrheit! (Abg. Kirchbaumer: Das steht überhaupt nicht zur Debatte! Abg. Neubauer: Ich war auch in Zwentendorf! Ich habe Sie aber nicht gesehen! Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Im Üb­rigen werde ich heute einen Antrag zu einem brandgefährlichen Atomkraftwerk in Chmel­nyzkyj in der Ukraine einbringen. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Steuerreform, die Sie in Ihrem Vortrag hervorgehoben haben: Das ist doch lächer­lich, was Sie da machen! Das sind lächerliche Anreizeffekte, Frau Ministerin. Sie wis­sen genau, was wir brauchen: eine ökosoziale Steuerreform, die den Namen verdient. Und wenn Sie, Herr Kollege Rauch, hier stehen und sagen, wir wollen die Steuern erhöhen, wir wollen das Pendlerpauschale abschaffen, dann ist das falsch; das ist schlicht und einfach falsch.

Wir wollen eine aufkommensneutrale Steuerreform. Das heißt, jeder Euro, der durch Ökosteuern eingehoben wird, fließt eins zu eins wieder an die privaten Haushalte – in Form eines Klimabonus – beziehungsweise an die Unternehmen – durch Lohnneben-


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kostensenkungen – zurück. Das sollten Sie, Frau Ministerin, zur Kenntnis nehmen, das sollte aber endlich auch der Herr Bundeskanzler zur Kenntnis nehmen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Das wäre die geeignete Maß­nahme, Frau Ministerin, um den drohenden Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu entge­hen. Wir sagen nicht immer Nein, Frau Ministerin, wir haben auch Konzepte, aber zu denen sagen Sie Nein. – Danke sehr. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jeitler-Cin­celli. – Bitte.


10.08.54

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer! Ich möchte mich grundsätzlich einmal bei der Liste JETZT bedanken. Ich glaube, das ist ein Thema, und es ist schön, wenn wir uns einmal in einer Aktuellen Stunde neben all der Alltagspolitik – der Steuerreform, all den großen Themen, die wir jetzt anpacken, der Sozialversicherung – auch Zeit nehmen, bewusst über Umwelt- und Klimapolitik zu reden. Das ist eine gute Sache.

Leider ist es so – und das ist, wie ich finde, immens schade –, dass es halt wieder einmal so wirkt, als stehe statt eines sinnvollen gemeinsamen Diskurses, den wir hier pflegen, Regierungsbashing, Bauernbashing auf dem Programm. Das finde ich traurig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. Zwischenrufe der Abgeordneten Greiner und Meinl-Reisinger.) Ich halte auch diese Zettelwerfaktionen hier insofern für absurd, als die Qualitätskriterien, die wir in Österreich haben, was die Bauern be­trifft, was die Energie betrifft, was das betrifft, was die Betriebe leisten müssen, zu den höchsten überhaupt gehören.

Dieser Bericht ist alarmierend – keine Frage, es ist ein alarmierender Bericht –, nur: Wir sprechen von der größten internationalen Herausforderung, die wir heute als junge Generation haben. Darin sind wir uns, glaube ich, alle einig. Umweltzerstörende Ein­flüsse – CO2 – haben keinen Reisepass, kennen keine Grenzen. Ein Beispiel: Deut­sche Kohlekraftwerke sind fast abgeschrieben, am Ende ihrer Lebensdauer. In Asien sind diese im Durchschnitt – im Durchschnitt! – erst unter zehn Jahre alt. Somit laufen sie 35 bis 40 Jahre weiter, damit das wirtschaftlich Sinn macht. Die Internationale Ener­gieagentur hat ausgerechnet, dass selbst dann, wenn nur die chinesischen Kohlekraft­werke – nur jene Chinas! – am Markt blieben – bei dem Investment werden sie am Markt bleiben –, der Rest der Welt null CO2 emittieren müsste, damit keine Erderwär­mung passiert und die Pariser Ziele eingehalten werden.

CO2 hat keinen Reisepass, deshalb ist es notwendig und richtig, wenn wir mit lauter Stimme gemeinsam auf europäischer Ebene Einfluss nehmen, bei den Vereinten Na­tionen Einfluss nehmen, allerdings: Wir als kleines Land können uns anstrengen, aber wir alleine können die Welt nicht verändern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Da steht drauf (von einem der vorher von der Galerie geworfenen Flugzettel ablesend): „Stopp dem Wirtschaftsfetischismus“. – Das stört mich ganz besonders, denn wir müs­sen davon ausgehen, auf welch hohem Niveau unsere Unternehmen da im Bewusst­sein agieren müssen, juristisch agieren müssen. Führen weitere Auflagen dazu, dass die österreichische Wirtschaft in andere Länder abwandert – viele haben Produktions­stätten in anderen Ländern –, in denen die Standards viel niedriger sind, dann kann das doch nicht in unserem Sinne sein. Das ist ja absurd! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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Ich glaube, das ist absolut das Letzte, was wir alle wollen. Ich glaube, wir sollten uns einmal bewusst machen, dass unsere hohen Standards das sind, was wir auf europäi­scher Ebene umsetzen sollten.

Die Volkspartei – erwähnen möchte ich hierbei ganz besonders Josef Riegler – hat be­reits vor 30 Jahren die ökosoziale Marktwirtschaft als zukunftsweisenden Weg be­schritten. (Zwischenruf des Abg. Noll.) Unsere Generation kann es heute als ihre Auf­gabe sehen, diesen Weg weiterzugehen, das weiterzudenken und als Handlungsmaxi­me für all unser Handeln zu verankern.

Ich denke, es geht auf allen Ebenen um Bewusstseinsbildung. Herr Leichtfried, zu dem, was Sie zum Beispiel Tourismus gesagt haben: Ja, es ist für den Tourismus wichtig, aber Sie haben vorhin eine Unwahrheit erzählt. Ich habe gerade von einem steirischen Touristiker gehört, dass es die beste Wintersaison aller Zeiten für die Schi­gebiete war. Natürlich, das eine oder andere Schigebiet fällt weg, aber es war die bes­te Saison, die es jemals gab. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zurück zu zwei Themen, die ich noch kurz anreißen will: der Verkehr als größtes Pro­blem und die CO2-Bilanz von Privathaushalten, von privaten Gewohnheiten. Mittags kommt jetzt wieder die Buffet-Fraktion zusammen und haut sich die Leberkässemmeln und die Frankfurter hinein: Jeder Einzelne kann etwas machen. Verlangen Sie dort, dass das vielleicht biologisch sein soll, fragen Sie, ob das regionale Produkte sind! Ich glaube, wir müssen uns schon auch bewusst machen, was da jeder Einzelne leisten kann. (Zwischenruf des Klaus Uwe Abg. Feichtinger.) Unsere Standards sind immens hoch. Wie wir heizen, wie wir fahren – ich fahre ein Elektroauto –, ich glaube, das sind die Themen, die wirklich zählen.

Ich bitte euch darum, dass bei solch einem Thema wie diesem jetzt nicht einfach der reine Opportunismus zählt, so nach dem Motto: Wie kann man jetzt schnell einmal der Bundesregierung eines drüberhauen? Es stimmen ja auch gewisse Dinge, die Sie sa­gen – mit Kennzahlen, mit Steuern – nicht, das wird ja anders berechnet.

Ich bitte euch: Bleiben wir bei diesem Thema alle im selben Boot! Das ist unsere Ge­neration, das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Das sehen wir quer durch unsere Partei genauso. Diese Aufgabe müssen wir bewältigen. Hören wir auf, auf die Bauern hinzu­hauen, hören wir auf, auf die Bundesregierung hinzuhauen! Damit wir als kleines Land gehört werden, braucht es jetzt einen Schulterschluss. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Jede Generation hat ihre Herausforderung, der Klimawandel ist wohl unsere. Die Erde ist das, was wir alle gemeinsam haben, was wir daraus machen. Wir haben sie von un­seren Kindern nur geliehen.

Ich möchte, dass meine drei Kinder, dass Ihre Kinder und auch deren Kinder noch gemeinsam auf bunten Frühlingswiesen herumlaufen können und verschiedenartige Schmetterlinge sehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez.)

10.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Fried­rich-Schiller-Gymnasiums aus Preetz recht herzlich in unserem Hohen Haus begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Feichtinger. – Bitte.


10.14.18

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Frau Kollegin Jeitler-Cincelli! Die Umweltpolitik der Bundesregierung in Ös­terreich sieht so aus: Der Umweltausschuss tagte vor einer Woche (einen mit einem großen roten Korrekturzeichen für Auslassung versehenen Ausdruck der Tagesord­nung besagter Ausschusssitzung in die Höhe haltend – Abg. Jeitler-Cincelli: Das se-


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he ich leider nicht!), Tagesordnung: Aktuelle Aussprache. Vorlagen seitens der Bun­desregierung: null. Anträge seitens der Regierungsfraktionen: null. Und die Opposi­tionsfraktionen haben sich im Vorfeld ganz bewusst darauf verständigt, keine Anträge einzubringen, da diese ohnehin nur vertagt werden. – Das ist Umweltpolitik in Öster­reich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Zur Debatte über die österreichische Klimapolitik: Frau Bundesministerin, wir wissen seit Jänner 2019, dass 2017 der CO2-Ausstoß 51,7 Millionen Tonnen betragen hat. Im Klimaschutzgesetz sind Sofortschutzmaßnahmen vorgesehen – wir warten noch heute darauf.

Die Ziele bis 2020, haben Sie im Umweltausschuss wieder einmal gemeint, werden mit den Gutschriften aus den Vorjahren erreicht werden können. Das ändert aber über­haupt nichts an der Überschreitung der Höchstmenge auch im Jahr 2018.

Da Sie vorher gemeint haben, dass für 2018 bereits valide Daten vorlägen, die eine 1,1-prozentige Reduktion in Aussicht stellen, und von einer Trendumkehr gesprochen haben: Frau Bundesministerin, 2018 war das im Durchschnitt heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, und die Einsparungen im Bereich der Heizungen werden auch nicht durch die Klimaanlagen im Sommer neutralisiert, wie Sie im Umweltausschuss gemeint haben. Ein milder Winter ersetzt noch keine Klimaschutzpolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbst bei einer Verringerung um 1,1 Prozent werden wir die Ziele nach Klimaschutz­gesetz für 2018 wieder verfehlen, vermutlich um 1,7 Millionen Tonnen.

Ein weiterer Punkt: das Artensterben. Der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, die industrielle Landwirtschaft sind die Hauptgründe dafür. Österreich hat aber nach wie vor kein nationales Glyphosatverbot. Was ist der Beitrag Ihres Ministeriums im Hinblick auf dieses Problem? Eine weitere Studie?

Schauen wir auf die internationale Ebene: Frau Bundesministerin, wie sieht es mit der Finanzierung von internationalen Maßnahmen, dem Green Climate Fund zum Beispiel, aus? Da sind Sie gefordert. Oder soll sich Österreich in die Reihe der Nichtzahler ein­fügen, gemeinsam mit den USA unter Donald Trump?

Beim EU-Gipfel in Sibiu hat es eine Klimainitiative von acht Mitgliedstaaten gegeben, die gemeinsam in einer Erklärung gefordert haben, den Klimaschutz zum Kernaspekt der EU-Strategie für die Jahre 2019 bis 2024 zu machen. Warum ist Österreich da nicht dabei? (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die EU-Ebene wird seitens der Bundesregierung und auch des Bundeskanzlers dann instrumentalisiert, wenn Versagen auf nationaler Ebene kaschiert werden soll. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Plessl: Genau!) Bundeskanzler Kurz spricht sich jetzt plötzlich für europäische Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel aus: Dieser kann nur ge­meinsam gewonnen werden, globale und europäische Anstrengungen braucht es da. – Österreich braucht sich also nur zurückzulehnen und auf die EU zu warten. War da nicht etwas? Ratsvorsitz zweites Halbjahr 2018? Österreich hätte jede Gelegenheit ge­habt, das Thema zu treiben und voranzubringen. Die Gelegenheit haben Sie versäumt! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Steuerreform ist schon einiges angesprochen worden, aber ein Volumen von 55 Millionen Euro in Gesamtrelation zu den Milliarden beziehungsweise den auch nur 1,5 Milliarden Euro in der KÖSt ist einfach zu wenig, Frau Bundesministerin.

Ich möchte auf einen letzten Punkt kommen: Sie haben uns im Umweltausschuss ein­mal mehr die Zusammenarbeit angeboten – vielen herzlichen Dank dafür. Keine 24 Stun­den später erging eine Einladung seitens Ihres Ministeriums zu einer Sitzung des Na-


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tionalen Klimaschutzkomitees am 2. Juli. Jetzt frage ich die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, ob sie wissen, was am 2. Juli stattfindet, nämlich eine Ple­narsitzung des Nationalrates, bei der wir alle Teilnahmepflicht haben. Jetzt frage ich Sie ernsthaft: Wissen Sie nicht, was in Ihrem Ministerium vorgeht?

Fazit: Frau Bundesministerin, Sie machen nachhaltig nichts und nichts Nachhaltiges! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Noll und Pilz.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lin­der. – Bitte.


10.19.53

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Zuschau­ergalerie und zu Hause! Artensterben und Klimakrise sind für mich als Agrarsprecher natürlich aus Sicht der Landwirtschaft zu beleuchten.

Zweifellos ist es so, dass wir sehr, sehr viele Kleinstlebewesen – Ungeziefer, Wirbel­tiere – verloren haben, weil sie ausgestorben sind, sie aufgrund verschiedener Ent­wicklungen nicht mehr existent sind. Leider wird da die Schuld sehr oft der Landwirt­schaft gegeben. Gerade deshalb ist es mir wichtig, aufzuzeigen, dass die Ursachen da­für sehr wohl vielfältig sind.

Ich will jetzt niemanden beschuldigen, aber genauso, wie es Kollegin Jeitler-Cincelli ge­sagt hat, glaube ich, dass wir ein bisschen darüber nachdenken sollten, was jeder in seinem eigenen Bereich dazu beitragen kann. Fast jeder von uns verwendet einen Rasenroboter. Früher wurden die Blumen stehen gelassen, diese waren die Lebens­grundlage für Kleinstlebewesen. Jeder düngt seinen Rasen, düngt seine Blumen. Jeder verwendet – leider Gottes – Unkrautsalz, um die befestigten Flächen unkrautfrei zu hal­ten. Da kann jeder seinen Beitrag leisten. Keiner hat mehr einen Komposthaufen, keiner lässt mehr die Laubhaufen in seinem Garten liegen. Auch das wären in vielen, vielen Bereichen Grundlagen für die Kleinstlebewesen. Lichtverschmutzung: Eines der größten Probleme für die Kleinstlebewesen ist das Thema Lichtverschmutzung. Jeder beleuchtet die halbe Nacht lang seine Bäume, seine Sträucher, seine Gärten. (Zwi­schenruf der Abg. Friedl.)

Natürlich, meine Damen und Herren, hat auch die Landwirtschaft viel zu dieser Ent­wicklung beigetragen und mit verursacht. Durch die geänderten Bewirtschaftungsfor­men ist vieles an Artenvielfalt verloren gegangen, aber, meine Damen und Herren, wir Landwirte haben diese veränderte Bewirtschaftungsform nicht aus Jux und Tollerei be­gonnen, das war schlichtweg eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Landwirte haben versucht, das, was wir an Einkommen verloren haben beziehungsweise an Mehrkosten zu leisten haben, mit intensiverer Produktion auszugleichen. Solange der Konsument nicht bereit ist, wirklich mehr für Bioprodukte auszugeben oder überhaupt Bioprodukte zu kaufen, wird es ganz schwierig werden, dies zu ändern. (Abg. Vogl: Wer zahlt denn das? – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotzdem leistet die Landwirtschaft einen sehr, sehr großen Beitrag zum Thema Artenschutz, Insektenschutz. Die gesamten Land­schaftselemente, Bäume, Sträucher, Hecken entlang der Wiesen, die erhalten bleiben, die gepflegt werden, die ganzen Steinhaufen, die Steinriegel sind heute die wichtigsten Bereiche für Kleinstlebewesen, und ich glaube, da leistet die Landwirtschaft einen sehr großen Beitrag. (Zwischenruf des Abg. Preiner.) Die Biodiversitätsflächen stellen zwar in der Bewirtschaftung für uns einen großen Nachteil dar, sind aber für Kleinstlebe­wesen doch ein wichtiger Lebensbereich. Auch das Verbot von insektenschädlichen Giften ist ein wichtiger Punkt.


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Meine Damen und Herren, wir haben es heuer selbst erlebt: Es ist plötzlich ein Drittel der Kartoffelernte des vergangenen Jahres kaputtgegangen, und wir müssen jetzt schon seit zwei Monaten Kartoffel aus Israel, aus Ägypten einführen, von denen keiner weiß, wie sie produziert wurden, und keiner denkt darüber nach, dass diese Tausende Kilometer über die Meere geschifft werden müssen. (Zwischenruf des Abg. Preiner.)

Ein weiteres Thema ist Glyphosat. Ja, die Europäische Kommission hat die Zulassung um fünf Jahre verlängert, und gerade deshalb stehen wir dazu, dass es wichtig wäre, ein starkes Europa, aber noch stärkere Nationalstaaten zu haben, die solche Entschei­dungen im eigenen Land fällen können. Deshalb ist es auch wichtig, bei der EU-Wahl darüber nachzudenken, wem man die Stimme gibt, und wir Freiheitlichen stehen für ei­nen starken Nationalstaat. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Prei­ner und Vogl.)

Ein weiteres Beispiel in diesem Bereich ist die Wildbach- und Lawinenverbauung. Mitt­lerweile wird sehr, sehr viel Geld in die ökologische Begleitung der Bauprojekte in­vestiert. Wir selbst haben in unserer Gemeinde erlebt, wie schnell solch ein Bach wie­der von Kleinstlebewesen bevölkert ist. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass diese Koalition auch sehr, sehr viel Geld in den ökologischen Ausbau der Pro­jekte investiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Koalition hat wirklich sehr, sehr viel zum Umweltschutz, zum Artenschutz beigetragen. Wenn sich heute die Liste Pilz hier herausstellt und sagt: Die Regierung betreibt nur Symbolpolitik!, dann erinnere ich Sie daran, dass Sie am 30. Jänner dieses Jahres gegen das Ökostromgesetz gestimmt haben – und das ist Politik zum Schaden der Umwelt und der Natur und nicht Politik für diese! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Plessl: Keine Ahnung! Keine Ahnung!)

10.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dop­pelbauer. – Bitte.


10.25.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Guten Morgen, Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sie alle kennen wahrscheinlich diese altösterreichische Antwortformel, wenn man auf der Straße jemanden trifft und fragt: Hallo, wie geht’s?, dann kommt zu­rück: Na ja, so wie die anderen halt wollen!

Frau Bundesminister, ich glaube, das ist im Augenblick das Problem. Ich glaube, das ist im Augenblick Ihr Problem. Sie kennen sich – und das muss man natürlich anerken­nen – in der Landwirtschaft aus, und man hat auch das Gefühl, Sie wollen da etwas Positives machen, aber sobald es um große Lösungen geht, gibt es einfach keine. Da wird gebremst und da passiert dann einfach nichts.

Wir sprechen heute über die Umweltpolitik, und in der Umweltpolitik muss man einfach ganz klar sagen: Wer bremst, verliert! Wir verlieren Biodiversität, wir verlieren im Kli­maschutz, wir haben eine Klimakrise, wir haben eine Erderhitzung. Diese Themen wer­den – und das ist einfach faktisch so – hin- und hergeschoben, es wird vertagt, es pas­siert nichts. Das ist die ganz große Kritik! Man kann das leider nicht aussitzen. Ich verstehe auch nicht, warum Sie sich da nicht anders positionieren und warum Sie da vor allem nicht anders agieren. Österreich hätte da ja alle Möglichkeiten, es ist eigent­lich alles angerichtet. Sie könnten, wenn Sie das machen würden, die Nachhaltigkeits­rockministerin sein – über alle Grenzen hinweg. Offenbar interessiert Sie das aber nicht.

Ich sage es noch einmal: Es wäre alles angerichtet. Wir haben beispielsweise in der Landwirtschaft – und der Begriff Landwirtschaft ist oft gefallen – die größte Bioproduk-


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tion weltweit. Den höchsten Anteil an biologisch produzierten Lebensmitteln gibt es hier in Österreich. Wir haben aufgrund der Topografie einen Riesenvorteil. Wir wissen, dass unsere Energieversorgung größtenteils über Wasserkraft abgedeckt werden kann, und wir haben ein Riesenpotenzial bei den alternativen Energieformen, sei es Windkraft, Photovoltaik oder auch die Biomasse, die schon angesprochen wurde. Und wir haben die Konsumentinnen und die Konsumenten: Im internationalen Vergleich muss man einfach sagen, dass die Österreicherinnen und Österreicher sehr umweltbewusst sind. Das geht bei der Mülltrennung los, da gibt es einiges, was in Österreich sehr viel bes­ser als im internationalen Vergleich ist.

Also: Es wäre alles angerichtet. Aber was nützt uns das? Was nützt uns das, wenn das politische Leadership fehlt? Das fehlt da einfach. (Beifall bei den NEOS.) Man muss es so sagen, dass bei der Umweltministerin offenbar schon so etwas wie ein bewusstes Desinteresse gegenüber der Umweltpolitik vorherrscht, wenn es um bestimmte Themen geht. Wir haben sie heute schon vielfach angesprochen, mein Kollege Michi Bernhard hat es gesagt: CO2 im Verkehr. Es wird einfach nicht zum Thema gemacht, und wenn, dann gibt es da irgendwie ein Rumgeschwurbel, wie es eben geheißen hat.

Es gibt noch sehr, sehr viel mehr heiße Eisen in der Umweltpolitik, und eines davon ist die Grünflächenverbauung. Wir alle wissen, Österreich ist immer noch Letzter – leider Weltmeister – im Verbau von Grünflächen: 12 Hektar jeden Tag, und das in einem so kleinen Land wie Österreich! Wenn es hier um Biodiversität geht, wenn es hier um Artenvielfalt geht: Wir alle wissen, dass das die Lebensgrundlage nicht nur von Insek­ten, sondern von ganz, ganz vielen Arten ist. 12 Hektar Land, die uns jeden Tag abge­hen! 12 Hektar Land, die auch in der Landwirtschaft abgehen, weil es teilweise frucht­barer landwirtschaftlicher Boden ist, der da einfach zugebaut wird.

Wie erklären wir das den Menschen, dass wir jeden Tag 12 Hektar verbauen? Dann, wenn Starkregen kommt – ich möchte nicht einmal von Hochwasser reden – und der Boden das Wasser nicht mehr aufnehmen kann – no na net, ist ja auch verbaut –, ist das ein Riesenproblem, das hier einfach nicht in den Vordergrund gerückt wird.

Fragt man dann ganz konkret: Frau Umweltminister, was machen Sie zu diesem The­ma?, dann geht es los: Ja, das ist Ländersache, und wir wirken da positiv ein! (Zwi­schenruf der Abg. Kirchbaumer.) Dann fragt man noch einmal konkret nach, und ich habe das in der letzten Aktuellen Stunde gemacht und habe gefragt: Was ist Ihre Lö­sung für den Verbau, für diesen Fraß, den wir da mit dem Verbau von Grünflächen ma­chen? – Noch einmal: 12 Hektar am Tag! Was kommt dann? – Wärmedämmung! – Ja, Wärmedämmung ist eh ein super Thema. Ich meine, das alles ist ja nicht falsch (Zwi­schenbemerkung von Bundesministerin Köstinger), aber Sie können doch nicht sa­gen: Das ist die Lösung des Problems des Flächenverbaus! – Das ist Wärmedämmung nicht. Ich weiß nicht, ob Sie das jetzt in Tirol auch jemandem erklären, der in einem al­pinen Bereich wohnt, in einem Tal, in dem schon alles verbaut ist, und dann sagen Sie: Ja, die Lösung dafür ist Wärmedämmung! – Super! (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ich glaube, dass das so nicht funktionieren kann, das ist einfach nicht genug. Ich glau­be, dass Ihnen das auch klar ist, Frau Bundesminister. Ich glaube nicht, dass Sie das nicht wissen. Die Frage, die ich mir aber stelle, ist: Wollen Sie nichts tun oder können Sie nichts tun? Ist der Druck von irgendwelchen Pressure Groups, von anderen so groß? Ich weiß es nicht, aber dann lassen Sie sich doch bitte von den konstruktiven Kräften in dieser Regierung, die da sind und gemeinsam mit Ihnen Umweltpolitik be­treiben wollen, helfen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Im Interesse der Menschen, der Biodiversität und des Klimaschutzes wäre es wirklich wichtig, dass wir zusammenarbeiten, denn es ist – verdammt noch einmal – einfach ungerecht, den nachfolgenden Generationen einen kaputten Planeten zu hinterlassen.


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Genau darauf steuern wir im Augenblick aber hin. Ich hoffe doch sehr, dass Sie das auch nicht wollen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und JETZT.)

10.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzin­ger-Vogtenhuber. – Bitte.


10.30.21

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Sehr verehrte Frau Ministerin! Es ist schon mehrmals erwähnt worden, dass erst vor wenigen Wo­chen der Bericht des Biodiversitätsrates vorgelegt worden ist; ein Bericht, für den sich 400 der besten WissenschafterInnen dieser Welt zusammengesetzt und über drei Jah­re hinweg 15 000 Studien durchgeackert und zusammengefasst haben. Frau Ministe­rin, dieser Bericht müsste Ihnen bekannt sein. Ihnen müsste auch bekannt sein, dass es der Natur, seit es den Menschen gibt, noch nie so schlecht gegangen ist wie heute. Daran lässt der Bericht in seinen Facetten ebenfalls keinerlei Zweifel.

Das letzte große Artensterben ist damals durch einen Meteoriteneinschlag ausgelöst worden und nun werden es die Handlungen der Menschen sein, die zu einem ebensol­chen Aufprall führen und, wie wir heute schon gehört haben, zum nächsten großen Ar­tensterben beitragen werden. Da geht es um keine Kleinigkeit, da geht es um Millionen von Tieren, die unwiederbringlich aussterben werden.

Das ist ethisch anstößig, ja, aber wir können etwas dagegen tun, wir müssten diese Maßnahmen nur setzen, politisch setzen. Da geht es darum, mehr Maßnahmen umzu­setzen, als die Europäische Union von uns verlangt, darüber hinaus auch eigene Initia­tiven zu setzen. Es geht um die Basis menschlicher Ernährung, es geht um saubere Luft, es geht um sauberes Trinkwasser. Es geht einfach um alle Ökosystemleistun­gen – das umfasst alles, wo der Mensch auf Leistungen der Natur zurückgreift –, um Wasser, Luft, Pflanzen, Fische, Holz. Es geht auch darum, den Wert der Bestäubung durch Insekten nicht kleinzureden.

Wir können etwas tun, um dieser Zerstörung der Ökosystemleistungen Herr zu werden. Die Autoren des Weltbiodiversitätsberichtes fordern auch eine ganz konkrete Maßnah­me, und diese konkrete Maßnahme wäre, umweltschädliche Staatssubventionen ent­sprechend einzustellen und nicht dazu beizutragen, mit Steuermitteln die Natur aktiv zu zerstören.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür nennen, wo es zu solch umweltschädlichen Sub­ventionen kommt, ein Beispiel, das diese greifbar macht. Stellen Sie sich vor, Sie woh­nen im ukrainischen Dorf namens Oljanyzja! In diesem Dorf wurde mit Subventionen der Europäischen Entwicklungsbank in der Höhe von einer halben Milliarde Dollar – Gelder, die mitunter auch aus Österreich stammen – eine Hühnerfabrik finanziert; 1,5 Millionen Hühner pro Gebäude, 220 Millionen Hühner jährlich, die nach 30 bis 40 Tagen geschlachtet werden und in die gesamte Welt exportiert werden.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Bürger dieses Dorfes und können das Wasser aus Ihrem Brunnen nicht mehr trinken, weil es mit Nitrat, Hühnerkot, Antibiotika und Giftstoffen verseucht ist! Stellen Sie sich vor, Sie können die Luft nicht mehr atmen, da es wegen verwesender Tiere, die am Rande Ihres Dorfes verenden, dort von Lastwägen fallen, jeden Tag zu Hunderten durch das Dorf gekarrt werden, permanent stinkt! Stellen Sie sich vor, all diese Bedingungen machen Sie krank, führen zu Ausschlägen, Sie haben gesundheitliche Probleme, Sie haben Probleme mit der Atmung!

All das, all diese Entwicklungen müssen sich die Bewohner dieses konkreten Dorfes nicht vorstellen, denn das ist Realität. Warum ist es für uns relevant, hier über dieses


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Beispiel nachzudenken und es auch zu überdenken? – Weil die Situation in diesem ukrainischen Dorf auch durch Österreich, durch österreichische Mittel, durch die Euro­päische Union und durch Förderungen und Subventionen der Europäischen Entwick­lungsbank herbeigeführt wird. (Abg. Belakowitsch: Das sind die Segnungen der Glo­balisierung ...!)

Ja, es führt auch in Österreich zu Verlierern. Ich möchte an meine Vorrednerin Carmen Jeitler-Cincelli appellieren: Sie haben die Gesundheit Ihrer drei Kinder erwähnt. Ja, ich möchte auch auf die Gesundheit Ihrer drei Kinder zu sprechen kommen, denn sie wissen nicht, welche Art von Hühnerschnitzel sie auf dem Teller haben, wenn sie sich nicht bewusst für bio entscheiden. (Zwischenruf der Abg. Jeitler-Cincelli.) Der Konsu­ment weiß, wenn er in ein Lokal geht, am Ende des Tages nicht, welche Art von Fleisch ihm vorgesetzt wird und ob ihm oder seinem Kind vielleicht sogar ein Hüh­nerschnitzel aus dieser ukrainischen Massenproduktion vorgesetzt wird. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

Frau Ministerin, kümmern Sie sich um eine ordentliche Kennzeichnung genau dieser Lebensmittel! Tragen Sie dazu bei, dass die österreichische Bevölkerung diesbezüglich eine Entscheidungsmöglichkeit hat! Und tragen Sie auch dazu bei, dass es auf euro­päischer Ebene und natürlich auch auf österreichischer Ebene zu keinerlei Subven­tionierungen derartiger Machenschaften mehr kommt! Es ist der österreichische Kon­sument, der im Fokus stehen muss, es ist die österreichische Umwelt, es ist die Luft weltweit, es sind die Gewässer weltweit, es ist die Gesundheit. Ganz am Ende dieser Kette steht auch noch – weil das angekreidet worden ist – der österreichische Landwirt, dem Sie mit diesen Maßnahmen den Boden unter den Füßen entziehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): Dieser Landwirt kann gegen diese subventionierte Massenproduktion – und das ist mein Schlusssatz – den Konkurrenzkampf nicht aufnehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie der Abg. Friedl.)

10.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Biß­mann. – Bitte.


10.35.53

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Einen schönen guten Morgen, liebe Anwesende im Saal und vor den Bildschir­men! Geschätzte Frau Bundesministerin! Die Klimakrise, die Überlebensfrage der Mensch­heit: In Österreich beginnt sie im Bundeskanzleramt. Wir haben an der Spitze Öster­reichs keinen Unternehmer, sondern einen Unterlasser in Sachen Klimaschutz.

Es ist mir wirklich ein großes Rätsel, warum sich unser Bundeskanzler derart stur und vehement dagegen verwahrt, das Potenzial zu sehen, das durch die Bewältigung der Klimakrise entsteht, und die Transformation hin zu einer grünen Zukunft als riesige Chance zu nutzen. Die Fakten sprechen dafür und es kommt auch gerade sehr viel in Bewegung – die Jugend, die Wirtschaft und die Kirche.

Die Wirtschaft ist definitiv bereit für Klimaschutz. Hunderte Unternehmen und Konzerne unterschrieben 2018 offene Briefe an die Regierungen der Welt – auch an Österreichs Regierung –, mit der klaren Aufforderung zu mehr Mut im Klimaschutz. Darunter sind die Erste Bank, Canon, Magenta, Ikea, Expert, Philips, Rewe, Spar, Vaillant, Metro, Accenture, Allianz, Bloomberg, Carlsberg, Danfoss, die Deutsche Post, Heineken, Schneider Electric, Unilever und viele, viele mehr. Bosch, das globale Industrieunter­nehmen mit 400 Standorten weltweit, wird schon nächstes Jahr freiwillig komplett CO2-neutral.


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Fridays for Future lässt unsere Jugend als Sprachrohr der Wissenschaft zu Zigtausen­den auf die Straße gehen; sie führen zum Teil auch hier im Parlament ihre Aktionen durch.

Selbst die Kirche spricht sich für Klimaschutz aus. Die Klimaenzyklika unseres Papstes Franziskus, „Laudato sì“, ist ein 200 Seiten starkes Manifest für ambitionierten Klima­schutz in Verbindung mit der sozialen Frage.

Hans Joachim Schellnhuber, Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, spricht von einem Kraftdreieck aus Jugend, Kirchen und Wissenschaft.

Abgesehen von diesen positiven Kräften wird ja der Druck auf die Regierungen auch immer stärker. Aber warum kommt denn unser Bundeskanzler dann noch immer nicht in die Gänge? Ist das wegen der Abhängigkeiten von Spendern und Lobbyisten einiger weniger Konzerne, die sich mit einer letzten Anstrengung noch einmal aufbäumen wie die Dinosaurier kurz vor dem Aussterben, um ein überholtes Macht-, Wirtschafts- und Energiesystem zu verteidigen? Sind die Abhängigkeiten tatsächlich noch so groß? Ist unser Bundeskanzler da wirklich so handlungsunfähig? Ich frage mich schon, warum Sebastian Kurz nicht auf die OMV einwirkt, denn immerhin ist dieser Energiekonzern zur Hälfte im Besitz des Staates Österreich. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

Der dänische Energiekonzern EarthStat hat das übrigens vorgelebt, das fossile Ge­schäftsfeld komplett abgestoßen und ist heute einer der größten Investoren in erneu­erbare Energieprojekte weltweit. Ja, es gehören natürlich schon Mut und die Fähigkeit dazu, in großen Zusammenhängen zu denken, denn Klimawandel ist tiefgreifender Systemwandel. Es geht nicht um CO2, es geht um die größte soziokulturelle und öko­nomische Transformation der Menschheit seit der ersten industriellen Revolution.

Geschätzte Frau Ministerin, wie auch immer, ich sehe Sie als Verbündete in diesem spannenden und wichtigen Transformationsprozess hin zu einer Postwachstumsöko­nomie, einer nachhaltigen Wirtschaft. Sie selbst haben letzten Sonntag in der „ZIB“ von der ökosozialen Marktwirtschaft gesprochen. Zu meiner Vorrednerin Carmen Jeitler-Cincelli: Ja, es war Josef Riegler, der Ex-ÖVP-Vizekanzler, der den Begriff der ökoso­zialen Marktwirtschaft geprägt hat. Ich habe ihn allerdings einmal persönlich gefragt, ob Österreich in seinen Augen schon eine ökosoziale Marktwirtschaft ist, und er hat es mit der Begründung, dass es dazu noch eine tiefgreifende ökosoziale Steuerreform braucht, verneint.

Was mir an Ihrem Interview gefallen hat, Frau Ministerin: Sie haben zum ersten Mal – zumindest in meiner Wahrnehmung – ganz klar von der Verantwortung gesprochen, die die Regierung in puncto Klimaschutz wahrnimmt. Haben Sie eigentlich manchmal das Gefühl, bei diesem Bundeskanzler und bei diesem Verkehrsminister – Ihrem Kolle­gen, der Tempo 140 auf Autobahnen einführt – gegen Windmühlen zu kämpfen?

Seien Sie sich aber sicher, liebe Frau Ministerin: Hinter Ihnen steht eine breite, starke Allianz. Bei jedem Millimeter, den Sie sich weiter aus dem Fenster lehnen, als der Kli­makurs der Regierung es Ihnen eigentlich erlaubt, werden Sie von der gesamten pro­gressiven Klimawissenschaft, von den VertreterInnen der Wirtschaftswissenschaften, von einem großen Teil der Wirtschaft, von Zigtausenden SchülerInnen und Studieren­den der Fridays-for-Future-Bewegung, von den Umwelt-NGOs, der gesamten Erneuer­bare-Energie-Branche, der Bioökonomie, des Bioniksektors und überhaupt von der schnell wachsenden Nachhaltigkeitsbranche, von Arnold Schwarzenegger bis zu unse­rem Bundespräsidenten, unterstützt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!



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Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (fortsetzend): Gemeinsam könnten Sie mit ihnen die #mission 2030 zu einer weltweiten Mission machen. Packen wir es doch an, Politikerinnen und Politiker der Zukunft! – Vielen Dank.

10.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesmi­nister. – Bitte.


10.41.29

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich noch einmal kurz zu Wort gemeldet, weil ich die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Bernhard, der mich der Lüge bezichtigt hat, wirklich als eine absolute Ungeheuerlichkeit emp­finde. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Loacker: Dann dürfen Sie halt nur wahre Din­ge sagen!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich habe dieses Thema bewusst bereits in meinem Einführungsstatement aufgegriffen. Sie haben im Ausschuss die Frage gestellt, warum wir uns dieser aktuellen Initiative nicht angeschlossen haben, und ich habe Ihnen ei­gentlich auch relativ ausführlich erklärt, was der Hintergrund ist. Das Ziel, das Frank­reich mit dieser Initiative anstrebt, haben wir bereits national in unserer Klima- und Energiestrategie verankert, und das Ziel an sich ist Klimaneutralität bis zum Jahr 2050. (Ruf bei den NEOS: Das stimmt einfach nicht! Nein, nein, nein! – Abg. Rossmann: Das ist doch ein billiges Ablenkungsmanöver, Frau Ministerin! – Abg. Loacker: ... was der Rossmann sagt!)

Wir diskutieren zurzeit auf europäischer Ebene unterschiedliche Szenarien, wie wir die­ses Ziel erreichen. Nicht alle Staaten der Europäischen Union schließen sich über­haupt dem Ziel an, Österreich ist beim Ziel dabei. Wir wollen aber nicht, dass unter dem Deckmantel des Klimaschutzes der Atomkraft in Europa wieder der rote Teppich ausgerollt wird, und das war auch mit ein Grund. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn Sie dann einen einzigen Satz herausziehen, dann würde ich wirklich bitten, dass Sie so anständig sind, die gesamte Debatte zuzulassen. Ich habe gesagt, mit ein Grund, warum wir das nicht unterzeichnet haben, war, weil sich Länder weigern, über ein 100-Prozent-Erneuerbare-Energie-Szenario zu diskutieren beziehungsweise das auch zu verankern. Wir wollen nicht, dass Atomkraft bei der Erreichung der Klimaziele angerechnet wird. Das ist ein Richtungsstreit, den wir zurzeit haben. Ich möchte noch einmal darum bitten, das nicht zu unterschätzen, aber ich lasse mich von Ihnen nicht beleidigen und mir nicht sagen, ich hätte im Ausschuss gelogen, was diese Initiative betrifft.

Sie haben behauptet, es seien vier von acht Ländern; es sind fünf Länder – ich be­zichtige Sie jetzt auch nicht der Lüge –, es sind Frankreich, Belgien, die Niederlande, Schweden und Spanien. Was wir zurzeit bei dieser Debatte sehr wohl erleben, ist, dass die Laufzeit von Atomkraftwerken verlängert werden soll, dass sie ausgebaut werden sollen und dergleichen. Dem werden wir uns nicht anschließen – jetzt nicht und in Zukunft nicht –, aber wir werden alles dafür tun, unsere Klimaneutralität herzustellen, und das auf europäischer Ebene auch unterstützen, mit dem klaren Anspruch, 100 Pro­zent Strom aus erneuerbarer Energie zu beziehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rossmann: Das sind Halbwahrheiten, die Sie da von sich geben! Halbwahrheiten! Viertelwahrheiten! Fake News permanent!)

Erlauben Sie mir auch noch zu sagen, warum mich das so ärgert: Wir sind ja bei all diesen Debatten sehr, sehr vieles gewohnt. Mich wundert das vor allem vonseiten der NEOS, denn ich habe Sie in den letzten Monaten wirklich als konstruktive Opposi­tionspartei wahrgenommen. Bei der SPÖ wundert es mich nicht, denn da sind Beleidi-


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gungen und Untergriffe wirklich an der Tagesordnung. (Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Rendi-Wagner: Was soll das? – Abg. Leichtfried: Herr Präsident!) Die NEOS aber haben sich wohltuend davon abgehoben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Leichtfried: Herr Präsident! – Abg. Rendi-Wagner: Unglaublich! – Abg. Rosenkranz: 9.05 Uhr, heutige Debatte! Beleidigungen und Untergriffe! – Zwischenrufe der Abge­ordneten Meinl-Reisinger und Vogl.)

Ihnen sage Ihnen auch ganz ehrlich, ich bin sehr froh, wenn dieser Wahlkampf wieder vorbei ist, denn dann ziehen hoffentlich wieder ein bissl Niveau und Normalität ins Hohe Haus ein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Efgani Dönmez. – Bitte.


10.45.03

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, es wäre schön, wenn der Wahlkampf vorbei wäre, denn dann könnten wir uns den Themen vielleicht wieder ein bissl sachlich annähern.

Sehen wir uns den weltweiten Flugverkehr an: Dieser ist für 2 Prozent der Emissionen verantwortlich. Sehen wir uns die weltweite Zementproduktion an: Sie ist für 4 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Sehen wir uns den Bausektor, die Bauin­dustrie an: Dieser Bereich ist für 10 Prozent der Emissionen verantwortlich. Kein Mensch, der noch einen Funken Vernunft im Kopf hat, wird hergehen und sagen: Die Menschen sollen ihre Verwandten nicht mehr besuchen können, nicht mehr auf Urlaub fliegen können! Wir sollen keine Wohnungen und keine Häuser mehr bauen! – Nein, das ist nicht der richtige Weg, und der wird auch das Problem, vor dem wir stehen – das hausgemacht und selbstgemacht ist –, nicht lösen.

Der EU-Bürger emittiert im Durchschnitt 11,6 Tonnen CO2 pro Jahr. Methan, Stickoxide und das Ozon sind da miteingerechnet. Der Klimawandel ist ein Problem der modernen Zivilisation, das ist unbestritten. Der Klimawandel ist historisch betrachtet nicht das Er­gebnis des Fehlverhaltens von Individuen, sondern einer inzwischen globalen Wirt­schaftsweise, die aus ihrer inneren Logik heraus ihre Produktion Jahr für Jahr steigern muss. Seit dem Beginn der industriellen Revolution gründet sich dieses Wirtschafts­wachstum auf die Verbrennung von fossilen Energieträgern in sämtlichen Bereichen der Wirtschaft.

Wenn der Klimawandel eine Folge des Wirtschaftssystems ist, braucht es politische Entscheidungen, die dieses System radikal verändern. Die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger – wie Kohle, Erdöl, Gas, Benzin und Die­sel – machen in Österreich knappe 80 Millionen Tonnen pro Jahr an CO2-Ausstoß aus. Jede Tonne CO2, die der Mensch in die Atmosphäre einbringt, lässt 3 Quadratmeter Eis in der Arktis schmelzen. Wir sollten und müssen handeln, und zwar vorher schon und nicht erst, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, und daher sehe ich auch die geschätzte Frau Ministerin als Verbündete.

Auch betreffend unseren Wirtschaftsstandort, unsere hervorragenden Firmen, die im Bereich der erneuerbaren Energien schon sehr viel Know-how haben, sehe ich unsere Aufgabe als Politiker darin, dieses Know-how und diese Technik, die wir haben, auch in andere Länder zu transferieren, damit die nicht die gleichen Fehler machen wie wir. Unsere Aufgabe ist es, hier die Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich habe an dieser Stelle schon mehrmals gesagt, dass wir vom Denken dieser Entwicklungshilfepolitik, die eigentlich mehr Probleme schafft, als Probleme löst, wegmüssen. Wir müssen hin


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zu wirtschaftlichen Partnerschaften auf Augenhöhe. Gerade wir in Oberösterreich ha­ben hervorragende Betriebe, die im Ökoenergiebereich tätig sind, die herzeigbare Ko­operationen mit der Kepler Universität Linz, mit der Fachhochschule Oberösterreich in Wels im Bereich Öko- und Umwelttechnik haben.

Wichtig ist, dass wir noch mehr Gelder für Forschung und Entwicklung in die Hand nehmen, damit wir dieses Know-how, diese Technologien auch in andere Länder ex­portieren können, damit wir auch dort Arbeitsplätze schaffen. Ein Kollege hat es vorhin schon gesagt: Wenn wir die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft, für die Firmen noch weiter verschärfen und die Schrauben anziehen, wird eines passieren, nämlich dass sie ihre Produktion in andere Länder verlegen – wo es kaum irgendwelche Maß­nahmen und Auflagen gibt – und Arbeitsplätze auch ins Ausland abwandern werden. Ich glaube nicht, dass das im Interesse von irgendjemandem hier herinnen ist.

In diesem Sinne, sehr geehrte Frau Ministerin, herzlichen Dank für Ihr außerordentli­ches Engagement gegen den Ausbau und die weitere Finanzierung der Atomkraft. Das ist wirklich ein sehr drängendes Thema, das vielen, vielen Menschen unter den Nägeln brennt. – Danke für Ihre Bemühungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bedanke mich bei Frau Minister Köstinger recht herzlich.

10.50.13Aktuelle Europastunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Ordnung, gute Lebensperspektive und Hausverstand: Ein neuer Vertrag für die Zukunft Europas“

Ich begrüße die Mitglieder des Europäischen Parlaments Othmar Karas, Evelyn Reg­ner und Harald Vilimsky. Ich begrüße unseren Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien Gernot Blümel, und ich darf der als Ersten zu Wort Gemeldeten, Frau Ab­geordneten Winzig, das Wort erteilen. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


10.50.49

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union ist meiner Meinung nach eine Wertegemeinschaft. Ihre Ziele – Freiheit, Frieden und vor allem auch Wohlstand – haben bis heute nichts an Gültigkeit verloren. Wer die Europäische Union jedoch verneint, verweigert die globale Realität, denn seit unserem EU-Beitritt 1995/1996 hat sich die Welt um uns gravierend verändert. Man kann es nicht stoppen, man will es auch nicht stoppen, aber wir müssen aktiv mitgestalten.

Österreich hat von dieser Europäischen Union außerordentlich profitiert, aber es ist auch erlaubt, in die Zukunft zu blicken. Daher werden wir uns für eine Weiterentwick­lung dieser Europäischen Union einsetzen; einerseits für eine zeitgemäße Organisa­tionsstruktur und andererseits für eine Themensetzung, die sich auf die großen aktuel­len Herausforderungen, die einer Lösung bedürfen, konzentriert.

Zur Organisationsstruktur: Ja, jede Gemeinschaft braucht eine zeitgemäße Ordnung mit klaren Spielregeln und Sanktionen. Der Vertrag von Lissabon stammt aus dem


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Jahr 2007 – einer Zeit vor der Schuldenkrise, vor der Finanzkrise, vor der Migrations­krise, vor der Klimakrise und vor dem Brexitchaos. Es ist sicherlich an der Zeit, darüber nachzudenken, was wir aus dieser Vergangenheit lernen und wie wir das Haus Europa auf ein neues Fundament stellen können. Daher: Wer mit einer verantwortungslosen Schuldenpolitik den Euro riskiert, wer illegale Migration und Schlepperei zulässt und wer unseren Wertekodex Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie infrage stellt, der wird künftig mit Sanktionen rechnen müssen.

Hausverstand vor Amtsverstand ist das Motto dieser Bundesregierung, und das muss auch mehr auf der europäischen Ebene Einzug halten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ge­lebte Subsidiarität, das heißt, Entscheidungen auf jenen Ebenen zu treffen, wo sie am besten für die Menschen sind, sichert ein bürgernahes Europa. Institutionen zu ver­schlanken und Gesetze mit Ablaufdatum zu versehen, das reduziert die überbordende Bürokratie, die uns in so vielen Fällen zu schaffen macht, vor allem in unserer klein­strukturierten Wirtschaft und Landwirtschaft.

Es braucht nicht nur eine neue Ordnung, sondern, wie schon erwähnt, auch neue the­matische Ausrichtungen. Vergessen wir die Detailverliebtheit, fördern wir die Eigenver­antwortung in allen Lebensbereichen und konzentrieren wir uns auf das, was wir als einzelnes Land nicht allein lösen können, was aber Voraussetzung für eine gute Le­bensperspektive ist!

Was sind die großen Themen der Zukunft? – Natürlich unsere Wettbewerbsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die politi­schen Alphawölfe dieser Welt, von Putin über Trump bis Xi Jinping, haben kein großes Interesse an einem wirtschaftlich starken Europa, und wir wollen auch nicht in eine Sandwichposition zwischen Made in China und Silicon Valley gelangen. Kämpfen wir für Bürokratieabbau! Kämpfen wir für Anstrengungen in Forschung und Entwicklung sowie die unbürokratische schnelle Implementierung der Ergebnisse in die Wirtschaft und kämpfen wir für die Mobilisierung von Fachkräften, aber auch für erfolgreiche Han­delspartnerschaften! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Eine dieser vernünftigen Handelspartnerschaften, für die ich mich auch sehr lange ein­gesetzt habe, ist das Abkommen der EU mit Kanada, und ich bedanke mich beim Herrn Bundespräsidenten, dass er dieses Abkommen jetzt auch unterzeichnet hat. Dieses Abkommen ist seit 21.9.2017 in Anwendung – und wir haben einen Exportzu­wachs in der Höhe von 24,4 Prozent zu verzeichnen, was vor allem unseren Klein- und Mittelbetrieben in Landwirtschaft und Wirtschaft zugutekommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein großes Thema ist auch die Sicherheit. Sichern wir unsere Außengrenzen, damit wir in der Europäischen Union wieder Freiheit und offene Grenzen haben, und bekämpfen wir Korruption und organisierte Kriminalität, denn auch diese machen vor den Grenzen nicht halt!

Große Themen, die im Rahmen der Ratspräsidentschaft schon angegangen wurden, sind Migration und Entwicklungszusammenarbeit. Wir wissen: Afrika wächst pro Jahr um 50 Millionen Einwohner. Wir wissen auch: Wenn wir vor Ort nichts unternehmen, keine Lebensgrundlage schaffen, dann wird dieser Migrationsstrom weiterhin Richtung Europa gehen – wohin denn sonst?! Der EU-Afrika-Gipfel war ein sehr erfolgreicher Start für eine koordinierte Entwicklungszusammenarbeit. Bildung und Investitionen eu­ropäischer Betriebe in die Infrastruktur vor Ort sichern die Lebensgrundlage vieler Men­schen in Afrika.

Auch der heute schon erwähnte Klimaschutz und erneuerbare Energien sind Themen, die nicht allein von einem Land angegangen werden können. Ich wehre mich gegen das Industriebashing, das ich heute schon gehört habe, denn es braucht genau diese


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Zusammenarbeit von Forschung und Industrie. Wer sonst sollte die Ergebnisse aus den Forschungen in diesem Bereich umsetzen?! Das kann nur die Industrie machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Weiters braucht es die Schaffung einer Energieunion. Wir müssen anderen Ländern die Möglichkeit für den Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft bieten.

Ja, es ist viel zu tun. In Oberösterreich leben wir das Motto: Z’sammhalten und anpa­cken! Ich setze mich für ein selbstbewusstes, starkes Europa ein, das nach außen ge­schlossen auftritt und das Platz für die Vielfalt unserer Regionen hat, für ein Europa, das sich auf große Themenbereiche konzentriert, die Detailverliebtheit reduziert und sich somit in die Herzen der Bürgerinnen und Bürger Europas integriert.

Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher, nehmen Sie bitte an der Wahl teil! Ich würde mich über Ihre Unterstützung freuen: ÖVP ankreuzen und Winzig hinschreiben. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf noch einmal, sollte es untergegangen sein, die Abgeordneten zum Europäischen Parlament Karas, Regner und Vilimsky herz­lich in unserer Mitte begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf auch recht herzlich die Schülerinnen und Schüler der HTL Pinkafeld hier im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Blümel. Ich darf es ihm erteilen.


10.58.11

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie, herzlich willkommen zu einem aus meiner Sicht sehr wichtigen Thema, nämlich: Wie geht es mit unserer gemeinsamen Europäischen Union weiter? Die Zukunft dieser Union wird gerade jetzt vor der Europawahl viel diskutiert. Im öffentlichen Fokus steht dieses Thema jetzt mehr, was gut ist, es war aber auch schon in den letzten Jahren immer wieder am Ta­pet, und genau darauf möchte ich ein wenig eingehen.

Die Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union läuft seit Jahren, wenn nicht sogar ständig. Bereits beim Gipfel in Bratislava im September 2016 haben die Staats- und Regierungschefs beschlossen, an einer neuen Vision für das gemeinsame Europa zu arbeiten. Sie können sich sicherlich alle noch an das Weißbuch von Jean-Claude Juncker erinnern, in dem er in fünf Szenarien präsentiert hat, in welche Richtung sich die Union weiterentwickeln kann. Das hat auch einen Fahrplan beinhaltet (Abgeordnete der SPÖ unterhalten sich in den Bankreihen) – der die Opposition nicht zu interes­sieren scheint, weil da niemand aufpasst; dann erkläre ich es gerne für die anderen Abgeordneten und natürlich auch für die ZuseherInnen auf der Galerie.

Es geht darum, dass in diesem Weißbuch auch klargemacht worden ist, in welchen Prozessschritten sich die Union weiterentwickeln kann. Ratspräsident Donald Tusk hat für letzte Woche einen Gipfel in Rumänien, in Sibiu, angesetzt gehabt, bei dem genau das diskutiert werden sollte: die Zukunft der Union mit konkreten Vorschlägen, um das in eine strategische Agenda zu packen, die dann im Juni präsentiert werden soll.

Der österreichische Bundeskanzler hat dort die Vorschläge der Bundesregierung, wie ein neuer EU-Vertrag vielleicht aussehen könnte, eingebracht und dabei drei Prinzipien festgelegt: Ordnung für Europa – das heißt: die Regeln, die es gibt, sollten wir einhal­ten –; Hausverstand – das heißt: die Regeln, die wir nicht mehr brauchen, die wir nicht mehr anwenden, sollten wir abschaffen –; und wir sollten den Anspruch an dieses Eu-


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ropa und an uns selbst haben, dass der Wohlstand langfristig gesichert ist und dass Europa ein Global Player bleibt. All das wollen wir bei der künftigen strategischen Agenda implementieren, damit es auch zum Teil des Zukunftsdebattenprozesses wird. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Diese Vorschläge sind ja – auch wenn das derzeit immer wieder gesagt wird – eigent­lich nicht neu, denn Österreich hat sich von Beginn an an dieser Diskussion beteiligt und auch während der Ratspräsidentschaft, die wir im zweiten Halbjahr des letzten Jahres innehatten, intensiv an Vorschlägen mitgearbeitet. Ich darf an dieser Stelle als Beispiel die Subsidiaritätskonferenz nennen, die in Vorarlberg stattgefunden hat. Wir haben Szenario 4 des Weißbuches in der Bundesregierung als Zielrichtung beschlos­sen und gesagt: „Weniger, aber effizienter“. Das heißt, die Union soll sich in den Be­langen zurücknehmen, die Nationalstaaten besser regeln könnten, und dafür in jenen Bereichen, in denen es ein gemeinsames Europa braucht, stärker agieren können. Die Ergebnisse der Konferenz von Bregenz sind auch allgemein zur Kenntnis genommen worden.

Das heißt aber auch, dass wir in den nächsten Jahren in Europa die Anzahl an Geset­zen reduzieren wollen. Wir sagen: Warum nicht tausend Gesetze weniger? – Das fordert einer der Spitzenkandidaten der europäischen Parteien, und ich kann mich erin­nern, dass viele gesagt haben, das gehe doch nicht, das sei zu viel, und gefragt haben, wie denn das funktionieren solle. Das hat mich sehr an die Situation erinnert, als wir in dieser Bundesregierung zu arbeiten begonnen haben und gesagt haben, wir wollen auch in Österreich deregulieren, wir wollen auch in Österreich Gesetze abschaffen, die nicht mehr gebraucht werden. Da haben auch viele gesagt, dass das doch alles nicht gehe, dass es schwierig sei. Was haben wir getan? – Wir haben im letzten Jahr zwei­einhalbtausend Rechtsvorschriften abgeschafft. (Die Abgeordneten Meinl-Reisinger und Schellhorn: Tote Gesetze!) – So setzt man Dinge um, die man ankündigt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Schellhorn: Das stimmt ja nicht!)

Ich habe davor viele getroffen, die gemeint haben, das sei nicht möglich. Ich habe da­nach niemanden getroffen, der gesagt hat: Das war nicht gut, das eine oder andere hätten wir noch gebraucht! – Es ist richtig so, und das wollen wir auch auf europäischer Ebene machen.

Es gibt auch noch drei weitere konkrete Punkte, in denen wir für Änderungen eintreten: Es braucht zum Beispiel klare Sanktionen gegen Staaten, die übertriebene Schulden­politik betreiben. Wir wissen mittlerweile, wozu es führen kann, wenn Staaten in einer gemeinsamen Währungsunion sich ständig neu verschulden. Das ist kein Kavaliers­delikt, da braucht es klare Sanktionen. Man kann nicht ständig mehr ausgeben, als man einnimmt. Da braucht es Konsequenzen, meine sehr geehrten Damen und Her­ren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Genauso kann es nicht sein, dass Staaten eine Politik verfolgen, die lautet: Illegale Migranten werden einfach weitergewunken! – Damit wird eigentlich struktureller Rechts­bruch begangen. Auch das kann nicht sein, da braucht es Konsequenzen.

Auch wenn es Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit gibt, ist das kein Kavaliersdelikt. Im Allgemeinen Rat haben wir momentan zwei Artikel-7-Verfahren, eines gegen Ungarn, eines gegen Polen. Als Vorsitzender dieses Rates während unserer Ratspräsident­schaft lag es auch an uns, das voranzutreiben, und das haben wir auch getan. Wir ha­ben aber auch gemerkt, wie zahnlos es manchmal sein kann und wie wichtig es wäre, auch die unabhängigen Gerichte miteinzubeziehen, wenn es um die Bewertung von Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit geht, damit es dann auch zu klaren Konsequen­zen kommt.


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Grundprinzip sollte sein: Regeln, die es gibt, sollen angewendet werden – und wenn man sie nicht anwendet, dann sollen sie abgeschafft werden. Das ist Politik mit Haus­verstand, auch auf europäischer Ebene, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir begehen in diesem halben Jahr drei Jubiläen, die für die Geschichte der Europäi­schen Union und damit auch für die Geschichte Österreichs sehr relevant sind: 30 Jah­re Fall des Eisernen Vorhanges, 25 Jahre EU-Volksabstimmung und somit den Beitritt Österreichs zur Union und 15 Jahre Erweiterung in Richtung Osten; 2004 ist Österreich dann endgültig wieder vom Rand in die Mitte des gemeinsamen Kontinents gerückt.

Wir haben natürlich die Frage gestellt, was diese Mitgliedschaft konkret gebracht hat; wir haben eine eigene empirische Untersuchung angesetzt. In allen Bereichen, in de­nen wir nachgefragt haben, kommt heraus, dass Österreich auf allen Ebenen sehr von dieser Mitgliedschaft profitiert hat. Der Wirtschaftsstandort ist so attraktiv wie nie. Die Direktinvestitionen aus den anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union haben sich seit der Mitgliedschaft verzehnfacht. Die Exportnation Österreich ist stark wie nie, die Exporte Österreichs innerhalb der Europäischen Union haben sich vervierfacht und außerhalb der Union verdreifacht. Exporte und Investitionen führen bekanntlich zu Wachstum und sicheren Arbeitsplätzen, deswegen ist das ein guter Weg, den wir auch weiter beschreiten wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Damit diese Erfolgsgeschichte fortgeschrieben werden kann, darf nicht alles bleiben, wie es ist. Die Welt ist im Wandel, alles entwickelt sich weiter, deswegen müssen wir auch unsere gemeinsame Union weiterentwickeln. Die Vorschläge des Bundeskanzlers sind dazu gedacht, dieses gemeinsame Europa weiterhin stark und erfolgreich für uns alle zu halten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.06


Präsidentin Doris Bures: Wir gehen in die Debatte ein, und ich mache darauf auf­merksam, dass alle Rednerinnen und Redner in dieser Debatte eine Redezeit von 5 Minuten haben.

Als Erster zu Wort gelangt das Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Ka­ras. – Bitte. (Abg. Jarolim: Ich hoffe, es kommt noch etwas mehr als Hausverstand vom Herrn Kurz! Das ist mir ein bissel wenig, nur der Hausverstand!)


11.06.34

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Othmar Karas, MBL-HSG (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Da­men und Herren, die uns heute zusehen und zuhören! Das europäische Projekt ist ein erfolgreiches Projekt. Wir dürfen uns aber nicht zurücklehnen. Das Projekt ist nicht fertig, und daher sollten wir alles daransetzen, die Mitte, die Mehrheit in der Mitte, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Österreichs und der Europäischen Union zu mo­bilisieren, damit wir uns wieder die Zukunft zum Freund oder zur Freundin machen und nicht links oder rechts abbiegen, sondern mit beiden Augen nach vorne blicken. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich und die Europäische Union bedingen einander, und die Zukunft Österreichs ist engstens mit der Zukunft der Europäischen Union verbunden. Es ist wichtig, dass wir uns als Teil dieser Gemeinschaft empfinden. Es ist wichtig, dass wir alle uns mitver­antwortlich für die Zukunft Österreichs und der Europäischen Union fühlen. Die Staats­bürgerschaft in Österreich bedingt auch die europäische Bürgerschaft. Österreich und Europa gehören zusammen.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir endlich zur Kenntnis nehmen, dass wir vor neuen Herausforderungen stehen, die wir nicht mit Schuldzuweisungen bewältigen


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können, sondern nur mit Mut und mit politischem Willen, den bestehenden Vertrag hundertprozentig umzusetzen, die Spielräume des bestehenden Vertrages zu nützen, die Blockaden zu beseitigen und die Grenzen zu überwinden. Wir stehen vor großen Herausforderungen, der Herausforderung der technologischen und technischen Ent­wicklung, jener des demografischen Wandels und des Klimawandels, und wir registrie­ren eine politische Machtverschiebung vom Westen Richtung Asien.

Glaubt jemand in diesem Saal, dass wir die Globalisierung, dass wir die Digitalisierung, dass wir die Reduzierung des Energieverbrauches, dass wir den Klimawandel, dass wir die neuen sicherheitspolitischen Bedrohungsbilder, dass wir die Fluchtursachen, dass wir den Kampf gegen Steueroasen allein bewältigen können? (Abg. Noll: Das müssen Sie Ihren Koalitionspartner fragen! – Zwischenruf des Abg. Rossmann.) – Ich glaube das nicht. Wir werden das alles nur in einem neuen und entschlossenen Mitein­ander in Österreich und in der Europäischen Union bewältigen können. Wir werden nur gemeinsam Lösungen finden können, wollen wir nicht zum Spielball der Machtblöcke in Russland, Amerika, China und Indien werden. Europa braucht ein neues Miteinander! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher bin ich sehr froh darüber, dass der Herr Bundeskanzler auch gesagt hat, wir brauchen den Mut, uns dort, wo die bestehenden Regeln und die bestehenden Verträ­ge unsere Handlungsfähigkeit einengen, endlich auch eine Vertragsänderung zuzu­trauen. Bisher hat es nämlich immer geheißen: Nicht anrühren! Hat keine Mehrheit! Dürfen wir nicht machen! – Wir müssen die alten Zöpfe abschneiden, wollen wir mutig in die Zukunft gehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, diese Zukunftsdebatte darf aber nicht ohne Bürgerinnen und Bürger stattfinden, daher schlage ich vor, dass auch wir als Parlamentarier mit dazu beitragen, dass in allen Gemeinden unseres Landes Bürgerforen über die Zukunft Europas stattfinden, dass wir uns diese Zukunftsdebatte selbst zum Anliegen machen und dass wir die Meinungen der Bürger und Bürgerinnen in einem Reformvertrag bün­deln, den wir spätestens mit der nächsten Europaparlamentswahl in einer europawei­ten Volksabstimmung – Mehrheit der Staaten, Mehrheit der Bürger – zur Abstimmung bringen. Das würde Aufbruchsstimmung erzeugen, das würde Mut für die Zukunft ma­chen und das würde die Mitte mobilisieren, die Zukunft gestalten will. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: Da kann sich die Frau Köstinger etwas abschneiden von der Re­de, die wir gerade gehört haben! – Abg. Höbart: Von deinen Reden kann sich niemand etwas abschneiden! – Abg. Wöginger: Von deinen Reden kann sich keiner etwas abschneiden! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Andreas Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.11.41

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehern! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie die Zukunft Europas und der Europäischen Union ausschauen wird, ist offen, und zwar nicht nur offen, weil die Zukunft an sich offen ist und wir aufgerufen sind, sie zu gestalten, sondern weil die Gefahr so groß wie noch nie ist, dass auch diese europäische Einigung wieder kaputtgemacht wird.

Die Rechten und Rechtsextremen in Europa haben sich zu dieser Mailänder Bande zu­sammengeschlossen, bei der Frau Le Pen, die AfD aus Deutschland, Herr Salvini und auch die FPÖ aus Österreich dabei sein wollen, in der Leute sitzen, die politische Pro­gramme haben (Abg. Stefan: ... Bazillus ...!), die besagen, dass das Europaparlament kaputt gemacht werden soll, dass der Euro ein Fehler ist und dass man die Europäi-


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sche Union zerstören soll. Das halte ich für einen schweren Fehler. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, ich halte es für mindestens genauso gefährlich, wenn der österreichische Bundeskanzler sich hinstellt und sagt, es wäre höchste Zeit, dass wir uns endlich aus dieser unerträglichen Bevormundung durch die Europäische Union befreien. – Was ist denn das für eine Sicht auf Europa? Was ist denn das für eine Sicht des Bundeskanzlers auf die eigene Arbeit, eines Bundeskanzlers, der nach Brüssel fährt und diese tausend Verordnungen dort selbst beschließt, um dann zu­rückzukommen und zu sagen: Ich habe mich dort jetzt selbst bevormundet und selbst gefesselt, bitte helft mir wieder heraus!? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.) Das ist nicht nur skurril, sehr geehrte Damen und Herren! Genauso, wie es lächerlich und skurril ist, ist es politisch gefährlich, weil es nämlich Wasser auf die Mühlen jener europäischen Rechten und Rechtsextremen ist, die Europa nur zerstören wollen.

Worum geht es denn wirklich bei der Europäischen Union? Was brauchen wir Men­schen in Europa denn wirklich von dieser Europäischen Union? – Dazu sage ich Ihnen auch ganz klar: Die Sozialdemokraten in Europa werden einer Vertragsänderung gerne zustimmen, aber nur unter zwei Bedingungen, nämlich nur dann, wenn Europa endlich sozialer wird, und nur dann, wenn Europa endlich demokratischer und das Europäi­sche Parlament gestärkt wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Was braucht Europa? – Erstens, Europa muss sozialer werden, zweitens, Europa muss demokratischer werden, und drittens, Europa muss nachhaltiger werden. Was wir for­dern, ist ein Sozialvertrag für Europa: Mindestlöhne in jedem einzelnen europäischen Land, weil jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin das Recht hat, dass er bezie­hungsweise sie nicht durch Lohn- und Sozialdumping ausgebeutet, sondern fair für die Arbeit entlohnt wird. Gleicher Lohn für die gleiche Arbeit am selben Ort, das ist unsere Forderung. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir gleichfalls brauchen, wenn sich die Konjunktur eindämmt und wenn die Welt­wirtschaft ein Stück weit langsamer wird, ist ein Investitionspaket: ein Investitionspaket, das Jobs schafft, das Leuten auch wieder Beschäftigung gibt, das in die Infrastruktur investiert, sodass wir dadurch auch den Klimawandel gut bewältigen, indem wir zum Beispiel endlich ein Schnellzugsystem zwischen allen europäischen Hauptstädten aus­bauen, und auch eine europäische Wohnbauoffensive, denn viele Menschen in Europa können sich das Wohnen nicht mehr leisten, und darauf müssen wir durch bessere und billigere Wohnungen für alle Menschen in Europa eine Antwort geben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wohnen ist ein Grundrecht und darf nicht dem Profit der Konzerne geopfert werden.

Apropos: Was wir in Europa auch brauchen, ist ein Privatisierungsstopp, denn wir dür­fen nicht dabei zuschauen, wie in einzelnen Städten das Wasser verkauft wird, wir dür­fen nicht dabei zuschauen, wie in einzelnen Städten die Gemeindewohnungen verkauft werden (Abg. Belakowitsch: ... von Wien!), und wir dürfen auch nicht dabei zuschau­en, wie in einzelnen Städten der öffentliche Nahverkehr und die Eisenbahn verkauft werden. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was hat das immer mit sich gebracht? – Die Konzerne sind reicher geworden, und die Menschen haben schlechtere Services und Dienstleistungen bekommen. Daher glaube ich, bevor wir das weiterdiskutieren, was hier gerade diskutiert worden ist, ist es not­wendig, noch einmal ganz klar eines zu sagen: Bei der Europawahl geht es auch da­rum, wie wir Europa sozialer machen, wie wir es gerechter machen. Wir haben statt leerer Worthülsen (ein Exemplar des Wahlprogramms in die Höhe haltend) ein 122 Seiten dickes Programm. (Abg. Belakowitsch: Das liest keiner!) – Ja, das liest keiner, weil in Ihrer Partei das Lesen noch nicht angekommen ist (Beifall bei der SPÖ


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sowie des Abg. Loacker), aber bei uns lesen das die Leute schon, denn sie wollen an der Zukunft arbeiten, sehr geehrte Damen und Herren!

Daher hätte ich am Schluss eine Bitte an alle, die uns heute zuschauen: Wenn Ihnen die europäische Demokratie, wenn Ihnen die Demokratie in Europa ein Anliegen ist (Oh-Rufe bei der FPÖ), dann erfüllen Sie sie mit Leben und gehen Sie wählen, denn Europas Demokratie hat es sich verdient, dass wir wählen gehen und dass sie gestärkt wird! (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Das ist nämlich die beste Antwort auf die Verzweiflung, die die Rechtsextremen streuen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist das Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.17.27

Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz vorab zu meinem Vorredner Stellung beziehen (Abg. Belakowitsch: Jetzt erklär ihm einmal, wie es funktioniert!), der hier in einer burlesken Art und Weise seine politischen Gedanken vorgetragen hat! Fast hätte man den Eindruck, eine politische Kasperliade würde hier veranstaltet werden. (Abg. Steger: Das ist meistens so, wenn ...!)

Herr Schieder, hören Sie auf mit dem Blödsinn (Zwischenrufe bei der SPÖ), von Extre­mismus und von Banden zu reden!


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, im österreichischen Parlament verwen­den wir das Wort Blödsinn nicht. Ich würde Sie bitten, es zurückzunehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)


Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky (fortsetzend): Dann korri­giere ich, Frau Präsident (Abg. Leichtfried: Präsidentin!): diese parlamentarisch un­würdige Art der Darbietung, die durch Sie präsentiert wird. (Beifall bei der FPÖ.) Ich bezeichne Sie, Herr Schieder, auch nicht als Linksextremisten und als Angehörigen einer Bande. (Abg. Schieder: Wenn Sie sich angesprochen gefühlt haben?!) Das ein­zig Extreme bei Ihnen, Herr Schieder, ist Ihre Verzweiflung, weil Ihnen die Wähler da­vonlaufen (Beifall bei FPÖ und ÖVP) und weil Ihre Konzepte des Sozialismus und auch die Lösungen, die Sie anbieten, nicht mehr ins 21. Jahrhundert passen.

Wenn Sie über Konzerne reden wollen, ja, dann reden wir über Konzerne! Reden wir darüber, dass Brigitte Ederer am Gut Aiderbichl der Wiener SPÖ gelandet ist, nämlich bei Siemens, wie auch eine Frau Wehsely, die bei Siemens ist. – Das ist ja keine Un­bekannte für Sie! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.) Da sind Konzerne kein Problem. Weder Konzerne noch die Nähe zu Russland sind für Sie ein Problem, wenn Ihr abgegangener, geflüchteter – ich weiß nicht, welches Wort hier am besten passt – Herr Kern jetzt in einem Konzern um 60 000 Euro für die Russen tä­tig wird. (Ah-Rufe bei der FPÖ.) Da sind Konzerne kein Problem. – So weit, so gut.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das eigentliche Thema, dem wir uns heute hätten widmen können, wenn nicht derart burleske Darbietungen erfolgt wären, ist die Frage eines Vertrags, und diesbezüglich freue ich mich ganz besonders, dass jemand nicht Unprominenter in dieser Republik, nämlich der Chef der Österreichischen Volks­partei, zwei Wochen vor der Wahl auf einmal das sagt, was ich über Jahre hinweg ge­sagt habe: dass wir eine Entrümpelung brauchen, dass wir eine Entfrachtung brau­chen, dass die Bürokratie überbordend ist (Ruf bei der SPÖ: Na endlich!), dass wir das Regelwerk zwischen Österreich und der Europäischen Union neu austarieren und mehr an Kompetenzen für uns zurückholen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ich verstehe überhaupt nicht, wieso auch nur irgendjemand, der hier im Hohen Haus sitzt, dagegen sein kann, weil eine Rückverlagerung von Kompetenzen in Wahrheit Ih­nen und uns allen mehr an Entscheidungsmöglichkeit für Österreich zurückgeben wür­de, ohne dass wir eine Kooperation dort, wo sie sinnvoll ist, infrage stellen.

Einen Vorwurf muss ich aber bei aller Würdigung dessen, dass die Zusammenarbeit zwischen uns und Ihnen auf österreichischer Ebene hervorragend funktioniert, schon in Richtung Österreichische Volkspartei machen: Auf Ebene der internationalen Politik, da funktioniert es nicht wirklich, da ist es unstimmig. Das sieht man ja auch daran, dass ein Kandidat, der vor mir gesprochen hat, hier kein Wort über Entrümpelung und Ent­frachtung und Rückverlagerung von Kompetenzen verloren hat. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Ich kenne ihn ja, und bei aller Wertschätzung seiner Person: In den ver­gangenen fünf Jahren gab es keine Sitzung, in der Othmar Karas nicht für mehr Kom­petenzen und für mehr EU und für mehr Brüssel votiert hätte. (Abg. Wittmann: Ihr habt ein gutes Verhältnis! – Abg. Rosenkranz: Da ist für euch kein Platz mehr!)

Sie spielen auch, was die Österreichische Volkspartei betrifft, generell im falschen Team (Ruf: Ach, Liebe muss schön sein!), weil der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei und designierte Kommissionspräsident Weber genau das Gegenteil von dem ist, was jetzt gesagt wurde. Weber ist der Oberzentralisierer, Weber ist eine Person, die gesagt hat – bitte, meine Damen und Herren von der Volkspartei, das Ganze ad notam zu nehmen (Zwischenruf des Abg. Lopatka – Abg. Leichtfried: Jetzt ist auch der Lopi schon ...!) –, er arbeitet lieber mit Kommunisten und mit Grünen zusammen als mit ei­ner Partei wie der unseren. Herr Schieder, das wäre vielleicht etwas für Sie, wenn er aus dem Bereich der ideologisch roten Hälfte jemand für Kooperationen sucht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage jetzt wenige Tage, zehn Tage vor der Wahl: Es ist wichtig, das Original zu wählen und nicht die Kopie. (Beifall bei der FPÖ.) Ich nehme es Ihnen ab, dass Sie es ehrlich meinen – das ist überhaupt keine Frage –, aber bei aller Wertschätzung es ist das falsche Team. Es ist Othmar Karas als Spitzenkandidat der falsche Mann, es ist Manfred Weber als designierter Kommissionspräsident der falsche Mann. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Wir als FPÖ sagen seit Jahren etwas, das jetzt mehrheitsfähig geworden ist. Darüber freuen wir uns, und daher – in Richtung der Zuseher, auch zu Hause, gerichtet –: Bitte, vertraut dem Original und nicht denjenigen, die zwei Wochen vor der Wahl vielleicht in anderen Wählerteichen zu fischen beginnen!


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft! Den Schlusssatz bitte. (Abg. Haider: Das darf nicht wahr sein!)


Mitglied des Europäischen Parlaments Harald Vilimsky (fortsetzend): Frau Präsi­dent (Abg. Leichtfried: Präsidentin heißt das!), ich freue mich auf die weitere Debatte. (Beifall bei der FPÖ.)

11.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Claudia Gamon. – Sie haben das Wort.


11.23.33

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Danke, Herr Vilimsky, denn Sie haben einen wahren Satz gesagt, und den kann ich – nur ein bisschen abgeändert – wiedergeben: Bitte wählen Sie weder das Original noch die Kopie! (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.) Jetzt ist es nämlich ganz eindeutig und klar, dass ÖVP und FPÖ in


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ihren europapolitischen Ansichten nicht mehr zu unterscheiden sind. (Neuerlicher Bei­fall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Das stimmt eigentlich! Gute Rede!) Das haben die Wählerinnen und Wähler auch jetzt, heute, wieder einmal klar hören können, wie auch in den letzten Tagen, als die Vorschläge vom Herrn Bundeskanzler gekommen sind: „Regelungswahnsinn“, Bürokratiekonze- -, Bürokratiekoze- -, „Bürokratiekorsett“, „Bevormundung“ – ich kriege solche Worte kaum heraus. (Abg. Leichtfried: Hausverstand!)

Es erinnert jedenfalls sehr stark an die FPÖ, und es ist die Frage, ob an die FPÖ in ihren besten oder in ihren schlechtesten Zeiten, als das EU-Bashing in den Neun­zigerjahren noch sehr en vogue war.

Ein Zitat aus den letzten Tagen zeigt die Haltung, die die ÖVP jetzt einnimmt, sehr klar: „Statt ständig mehr Geld zu verlangen, sollte die EU aufhören, den Menschen immer mehr vorzuschreiben, wie sie zu leben haben.“ Wer hat das gesagt? Bundeskanzler Kurz oder H.-C. Strache? Es war überraschenderweise – oder nicht überraschender­weise, je nachdem, wie lange man schon genauer darauf schaut – der ÖVP-Parteichef und Bundeskanzler Sebastian Kurz, in einer Manier nach Strache, Le Pen oder Herrn Vilimsky, einem AfDler – je nachdem, wen man nehmen will –; anders als H.-C. nicht mit dem Kreuz, sondern mit dem Schnitzel in der Hand (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger), wütend auf Brüssel. (Beifall bei den NEOS.)

Es wird auf Europa geschimpft, und dann gibt es auch noch eine populistische Forde­rung extra obendrauf. Ist Ihnen das nicht peinlich, liebe ÖVP? (Beifall bei den NEOS.) Haben Sie das wirklich nötig? Haben Sie es wirklich nötig, hier die Kopie der FPÖ zu geben? Wie können Sie sich noch eine proeuropäische Partei nennen, denn von wel­cher Seite ist denn jetzt in den letzten Tagen Applaus gekommen? – Von der Leave-Kampagne im UK, der Kampagne für den Brexit, die getwittert hat: „Austria’s Chancel­lor [...] lays into the ,madness‘ of Brussels“. Da hat man seine Freunde gefunden. So war nämlich auch in Großbritannien der Anfang vom Ende: mit einer populistischen Kampagne, frei von Wahrheiten, frei von Fakten, aber stark an populistischen Aussprü­chen, stark an populistischen Sätzen, die jeden Tag gepredigt wurden, wie: Brüssel nimmt uns die Eigenverantwortung, Brüssel bevormundet uns.

Aber wie ist denn das in Wirklichkeit? Was stimmt wirklich? (Abg. Neubauer: Sie wol­len Österreich abschaffen! – Heiterkeit der Rednerin.) – Von den fünf Reformvorschlä­gen, die betreffend EU-Reform gekommen sind, sind wir uns eigentlich nur bei einem Vorschlag wirklich sicher, dass es dafür überhaupt eine Vertragsänderung braucht, und das wäre die Verlegung des Sitzes des EU-Parlaments, worüber sich im Übrigen alle einig sind – bis auf einen, und den kriegen wir vielleicht auch noch dazu.

Was aber schon bezeichnend ist: Warum sind diese Vorschläge eigentlich nicht wäh­rend der Ratspräsidentschaft gekommen? – Schauen wir uns doch an, was an euro­papolitischen Vorschlägen während der Ratspräsidentschaft gekommen ist: die Kür­zung der Familienbeihilfe für unsere UnionsmitbürgerInnen, das Nichtmittragen des UN-Migrationspakts und das Weiterführen von Grenzkontrollen an den österreichi­schen Grenzen – drei antieuropäische Forderungen, die die ÖVP damals auf den Tisch gelegt hat. Und jetzt kommt sie mit ihren Reformen und Vorschlägen daher, wie man den EU-Vertrag ändern sollte. (Beifall bei den NEOS.)

Dann diese abstrusen Zahlen: tausend Verordnungen, ohne genau sagen zu können, was gemeint ist. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Die Pommes! Wie hätten Sie denn ger­ne Ihre Pommes? Mit ein bisschen krebserregendem Acrylamid drübergestreut? Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger der Union hätten gerne die Sicherheit, zu wissen, egal in welchem Land der Europäischen Union sie in ein Lokal gehen und ein Schnitzel mit Pommes bestellen, es beinhaltet keine krebserregenden Stoffe. – Ich würde sagen,


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die Europäische Union hat da für ihre BürgerInnen geliefert. Wenn Sie das ändern wollen – bitte sehr, aber bitte auf eigene Gefahr! (Beifall bei den NEOS.)

Populismus und das Klein-Klein bringen uns hier jedenfalls nicht weiter, das ist nämlich nicht das, was Herr Karas hier gefordert hat. Er hat natürlich recht damit, dass wir es ohne ein gemeinsames Europa nicht werden schaffen können, die großen Herausfor­derungen dieser Zeit wirklich auch mit einer europäischen Handschrift positiv zu be­einflussen. Das kriegen wir alles nicht hin, aber wir werden mit dieser Politik dieser Bundesregierung ganz sicher nicht dort hinkommen. Das Klein-Klein muss endlich ein Ende haben, die junge Generation in Europa verlangt eine andere Europäische Union: Sie will eine Europäische Union, die positiv nach vorne blickt, die sich für sie einsetzt und die auch bereit ist, Entscheidungen zu treffen. Die Reformen, die dafür notwendig sind, sind ganz andere, und sie haben ganz sicher nichts mit populistischen Forderun­gen – von wegen Bevormundung und so weiter – zu tun.

Ich freue mich schon sehr darauf, diese tausend Vorschläge zu sehen, aus denen dann 28 000 Verordnungen in allen Mitgliedstaaten werden, im Worst Case auch noch überall unterschiedlich – der Binnenmarkt ist kaputt. Gratulation an die schwarz-blaue Bundesregierung! (Beifall bei den NEOS.)

11.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Klubobmann Mag. Bruno Rossmann zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.29.05

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Am Sonntag sprach also der Kanzler, dieser Regulierungswahnsinn muss beendet werden, und er forderte in diesem Zusammenhang die Streichung von tausend Rechtsmaterien. Dabei hat er tief, sehr tief in die Populismuskiste gegriffen. Ein Beispiel hat er angeführt, nämlich die sogenannte Schnitzel-/Pommes-Verordnung. Erstere gibt es gar nicht, wie wir wissen; da ist er einem Aprilscherz auf den Leim gegangen. (Abg. Leichtfried: Das ist der Hausverstand!) Hausverstand oder Sachverstand: Was ist wichtiger? – Ich denke, der Sachverstand.

Und wenn er mit ein bisschen Sachverstand an diese Frage herangegangen wäre, dann hätte er sich auch die Konsequenzen überlegen müssen, die das Streichen von tausend Gesetzesmaterien haben kann. Die Streichung der Pommes-Verordnung kürzt Standards, und das ist ein ganz anderes Beispiel als das, was in Österreich passiert ist, Herr Minister Blümel, auf das Sie verweisen: In Österreich wurde nicht Recht, das Standards normiert, gestrichen, sondern in Österreich wurde totes Recht gestrichen. Das ist ein großer Unterschied. (Beifall der Abg. Meinl-Reisinger.)

Wenn hier tausend Rechtsmaterien gestrichen werden sollen, dann rüttelt dieser Bun­deskanzler und auch Sie, Herr Minister, weil Sie das unterstützen, sehr wahrscheinlich an den Grundfesten des Binnenmarktes, und dazu braucht es nicht Hausverstand, da muss man mit Sachverstand an die Sache herangehen. (Beifall bei JETZT sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Was ist schlimm an diesen Sprechtexten, die der Herr Kanzler verwendet hat: Regulie­rungswahnsinn? – Anstatt sich von diesen rechtsnationalistischen und rechtspopulisti­schen Antieuropäern à la Le Pen, Salvini, Orbán, Vilimsky, Strache und vielen anderen zu distanzieren, übernimmt er deren Sprechtext. Damit ist er sehr weit nach rechts ge­rückt und macht sich selbst zum Antieuropäer – und läuft auch Gefahr, von den extre­men Rechten geschluckt zu werden.

Eine sehr renommierte Zeitschrift, „Foreign Policy“, hat vor zwei Tagen eine wunderba­re Analyse gemacht (einen Ausdruck des angesprochenen Artikels in die Höhe hal-


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tend): „Conservatism’s Wunderkind Is Getting Swallowed by the Far-Right“. Also: Das konservative Wunderkind droht von der extremen Rechten geschluckt zu werden. – Ja, diese Gefahr ist in der Tat gegeben, und es ist höchste Zeit, dass sich der Kanzler und Sie, Herr Minister, von diesem rechtsnationalistischen, rechtspopulistischen Sprechtext distanzieren. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich überspringe jetzt die Frage der Einmischung der Europäischen Union und der Be­vormundung der österreichischen Bevölkerung durch die EU, dazu könnte man auch viel sagen, weil hier ein Spiel getrieben wird, das ja sattsam bekannt ist. In Brüssel wird das alles von den österreichischen Politikern und Abgeordneten mitbeschlossen, und in Österreich wird es, wenn es gerade nicht passt, verteufelt. Das ist mit einer der Gründe, warum die EU-Skepsis in unserem Lande so groß ist.

Aber: Was hat der Herr Kanzler zur Zukunft der Europäischen Union und zur Neuge­staltung der Verträge zu sagen? – Ja, eigentlich wenig. Auch hier greift er zunächst einmal wieder in die populistische Kiste: Verkleinerung der Europäischen Kommis­sion – boah, das ist ja das allerwichtigste Problem, das wir zu lösen haben. Ja, die Zwei-Sitze-Problematik – uralt, nicht neu – muss angegangen werden, keine Frage. Aber wo sind die großen Herausforderungen, die der Kanzler in seinen Äußerungen aufgreift? – Ja, tut mir leid, ich kann sie nicht finden. Sie erschöpfen sich in höheren Strafzahlun­gen, sie erschöpfen sich in mehr Wettbewerbsfähigkeit, aber es gibt wichtigere und größere Herausforderungen, die wir bewältigen müssen.

Wo bleibt die Forderung nach einer Klimaunion mit eigenen Finanzmitteln durch eine CO2-Steuer zur Lösung der Klimakrise? – Das lehnt der Kanzler ab, eh klar. Wo sind die Pläne zur Reduktion der Einkommensverluste der Globalisierungsverlierer, einer der Hauptgründe, die in Großbritannien zum Brexit geführt haben? – Darauf gibt der Kanzler keine Antwort. Die Antwort wären zum Beispiel einheitliche Mindestlöhne in der Europäischen Union. Wo aber bleibt der Ruf nach einer Sozialunion zur Schaffung sozialer Sicherheit in dem Lande, etwa durch die Schaffung einer europäischen Ar­beitslosenversicherung? – Diese nennt der Kanzler eine Utopie. – Das ist doch lächer­lich, mit ein bisschen politischem Willen bringen wir das locker in der Europäischen Union zustande! Wenn wir so in der Europäischen Union an die Währungsunion heran­gegangen wären, hätten wir das nie geschafft. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzei­chen.) Und wo – ich komme sofort zum Schluss – bleibt der Kampf gegen das Steuer­dumping und dergleichen mehr? Wo eine Steuerunion mit Vermögensteuern?

Damit könnte sich der Bundeskanzler als Europapolitiker einen Namen machen. So aber droht er von der extremen Rechten verschluckt zu werden. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Leichtfried.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser. – Bitte.


11.34.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ein Wahlkampf ist immer eine Zeit, wo man den Standpunkt Europas beschreibt, wo man auch unsere Haltung zu Europa sehen kann (Abg. Scherak: Ja, das sieht man! – Beifall des Abg. Loacker), und ich darf feststellen, globale Machtkämpfe sind am Lau­fen. Das hat eine wirtschaftliche Dimension und das hat auch eine sicherheitspolitische Dimension. Wir sind konfrontiert mit dem Phänomen des Brexits, und ich stelle dazu fest, es gibt in Großbritannien viele Unsicherheiten, Streit, und das hat soziale Verwer­fungen, auch politische und wirtschaftliche Verwerfungen zur Folge.


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Wir sehen aber in den Umfragen, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in dieses gemeinsame Europa steigt, und das macht mich zuversichtlich. Aber die Bürge­rinnen und Bürger wollen auch Reformen und sie wollen Einigkeit in stürmischen Zei­ten – dafür steht diese Regierung und dafür steht die Österreichische Volkspartei. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ich darf ganz kurz ein agrarisches Thema ansprechen: die Gemeinsame Agrarpolitik. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Zum einen ist die Gemeinsame Agrarpolitik dazu da, gesunde Lebensmittel in ausreichender Qualität und auch in ausreichender Menge in Europa sicherzustellen. Und ich sage Ihnen jetzt ganz offen, aus der linken Reichs­hälfte kommen in diesem Wahlkampf sehr viele Diffamierungen – Diffamierungen, die über uns Bäuerinnen und Bauern drüberrollen und zum Himmel schreien. Ich darf Ih­nen an der Stelle wirklich sagen, Sie sollten sich ein wenig mäßigen, vor allem die grü­ne Partei, bei dem, was Sie da alles auf Ihre Wahlkampfplakate schreiben. (Abg. Leicht­fried: Die grüne Partei ist gar nicht da!)

Wir brauchen einheitliche Regeln in der Gemeinsamen Agrarpolitik und wir brauchen keine nationalen Alleingänge. (Abg. Leichtfried: Fällt Ihnen zu Vilimsky auch etwas ein oder passt Ihnen, was er gesagt hat?) Und wir brauchen eine höhere finanzielle Aus­stattung, weil der derzeitige Vorschlag der Europäischen Kommission völlig unzurei­chend ist und ein Einkommensbestandteil für uns Bäuerinnen und Bauern da wirklich in Gefahr ist.

Lassen Sie mich kurz über den Binnenmarkt und auch über den Außenhandel reden. In der Zusammenarbeit der Europäischen Kommission sind das meiner Meinung nach die beiden wichtigsten Projekte: Da geht es um Arbeitsplätze und um Wohlstand. Es geht um die Chancen für die Jugend und es geht um die Chancen für die Talente der Zukunft. Wir müssen aber auch einen Blick nach Afrika und in den Nahen Osten rich­ten, und das nicht nur aus sicherheitspolitischen und migrationspolitischen Gründen, sondern es geht auch darum, dort für bessere Verhältnisse zu sorgen. Es helfen uns da keine Almosen, sondern es wird eine wirtschaftliche Kooperation auf Augenhöhe brauchen, um dort bessere Lebensverhältnisse zu schaffen.

Der Wahlkampf ist aber auch immer die Zeit, wo wir ein wenig über die Inhalte, die Phi­losophie, die Identität reden: Wo komme ich her, wo fühle ich mich zu Hause? Ich ken­ne viele Menschen aus meinem Umfeld, wir sind zu Hause in einer Gemeinde, in ei­nem Dorf, wir sind zu Hause in einem Bundesland, in einer Region, wir sind zu Hause in Österreich und stolz darauf, und wir sind zu Hause in Europa. Und ich sage Ihnen aus voller Überzeugung: Ich glaube, dass diese geografischen Einheiten und auch die­se politischen Einheiten, die hier dazugehören, nebeneinander Platz haben und dass wir stolz sein können, in Österreich, in einem starken Europa zu Hause sein zu dürfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Menschen wünschen sich ein schlankes Europa – ein schlankes Europa, wenn es um den Bürokratieabbau geht, wenn es um die Sparsamkeit geht, aber ein starkes Eu­ropa, wenn es um Wirtschaft, Landwirtschaft, Sicherheit, den Schutz der Außengrenze oder die Chancen für die Jugend geht. Und wir werden unsere Kandidatinnen und Kan­didaten, der Österreichischen Volkspartei, mit einer starken Stimme nach Europa schi­cken, um dort unsere Interessen zu vertreten.

Kollege Vilimsky, ein Wort zu Ihnen in aller Kürze: Wählen und für jemanden einstehen hat immer auch etwas mit Vertrauen zu tun. Und ich habe Vertrauen in diese Bun­desregierung, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Ich habe aber vor allem Ver­trauen in Othmar Karas, Karo Edtstadler, Angelika Winzig, Simone Schmiedtbauer, Lu­kas Mandl und unseren Kanzler Sebastian Kurz. Aus diesem Grund glaube ich, dass


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die Österreichische Volkspartei die beste Wahl für Europa ist. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

11.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Klubvorsitzende Dr.in Pa­mela Rendi-Wagner. – Bitte.


11.39.26

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, ich bin der ÖVP eigentlich dankbar für diese Aktuelle Europastunde (Ruf bei der ÖVP: Na end­lich!), denn diese Debatte gibt endlich die Möglichkeit, wenige Tage vor dieser wich­tigen Richtungsentscheidung zu zeigen, wo die Sozialdemokratie hier steht und wo der türkis-blaue Block steht. Und ich sage ganz bewusst Block, denn es ist ein Block, weil diese Regierungsparteien – auf der einen Seite die türkise ÖVP und auf der anderen Seite die FPÖ – weder in ihrer Rhetorik noch in ihren Inhalten noch in ihrer europa­politischen Ausrichtung voneinander zu unterscheiden sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von NEOS und JETZT.)

Ja, das ist erstens besorgniserregend, das ist eine Feststellung, die uns als Proeuro­päer mehr als mit Sorge erfüllt, und es ist zweitens vor allem auch eine gefährliche Perspektive, die sich hier anbahnt. Die türkise ÖVP ist eine Partei geworden, die rechte Inhalte, rechte Rhetorik, rechte Sprache übernommen hat. (Abg. Winzig: Nicht aufge­passt, gell?) Das hat der EU-Wahlkampf in den letzten Tagen und Wochen sehr deut­lich gezeigt: Die ÖVP ist keine Europapartei mehr! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten von NEOS und JETZT.)

Die ÖVP hat vor fast zwei Jahren eine andere Führung bekommen, eine andere Füh­rung, die der Partei eine andere Farbe gegeben hat (Abg. Haubner: Ihr hättet gern ei­ne schwächere, gell?) und offenbar auch eine fundamental andere Europa-Ausrich­tung. Die türkise ÖVP, die binnen zwei Jahren von einer Proeuropapartei im Geiste eines Alois Mock, der Österreich gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky – Sie wissen es genau – in den Neunzigerjahren in die EU geführt hat, von einer Europapartei zu einer Partei geworden ist, die in ihrer Polemik, in ihrer Rhetorik Europa geißelt, einer Rhetorik, die man bisher – wir haben es heute schon gehört – nur von den Le Pens, den Straches, den Orbáns und den Salvinis kannte.

Sebastian Kurz spricht von Bevormundung, Regulierungswahn, Bürokratiekorsett. Hier dient die EU der ÖVP im Wahlkampf als Prügelknabe – das ist wirklich eine neue Fa­cette der Türkisen –, ja, für eine schnelle Schlagzeile im Wahlkampf immer gut; einem Wahlkampf, der offenbar gegen Europa geführt wird und nicht gegen andere politische Mitbewerber, wozu Wahlkämpfe eigentlich da sind.

Heute hätte der Bundeskanzler die Chance gehabt, das zu machen, was ein Bundes­kanzler eigentlich tun sollte, wofür er Verantwortung hat und was eigentlich seine Auf­gabe ist, nämlich den Menschen in diesem Land eines zu erklären: wozu es Regeln in der Europäischen Union braucht – nämlich um das Zusammenleben besser zu gestal­ten –, wozu es das braucht, was es an Schützenswertem in der Union gibt. Das hätten sich die Menschen verdient, aber stattdessen kommt er abschätzig und fast polemisch mit der Pommes-Verordnung. Hierbei geht es jedoch um nichts anderes als den Ver­such der EU, europaweit einen Gesundheitsschutz für alle voranzutreiben, egal, ob wir in Ungarn, in Österreich oder in Schweden Pommes essen – um nicht mehr oder weni­ger. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau das hat er heute nicht getan. Er hat es auch in den vergangenen Tagen und Wochen nicht getan, stattdessen hat er von tausend Verordnungen gesprochen. Ich frage mich: Welche genau meint er denn? Meint er die Verordnungen im Bereich des


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Naturschutzes, des Konsumentenschutzes, des Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerin­nenschutzes, des Gesundheitsschutzes, welche genau? Und: Warum haben Sie Ihre Ratspräsidentschaft nicht genützt? Warum haben Sie Ihre Vorschläge in die eigens dazu auf europäischer Ebene eingesetzte Taskforce 2018 nicht eingebracht, in der Herr Lopatka vertreten war? Auch das frage ich mich. (Abg. Jarolim: Kein Wort! Kein Wort!)

Wir erwarten hier eine ehrliche, vernünftige und verantwortungsvolle Politik eines Bun­deskanzlers – gerade jetzt, wenn wir nach Italien schauen, wo Salvini gegen Minder­heiten hetzt, nach Polen, wo die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten wird, nach Un­garn, wo antisemitisch gehetzt wird und die illiberale Demokratie ein Schlagwort von Orbán ist (Abg. Steger: Oder nach Rumänien, wo die Sozialdemokraten - -!), und nach Österreich, wo die FPÖ in der Rechtsextremismus-Szene tiefer drinnen steckt, als es uns recht ist, wie wir jeden Tag lernen. Genau diese Kräfte wollen nur Europa zerstö­ren, destruktiv, jeden Tag. Das ist keine Utopie, diese Gefahr ist real! (Abg. Hafen­ecker: Reden Sie einmal mit dem Kollegen Schieder, bitte!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich richte einen Appell an Sie und den Bundes­kanzler: Haben Sie wieder Mut zur Ehrlichkeit! Kehren Sie zur Verantwortung zurück, für Europa, für die Zukunft und für die Menschen, und werden Sie nicht zum Erfül­lungsgehilfen der größten Zerstörer des größten Friedensprojektes auf unserem Konti­nent! – Danke schön. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall der Abg. Zadić.)

11.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.


11.45.34

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, werte Kollegin Rendi-Wagner, ich finde es immer lustig, dass Sie uns die Zerstörung der Europäischen Union vorwerfen oder vorhalten. Ich kann nur sagen, und davor warne ich, dass Sie mit Ihrer Politik auf dem besten Weg sind, die Europäische Union, die Sie hier so verteidigen, zu zerstören. Das ist Ihre Politik, und dafür werden Sie allein sorgen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich wirklich gefreut über die Wortmeldun­gen und Forderungen von Bundeskanzler Kurz in den letzten Tagen: weniger Bürokra­tie, weniger Bevormundung, weniger Regelungswahnsinn. Kurz gesagt: mehr Öster­reich, weniger EU. Selbstverständlich braucht das die Europäische Union! Das ist die Zukunft für die Europäische Union! Und ich habe mich wirklich gefreut, aus dem einfachen Grund: weil wir anscheinend einen neuen Wähler gewonnen haben, sehr ge­ehrte Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Denn wenn Sie das wirklich fordern und wirklich wollen, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP – das kann ich Ihnen nicht ersparen –, dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als am 26. Mai für Harald Vilimsky zu stimmen. Das ist so! (Neuerliche Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Beifall des Abg. Leichtfried.)

Er ist der Einzige, der sich nicht nur seit Jahren konsequent dafür einsetzt, sondern der sich auch in der Zukunft dafür einsetzen wird und auch dafür sorgen wird, dass das auf der Ebene der Europäischen Union tatsächlich umgesetzt werden wird. Also entweder stimmen Sie für Harald Vilimsky – oder Sie ziehen heute noch Ihren Spitzenkandidaten Othmar Karas ab. (Abg. Leichtfried: Oder für Petra Steger, das geht ja auch!) Die zwei Möglichkeiten gibt es, sehr geehrte Damen und Herren!

Nicht nur, dass Ihr Spitzenkandidat die ganze Zeit genau das Gegenteil von Ihnen for­dert, hat er auch all das, was Sie jetzt kritisieren, die vergangenen Jahre mitzuverant-


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worten. Ja, er ist sogar noch ganz stolz darauf, dass er jetzt als einer der erfolgreichs­ten europäischen Politiker ausgezeichnet wurde. Ich kann nur sagen, angesichts sol­cher Fehlentwicklungen auf EU-Ebene würde ich mich eher dafür genieren, sehr ge­ehrte Damen und Herren! Genau solche Politiker wie ein Herr Karas sind schuld am jetzigen Zustand der Europäischen Union; ein Herr Karas, der nicht nur am Westbahn­hof mit den Willkommensklatschern gestanden ist, sondern der diese Regierung schon öfter kritisiert hat als so mancher Oppositionspolitiker: beim UN-Migrationspakt, bei der Indexierung der Familienbeihilfe, beim Außengrenzschutz und vielem mehr.

Erst vorgestern am Juridicum habe ich ihn bei einer Podiumsdiskussion erlebt – ich bin dabeigesessen –, bei der er gesagt hat, er ist für die Pommes-Verordnung und weiß gar nicht, welche tausend Regelungen Sie meinen. Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, ist Ihnen das überhaupt bewusst? Wissen Sie, was er jedes Mal sagt, wenn man ihn auf diese Unterschiede anspricht, was er darauf antwortet? – Er sagt, jeder, der ihn in den vergangenen Jahren beobachtet hat, weiß, wofür er steht. Ja, wir wissen, wofür er steht: für mehr EU und noch mehr EU und noch ein bissel mehr EU, egal, ob es funktioniert oder nicht, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, wir wissen auch, wohin die Reise geht, nicht nur, wenn man weiß, wofür Karas steht, sondern auch, wenn man weiß, wofür SPÖ, NEOS und Grüne stehen. Sie ste­hen für eine Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips, für noch mehr Zentralisierung – bis zur Aufgabe Österreichs als unabhängigen Nationalstaat. Das Traurige ist offenbar, dass Sie noch immer nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, dass Sie noch immer nichts aus dem Brexit gelernt haben. Es gibt nämlich genau zwei Gründe für den Brexit, das haben die Wahlanalysen gezeigt: Das eine ist die Migration und das zren! – Und was machen Sie? – Sie schütten noch mehr Öl ins Feuer und wollen gleich noch mehr Zentralismus. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Können Sie mir einmal erklären, und das verstehe ich wirklich nicht, wie man sich als österreichischer Politiker dafür einsetzen kann, dass Österreich immer weniger mitzu­reden hat und immer weniger mitbestimmen soll, sehr geehrte Damen und Herren? Sie wollen, dass über nationalstaatliche Interessen noch mehr drübergefahren wird, und glauben, das hilft der Einigkeit der Europäischen Union.

Ganz im Gegenteil! Mit dieser Drüberfahr- und Bestrafungsmentalität gegenüber allen Staaten, die nicht Ihrer Meinung sind, werden Sie genau für eines sorgen: dass noch mehr Länder Großbritannien folgen werden. Dann brauchen Sie nicht mehr mit dem Zeigefinger auf die bösen Rechten zu zeigen, sondern dann brauchen Sie nur in den Spiegel zu schauen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Die einzige Gefahr für Österreich und für die Europäische Union sind Ihre Zukunfts­visionen! Und da sage ich: Schützen wir Österreich, schützen wir Europa vor Ihren Zu­kunftsvisionen, wie zum Beispiel jenen der Kollegin Gamon, die nicht nur unsere im­merwährende Neutralität abschaffen will, sondern auch gleich die Republik Österreich dazu! Ich finde es immer lustig, dass Sie uns als Gefahr für die Verfassung bezeichnen und gleichzeitig die Republik abschaffen wollen. Also wenn, dann sind wohl eher Sie die Gefahr für unsere Verfassung. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Schützen wir Österreich, schützen wir Europa auch vor einer Zukunftsvision der SPÖ, die in einer Sozialunion unsere hart erkämpften sozialen Standards auf ein europäi­sches Durchschnittsniveau senken will! (Abg. Vogl: ... kein Golden Plating?!) Schützen wir Europa vor Ihren Zukunftsvisionen, die bedeuten, dass wir in Zukunft auch noch die EU-Arbeitslosen in ganz Europa mitfinanzieren sollen!


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Sehr geehrte Damen und Herren, wie ich gesagt habe: Schützen wir Österreich, schüt­zen wir Europa vor Ihren Zukunftsvisionen! – Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Sie haben die Möglichkeit, am 26. Mai für ein starkes Europa der unab­hängigen, souveränen Nationalstaaten zu stimmen, und dafür werden wir sorgen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

11.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Mag.a Beate Meinl-Reisinger. – Bitte.


11.51.29

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist schon ganz lustig, aber eigentlich auch sehr beklemmend, worüber wir in Österreich europapolitisch dis­kutieren: über einen Aprilscherz wie das Schnitzel und die Pommes, während ein Han­delskrieg zwischen den USA und China mitten im Laufen ist, während das Säbelras­seln zwischen den USA und dem Iran neuerlich einen Höhepunkt erreicht hat, wäh­rend – ganz offen ausgesprochen – ein Donald Trump sich ein militärisch nicht starkes Europa wünscht und jegliche Tendenz der Erstarkung der gemeinsamen Sicherheits-, Außen- oder Verteidigungspolitik schon im Keim ersticken will und wir gleichzeitig auch wissen, dass die Europäische Kommission wieder zu Recht davor warnt, dass Wahl­manipulationen durch Fake News, durch Trollfabriken, die vom Kreml finanziert sind, stattfinden könnten.

Ich finde es dann ja richtig beruhigend, dass die Österreichische Volkspartei als Re­gierungspartei nichts anderes zu tun hat, als über Schnitzel und Pommes zu reden. Das ist das Land der Glücklichen und Seligen, das ist die Welt, in der Sie leben! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Wer Österreich liebt, denkt europäisch! (Abg. Hafenecker: Wie lange haben Sie für den Herrn Karas gearbeitet, Frau Kollegin?) In all diesen Fragen, die ich gerade ange­sprochen habe, Frau Kollegin Steger, Herr Vilimsky, wünsche ich mir doch wirklich ein­mal Klartext gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern. Glauben Sie, dass irgendjemand in Österreich tatsächlich glaubt, dass wir in Fragen eines Handelskriegs, einer drohenden militärischen Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran, der Verhandlungen bezüglich Freihandel mit den USA, aber auch mit China, die drin­gend notwendig sind, in irgendeiner Form eine stärkere Position haben als ein ge­meinsames, starkes, vereintes Europa? (Abg. Hafenecker: Wie lang haben Sie denn für den Herrn Karas gearbeitet, Frau Meinl-Reisinger, als Sie noch bei der ÖVP wa­ren?) Streuen Sie den Menschen doch nicht so viel Sand in die Augen! Agieren Sie wirklich patriotisch und seien Sie europäisch! Das wäre einmal eine Haltung. (Beifall bei den NEOS.)

Es geht um eine große Vision für Europa, wo es tatsächlich Reformen braucht. Und Sie wissen es, wir NEOS sind die Mutigsten, wenn es um die Frage der Reformen geht, die wir auch tatsächlich ansprechen. Es geht um nichts Geringeres als um Hand­lungsfähigkeit in all diesen wesentlichen Fragen (Abg. Hafenecker: Sie haben doch für den Herrn Karas gearbeitet!) – und Handlungsfähigkeit heißt auch, dieses ver­dammte Einstimmigkeitsprinzip, das immer durch eine Blockade der nationalstaatlichen Interessen führt, endlich sozusagen auf den Haufen der Geschichte zu werfen. Hand­lungsfähigkeit heißt auch, eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht nur im Kleinen zu leben, sondern aktiv weiterzuentwickeln, und dies natürlich in Rich­tung eines europäischen Heers.

Zukunftsfähigkeit heißt, sich dem Klimawandel ganz aktiv zu stellen und da nicht immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Europäischer Volkspartei und So-


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zialdemokratie zu suchen, sondern tatsächlich progressive Politik nach vorne zu ma­chen. Zukunftsfähigkeit heißt aber auch, wettbewerbsfähig zu sein, ein starker Binnen­markt, der sowohl den USA als auch China in den Verhandlungen über Freihandel die Stirn bieten kann und der Standards setzt, die weltweite Bedeutung haben, auf die wir stolz sein können: Standards im technischen Bereich, im Umweltbereich, im Konsu­mentenschutzbereich und im Gesundheitsbereich – und übrigens auch im Daten­schutzbereich, wo die USA und China natürlich auch genau beobachten, welche Stan­dards wir setzen, weil sie weltweite Geltung haben werden.

Handlungsfähigkeit, Zukunftsfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit – das alles braucht Eu­ropa, und das alles braucht Mut zu Reformen. Wir NEOS sind diejenigen, die klar sa­gen, wohin die Reise gehen soll, die die mutigste Ansage machen: in Richtung der Ver­einigten Staaten von Europa, wo wir stolz sind auf das, was wir in Europa wirtschaftlich leisten, stolz sind auf das, was wir in der Klimapolitik leisten. Wir stehen dafür, dass wir eben nicht nur in unseren kleinen Schrebergärten denken, sondern sagen: Wer Öster­reich liebt, denkt europäisch und denkt auch in Richtung der Vereinigten Staaten von Europa! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Aber was hören wir vor dieser Wahl jetzt von Sebastian Kurz? – Es ist nichts anderes als ein peinlich-dümmliches Brüssel-Bashing, das wir in der Tat von Nationalisten und Populisten kennen.

Zum Schluss eine Warnung an all diejenigen, die sagen, das ist doch eine kluge Taktik: Vertrippeln Sie sich nicht! Sie machen damit Positionen mehrheitsfähig, die nicht mehr­heitsfähig sein sollten. (Abg. Hafenecker: Was geben Sie vor? – Sie wollen unseren Staat abschaffen!) Wir alle sollten uns unserer Verantwortung für die gegenüber Brüs­sel herrschende Stimmung bewusst sein, und es sei Ihnen eine Mahnung, dass mit genau solchen Worten David Cameron Großbritannien ins Chaos gestürzt hat. Sie müssen permanent die Dosis erhöhen, wenn Sie Nationalisten und Rechtspopulisten die Tür öffnen. (Abg. Hafenecker: Sie wollen unseren Staat abschaffen, das ist die Wahrheit!) Das hat in Großbritannien zum Brexitchaos geführt, und ich wünsche mir das für Österreich nicht. Ich habe große Sorge, in welche Richtung Sie, die ÖVP, uns immer unzuverlässiger in Europa führen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll. – Abg. Hafenecker: Und Sie wollen unseren Staat abschaffen!)

11.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Al­ma Zadić. – Bitte.


11.56.32

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wie wir wissen und jetzt auch schon diskutiert haben, hat der Herr Bundeskanzler in den letz­ten Tagen mit drei Meldungen aufhorchen lassen, und diese drei Vorschläge, die er ge­bracht hat, möchte ich schon noch einmal thematisieren.

Erstens hat er vorgeschlagen, den EU-Vertrag neu zu verhandeln. – Grundsätzlich ein spannender Vorschlag, über den man auch diskutieren sollte, denn wir müssen ja die Europäische Union auch weiterentwickeln und müssen immer und immer wieder über Reformen nachdenken. Aber wie ernst meint man es denn im EU-Wahlkampf wirklich mit Reformbestrebungen? Wenn der Herr Bundeskanzler die EU so grundlegend reformieren möchte, warum wurde denn nicht die österreichische Ratspräsidentschaft dafür genutzt? Man hätte ja die ersten Weichen stellen können. Man hätte auch erste echte, innovative proeuropäische Ideen vorschlagen können. Dass diese Forderung aber jetzt im EU-Wahlkampf kommt, legt für mich den Schluss nahe, dass sie wahr­scheinlich und vermutlich wieder geräuschlos in einer Schublade landen wird (Abg.


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Leichtfried: Das ist ein richtiger Schluss, ein sehr richtiger Schluss!), so wie wir das aus dem Nationalratswahlkampf kennen, denn zum Beispiel auch das Versprechen der Absicherung des Kindesunterhalts ist geräuschlos in der Schublade verschwunden.

Das Zweite, womit der Bundeskanzler aufhorchen hat lassen, war der Regulierungs­wahnsinn aus Brüssel oder die EU-Bevormundung. Das hat mich an ein Zitat des leider verstorbenen österreichischen Kabarettisten Werner Schneyder erinnert, der gesagt hat: „Europa besteht aus Staaten, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, was sie selbst beschlossen haben.“ Ich dachte daher zunächst, dass die Aussagen unseres Regierungschefs wohl Satire sein werden, denn er kann ja wohl nicht allen Ernstes meinen, er würde von Brüssel bevormundet werden. Ich dachte, ich lese einen Artikel aus der österreichischen Satirezeitung „Die Tagespresse“, aber, meine Damen und Herren, dem war nicht so. Es war kein Artikel der Satirezeitung „Die Tagespresse“ und es war auch keine Satire, es war bitterer Ernst.

Der Grund, warum das für mich so absurd ist, ist einfach: weil die Minister und die Re­gierungschefs ja dafür verantwortlich sind, weil sie einen maßgeblichen Einfluss auf Gesetze der Europäischen Union ausüben. Der Europäische Rat, der ja aus Staats- und Regierungschefs der einzelnen Mitgliedstaaten besteht – und dem der Bundes­kanzler angehört! –, ist ja auch dafür verantwortlich, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, welche Gesetze beschlossen werden und welche nicht. Der Europäische Rat kann ja sogar die Europäische Kommission beauftragen, Gesetze auszuarbeiten. Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeslage verstehe ich es einfach nicht, wie der Herr Bundeskanzler, der Regierungschef eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, sa­gen kann, er werde von Brüssel bevormundet, denn er ist ja selbst für diese Gesetze verantwortlich. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Leichtfried. – Ruf bei der SPÖ: Das ist ihm nicht aufgefallen bis jetzt!)

Dann kommen wir zu dieser Aussage betreffend die tausend EU-Verordnungen, die Streichung von tausend EU-Verordnungen: Weshalb die Zahl tausend? Sie sind uns immer noch schuldig geblieben, die ÖVP ist uns immer noch schuldig geblieben, uns zu erklären, welche tausend Verordnungen da tatsächlich gemeint sind.

Ich möchte kurz auf eine Statistik eingehen: Derzeit gibt es insgesamt etwa 6 600 in­haltliche EU-Verordnungen. Knapp ein Drittel dieser Rechtsakte geht auf das Konto von EU-Regierungen zurück. Der Rat der Europäischen Union als Vertretung der Re­gierungen der Mitgliedstaaten ist somit der zweithäufigste Autor dieser EU-Verordnun­gen. Wenn man tausend streichen will, dann kann man das wohl nur erreichen, wenn man den europäischen Binnenmarkt auflöst, und das würde faktisch auch die vollstän­dige Zerschlagung der Europäischen Union bedeuten. Ich glaube aber nicht und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Sie das so gemeint haben. Ich freue mich daher auf diesbezügliche Ausführungen.

Wenn wir aber wirklich über Reformen reden wollen, dann machen wir das doch! Re­den wir über die großen proeuropäischen Reformen! Reden wir davon, dass wir eine Republik Europa brauchen, dass sie notwendig wäre, dass es endlich an der Zeit wäre, dass das europäische Recht auch vom europäischen Volk ausgeht, von europäischen Bürgerinnen und Bürgern – denn diese Maßnahmen würden die europäischen Bürge­rinnen und Bürger ins Zentrum der Debatte rücken! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Jarolim.)

12.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Reinhold Lo­patka. – Bitte.


12.01.56

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Vilimsky, einen bayerischen CSU-Politiker wie Manfred


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 74

Weber als Zentralisten hinzustellen (Abg. Haider: Ja was denn?), das ist schon ein starkes Stück! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Politiker, der aus dem Freistaat Bayern kommt, der ist alles andere als ein Zen­tralist. (Abg. Haider: Du musst die rosa Brille abnehmen!) Gehen Sie einmal nur nach Berlin, Kollege Haider – ich war diese Woche dort –, und reden Sie dort von den Zen­tralisten aus Bayern! Damit machen Sie sich lächerlich. (Abg. Haider: Du musst die ro­sa Brille abnehmen!)

Kollegin Gamon! Wir stehen auf dem Boden der österreichischen Bundesverfassung. Wir wollen unseren Nationalstaat nicht aufgeben – und gut funktionierende National­staaten sind die beste Grundlage für eine gut funktionierende Europäische Union! Das unterscheidet uns von Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir fantasieren nicht von einer Europäischen Union als Bundesstaat, so wie Sie das sehen.

Meine Damen und Herren! Wenn jemand für Reformen eintritt, so befindet er sich als guter Europäer in guter Gesellschaft: Jean-Claude Juncker war der Erste, der diese Diskussion - - (Abg. Meinl-Reisinger: Geh! Ich hab 2005 in der Kommission gearbei­tet!) – Na sicher, es war Jean-Claude Juncker mit seinen fünf Szenarien zur Zukunft der Europäischen Union! Sie haben das Weißbuch anscheinend nicht gelesen. Im Weißbuch ist genau das beinhaltet, was Jean-Claude Juncker diskutiert haben möchte. Sie kennen die fünf Szenarien, und diese Bundesregierung hat in ihrem Regierungs­programm ganz klar festgeschrieben, dass sie ein „aktiver und zuverlässiger Partner“ – ein „aktiver und zuverlässiger Partner“, so steht es im Regierungsprogramm – für die Europäische Union sein möchte, aber auf Grundlage der Subsidiarität!

Das ist das Entscheidende, denn je näher wir die europäische Politik zu den Bürgern bringen, umso weniger müssen wir dann klagen, dass die Wahlbeteiligung schlecht ist, und umso mehr werden die Menschen verstehen, dass wir diese Europäische Union brauchen – aber in einer Arbeitsteilung: Das, was die Gemeinden erledigen können, sollen die Gemeinden machen. Das, was unsere Bundesländer schaffen, soll dort blei­ben. Das, was wir hier im Parlament schaffen können, muss nicht nach Brüssel gehen. Aber es gibt viele Bereiche, die können wir nur international, europäisch regeln. – Das ist unser Ansatz, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Angerer.)

Was nun unseren Bundeskanzler betrifft: „Der Europäer“: „Kurz ist Europa-Experte“. (Abg. Leichtfried: Das war jetzt ein guter Scherz!) – Nein, das war kein Scherz, das war das „Handelsblatt“, eine sehr renommierte Zeitung! Das deutsche „Handelsblatt“ hat genau so Sebastian Kurz vorgestellt (Abg. Rendi-Wagner: Wann? Wann?): „Der Europäer“: „Kurz ist Europa-Experte“. (Die Abgeordneten Meinl-Reisinger und Leicht­fried: Wann? Wann?) – Am 9. Mai! (Abg. Leichtfried: Da war einiges dazwischen!) Es ist noch keine Woche alt. Das „Wann?“ war jetzt der falsche Zwischenruf. Was das „Handelsblatt“ hier sagt, ist aktuell! (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, das hören Sie nicht gerne. Ich wüsste nicht, wen das „Handelsblatt“ aus den Rei­hen der SPÖ als Europaexperten nennen könnte. Können Sie mir einen Europaexper­ten aus der SPÖ nennen? (Rufe bei der SPÖ: Schieder! Regner! – Abg. Kuntzl: An­dreas Schieder!) – Ich habe nicht so viel Redezeit, ich kann nicht so lange warten. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann Ihnen nur sagen, dass das „Handelsblatt“ hier in einer Reihe Macron, die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Sebastian Kurz als diejenigen genannt hat, die sich diesbezüglich Gedanken machen. (Abg. Leichtfried: Das heißt, du wählst jetzt auch den Vilimsky?)

Kollege Leichtfried! Ich sage Ihnen noch etwas: „Die Zeit für eine immer engere Union in allen [...] Politikfeldern liegt hinter uns.“ Diese Zeit liegt hinter uns, sage ich Ihnen.


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(Abg. Leichtfried: Also wählst du den Vilimsky!) – Nein, das hat Timmermans gesagt. Das ist Ihr Spitzenkandidat! Das hat Timmermans gesagt, Ihr Spitzenkandidat, als er Außenminister von den Niederlanden war. Ich weiß nicht, ob jetzt Timmermans Vilims­ky wählen muss. Das ist ein interessanter Ansatz, Kollege Leichtfried. (Abg. Rendi-Wagner: Lenken Sie nicht ab, Herr Lopatka!) – Ich lenke nicht ab. Es war Frans Tim­mermans – ja, das hören Sie nicht gerne –, und ich zitiere ihn jetzt, Frans Timmer­mans, Ihren Spitzenkandidaten. (Abg. Leichtfried: ... ihm eine Vorzugsstimme!) – Kön­nen Sie mir kurz zuhören? (Abg. Rendi-Wagner: Sie dürfen ihn wählen!)

Frans Timmermans leitet sein Schreiben, ein offizielles Schreiben an die Kommission, wie folgt ein: „Die Zeit für eine immer engere Union in allen [...] Politikfeldern liegt hinter uns.“ Und Timmermans führt dann einige Themen an, wo er sagt, wir brauchen weni­ger Europäische Union (Abg. Leichtfried: Das heißt, du wählst jetzt nicht den Vilimsky, sondern den Timmermans?), und er nennt „großzügige Vergütungen für EU-Funktio­näre“. – Hätte das Bundeskanzler Sebastian Kurz oder Vizekanzler Heinz-Christian Strache oder wer auch immer gesagt, die Aufregung wäre furchtbar, denn so etwas darf man nicht sagen. Timmermans hat das gesagt!

Weiters führt er an: „wachsende Befugnisse für Brüsseler Behörden und die Einfüh­rung“ eines gemeinsamen Haushaltsrechts. Das führt für ihn zu weit. Er sagt, diese Punkte sollten „in eine Agenda für eine abgespeckte und effektivere EU aufgenommen werden. Das Grundsatzprinzip sollte lauten: Auf europäischer Ebene nur wenn nötig, auf nationaler Ebene immer wenn möglich.“

Sie sind so gespalten, der Wähler weiß ja nicht, was er bei Ihnen machen soll! (Abg. Schieder – in Richtung ÖVP weisend –: Ja, genau! Gespalten?! Red da ummi!) Tim­mermans sagt das völlige Gegenteil von dem, was wir sagen.


Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren.


Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): Schlusssatz: Wir stehen für eine starke Europäische Union, und Sebastian Kurz ist einer der stärksten Regierungschefs. Gemeinsam mit Rutte und anderen wird er diese Union in eine gute Zukunft führen, und wir lassen uns dabei von der Opposition nicht beirren! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Jarolim: Einfach abwarten, Herr Lopatka! Einfach abwarten!)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Europäi­schen Parlaments Mag.a Evelyn Regner. – Bitte.


12.08.16

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Evelyn Regner (SPÖ): Frau Präsiden­tin! Geschätzte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister! Ich freue mich, dass ich heute als europäische Abgeordnete zu Ihnen im Nationalrat sprechen kann, gilt es doch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament einiges ins rechte Licht zu rücken.

Herr Bundeskanzler, der Sie heute nicht anwesend sind, Sie haben in den letzten Ta­gen mit Ihren Aussagen für Klarheit gesorgt – die Maske ist endgültig gefallen –: Die türkise ÖVP, die Kurz-ÖVP ist eine antidemokra- -, ah, eine antieuropäische (Abg. Wö­ginger: Na, na, na, na, na! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) Partei. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Die hat noch das Redekonzept vom Stammtisch dabei, von der Sektion 8! Von der Sektion 8 war das die Rede!)

Die Kurz-ÖVP ist eine antieuropäische Partei! Im Gegensatz zu dem, was der Titel der heutigen Europastunde vermuten lassen würde, ging es Ihnen, Herr Bundeskanzler, nie um eine sinnvolle Weiterentwicklung der Europäischen Union.


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Eine kleinere Europäische Kommission, harte Konsequenzen bei Verstößen gegen das EU-Recht, Wettbewerbsrecht überarbeiten, in der Außenpolitik handlungsfähiger wer­den – Herr Bundeskanzler, ich bin seit zehn Jahren Abgeordnete im Europäischen Par­lament, ich kenne das Geschäft, ich kenne die Debatten, und eines kann ich Ihnen sa­gen: Egal, wie man inhaltlich zu diesen Vorschlägen steht, die haben null Neuigkeits­wert! – Bei allem Respekt, Herr Bundeskanzler: Verkaufen Sie die Menschen in Öster­reich nicht für dumm! Veräppeln Sie sie nicht! Ein neuer Vertrag für die Zukunft Euro­pas, das ist wohl ein Wahlkampfgag, und zwar ein schlechter. Dieses EU-Bashing ist so platt, so vorhersehbar und könnte direkt aus dem Wahlprogramm der FPÖ stam­men. ÖVP und FPÖ sind in diesen Fragen wohl nicht mehr zu unterscheiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Mindestens tausend Verordnungen sollen gestrichen werden. Die Frage muss wohl erlaubt sein: Wo wollen Sie denn anfangen, Herr Bundeskanzler? Wollen Sie bei den Fluggastrechten, beim Konsumentenschutz anfangen? Wollen Sie beim Roaming, bei krebserregenden Stoffen in Lebensmitteln anfangen? Sie sagen Subsidiarität und mei­nen Sozialabbau. Das ist verantwortungslos, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich als europäische Abgeordnete (Ruf bei der FPÖ: Noch! – weiterer Ruf bei der FPÖ: Noch-Abgeordnete!), als Gewerkschafterin nehme diese Verantwortung sehr ernst. Es geht um die Menschen, um die hart arbeitenden Menschen in Österreich und in Euro­pa. All das, was wir in Europa aufgebaut haben, ist keine Selbstverständlichkeit. Das ist hart erkämpft, hart verhandelt, hart erstritten und das müssen wir verteidigen und weiterentwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Hier, sehr geehrte Abgeordnete, geht es um die EU-Arbeitszeitrichtlinie, es geht um die Work-Life-Balance-Regelung, es geht um den Schutz am Arbeitsplatz. Es geht um die Arbeitsbehörde der Europäischen Union, die Gott sei Dank mithilfe der Abgeordneten im Europäischen Parlament und auch der Regierungen, aber nicht der österreichi­schen, durchgesetzt wurde, um den Menschen am Arbeitsplatz Sicherheit zu geben, um zu kontrollieren, wenn Lohndumping vorliegt. Darum geht es! Deshalb bin ich stolz darauf, was wir im Europäischen Parlament für die Menschen in Österreich und in Eu­ropa erkämpft haben. Das lassen wir uns nicht nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Europa braucht: einen Vertrag für die Menschen und nicht für die Konzerne. Faire Regeln sollen aufgestellt werden: der Mensch im Mittelpunkt. Konzerne sollen eben­falls ihren gerechten Anteil leisten. Konzerne sind wichtig, aber sie sollen Steuern zah­len, sie sollen ihren gerechten Anteil leisten. (Abg. Winzig: Die Voest ist auch ein Kon­zern!) Es geht also ums Eingemachte, es geht um den Wohlfahrtsstaat Europa. Es geht um den Schutz, den sozialen Schutz, und die Sicherheit für Menschen.

Wenn wir nicht endlich dieses starke soziale Fundament bauen, die Schere zwischen Arm und Reich schließen, gute neue Jobs schaffen, dann werden die Europazerstörer gewinnen. Und das lassen wir nicht zu! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hafenecker: Da haben sie Ihnen einen festen Blödsinn aufgeschrieben!)

Ich will für meine zwei Kinder ein menschenfreundliches Europa. Ich weiß, dass wir die Probleme im 21. Jahrhundert nur gemeinsam und auf Augenhöhe mit den europäi­schen Partnern lösen können.

Mein Motto ist so einfach, so simpel wie grundlegend: Ein gutes Leben für alle muss möglich sein. Und dafür werde ich kämpfen – als Sozialdemokratin. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.13


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Mag. Ro­man Haider. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 77

12.13.32

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! (Abg. Jarolim: Präsiden­tin!) Herr Bundesminister! Hohes Haus! Schon am Titel „Ordnung, gute Lebenspers­pektive und Hausverstand: Ein neuer Vertrag für die Zukunft Europas“ erkennt man zweifelsohne, dass Wahlkampf ist. Aber was das Besondere an diesem Wahlkampf ist – abseits von solch salbungsvollen Worten –, das ist schon diese Zweiteilung: Da gibt es auf der einen Seite fünf Parteien, deren Spitzenkandidaten mehr Zentralisierung und mehr Bevormundung aus Brüssel möchten, und auf der anderen Seite eine Partei, die FPÖ, die wieder mehr Kompetenzen nach Österreich zurückholen möchte. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Spitzenkandidaten von fünf Parteien wollen also einen europäischen Zentralstaat, nur die FPÖ setzt sich für den Erhalt von Österreich als souveränem Staat ein. Es ist schon sehr bemerkenswert, wirklich bemerkenswert, wenn sich die Mehrzahl der wahl­werbenden Parteien, deren Abgeordnete ja einen Eid auf die Verfassung dieses Staa­tes geschworen haben, für das Ende genau dieses Staates einsetzt. Ganz besonders deutlich sagen das ja die NEOS – das muss man euch zugutehalten, ihr seid da zumin­dest ehrlich –: Die NEOS haben von Anfang an klargemacht, dass eine Stimme für die NEOS eine Stimme für die Auflösung von Österreich ist. Frau Gamon lässt sich hier in Österreich nach Brüssel wählen, um in Brüssel dann die Abschaffung Österreichs zu betreiben. Also ich glaube wirklich, der Wähler wird euch die passende Antwort darauf geben. Da könnt ihr euch ganz sicher sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz interessant finde ich ja die Sache bei der SPÖ. Dort besinnt man sich jetzt of­fensichtlich auf das, was Sozialisten überall gut können: Schulden machen und neue Steuern erfinden. Weil gerade das Klima und CO2 in aller Munde sind, fordert ihr jetzt eine CO2-Steuer. Dass damit der europäischen Industrie massiv geschadet wird und dass dadurch massenhaft Arbeitsplätze zugunsten der USA und Chinas abwandern werden, das schert die Genossen hier überhaupt nicht. Aber es wundert mich nicht, dass euch das wurscht ist, denn euch wählen ohnehin keine Arbeitnehmer mehr. Da braucht ihr auch überhaupt nicht mehr darauf aufzupassen, ob die Arbeitslosigkeit steigt oder nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Duzdar.)

Für die SPÖ ist die Hauptsache, dass die Konzernzentralen in Europa bleiben, damit die abgehalfterten Ex-SPÖ-Politiker weiterhin mit gut dotierten Spitzenjobs versorgt werden können. Wir kennen ja die Namen: Brigitte Ederer, Alfred Gusenbauer, Viktor Klima, Christian Kern, Sonja Wehsely – all diese Namen sind bekannt, alle in den Kon­zernen versorgt!

Aber das reicht der SPÖ noch lange nicht. Nein, das reicht noch lange nicht! Da muss jetzt auch noch der Ruf nach Enteignungen von Unternehmen kommen. Für alle Polit­sektierer, die Venezuela als Vorbild sehen und ihr Heil weiterhin im Marxismus suchen, ist die SPÖ inzwischen die Alternative und das Wahlkampfwohlfühlresort geworden. Gratulation, Genossen, ihr habt da wirklich mit Vollgas den Rückwärtsgang eingelegt! Das ist wirklich unglaublich. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt noch kurz zur ÖVP: Was soll ich da jetzt sagen? – Auf der einen Seite wird da wieder schamlos die Kopiermaschine angeworfen, werden freiheitliche Forderungen nach einer Redimensionierung der EU kopiert. Auf der anderen Seite preist der Spit­zenkandidat die EU als allein seligmachend an. Also der Bundeskanzler kritisiert die Pommes-Richtlinie, der Spitzenkandidat lobt sie wieder über den grünen Klee. Ihr solltet euch vielleicht einmal entscheiden, was ihr wirklich wollt. Bleiben tut: Der Spit­zenkandidat ist für den europäischen Zentralstaat, bis jetzt zumindest, vielleicht ist es morgen wieder anders. Man weiß es bei der ÖVP nicht genau.

Bleibt also in Wahrheit nur die FPÖ als einzige Partei, die völlig klar sagt, was sie will. Wir sind die einzige Partei, die Österreich als souveränen Staat erhalten will. Wir möch-


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ten die EU als Konföderation unabhängiger Staaten mit genau abgegrenzten Kompe­tenzen. Wir sehen sie als Ergänzung zu den Nationalstaaten für die Bereiche, in denen eine Zusammenarbeit sinnvoll ist; das ist völlig in Ordnung.

Bei keiner anderen Frage zeigt sich das so deutlich wie beim Einstimmigkeitsprinzip: Da sind alle anderen Fraktionen für dessen Abschaffung. Die Begründung ist entlar­vend: Endlich sollen andere Staaten überstimmt werden können, quasi die Lizenz zum Drüberfahren. Nicht mit uns! Wir sind für die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips. Wir wollen die Steuerhoheit in Österreich belassen. Darum ist diese Wahl eine Rich­tungsentscheidung: Wem Österreich egal ist - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist erschöpft. Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Mag. Roman Haider (fortsetzend): Der Schlusssatz ist da, wo Sie sich immer einschalten, Frau Präsident, und der wäre jetzt gerade gekommen.

Wem Österreich egal ist, der kann die Zentralisierer aus allen Parteien wählen; wem Österreich wichtig ist und wer es erhalten will, der wird die FPÖ wählen. Selbstver­ständlich! (Beifall bei der FPÖ.)

12.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Martha Biß­mann. – Bitte.


12.19.34

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Damen und Herren! Besucherinnen und Besucher! Herr Bundesmi­nister! Ja, als fraktionsfreie Abgeordnete geht man schon auch einmal ohne Applaus vom Rednerpult ab. Aber ich sage Ihnen eines: Sich hier an diesem Ort frei und vor allem differenziert äußern zu können, das ist unbezahlbar!

Ich möchte jetzt auch meine Unabhängigkeit nutzen, einen ganz generellen Appell in Richtung der Bürgerinnen und Bürger auszusprechen, wählen zu gehen. Machen Sie von Ihrem, macht von eurem Wahlrecht Gebrauch! Das wurde nämlich hart erkämpft. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und NEOS.)

Das Frauenwahlrecht wurde vor 100 Jahren hart erkämpft, aber kurz davor auch erst das allgemeine Wahlrecht, als Männer erstmals wählen durften, also generell, alle Männer. (Abg. Hafenecker: Wer hat es erstritten 1848?)

Ich möchte auch betonen, dass Österreich neben Malta eines von nur zwei Ländern in der Europäischen Union ist, wo man schon ab 16 Jahren wählen darf. Daher ein spe­zieller Appell an die Jugend – es sind heute ganz viele hier –: Macht von eurem Wahl­recht Gebrauch! Es ist ein Recht, aber es ist eigentlich auch eine Pflicht, denn die Demokratie ist nicht vom Himmel gefallen; es gilt, sie jeden Tag gegen die Feinde der Demokratie zu verteidigen, die auf Europa wie auf andere Teile der Welt einwirken. Das Wahlrecht ist ein essenzieller, wichtiger Bestandteil der Demokratie.

Ich werde keine Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei aussprechen, möchte aber anmerken, dass die Klimakrise die Überlebensfrage der Menschheit geworden ist. Ich möchte also dazu ermuntern, die Kräfte zu wählen, liberale Kräfte, die den Klimaschutz ganz, ganz oben auf die Agenda gesetzt haben und die soziale Union und das Mit­einander hervorstreichen. Betreffend Klimaschutz möchte ich noch in Richtung der Wählerinnen und Wähler sagen, die ein besonderes Sicherheitsbedürfnis haben und die jene Partei wählen möchten, die ihnen das besondere Sicherheitsversprechen be­treffend Außengrenzschutz, aber auch Binnengrenzschutz gibt: Klimaschutz ist auch


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eine Sicherheitsfrage. Die Vereinten Nationen prognostizieren uns Abermillionen von Klimaflüchtlingen, kriegen wir die Klimakrise nicht in den Griff. Dann – das sage ich Ih­nen, werte Damen und Herren – helfen keine Frontex-Einsatzkräfte mehr an den Au­ßengrenzen, dann helfen keine Zäune und Mauern mehr.

Jetzt haben wir aber noch Zeit, das 2-Grad-Ziel zu erreichen und das Schlimmste zu verhindern. Ich sage Ihnen: Die Gebiete weltweit, die unbewohnbar werden, das ist nicht Europa, das ist nicht unser Land – da werden zwar die Wetterkapriolen noch zu­nehmen, wir werden die Gletscherschmelze und auch sonst alles Mögliche noch erle­ben –, aber unbewohnbar werden halbe Kontinente. Halb Afrika wird zu einem Gebiet, wo man einfach nicht mehr überleben kann. Und was werden die Menschen in ihrem Überlebensdrang tun? – Sie werden sich auf den Weg machen – auch zu uns.

Gehen Sie wählen! Ich wünsche mir ein Europa, das auch weitere 70 Jahre friedlich bleiben wird und sozialen Zusammenhalt demonstriert. – Vielen Dank für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Hafenecker: Na und wen empfehlen Sie jetzt zur Wahl? Jetzt haben Sie gar keine Empfehlung gemacht! Wen soll man jetzt wählen?)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

12.23.23Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3403/J bis 3536/J

2. Anfragebeantwortungen: 2917/AB bis 3081/AB

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 3002/AB

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (19. FSG-Novelle) (620 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der An­lage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 1. Quartal 2019 (Vorlage 45 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungs­gesetz über die im 1. Quartal 2019 ergriffenen Maßnahmen (Vorlage 46 BA)

Monatserfolg März 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 47 BA)

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 25 betreffend "Stopp Atomstrom - Stopp AKW Mochovce. Das sicherste AKW ist das, das erst gar nicht gebaut wird!", überreicht von den Abgeordneten Erwin Preiner und Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger


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Petition Nr. 26 betreffend "Mehr Tierschutz durch eine deutliche Reduktion der Tier­transporte!", überreicht vom Abgeordneten Ing. Maurice Androsch

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend KELAG Wärme GmbH; Follow-up-Überprü­fung – Reihe BUND 2019/15 (III-272 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/16 (III-273 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Frontrunner-Förderaktion; Follow-up-Überprü­fung – Reihe BUND 2019/17 (III-274 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Ausgewählte Stiftungen bei der Österreichi­schen Akademie der Wissenschaften; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2019/18 (III-275 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Ökologisierung Fließgewässer, zweite Sanie­rungsperiode – Reihe BUND 2019/19 (III-276 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Nebenbeschäftigungen der Universitätsprofes­sorinnen und -professoren – Reihe BUND 2019/20 (III-279 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Bundesschullandheim Radstadt – Reihe BUND 2019/21 (III-280 d.B.)

Volksanwaltschaftsausschuss:

42. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2018) (III-240 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend Nationales Reformprogramm Österreich 2019 (III­282 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Ar­beitsbericht der NQR-Koordinierungsstelle (NKS) für das Jahr 2018 (III-281 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Datenschutzbericht 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (III-278 d.B.)

Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2018, vorgelegt vom Bun­desminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (III-283 d.B.)

*****


Präsidentin Doris Bures: Ich teile mit, dass der Sechste Bericht des Unvereinbar­keitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsidentin Doris Bures: Der freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge-


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brachte schriftliche Anfrage 3536/J der Abgeordneten Dr.in Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumen­tenschutz Mag.a Beate Hartinger-Klein betreffend „Armutsbekämpfung und Maßnah­men für mehr soziale Gerechtigkeit“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird diese frühestens 3 Stunden nach Eingang in die Tagesordnung, also um 15.25 Uhr, behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3073/AB


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass gemäß § 92 der Geschäftsordnung ein Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3073/AB der Anfrage 3093/J der Abgeordneten Mag. Loacker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Automatisches Pensionssplitting mit opting-out“ durch die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Dr.in Bogner-Strauß abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss daran stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 9 bis 11 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Ich frage, ob es dagegen einen Einwand gibt. – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben – das ist die Vereinbarung, die in der Präsidialkonferenz erzielt wurde und von allen mitgetragen wurde –: ÖVP 130 Minuten, SPÖ und FPÖ je 116 Minuten sowie NEOS und JETZT je 39 Minuten. Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die ge­samte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 20 Mi­nuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Darüber stimmen wir nun ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

12.26.211. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (110 d.B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstel­lung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (598 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zu Tagesordnungspunkt 1.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Ich begrüße Frau Bundesministerin Dr.in Schramböck.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Peter Wittmann. – Bitte. (Beifall des Abg. Jarolim.)


12.27.16

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir sprechen über eine Staatszielbestim­mung, die den Wirtschaftsstandort auf dieselbe Ebene heben soll wie den Umwelt­schutz, um es vereinfacht auszudrücken.

Was ist das Problem dahinter? Was ist überhaupt das Problem von Staatszielbestim­mungen, und was ist der Sinn und Zweck von Staatszielbestimmungen? – Staatsziel­bestimmungen sind an sich in der wissenschaftlichen Community sehr umstritten; die einen befürworten sie, die anderen halten nichts davon. Ich glaube, dass man mit die­sen Staatszielbestimmungen sehr vorsichtig umgehen muss. Letztendlich geben Staats­zielbestimmungen immer auch wieder, was der Gesellschaft wichtig ist.

Zu einem Zeitpunkt, da jeder weiß, dass sich die Klimakrise verschärft, jeder weiß, dass wir mit dem Umweltschutz Probleme haben, alle Universitäten davon sprechen, alle Wissenschaftler davon sprechen, dass man sich diesem Umweltschutz und dieser Klimakrise ernsthaft nähern muss, und letztendlich sogar der Vatikan eingeschwenkt ist und gesagt hat, das ist eines der herausfordernden Probleme unserer Welt, zu diesem Zeitpunkt, da jeder nur mehr darüber nachdenkt, wie man den Umweltschutz stärken kann, wie man die Klimakrise verhindern kann, denkt man in Österreich darüber nach, wie man den Umweltschutz schwächen kann, indem man ihm ein entgegengesetztes Staatsziel gegenübersetzt. – Das Staatsziel Stärkung des Wirtschaftsstandortes ist konträr zum Staatsziel Umweltschutz. Wenn man jetzt zwei einander widersprechende Staatsziele in die Verfassung stellt, dann ist das überhaupt widersinnig, denn: Was ist der Sinn und Zweck von Staatszielbestimmungen?

Es gibt zwei Gründe für Staatszielbestimmungen: Der eine ist, dass sich die Gesetzge­bung in ihrer Verantwortung nach diesen Staatszielbestimmungen in der gesellschaftli­chen Ausrichtung selbst bindet – auf nationaler Ebene, auf Landesebene und auf Ge­meindeebene. Das heißt, das Ziel ist, dass wir uns selbst diesen einen Schwerpunkt geben. Wenn man einen entgegengesetzten Schwerpunkt setzt, ist es klar, dass die Schwerpunkte einander wechselseitig aufheben und praktisch das eine Ziel aushebeln, das derzeit unsere Priorität ist.

Auf der anderen Seite gibt es eine zweite Wirkung, die für Verwaltungsebenen, aber auch für Gerichte entscheidend ist; man kann nämlich Staatszielbestimmungen zur Orientierung für eine Entscheidung heranziehen. Es gibt kein Recht auf Durchsetzung eines Staatszieles, aber man kann die Orientierung der Entscheidung davon ableiten. Wenn man zwei einander widersprechende Staatsziele in die Verfassung gibt, heißt das, man eröffnet den Gerichten die vollkommene Willkür, weil sie sich dann je nach­dem, wie es gerade gebraucht wird, entscheiden können.

Ich halte das für bedenklich, es ist überhaupt vollkommen sinnentleert, zwei einander widersprechende Staatszielbestimmungen in die Verfassung aufzunehmen. Ehrlicher wäre es gewesen, zu sagen, wir ersetzen den Umweltschutz durch eine Staatszielbe­stimmung Wirtschaftsstandort. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Das wäre ehrlicher ge­wesen. Sie machen aber zu einem Zeitpunkt, zu dem die Diskussion über Umwelt­schutz und Bewältigung der Klimakrise am Höhepunkt ist, genau das Gegenteil und setzen den Schwerpunkt Wirtschaftsstandort.

Der Schwerpunkt Wirtschaftsstandort ist auch von der praktischen Wirksamkeit her gar nicht notwendig, weil Österreich auch mit dem Schwerpunkt Umweltschutz ein durch-


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aus attraktiver Wirtschaftsstandort ist. Es ist ja nicht so, dass wir irgendeinen Nachteil daraus hätten. Wir sind eines der besten Länder, wenn man den Wirtschaftsstandort betrachtet. Wir sind bestbewertet in Europa, wir sind bestbewertet in der Welt – wozu dann noch eine Abschwächung des übergeordneten Ziels Umweltschutz? (Abg. Bösch: Warum nicht?) – Genau das ist Ihr Problem! Ich halte es für Ignoranz. Die jun­gen Leute führen uns jeden Freitag vor Augen, was sie von Ihrer Umweltschutzpolitik halten, nämlich gar nichts! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Es ist in der Bevölkerung ganz einfach evident, dass man jetzt, wenn alle über Kli­maschutz und Umweltschutz sprechen und das eines der notwendigsten Ziele ist, das nicht abschwächt und verhindert. Das ist Ihre Ankündigungspolitik, die Sie in allen Be­reichen betreiben. Sie sagen Umweltschutz – in Wirklichkeit passiert nichts. Ich frage mich: Wie lange kann sich ein Land wie Österreich eine Umweltschutzministerin leis­ten, die dem Land 6 Milliarden Euro kostet? (Abg. Jarolim: Eine Katastrophe!) In Wirk­lichkeit ist ein Minister, der mit seiner Umweltschutzpolitik dem Land letztendlich 6 Mil­liarden Euro kostet, in keinem anderen Land überlebensfähig. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist für mich ein absolutes No-Go, was hier passiert.

Frau Minister, lassen Sie sich zur Umgangsform eines sagen: Sie wollen eine Staats­zielbestimmung. Sie haben kein einziges Mal mit der SPÖ gesprochen, obwohl Sie ei­ne Verfassungsmehrheit brauchen. Ich weiß nicht, wie oft Sie mit den NEOS gespro­chen haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Einmal! Nicht einmal auf mein Mail geantwortet!) Ich glaube, es geht ihnen ähnlich wie uns, es haben keine Gespräche stattgefunden. Diese Überheblichkeit wird nicht dazu führen, dass Sie erfolgreich sind. Es wird heute ein fulminanter Sieg der Opposition werden, denn Sie werden keine Staatszielbestim­mung Wirtschaftsstandort bekommen! (Abg. Jarolim: Ein Sieg für die Opposition!)

Sie haben sich das selbst zuzuschreiben: Sie haben ja eine Fristsetzung bis 14. Mai beantragt, so dass wir heute abstimmen müssen. Sie werden heute eine Abstim­mungsniederlage erleiden – und Gott sei Dank erleiden Sie diese! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT. – Abg. Haubner: Eine Niederlage für den Standort!) Es wird endlich einmal diese Überheblichkeit bestraft, die Sie dem Hohen Haus gegenüber an den Tag legen. (Zwischenruf des Abg. Fürlinger.)

Diese Überheblichkeit, die Sie an den Tag gelegt haben, wird dadurch bestraft, dass Sie das, was Sie wollen, nicht bekommen. Ganz einfach! Wenn Sie nicht lernen, mit der Opposition über Verfassungsbestimmungen zu verhandeln, dann wird es das in Zukunft auch nicht geben. Ich frage mich, warum man überhaupt eine Fristsetzung ma­chen muss, wenn man weiß, dass man dann eh verliert. Ich gratuliere Ihnen zu diesem Misserfolg! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Eine Niederlage für die Arbeits­plätze!)

12.34


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße auf der Galerie Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule St. Stefan ob Stainz sehr herzlich! Schön, dass Sie der Debatte folgen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger. – Bitte. (Abg. Jarolim: Ich habe noch selten so viele fröhliche Gesichter bei der FPÖ gesehen wie jetzt! – Ruf bei der ÖVP: Der lustige Herr Jarolim!)


12.34.50

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! Herr Kollege Wittmann, was Sie als Sieg der Opposition bezeich­nen, ist möglicherweise eine Niederlage für den Standort Österreich und damit auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wenn das Ihre


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verantwortungsvolle Oppositionspolitik sein soll – na dann gute Nacht für den Standort! (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Sie denken bei keiner Handlung, die Sie hier setzen, an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, für die Sie immer Politik machen wollen. Das tun Sie nicht! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, vor allem für die Zuseherinnen und Zuseher: Worum geht es denn? – Ich darf Ihnen kurz die Formulierung vorlesen: „Die Republik Österreich [...] be­kennt sich zu einem nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort als eine Voraussetzung für Wohlstand und Beschäftigung.“ – Was ist an diesem Satz falsch? – (Abg. Erasim: Überhaupt nichts!) Das würde ich heute gerne debattieren. Was ist da­ran falsch? (Abg. Jarolim: Sie verstehen das Problem nicht!)

Der erste Punkt: In der Begründung steht: Mit dem Antrag „soll die Nachhaltigkeit auf das gesamte staatliche Handeln erweitert werden, um dem Einklang von Ökonomie und Ökologie eine große Zukunftschance zu geben. Gleichzeitig soll damit einem nachhalti­gen und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort ein Wettbewerbsvorteil und neue Chan­cen im internationalen Vergleich eingeräumt werden.“ – Ich frage mich, was daran falsch ist.

Wir haben uns ja etwas dabei gedacht, als wir – auch gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der NEOS – über diesen Text verhandelt haben. (Abg. Leichtfried: Also doch jetzt?) Sie haben auch einen sehr konstruktiven Beitrag geleistet. Ich frage mich wirklich: Was ist an diesem Text falsch?

Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich, dass auch der burgenländische Landtag einen Beschluss gefasst hat, den er Mitgliedern der Bundesregierung mit dem Ersu­chen, eine solche Änderung in der Verfassung vorzunehmen, übermittelt hat! (Der Red­ner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das ist doch interessant! Was machen denn die burgenländischen SPÖ-Abgeordneten eigentlich? (Abg. Leichtfried: Das werdet ihr schon sehen!) Was machen sie, wenn der – damalige – Herr Landeshauptmann einen Brief schreibt und ersucht, dass wir das tun sollen? Was machen die Wiener Abgeord­neten? (Abg. Leichtfried: Auch das werdet ihr sehen!) Der Herr Bürgermeister und der Herr Finanzstadtrat begrüßen die Entscheidung zum Lobautunnel und beklagen die langen Verfahren. Was machen denn die Wiener Abgeordneten jetzt? Diese Änderung hat sehr wohl eine Auswirkung. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) – Natürlich hat das eine Auswirkung, und Sie als Jurist wissen das auch, dass es Entscheidungen gibt, die sich auf diese Verfassungsbestimmung beziehen. (Abg. Leichtfried: Nämlich? – Erklä­re uns das!)

Meine Damen und Herren! Noch ein paar Worte zum Thema Wirtschaftsstandort, weil ja immer wieder Kritik von den Kolleginnen und Kollegen der NEOS kommt; mir fällt dazu ein: Der Gruß der Kaufleute ist das Jammern. Mittlerweile ist der Gruß der NEOS das Jammern. Es wird immer argumentiert: Mehr, mehr, mehr Entlastung Österreichs! (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist primitiv!)

Sie haben moniert, dass die Frau Bundesministerin Ihnen nicht entsprechend auf Ihre Forderungen geantwortet hat. Ich glaube, die Antwort ist relativ klar und sie ist öffent­lich (neuerlich ein Schriftstück in die Höhe haltend): Hier ist der Ministerratsvortrag zum Thema Steuerentlastung, in dem steht (anhaltende Zwischenrufe der Abg. Meinl-Rei­singer): „Entlastung von [...] Einkommen“, „Entbürokratisierung für Kleinunternehmer“, „Erhöhung der Grenze von geringwertigen Wirtschaftsgütern“, „Entlastung von [...] Ein­kommensteuerzahlern“, „Strukturelle Vereinfachungen im Steuerrecht“, insbesondere im Einkommensteuergesetz (Abg. Meinl-Reisinger: Kammerumlage 2!), „kürzere Ver­fahrensdauer“, „Forschungsprämie“, „Senkung der Körperschaftsteuer“, und so weiter, und so fort.(Abg. Meinl-Reisinger: Ein bisserl Show!)

Hier zu argumentieren, dass wir nichts für den Wirtschaftsstandort tun, ist schon ein starkes Stück. Es gab während der Gespräche unterschiedlichste Forderungen, die die


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NEOS gestellt haben; zuletzt war es die Kammerumlage 2. (Abg. Meinl-Reisinger: Das hören Sie seit Jahrzehnten! Machen – nicht ankündigen!) Da stelle ich mir jetzt schon die Frage: Was hat die Kammerumlage 2 mit einer Verfassungsbestimmung zu tun? – Wenn man etwas für den Wirtschaftsstandort tun will, dann kann man das heute tun, indem man unserer Vorlage zustimmt und diese Staatszielbestimmung heute ge­meinsam beschließt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Das kann man als Unternehmer beantworten!)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße auf der Galerie Studenten und Studentinnen der Studienrichtung Politologie des Institute of World Civilizations bei uns. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte.


12.40.05

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Herr Ottenschläger, lieber Kollege, ich bin in letzter Zeit auf Folgendes draufgekom­men: Die ÖVP ist mittlerweile zum Montgolfier der politischen Landschaft in Österreich geworden – Heißluftballone ohne Ende! Ihr produziert nichts anderes als Heißluft, Über­schriften, Gags, Gags, Gags! Das ist eigentlich der springende Punkt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn ich an den Standort denke, denke ich nicht an die zehn Buchstaben des Wortes Wirtschaft, die in der Verfassung stehen müssen. Es war immer unsere Forderung, wir sind dafür gewesen, aber es unterscheidet uns etwas von euch. Der ÖVP geht es um ihre Klientel, aber das sind nicht mehr die Bürgerinnen und Bürger, das ist nicht mehr das Bürgertum, das sind nicht mehr die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, das sind nicht mehr die Unternehmen. (Abg. Haubner: Geh! Aber ihr!) Wenn sich wer um die Unternehmer kümmert, wenn es – wir werden heute noch über den Mittelstandsbericht diskutieren – um eine Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe, der Unternehmer, der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Land geht, dann sind die NEOS die Richtigen. (Abg. Haubner: Geh!) Dafür haben sie sich immer eingesetzt. (Beifall bei den NEOS.) Wir wollen bei der Symbolpolitik nicht mitmachen, und das unterscheidet uns ganz dramatisch. Wir haben es auch im Beitrag von Minister Blümel gehört. In Wahrheit brauchen wir keinen Schnitzelkanzler, wir brauchen eine Deregulierung, und diese Deregulierung muss in diesem Land stattfinden. Wir brauchen eine Abschaffung der kalten Progression. (Neuerlicher Beifall bei den NEOS.)

Wir brauchen eine dramatische Lohnsteuer- und Lohnnebenkostensenkung. Schaut euch einmal das an (eine Tafel mit einem Diagramm, das die Lohn- und die Lohnsteu­erentwicklung zeigt, in die Höhe haltend): Die Lohnsteigerung von 1990 bis 2019 be­trug 210 Prozent, während die Lohnsteuer um 355 Prozent gestiegen ist. Wer hat es gemacht? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wer war der Erfinder des Ganzen? – Die So­zialpartnerschaft war mit dabei, die Wirtschaftskammer war mit dabei. Was habt ihr in den letzten 30 Jahren für eine Entlastung der Unternehmer und der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gemacht? – Das ist eine Symbolpolitik mit zehn Buchstaben, es kam kein Angebot von euch, unsere Forderungen wurden abgelehnt. Da machen wir nicht mit! (Beifall bei den NEOS.)

Wir sind sehr wohl für den Standort, das haben wir auch der Frau Ministerin mehrmals kundgetan. Wir sind euch sogar entgegengekommen: Macht etwas, das spürbar ist, schafft die Kammerumlage 2 ab! Die Wirtschaftskammer, die 1,7 Milliarden Euro an Rücklagen hat, braucht die Kammerumlage 2, die Sallinger damals temporär für drei, vier Jahre für notleidende Kleinunternehmer eingeführt hat, bei Weitem nicht mehr. Das habt ihr nicht weggenommen, weil ihr im Geld schwimmen wollt, weil ihr Geld ver-


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teilen möchtet, weil ihr für eine Parteiveranstaltung für den Bundeskanzler knapp vor der Wahl über 300 000 Euro ausgeben wollt, die Wirtschaftskammer! Darum wollt ihr die Kammerumlage 2 nicht abschaffen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben euch ein zweites Angebot gemacht – für die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler –: Führt bei den Lohnnebenkosten Senkungen herbei, kommt uns da entgegen! Das habt ihr auch nicht gemacht. Was kommt? – Der Vorwurf der Junktimierung. Was hat denn die Sozialpartnerschaft in den letzten 40 Jahren gemacht, außer junktimiert? Was hat die ÖVP in den letzten 40 Jahren gemacht, außer junktimiert? – Natürlich wol­len wir junktimieren, aber für die Unternehmer und nicht für eine Partei, für die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler, aber nicht für die Partei! (Beifall bei den NEOS.)

Ihr habt die Möglichkeit, dass ihr den Antrag noch einmal ein bisschen umschreibt. Wir stimmen mit, wenn ihr auf unsere Forderungen zum Wohle der Unternehmer, zum Wohle der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler eingeht.

Darum bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Staatsziel Wirtschaft – Es braucht mehr als zehn Buchstaben in der Verfassung!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Ge­setzesentwurf zuzuleiten, welcher vorsieht,

- die Tarife bzw. Tarifgrenzen von Lohn- und Einkommenssteuer ab 1.1.2020 so anzu­passen, dass die ‚Kalte Progression‘ jährlich in voller Höhe abgegolten wird,

- die Unfallversicherungsbeiträge auf ein adäquates Maß zu senken, das die Verände­rung der Arbeitswelten reflektiert, sowie

- die Kammerumlage 2 in einem ersten Schritt durch eine Beitragsfreistellung für die Kammerumlage 2 aller Einkommensteile bis zu 1.000 Euro Bruttolohn zu senken und in einem zweiten Schritt abzuschaffen, um eine echte Entlastung österreichischer Un­ternehmen zu ermöglichen.“

*****

(Beifall bei den NEOS.)

12.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Staatsziel Wirtschaft - Es braucht mehr als zehn Buchstaben in der Verfas­sung!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 74. Sitzung des Nationalrats über TOP 1: Be­richt des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (110 d.B.): Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Le­bensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (598 d.B.

Die versteckte Steuererhöhung:


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Die Kalte Progression, also die heimliche Steuererhöhung, entsteht, weil die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstufen aber nicht an die Inflation angepasst wer­den. Somit erhöhen sich der Durchschnittssteuersatz und die Steuerschuld stärker als die Inflation. Das heißt, die Kalte Progression betrifft alle Lohnsteuerpflichtigen und - entgegen der gängigen Auffassung- nicht nur jene, die aufgrund der Inflationsabgel­tung in die nächst höhere Steuerstufe rutschen. Wenn der Bruttolohn steigt, steigen auch der Durchschnittssteuersatz. Jener Anteil des Einkommens, der an den Finanzmi­nister geht, nimmt zu. Sie entsteht sobald das zu versteuernde Einkommen einer Per­son an die Inflation angepasst wird und in der Folge zumindest den ersten Grenzsteu­ersatz überschreitet.

Steuerdynamik abseits der Gesetzgebung:

Durch die Kalte Progression verändert sich nicht nur die Steuerbelastung, sondern auch deren Verteilung. Das kann zu einer einkommensbezogenen Steuerverteilung führen, die in dieser Form niemals vom Gesetzgeber legitimiert wurde. Durch das Hineinrut­schen in höhere Grenzsteuersätze kommt es auch zu einer Verschiebung der Steuer­last und somit zu einer Abweichung von den ursprünglich vom Gesetzgeber intendier­ten Verteilungswirkungen des Steuersystems. Die Beschlüsse des Gesetzgebers wer­den durch die Kalte Progression nachträglich (automatisch) geändert. Diese Steuer­lastverteilung ist aber nicht explizit demokratisch legitimiert. Das Phänomen der Kalten Progression kann als Irrtum des Steuersystems bezeichnet werden. Die Kalte Pro­gression schwächt zum Teil auch die Verteilungswirkungen des Steuersystems und führt zu einer Ausweitung der Steuerquote, die sich der demokratischen Kontrolle ent­zieht. 

Bei der Verteilung der Last geht es aber nicht nur um die Verteilung zwischen den ver­schiedenen Einkommensklassen, sondern um die Aufteilung von erwirtschafteten Er­trägen zwischen privat und öffentlich. Die zusätzlichen Mittel, die an die öffentliche Hand gehen, sind auch aus ökonomischer Sicht problematisch – vor allem vor dem Hintergrund der hohen Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit. Hier nimmt Österreich einen absoluten Spitzenplatz unter allen OECD Ländern ein. Es mangelt dem mit der Kalten Progression verbundenen Anstieg der Steuerquote an Rechtfertigung. Auch aus ökonomischer Sicht ist es nicht schlüssig, warum eine heimliche Steuererhöhung im Sinne der Bürger_innen wäre, ohne dass der Gesetzgeber darlegt, dass die Nachfrage nach öffentlichen Gütern schneller steigt als die Nachfrage nach privaten Gütern – nur eine solche Nachfrageverschiebung würde eine Erhöhung der Steuerbelastung recht­fertigen.

D.h. eine Diskussion über eine Belastungsverteilung steht dem Gesetzgeber in jeder Form zu, diese sollte aber unabhängig von einer illegitimen, automatisierten Zusatzbe­lastung stattfinden. Fakt ist jedenfalls: Jede Steuerreform, ohne Abschaffung der Kal­ten Progression, stellt nichts anderes als eine zukünftige Steuererhöhung dar. Eine Steuererhöhung, die nicht vom Parlament beschlossen werden muss und somit nur selten das Ergebnis einer öffentlichen politischen Debatte ist. Diese Debatte ist aber dringend zu führen.

Ohne Abschaffung der Kalten Progression wird es keinen Druck für echte Strukturre­formen geben

Man ist sich dieser Problematik seitens der Bundesregierung durchaus bewusst – und zwar schon seit Jahren:

Im März 2017 brachte Staatssekretär Fuchs selbst noch einen Unselbständigen Ent­schließungsantrag ein, der zum Ziel hatte, die Kalte Progression abzuschaffen.

Weitere hochrangige Regierungsvertreter der Vergangenheit meinten:


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·          „Die Kalte Progression ist ungerecht“ und „Nach jetzigem Plan könnte es 2016 so­weit sein“, sagte der wahlkämpfende damalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger am 23.8.2013 in den Vorarlberger Nachrichten.

·          „Meine Wunschvorstellung wäre, dass die Kalte Progression ab 2018 abgeschafft ist. Man muss das wie bei der Steuerreform machen: klare Ziele, klare Terminvor­gaben – dann wird geliefert.“ Das hörten wir von BM Schelling am 22.6.2016.

Pläne gab es immer. Passiert ist bisher nichts.

Bei der jüngsten Präsentation der Steuerreform am 30.4.2019 gab die Regierung sogar offen zu, dass sie den Reibach aus der Inflationsbesteuerung benötigt, um Spielraum für die angesprochene „Steuerreformen“ zu haben. Die jetzige Reform, hieß es, wäre ohne die Kalte Progression gar nicht möglich gewesen.

Diese Argumentationslinie der Bundesregierung spricht Bände und ist als absolutes Ar­mutszeugnis zu werten. Denn hätte man sich eine echte Reform des schon reichlich in Schieflage geratenen Steuersystems überlegt, dann hätte man diesen nämlich gar nicht benötigt. Damit hätte man den dringend nötigen Reformprozess anstoßen kön­nen. Ohne finanziellen Druck denkt die Bundesregierung jedoch nicht im Traum daran, Strukturreformen, die Wähler_innen wehtun könnten, ins Auge zu fassen. Solang die Lohnsteuereinnahmen, unter anderem wegen der kalten Progression, so sprudeln wie jetzt (in den ersten Monaten ein Plus von über 8%), solang wird auch auf der Reform­baustelle nichts weitergehen.

Wie die folgende Grafik zeigt, hat die Kalten Progression wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Löhne seit 1990 zwar verdoppelt-, die Einnahmen aus der Lohnsteuer sich allerdings mehr als verdreifacht haben:


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Tariflöhne:

http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=030947

Lohnsteuereinnahmen:

https://www.oenb.at/isaweb/report.do;jsessionid=8982EB069AF2BE63162E5A0A9B91C2E5?report=7.20

Man versucht zudem, die Untätigkeit der Regierung mit dem populistischen Argument zu rechtfertigen, dass die Abschaffung der Kalten Progression nur den höheren Ein­kommen zugutekommen würde. Das ist schlicht unwahr, denn beispielsweise entspre­chen die steuerfreien 11.000 Euro aus dem Jahr 2009 wertmäßig 14.000 Euro im Jahr 2021 – somit sind auch kleine Einkommen von der Kalten Progression stark be­troffen.

Staatsziel Wirtschaft - so nicht!

Eine echte Entlastung der Unternehmer_innen kann nur durch eine Senkung der Lohn­nebenkosten erreicht werden, die von NEOS seit Jahren gefordert wird. Dazu reichen uns reine Lippenbekenntnisse und Ankündigungen nicht länger aus. Wie aber mehr­fach betont, möchten NEOS mehr als eine symbolische Verankerung des Wirtschafts­standorts – diese bringt den Unternehmen nichts. Wichtiger als zehn Buchstaben in die Verfassung zu schreiben, wären sofortige Entlastungsschritte für Unternehmen und ge­nau diese sucht man vergebens in der angekündigten Steuerreform.

Aus unserer Sicht könnte eine Entlastung nur gelingen, wenn die viel zu hohen Kam­merumlagen gesenkt werden. Insbesondere die Kammerumlage II, die Lohnnebenkos­ten darstellt. Schließlich war sie bei der Einführung 1979 auch nur als „vorübergehen­de“ Maßnahme angedacht, um „notleidende“ Unternehmen zu unterstützen. Eine Strei­chung ebendieser würde zu einer Entlastung von rund 350 Mio Euro führen. Diese Maßnahmen könnten und müssten unserer Ansicht nach bereits ab 2020 umgesetzt werden.

Eine zusätzliche Entlastung würde außerdem die Senkung der Unfallversicherungsbei­träge bedeuten. Durch die Veränderung der Arbeitswelten kommt es zu immer weniger Arbeitsunfällen. Durch eine Abnahme der Zahl der Arbeitsunfälle sind die Beitragsein­nahmen der AUVA stark gewachsen, weil die Zahl der Beschäftigten, die Lohnsumme und die Höchstbeitragsgrundlage stets gestiegen sind. In-zwischen beläuft sich das Fi­nanzvermögen der AUVA auf ca. 500 Mio Euro und es konnten Rücklagen im Umfang von ca. 1,1 Mrd Euro angehäuft werden. Dieses Geld könnte direkt für die Senkung der Lohnnebenkosten verwendet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Ge­setzesentwurf zuzuleiten, welcher vorsieht,

•             die Tarife bzw. Tarifgrenzen von Lohn- und Einkommenssteuer ab 1.1.2020 so anzupassen, dass die "Kalte Progression" jährlich in voller Höhe abgegolten wird,

•             die Unfallversicherungsbeiträge auf ein adäquates Maß zu senken, das die Ver­änderung der Arbeitswelten reflektiert, sowie


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•             die Kammerumlage 2 in einem ersten Schritt durch eine Beitragsfreistellung für die Kammerumlage 2 aller Einkommensteile bis zu 1.000 Euro Bruttolohn zu senken und in einem zweiten Schritt abzuschaffen, um eine echte Entlastung österreichischer Unternehmen zu ermöglichen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte.


12.45.36

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht darum, dass wir das Staatsziel Wirtschaftsstandort – noch dazu mit dem Zusatz nachhaltig – in die Ver­fassung mit aufnehmen wollen, weil wir der Überzeugung sind, dass ein guter Wirt­schaftsstandort ein wesentlicher Faktor dafür ist, dass Wohlstand in diesem Land funk­tioniert.

Es gibt hier vonseiten der Opposition im Wesentlichen drei Argumente, warum sie nicht mitstimmt. Man könnte ja annehmen, es ist selbstverständlich, dass jeder hier im Haus wünscht, dass Österreich ein guter Wirtschaftsstandort ist, der auch Wachstum, aber vor allem Wohlstand bringt und der im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig ist. Das scheint ja selbstverständlich zu sein. Es gibt also drei Argumente, die hier vorge­bracht werden.

Das erste Argument ist: Staatszielbestimmungen an sich sind nicht besonders wichtig, sind wertlos, sinnlos. – Das soll man offen aussprechen, dann soll man auch sagen, die Staatszielbestimmungen, die es derzeit in der Verfassung gibt, nämlich Umwelt­schutz, Tierschutz, der Schutz der Wasser- und Lebensmittelversorgung, Forschung, sind auch sinnlos; das soll man offen sagen! Wenn man nicht dieser Meinung ist und sagt, Staatszielbestimmungen zeigen, was uns besonders wichtig ist, dann gehört eben ein nachhaltiger wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort auch zu diesen Punkten, die wichtig sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es wird auch behauptet, die Staatszielbestimmungen Wirtschaftsstandort und Umwelt­schutz widersprechen einander. – Widersprechen Tierschutz und Forschung einander auch, weil Forschung auch mit Tierversuchen arbeitet, die ich im Wesentlichen weitge­hend ablehne? – Nein, im Gegenteil, da sagt man, das sind eben zwei wichtige Vor­gaben. Wir wollen Forschung, wir wollen aber auch Tierschutz, da wird eben abge­wogen und man handelt entsprechend. So ist es auch da: Es geht um eine Abwägung, der Wirtschaftsstandort und der Umweltschutz sind wichtig.

Gerade wenn man feststellt und – zu Recht – sagt, Umweltschutz ende nicht an der Grenze, ist es wichtig und richtig, dass wir hier in Österreich einen Wirtschaftsstandort mit sehr, sehr strengen Umweltschutzauflagen haben, an dem viel besser produziert wird, als das in Indien, in China oder in den USA der Fall ist, wo man sich nicht an die­se Vorgaben hält. (Abg. Meinl-Reisinger: Ihr braucht aber Europa, Herr Stefan!) Es ist wichtig, dass wir hier einen Wirtschaftsstandort haben, der wettbewerbsfähig und nach­haltig ist und den Umweltschutz berücksichtigt. Ich will doch genau das unterstützen, weil eben Umweltschutz nicht an der Grenze endet. Für unsere jungen Menschen hat es einen doppelten Vorteil für ihre Zukunft, wenn wir sagen, wir haben einen Wirt­schaftsstandort, der – hoffentlich – gute, qualifizierte Arbeitsplätze bringt und gleichzei­tig die Umwelt am wenigsten belastet. Das sind ganz wichtige Vorgaben, das wider­spricht einander nicht, sondern – im Gegenteil – das bedingt einander geradezu. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)


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Dann gibt es das dritte Gegenargument, das von den NEOS kommt: Es gibt so viele andere wichtige Maßnahmen für die Wirtschaft, und man müsste dieses und jenes tun! – Vieles von dem, was gesagt wird, ist richtig, aber abgesehen davon, dass diese Regierung bereits sehr viel für den Wirtschaftsstandort und für die Wirtschaft gemacht hat (Zwischenruf des Abg. Plessl), und auch wenn Herr Kollege Schellhorn das jetzt gerade in Abrede gestellt hat, wissen wir alle, die mit Wirtschaftstreibenden zu tun ha­ben, dass man mit dem, was diese Regierung bereits umgesetzt hat, sehr zufrieden ist und dass man sehr wohl empfindet, dass es in die richtige Richtung geht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich kann das aus meiner Praxis eindeutig sagen. Wenn Sie das negieren, weiß ich nicht, mit wem Sie reden. Ich glaube nicht einmal, dass Sie jetzt hier bestreiten wür­den, dass es einen eindeutig positiven Schritt in die richtige Richtung gegeben hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Täuschen Sie sich nicht!) Dieser Schritt ist einmal gesetzt, und ich verstehe jetzt diese Bedingung nicht, dass Sie sagen: Ich bin nicht dafür, dass der Wirtschaftsstandort in der Verfassung steht, denn es müssen so viele andere Maßnah­men für die Wirtschaft gemacht werden! Das ist ja kein Entweder-oder, sondern eine Und-Bedingung, das ist ja beides sinnvoll. Man kann ja das eine gegen das andere nicht ausspielen, das ist ja geradezu sinnlos. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Herr Kollege Schellhorn hat gerade noch gesagt, wie furchtbar es war, dass die Sozial­partner immer junktimiert haben. – Natürlich ist auch das eine reine Junktimierung, die ich logisch einfach nicht verstehen kann. Wenn Sie dagegen sind, dass der Wirt­schaftsstandort in der Verfassung steht, dann sagen Sie es, aber sagen Sie nicht, Sie können hier nicht zustimmen, weil es auch so viele andere wichtige Maßnahmen gibt! Das ist nicht logisch, es tut mir leid, das passt nicht zusammen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es ist offensichtlich in erster Linie ein taktisches Kalkül. Es wirkt nicht wirklich großzü­gig, sondern eher kleinkariert, wenn man so handelt. Es tut mir leid, das gefällt mir nicht und ich finde es nicht richtig. Es kann sein, dass diese Abstimmung so ausgeht, dass der Wirtschaftsstandort nicht in dieser Form in der Verfassung verankert wird, dann können sich alle auf ihre Fahnen heften, dass sie es verhindert haben, aber ich glaube, Österreich tut man damit jedenfalls nichts Gutes. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Ich hoffe daher, dass bei all jenen, die das bis jetzt aus taktischen Gründen so gese­hen haben, noch die Vernunft einkehrt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Al­fred Noll. – Bitte.


12.51.14

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Zunächst erlaube ich mir, die Schülerinnen und Schüler der Pfarrschule aus Baden zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

In der Sache, glaube ich, ist es vernünftig, das Ganze ein bisschen niedriger zu hän­gen. Sie kennen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die dritte Landepiste. Damals wurden die Staatsziele Umweltschutz und Nachhaltigkeit sehr stra­paziert und daraufhin herrschte entsprechende Aufregung bei den Wirtschaftstreiben­den. Das, was das Bundesverwaltungsgericht damals gemacht hat, war halt, das Bun­desverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, das wir seit 2013 haben, sehr zu be­mühen. Die Konsequenz davon war dann die Entscheidung des Verfassungsgerichts­hofes aus dem Juni 2017, in der dieser in Hinsicht auf diese Entscheidung ganz ein­deutig gesagt hat, aus dem Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit sei kein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen ableitbar, und die gesamte Sache wie­der behoben hat. Das war aber dann mit diesem neuen Staatsziel schon in die Gänge gekommen.


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Dazu, was Kollege Stefan zu Recht gesagt hat, nämlich man soll das Visier hochklap­pen und Farbe bekennen: Ich halte absolut nichts von diesem Verfassungsgeschwafel. Bestimmungen, die inhaltlich unbestimmt sind, die weitestgehend nur Symbolic Use of Politics bedeuten und den Höchstgerichten die Möglichkeit geben, an nicht mehr kor­rigierbaren Abwägungsschaukeln ihre politischen Ansichten in Staatszielbestimmungen zu verpacken und damit Entscheidungen zu legitimieren, will ich in unserer Verfassung nicht. Da bin ich halt auch ein Anhänger von Hans Kelsen, seit allem Anfang an: Je mehr unbestimmte Bestimmungen wir in der Verfassung haben, umso mehr Macht ge­ben wir den Höchstgerichten. Ich halte das für eine Selbstentwürdigung des Gesetzge­bers. Gesetze sollten knapp, sie sollten verständlich, und sie sollten effektiv sein – und das wäre Aufgabe des Parlaments. (Beifall bei JETZT.)

Wenn man jetzt vorschlägt, eine Bestimmung zu machen, wonach sich die Republik Österreich zu einem wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaftsstandort be­kennt – an sich schon eine ganz große Unsinnigkeit für einen verfassungsrechtlichen Terminus –, und kein Mensch weiß, was wettbewerbsfähig, was nachhaltig in diesem Zusammenhang heißt, und man dann auch noch den allgemeinen Wohlstand als Be­kenntnisziel formuliert, dann gibt man in Wirklichkeit die Gesetzgebung in der Sache selbst auf.

Was hier sachlich passiert und was hier im Haus passiert, ist, dass die Industriellenver­einigung gerufen hat und der Hund der Industriellenvereinigung – in diesem Fall die ÖVP – und die FPÖ – seltsamerweise – mit dem Schwanz wedeln und diesem Schwanz das Kleid einer Staatszielbestimmung geben. Und nichts macht das offensichtlicher als die heutige Ausgabe der „Wiener Zeitung“ – im Übrigen eine unterschätzte Zeitung in Österreich –, wo der Vizegeneralsekretär der Industriellenvereinigung Peter Koren ganz offen ausspricht, dass es hier um das geht, was im Ausschuss auch Kollege Gerstl – der dann gleich sprechen und das allenfalls korrigieren wird, wenn ich es falsch zum Ausdruck bringe – verkündet hat: Wir wollen dieses neue Staatsziel als Kontrapunkt zum Umweltschutz in die Verfassung intabulieren.

Damit wird etwas gemacht, was mit Verfassungsrecht gar nichts zu tun hat, aber sehr viel mit dem nachhaltigen Nichts im Umweltbereich, das diese Regierung kennzeich­net. In Wirklichkeit wird damit ein weiterer Baustein geliefert, um die Zukunft Öster­reichs als Müllhalde der Gegenwart zu institutionalisieren. – Wir lehnen das ab. (Beifall bei JETZT sowie der Abgeordneten Jarolim und Wittmann.)

12.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Schram­böck zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.55.36

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete des National­rates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher vor den Fernsehschirmen! Heute sollte es hier im Hohen Haus eigentlich etwas geben, was selbstverständlich erscheint: ein klares Bekenntnis aller Fraktionen zu ei­nem nachhaltigen Wirtschaftsstandort und damit zu Beschäftigung und Wohlstand in Österreich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Genau dieses Bekenntnis geben wir als Bundesregierung ab und darum auch dieser Vorschlag der vorgelegten Staatszielbestimmung. Es ist aus meiner Sicht sehr bedau­erlich, dass es im Parlament keinen Grundkonsens betreffend Arbeitsplätze und Wirt­schaftswachstum in Österreich gibt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir wollen ganz klar keine Über- und Unterordnung, und jedem, der etwas anderes behauptet, sage ich, das ist weder unsere Absicht, noch ist es so verfasst. Was wir


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aber haben wollen, ist etwas auf Augenhöhe, damit die Arbeitsplätze für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich abgesichert sind – und das sollte im In­teresse aller Parteien sein. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Wenn ich ein bisschen zurückblicke und mir so anschaue, wer früher massive Unter­stützer dieses Ziels waren, kann ich etwa Christian Kern nennen, der vor Kurzem noch als Bundeskanzler der SPÖ hier gesessen ist, auch die SPÖ-Ikone Hans Niessl und sogar den burgenländischen Landtag und den jetzigen Landeshauptmann des Burgen­landes: Sie alle haben sich für ein Staatsziel nachhaltige Wirtschaft ausgesprochen. Ich habe sogar einen Brief des Herrn Landeshauptmanns a. D., SPÖ-Ikone Hans Niessl, in dem er sich eindeutig dafür ausspricht. Es verwundert mich daher sehr, von Ihnen von der SPÖ jetzt zu hören, dass Sie dieses Ziel, das im Sinne der Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer Österreichs ist, nicht unterstützen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zu den Aussagen der vormals wirtschaftsfreundlichen Fraktion der NEOS kann ich nur eines sagen: Es wundert mich sehr, dass es hier keine Unterstützung für dieses we­sentliche Ziel gibt. Ich nehme zur Kenntnis, dass es kein Bekenntnis zum Wirtschafts­standort Österreich gibt, kein Bekenntnis zu den Arbeitsplätzen, zu Investitionen. Von der SPÖ sind wir das ja schon gewöhnt, wir haben es auch im Wahlkampf gesehen, die Wirtschaftsfeindlichkeit wird sogar im Wahlkampf plakatiert. Einige träumen sogar von einer Verstaatlichung der Großkonzerne. – Da sind wir sehr weit gekommen, denn es geht um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Investitionen, die Firmen, die eine Zukunft haben und denen es möglich wird, gut in die Zukunft zu gehen. Bei den NEOS überrascht es mich sehr, dass Sie sich von der Fraktion wirtschaftsliberal zur Fraktion Wirtschaft egal entwickeln. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte Sie an etwas erinnern: Sie sagen, Sie hätten zugestimmt – ich muss sagen, der Konjunktiv zählt hier nun einmal nicht. Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren für wirkliche Entlastungen gesorgt, ich möchte nur einige aufzählen: Flexibilisierung der Arbeitszeit, Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben durch das Standort-Entwick­lungsgesetz, Genehmigungsfreistellungen bei Anlagengenehmigung, elektronische Aus­schreibungen durch das Bundesvergabegesetz Neu, Entbürokratisierung bei der Grün­dung und bei der Finanzierung von Start-ups, Maßnahmen zur Bekämpfung des Fach­kräftemangels – insbesondere neue Lehrberufe –, Jobmessen für Asylberechtigte und nicht zuletzt unsere Steuerreform, von der sehr viele Unternehmen – nicht nur Leitbe­triebe, sondern auch die KMUs Österreichs – profitieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

99,8 Prozent der österreichischen Unternehmen sind mittelständische Unternehmen. Sie profitieren von den neuen Steuertarifgrößen, sie profitieren hinsichtlich geringwerti­ger Wirtschaftsgüter, sie profitieren im Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Themen, die wir in der Steuerreform vorgesehen haben; darum wundert es mich sehr, dass ich aus dem rosa Eck mehr Getöse als Sachpolitik höre. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es kann nur zwei Gründe dafür geben. Ein Grund ist ein rein politischer, und das ist alte Politik: für etwas anderes zu verlangen, etwas, von dem man eigentlich überzeugt ist, aufzugeben, seine eigenen Wähler aufzugeben, die Unternehmerinnen und Unter­nehmer Österreichs aufzugeben, weil man ein Gegengeschäft machen möchte. Oder, der zweite Grund: Es ist mangelnde Sachkompetenz. Es ist eine geringere Kompetenz, die Wirtschaftsentlastungen, die wir gemacht haben, auch wirklich zu erkennen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Es gibt keine, das ist das Problem!)

Liebe Beate Meinl-Reisinger, ich heiße Sie herzlich willkommen zurück im Parlament! Wir alle freuen uns, dass Sie wieder hier sind, und ich hoffe sehr, dass Sie Ihre Frak­tion, Ihre Partei wieder zurückführen zu dem, was uns eigentlich verbinden sollte, näm-


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lich für das Ziel Wirtschaft aufzutreten, für den Standort, für die Unternehmerinnen und Unternehmer und auch für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Abschließend möchte ich noch sagen, dass dieses Staatsziel, das wir vorgeschlagen haben, ein weiterer wichtiger Hebel für eine moderne Wirtschaftspolitik ist. Es soll nicht über oder unter anderen Zielen stehen, sondern es hat genauso Toppriorität wie die Themen Umweltschutz, Reinhaltung des Wassers und Lebensmittelversorgung. Wir haben aber auch gesehen, dass sich Richter auf Staatsziele beziehen, dass Richter ihre Entscheidungen an diesen Basisthemen orientieren, darauf möchte ich Sie hin­weisen, und ich lade Sie ein, mitzustimmen. Tun Sie das nicht, dann werden Sie es auch verantworten müssen, wenn es Entscheidungen gibt, die gegen Investitionen, ge­gen den Wirtschaftsstandort und gegen die Arbeitsplätze in Österreich sind. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie werden es verantworten müssen, Sie könnten etwas tun!) – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der SPÖ: Jetzt kommt der Kontra­punkt!)


13.03.28

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Damen und Herren vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Bis vor wenigen Jahren war es ganz selbstverständlich, dass der Staat dafür verantwortlich ist, für Wohlstand und Beschäftigung zu sorgen, alle Grundvorausset­zungen für die Gesundheitsversorgung, für die Bildungsversorgung, für die Mobilität et cetera zu liefern. Doch vor nicht allzu langer Zeit haben die Gerichte begonnen, ein­zelne Staatsziele über Wirtschaft und Beschäftigung zu setzen; daher, meine Damen und Herren, ist es einfach notwendig, dass wir den Staatszielkatalog ausgewogen ge­stalten.

Wir brauchen ein neues Gleichgewicht im Staatszielkatalog, und für dieses Gleichge­wicht ist es wichtig, dass man hier nicht von einer Über- oder Unterordnung spricht, wie die Frau Bundesminister schon gesagt hat, sondern es geht darum, dass man den Verwaltungsbehörden, den Gerichten eine Möglichkeit in die Hand gibt, im Einzelfall zu entscheiden, was gerade wichtiger ist: der Umweltschutz als Gesamtes gesehen oder der Umweltschutz für den Anrainer gesehen.

Ich nenne Ihnen ein paar Beispiele, warum es wichtig ist, ein solches Staatsziel aufzu­nehmen: Denken wir an den Ausbau der Westbahn, Hochleistungsbahn. Die Strecke von Wels nach Salzburg ist noch nicht fertig ausgebaut. Dort bedarf es einer neuen Streckenlegung. Da geht es um Anrainerrechte auf der einen Seite, und auf der an­deren Seite geht es darum, Treibhausgase zu reduzieren; daher ist der Ausbau der Schiene sinnvoll. Ein Gericht muss in die Lage versetzt werden, in dieser Abwägung zu urteilen. Wenn wir jetzt den Ausbau dieser Infrastrukturstrecke nicht auch in die Ver­fassung hineinschreiben, dann laufen wir Gefahr, dass die Anrainerrechte über den Schutz (Abg. Erasim: Das stimmt doch nicht! Wissen Sie’s nicht oder tun Sie nur so?) der Rechte der anderen gestellt werden, nämlich dass wir weniger Treibhausgase emittieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt noch andere Beispiele, Frau Kollegin: Ausbau der Breitspurbahn. Das war Ih­nen auch einmal ein Anliegen; ich kenne sozialdemokratische Bundeskanzler, die sich besonders dafür eingesetzt haben. Ausbau der Breitspurbahn von Košice nach Wien: Das ist ein großes Projekt, dafür brauchen wir auch die Unterstützung.


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Oder andere Projekte, zukunftsorientierte Projekte: Schaffen wir doch endlich einmal einen autonomen Verkehr auch für Lkws auf unseren Autobahnen, vielleicht elektro­gesteuert noch dazu – denken wir an die Zukunft –, dann brauchen wir den Ausbau vollkommen neuer Strecken. Das reduziert Treibhausgase, ist modern, ist innovativ und würde unserer Umwelt sehr helfen. Dafür brauchen wir auch diese Verfassungsbe­stimmung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Oder denken wir an Wohnhausprojekte größerer Art in Wien: Die Ziesel in Floridsdorf haben es oft verhindert, ein größeres Wohnhausprojekt zu verwirklichen. Es ist auch notwendig, ein dringendes Wohnbedürfnis der Bevölkerung zu befriedigen.

Meine Damen und Herren, das hat die SPÖ vor gar nicht langer Zeit auch noch so ge­sehen, daher darf ich nun zitieren: Antrag 2172/A, vom 17. Mai 2017, „der Abgeordne­ten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Heinzl,“ – aus der SPÖ – „Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicher­stellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird“: „Nach § 3 wird folgender § 3a eingefügt: [...] Die Republik Österreich [...] bekennt sich zu Wachstum, Beschäftigung und einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort.“ – Herr Kollege Wittmann, haben Sie es vergessen, dass wir gemeinsam den Antrag ein­gebracht haben? (Beifall bei der ÖVP.)

Sie von der SPÖ verlassen jetzt den Kurs, den Sie einmal eingeschlagen haben, näm­lich Verantwortung für Österreich zu übernehmen. Sie sind in das alte Fahrwasser zu­rückgekehrt, nämlich Arbeitsplätze gegen Klimaschutz auszuspielen. Meine Damen und Herren, Frau Rendi-Wagner, es wäre besser, Sie würden mehr auf die Arbeiter­kammer hören, es wäre besser, Sie würden mehr auf Ihre Gewerkschaft Vida hören, es wäre besser, Sie würden mehr auf die Gewerkschaft der Eisenbahnangestellten hören (Abg. Vogl: Es gibt keine Gewerkschaft der Eisenbahner!), denn für sie alle sind diese Infrastrukturprojekte wichtig, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das (den Ausdruck eines Wahlplakats mit der Aufschrift „Wir kämpfen um jeden Ar­beitsplatz.“ in die Höhe haltend) war einmal Ihr Plakat: Wir kämpfen um Arbeitsplätze! (Ruf bei der ÖVP: Lange ist’s her!) Das (den besagten Ausdruck des Wahlplakats zerreißend) haben Sie zerrissen. Das ist vorbei. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher, meine Damen und Herren, falls Sie noch immer nicht bereit sind, dieser Verfas­sungsbestimmung zuzustimmen, bringe ich noch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „eine ausgewogene Berücksichtigung der gesamtstaatlichen Zielsetzun­gen in der Rechtsordnung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt die Bestrebungen der Bundesregierung, einen Ausgleich im Rahmen der staatlichen Interessen zwischen Ökonomie und Ökologie herzustellen. In diesem Sinne werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung ersucht, in ih­rem politischen Wirken, insbesondere bei der Erstellung von Regierungsvorlagen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökonomischen sowie ökologischen Interessen her­zustellen.“

*****


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, das und nicht weniger muss der Anspruch eines verantwortungsbewussten Rechtsstaates sein. Und denken Sie an Ihre eigene Werbung (den Ausdruck eines Wahlplakats mit der Aufschrift „Zusammenhalten statt spalten.“ in die Höhe haltend): Zusammenhalten statt spalten! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend eine ausgewogene Berücksichtigung der gesamtstaatlichen Zielsetzungen in der Rechtsordnung

eingebracht im Zuge der Debatte über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (110 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (598 d.B.)

Die Republik Österreich bekennt sich derzeit durch ein eigenes Bundesverfassungsge­setz zu den Staatszielen Nachhaltigkeit, Tierschutz, umfassender Umweltschutz, Si­cherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung sowie der Forschung.

Ein Bekenntnis für einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort als Voraussetzung für Wohlstand und Beschäftigung fehlt allerdings bisher in den Staats­zielen. Dies hat zu einem Ungleichgewicht einzelner gesamtstaatlicher Zielsetzungen untereinander geführt, welche eigentlich alle auf gleicher Ebene stehen sollten und nicht wie bisher in einem ungerechtfertigten über- bzw. untergeordneten Verhältnis zu­einander.

Ein diesbezügliches ausdrückliches Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Österreich ist jedoch notwendig, um den Wohlstand Österreichs und seiner Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und auszubauen.

Die Bundesregierung hat daher mit der Regierungsvorlage betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Le­bensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (110 d.B.) eine entsprechende Nachschärfung des bisher geltenden Staatszielkataloges vorgelegt, womit eine Ausge­wogenheit zwischen Ökologie und Ökonomie hergestellt werden soll.

Die Staatszielbestimmung für einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschafts­standort soll somit den Rahmen für eine nachhaltig gedeihliche Entwicklung und eine positive Erwerbs- und Unternehmensfähigkeit des Standorts Österreich schaffen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat begrüßt die Bestrebungen der Bundesregierung, einen Ausgleich im Rahmen der staatlichen Interessen zwischen Ökonomie und Ökologie herzustellen. In diesem Sinne werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung ersucht, in ih-


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rem politischen Wirken, insbesondere bei der Erstellung von Regierungsvorlagen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökonomischen sowie ökologischen Interessen her­zustellen.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß unterstützt (Zwischenruf des Abg. Wittmann) und steht mit in Ver­handlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jarolim. – Bitte schön.


13.10.09

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Also ich bin ja fast fassungslos über die­se megamäßige Dynamik Marke Kurz, die uns allen da heute zuteilwurde. Ich würde ersuchen, Herr Kollege Gerstl – wir haben ja im Ausschuss auch nette Gespräche ge­führt –, dass Sie vielleicht mit Kollegen Stefan, der mehr Durchblick bei diesem Modell hat, einmal eine Aussprache führen, damit wir alle über das Gleiche reden.

Ich weiß, dieser Vorschlag, von dem Sie da gesprochen haben, wurde damals auch tatsächlich zur Diskussion gestellt, nur, wie sich herausgestellt hat, ist eigentlich die Absicht dahinter – und das war im Ausschuss ein (Abg. Haubner: Den eigenen Antrag abgelehnt!) sehr entlarvendes, offenes Statement –, dem Umweltschutz hier entgegen­zutreten, meine Damen und Herren. Das ist Ihr Ziel.

Frau Minister, auch in Ihrer Rede habe ich das leider Gottes vermisst: Die Staatszielbe­stimmung hat den Sinn, dass man etwas, was an sich unterstützungswürdig ist, aber keine – wie andere Anliegen – Lobbyisten hat, in die Verfassung hineinschreibt. Und das trifft auf den Umweltschutz zu, denn wir alle sind natürlich für den Wirtschafts­standort, das ist ja überhaupt keine Frage. (Abg. Lettenbichler: Na, geht ihr mit? Geht ihr mit?)

Ich halte das ja für absolut obskur, dass wir hier überhaupt darüber diskutieren. Jeder in seinem Bundesland überlegt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lettenbichler), die Stadt Wien etwa, wir machen natürlich Überlegungen, wie man den Standort stärken kann, das ist Alltag (Abg. Stefan: Wer ist denn gegen den Umweltschutz!? Wer ist denn gegen den Umweltschutz!?); aber beim Umweltschutz, da ist das nicht der Fall, und deshalb muss man das in die Verfassung hineinschreiben, damit nicht vergessen wird, dass es neben den Standortüberlegungen natürlich auch die Umwelt gibt, meine Damen und Herren.

Wenn man sich die Freitagsdemonstrationen anschaut, wenn man sich das anschaut – es gibt leider Gottes einen etwas obskuren Präsidenten in den USA, der das ja über­haupt nicht berücksichtigt –, dann muss man feststellen: Wir sind auf einem Wege, bei dem die Umwelt komplett zerstört wird. Was nützt uns die Standortpolitik, wenn wir kei­nen Standort mehr haben, an dem wir sein können? Das ist keine Übertreibung (Beifall bei der SPÖ) – danke, liebe Kolleginnen und Kollegen –, sondern das ist einfach Realität.

Egal wo man hinschaut – Sie können es sich in Asien anschauen, Sie können es sich in Afrika anschauen –, wir haben diese riesigen Probleme, und diese Probleme sind anzugehen, nicht nur für uns, sondern vor allem für unsere Kinder und für die Zukunft. Wenn Leute wie Stephen Hawking uns empfehlen, innerhalb von 100 Jahren jemanden auf einen anderen Planeten zu bringen, weil er davon ausgeht, dass die Umwelt das hier nicht mehr erträgt, dann muss uns das doch irgendwie zu denken geben. Dann stellen Sie sich hierher und sagen – das ist ja das, was Sie gesagt haben –: Wir brau­chen den Umweltschutz nicht in dem Ausmaß, wie wir ihn jetzt berücksichtigen – was aber ohnehin ein Schmarrn ist! –, sondern wir müssen ihm hier als Kontrapunkt – und


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das ist ja Gott sei Dank offen gesagt worden – die Standortpolitik, die Wirtschaftspolitik gegenüberstellen! (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Meine Damen und Herren, das ist etwas derartig Verantwortungsloses, was Sie hier liefern! Das ist wirklich nur mehr durch Frau Minister Köstinger zu toppen, die hier Un­fähigkeit in einem seltenen Ausmaß gezeigt hat.

Sie feiern hier die angebliche Steuerreform ab, die in Wirklichkeit eine Tarifreform ist. Gleichzeitig besteht ein Drohschaden im Ausmaß von 6,5 Milliarden Euro – das ist un­gefähr das Volumen dieser Steuerreform –, der uns aufgrund der Verstöße gegen in­ternationale Vereinbarungen droht, weil wir Umweltschutzmaßnahmen, die eigentlich selbstverständlich sind, hier nicht umgesetzt haben, meine Damen und Herren. Ich meine, da muss ja doch irgendwann einmal jemand erkennen, dass da etwas in die­sem Land falsch läuft! Und wenn man sich jetzt hierherstellt und dagegen argumentiert, dass der Umweltschutz mit dem Totschlagargument Standortpolitik weggeschafft wer­den soll, dann wundern Sie sich noch groß!

Ich muss Ihnen sagen, ich verstehe vieles nicht, was Sie hier, meine Damen und Her­ren von der ÖVP in erster Linie, in der letzten Zeit aufführen. (Abg. Haubner: Das wis­sen wir eh!) Die Diskussion über Glyphosat und Bienentod ist uralt. Es gibt also fast niemanden mehr, der das wirklich haben möchte. In den USA gibt es – das haben wir ja gestern gehört – Schadenersatzforderungen im Ausmaß von 2 Milliarden Dollar we­gen Einsatzes dieser Mittel. Sie stimmen hier im Haus, Sie stimmen in Europa dafür.

Das Gleiche gilt für die Acrylamidverordnung, die Pommes-frites-Debatte. Das hat den Sinn, diese Öle, die schwer krebserregend sind, einzuschränken. Jetzt können Sie na­türlich sagen: Das ist uns wurscht, rein mit dem krebserregenden Öl in die Österreiche­rinnen und Österreicher! – Wir wollen das nicht! Wir wollen hier eine Diskussion haben, die der Zukunft dieses Landes entspricht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Plessl: Bravo!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Das, was die Regierungsparteien hier bieten, ist unter jeder Kritik. Das ist eigentlich ein zänkisches Gehabe, es ist visionslos, es ist perspektiven­los, es ist in einem hohen Ausmaß infantil, und es ist vor allem schädlich für unsere Ju­gend und für die Zukunft. (Zwischenrufe der Abgeordneten Höfinger und Lettenbich­ler.) Sie sollten sich dafür wirklich schämen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordne­ten Bernhard und Loacker. – Ruf bei der ÖVP: Eine peinliche Rede! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

13.15


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Klinger. – Bitte.


13.15.19

Abgeordneter Ing. Wolfgang Klinger (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Mi­nister! Hohes Haus! Kollege Wittmann hat anscheinend in mangelndem Erinnerungs­vermögen, von Kurzsichtigkeit geprägt davon gesprochen, dass dieses Problem und der Sinn und der Zweck dieser Staatsziele aufgrund des Umweltschutzes nicht kompa­tibel sind. (Abg. Jarolim: Gerstl! – Abg. Wittmann: Das hat der Gerstl gesagt!) – Herr Kollege Wittmann, ich bin schon der Meinung, dass Ökologie und Ökonomie sich ver­tragen müssen und auch können. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP. – Abg. Wittmann: Tut’s auch jetzt!) Ich werde darauf noch zurückkommen.

Sepp Schellhorn hat davon gesprochen, dass die KU 2 abgeschafft gehört, aber gleich­zeitig betreffend das Staatsziel Wirtschaftsstandort – sprich: Arbeitsplätze sichern – von heißer Luft gesprochen. Ich weiß nicht, wie das kompatibel ist: gegen den Wirt­schaftsstandort, aber die KU 2 abschaffen – das wird wahrscheinlich auch nicht funk­tionieren.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 99

Wir haben uns dazu bekannt, in der Republik auch dem Wirtschaftsstandort entspre­chende Geltung zu verleihen, was natürlich auch als ein Zeichen nach außen wichtig ist. Dabei bin ich der Meinung: Wenn wir es nicht verstehen, unsere wichtigen Projekte, die auch dazu angetan sind, für bessere ökologische Verhältnisse zu sorgen, zum Durchbruch zu bringen – ich sage nur Standort-Entwicklungsgesetz –, dann werden wir in Zukunft ein riesiges Problem haben, aus den näheren internationalen Wirtschaftsbe­reichen überflügelt zu werden. (Abg. Schellhorn: Bei der Standortentwicklung ...!)

Als Beispiel dazu, Sepp Schellhorn, kann die dritte Piste in Wien genannt werden. Da kann man diskutieren, wie man will, aber wenn wir das dort nicht ausbauen (Zwischen­ruf des Abg. Plessl), wenn wir unsere Flugzeuge in Zukunft in den Warteschleifen be­lassen, weil die Kapazitäten zu gering sind, dann muss uns schon eines klar sein: dass diese Flugzeuge nicht Wien ansteuern werden, sondern Pressburg. Und das werden wir ja wahrscheinlich auch nicht wollen, das nützt uns nämlich auch ökologisch über­haupt nichts. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Plessl.)

Eine ganz entscheidende Argumentation für diesen Wirtschaftsstandort, für dieses Zu­sammenspiel von Ökologie und Ökonomie, ist der Ausbau der Wasserkraft in Öster­reich. (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Wir haben uns in dieser Regierung dazu ent­schlossen, die Wasserkraft in Österreich nachhaltig auszubauen, mit allen Anlagen, die dazu notwendig sind, um nicht nur Flora und Fauna zu schützen, sondern die Habitate auch wesentlich zu verbessern.

Was ist aber tatsächlich der Fall? – Wir haben das Problem, dass wir in einem Natura-2000-Gebiet den Sohldurchbruch von Salzach und Inn nicht werden verhindern kön­nen, wenn wir keine Querbauwerke einbauen dürfen. Jetzt kann man sagen, Querbau­werke dürfen wir nach der internationalen Wasserrahmenrichtlinie dort sehr wohl ein­bauen (Zwischenruf des Abg. Schellhorn) – aber was ist das Problem? Sobald wir in diese Querbauwerke, die zur Verhinderung der Geschiebeverfrachtung notwendig sind, Turbinen einbauen, sprich: Wasserkraftwerke daraus machen wollen, dürfen wir das unter dem Gesichtspunkt Natura 2000 nicht. (Abg. Loacker: Daran ändert auch ein Wirtschaftsziel nichts!) Das kann es doch in Wirklichkeit nicht sein!

Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel aus dem Bereich der Wasserkraft. (Abg. Jarolim: Das ist ja schon absurd! Das ist absurd!) Kollege Wittmann, dass Sie nicht überall fol­gen können, ist für mich selbstverständlich. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Also das ist skurril!)

Folgendes ist für diesen Wirtschaftsstandort wohl sehr wesentlich: dass wir zum Bei­spiel bei Kraftwerksketten (anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS), dort, wo die wichtigen und effizienten Kraftwerke zu setzen wären, Natura-2000-Probleme bekom­men (Abg. Schellhorn: Sie kennen sich nicht aus!) – sprich Lambach – und dass wir dort, wo es notwendig wäre, eben bessere Leistungen herauszubringen, durch die Um­weltauflagen gehindert werden. Deshalb ist es wichtig, auch da eine Gleichgewichtung der Kräfte herbeizuführen, damit Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sind. Das ist mir ein ganz besonderes und großes Anliegen. (Abg. Loacker: Bewundernswert, dass Sie nicht selbst lachen!)

Dass mit dieser neuen Staatszielbestimmung auch die Beschäftigung forciert werden soll, ist natürlich selbstverständlich. (Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker, Vogl und Wittmann.) Dass diese Beschäftigungspolitik auch wesentlich zum Wohlstand bei­tragen soll, das, glaube ich, ist in unserer Republik auch von allen Parteien als Kon­sens zu betrachten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Wittmann: Eine Grundahnung der Verfassung kann man voraussetzen, wenn Sie hier reden! – Abg. Loacker: Na, kann man eben nicht! – Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Höbart.)

13.20



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 100

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Meinl-Reisin­ger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.20.48

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon einigerma­ßen skurril, wenn man den Rednerinnen und Rednern der Regierungsparteien zuhört und erkennt, dass eigentlich nicht einmal die Regierungsparteien schlüssig erklären können, warum man das heute hier so dringend braucht. Ist Ihnen das nicht ein bissl peinlich? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es geht um Showpolitik, und ich glaube, das ist auch das, was heute hier so entlarvend im Mittelpunkt steht: die Showpolitik von Türkis und Blau, die keinem Unternehmer, keiner Unternehmerin in diesem Land auch nur irgendetwas bringt. (Abg. Hauser: Na bitte, dann fragen Sie einmal die Unternehmer! Fragen Sie mal den Haselsteiner!)

Wissen Sie, es hat gewisse Vorteile, wenn man sich für einige Wochen in die Rolle der Bürgerin versetzt, nicht jeder Diskussion auf Twitter hinterherhechelt und sich die Poli­tik wieder einmal ein bisschen aus der Distanz anschaut. Da sieht man nämlich einer­seits, dass Einzelfall um Einzelfall rechtsextreme Rülpser leider Gottes die innenpoliti­sche Diskussion beherrschen, und andererseits, dass eigentlich substanziell nichts passiert. Es passiert nichts. Was Sie hier als Türkis-Blau machen, ist Showpolitik: An­kündigungen, Überschriften. Substanzielle Politik, die sich wirklich um die wesentlichen Zukunftsfragen kümmert, findet nicht statt. (Abg. Hauser: Dann reden Sie einmal mit den Unternehmern!)

Nehmen wir das Beispiel Steuerreform, die dringende Entlastung der Menschen in Ös­terreich! Sepp Schellhorn hat diese eindrucksvolle Grafik gezeigt (eine Tafel mit einem Diagramm, das die Lohn- und die Lohnsteuerentwicklung zeigt, in die Höhe haltend): die Lohnsteigerungen von 1990 bis 2019 um 210 Prozent und die Steigerungen bei der Lohnsteuer um 355 Prozent. Was machen Sie? – Sie stellen sich hin und reden von der größten Steuerreform aller Zeiten. (Ruf bei der FPÖ: Ist sie ja auch! – Zwischenruf des Abg. Hauser.) Sie entspricht nicht im Geringsten dem, was ÖVP und FPÖ vor der Wahl versprochen haben, nämlich eine Entlastung im Ausmaß von 14 Milliarden Euro, 16 Milliarden Euro pro Jahr, sie greift die kalte Progression entgegen ihren Verspre­chungen nicht an und macht damit klar, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sich diese Reform selber zahlen.

Sie kommen mir vor wie Zauberkünstler, bei denen die Menschen sagen: Okay, wir wissen eh, dass es ein Trick ist, aber diesmal schauen wir uns an, wie sie es machen, wie sie uns über den Tisch ziehen! – Das ist Ihre Ankündigungspolitik bei dieser Steu­erreform, eine einzige Enttäuschung.

Schauen wir uns auch die anderen Entlastungspakete oder -schritte an! Welche haben denn da stattgefunden? Eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten? – Frau Ministerin, Sie prangern hier an, dass wir etwas junktimieren würden. Wissen Sie, was der Wirt­schaftsstandort wirklich braucht? – Eine Entlastung der Unternehmerinnen und Unter­nehmer, und zwar von Steuern, von Zwangsbeiträgen, von Lohnnebenkosten und im Übrigen auch von Bürokratie. (Abg. Deimek: Haben das Ihre Freunde von der SPÖ verstanden?) Das stärkt den Wirtschaftsstandort, das hilft auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Seit Jahrzehnten hören die Unternehmer in diesem Land: Die Lohnnebenkosten sollen gesenkt werden. Seit Jahrzehnten können sie sich bei der jeweiligen Regierung darauf verlassen, dass das nicht stattfindet. Ja, wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um endlich eine Senkung der Lohnnebenkosten in Österreich zu erreichen. Wenn Sie eine Zweidrittelmehrheit wollen, dann werden wir unsere ganze Kraft dafür einsetzen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 101

Noch etwas: Wenn Sie den Wirtschaftsstandort stärken wollen – und da möchte ich ein bisschen an das anschließen, was wir eingangs diskutiert haben –, dann müssen Sie den Binnenmarkt in Europa stärken. Sie können doch nicht als Regierungspartei FPÖ zuerst eine Antieuropadiskussion führen und quasi erklären, den Binnenmarkt brau­chen wir nicht, es soll alles wieder österreichisch passieren, und im nächsten Atemzug sagen: Wir brauchen eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts! – Das geht sich nicht aus! Es geht sich auch für die ÖVP nicht aus, dass auf einmal der Kanzler peinlich populistisch gegen den Binnenmarkt schießt.

Wenn Sie gegen Regulierungen sind, wenn Sie für Deregulierung sind, wenn Sie für Bürokratieabbau sind, dann machen Sie es in Österreich (Abg. Kühberger: Ausre­den!), dann folgen Sie unseren Anträgen auf einen Normenkontrollsenat, dann folgen Sie unseren Anträgen auf einen Deregulierungsausschuss, dann entrümpeln Sie end­lich die Gewerbeordnung!

Wissen Sie, was der große Unterschied zwischen echter Politik und Showpolitik ist – und das wissen die Unternehmer mittlerweile –: Machen, nicht reden! (Abg. Hauser: Sind sehr zufrieden, die Unternehmer!) Es passiert aber leider gar nichts. (Abg. Neu­bauer: Das stimmt ja nicht! So ein Unsinn!)

Ein Letztes noch: Sie wissen, dass Sie heute keine Zustimmung bekommen; also habe ich mich gefragt: Worum geht es Ihnen eigentlich? – Wir, Frau Bundesministerin Schram­böck, haben uns im Dezember einmal getroffen, ich habe Ihnen gesagt, dass wir für ei­ne Senkung der Lohnnebenkosten sind, ich habe das auch noch einmal schriftlich fest­gehalten. Ich habe das Angebot gemacht, dass wir dann, wenn Sie nur einen Antrag einbringen, dass die Kammerumlage 2 jetzt einmal ausgesetzt wird – sparen im Sys­tem in Reinform –, mitgehen. Sie haben mir nicht einmal geantwortet. Jetzt weiß ich schon, vielleicht reden Sie nicht mit der Klubobfrau, aber Sie könnten ja Ihren Klubob­mann von der ÖVP schicken, dass er einmal mit mir spricht.

Es geht Ihnen nicht um substanzielle Entlastungen der Unternehmer. Es geht Ihnen um eine reine Show. Es geht Ihnen darum, heute wieder zu sagen: Regierung gegen Op­position! Das ist das, was Sie wollen. – Das ist schäbig. Das bringt dieses Land null Meter weiter. Polarisieren, spalten, Showpolitik (Beifall bei den NEOS – Abg. Haubner: Geh!) – dafür, meine Damen und Herren, stehen wir sicherlich nicht zur Verfügung. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Schade um den Strolz!)

13.26


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fürlinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.26.12

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Minister! Ich danke der Klubobfrau der NEOS für die Aufklärung darüber, was Show ist. Sie sind ein echter Politprofi. Damit Sie nicht rechtfertigen müssen, warum Sie einem sinnvollen Antrag nicht zustimmen (Beifall bei ÖVP und FPÖ – Zwischenruf des Abg. Schellhorn), stellen Sie sich da heraus und machen Themenverfehlung, lenken vom eigentlichen Kern ab und reden auch die Unwahrheit, aber die Frau Ministerin hat Ihnen die passende und richtige Antwort gegeben. (Die Abgeordneten Meinl-Reisin­ger und Schellhorn: Ach so! Wo? Wo ist die Unwahrheit? Welche Unwahrheit?) – Die Unwahrheit, dass wir nichts tun; die Frau Ministerin hat Ihnen längst die Antwort gegeben, erklärt, was wir alles getan haben, nur suchen Sie dann immer faule Ausre­den, damit Sie nicht zustimmen müssen (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger), aber Ihnen werden die Unternehmer als Wähler bei der nächsten Wahl ohnehin die Antwort geben. Darüber werden wir uns dann unterhalten, nicht jetzt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 102

Im Unterschied zu Ihrer Showpolitik komme ich zur Sache zurück: Ja, Herr Kollege Noll, richtig ist natürlich, man kann sich darüber unterhalten, ob man in einer Bundes­verfassung einen Beipacktext braucht, ob man auf gewisse Dinge hinweisen muss, ob man sozusagen ein Wunschkonzert als Vorwort hinschreibt. Wenn man es aber tut – und dazu hat sich dieses Haus entschlossen –, dann bin ich sehr wohl der Meinung, dass man den Beipacktext komplett schreiben und alle Warnhinweise oder Wunschhin­weise darin verpacken soll. So wertvoll Umweltschutz ist, so wertvoll Tierschutz ist – Dinge, die wir alle wollen –, es genügt nicht, das als quasi einziges, hehres Staatsziel zu formulieren, denn was wir in diesem Land wollen, ist – und da sind wir uns alle ei­nig – Wohlstand, dass die Menschen Arbeit haben, dass wir eine funktionierende Wirt­schaft haben, weil das eine das andere bedingt. Wenn es den Menschen gut geht, dann geht es ihnen deshalb gut, weil es eine funktionierende Ökonomie und eine funk­tionierende Ökologie gibt.

Ich war heute, meine Damen und Herren, schon ein bisschen überrascht, dass sich zwei Kollegen hierhergestellt haben, die eigentlich das österreichische Betriebsanla­genrecht, die Landesnaturschutzgesetze, das Wasserrecht und auch das Gewerbean­lagenrecht kennen müssten. Wenn man das kennt und weiß, wie das ist, wenn man um eine Betriebsanlagengenehmigung ansucht, was man da durchläuft (Abg. Schell­horn: Ja, wer hat denn das Gesetz geschaffen?) und dass am Ende des Tages dabei sicher nichts Umweltschädliches mehr herauskommen kann, dann wundert es mich schon, dass sich Kollegen hierherstellen und sagen: Es gibt einen Widerspruch zwi­schen Ökologie und Ökonomie, zwischen Wirtschaft und Umwelt.

Diesen künstlichen Widerspruch, den insbesondere du, Kollege Wittmann, hier herbei­geredet hast, den gibt es nicht. Dieser Widerspruch ist nicht vorhanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Du müsstest das eigentlich ganz genau wissen, und ich bin auch überzeugt, dass du es weißt. Da­her macht es wenig Sinn, wenn du dich hierherstellst und das Gegenteil behauptest und irgendjemandem eine Niederlage wünschst. Die einzige Niederlage, die ihr hier produziert, ist die Niederlage für Wohlstand in diesem Land, ist die Niederlage für euch und eure Betriebsräte, die dann weniger Arbeitnehmer zu vertreten haben (Zwischen­ruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger), aber wenn das euer Ziel ist, euer Staatsziel, dann müssen wir das zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dönmez. – Bravoruf des Abg. Haubner.)

13.29


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.29.45

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen auf der Galerie! Werte Kolleginnen und Kollegen! Aus der Geschichte heraus sind die Staatsziele als Überlegung eingeführt worden, dass man keine Novellen in einfachgesetzlichen Bestimmungen machen wollte, sondern dass man ein Bekenntnis formulieren wollte, das eine Gesamtaufgabe des Staates definiert – und zwar des Bun­des, der Länder und auch der Gemeinden.

Seit 1980 sind in der Bundesverfassung Staatsziele formuliert worden. Die am weites­ten gehende Diskussion, die wir diesbezüglich hatten, war im Konvent 2003 bis 2005, und 2013 hat der Nationalrat zusätzlich zum umfassenden Umweltschutz noch den Tier­schutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und das Prinzip der Nachhaltigkeit bei der Nutzung natürlicher Ressourcen eingebracht und im Verfas­sungsrecht verankert.

Es gibt einen Grundkonsens, dass Staatsziele in jedem Gesetzesvorhaben, in gerichtli­chen Entscheidungen herangezogen und berücksichtigt werden sollen. Aber wem nüt-


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zen ArbeitnehmerInnenrechte, wem nützt es, wenn wir auf Kosten der Umwelt einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort haben, wenn der Planet kaputt ist? Die jungen Menschen zeigen uns jeden Freitag, dass es ihnen ein wichtiges Anliegen ist, sich für diese Erde einzusetzen, auf der sie leben. (Ruf bei der FPÖ: Schule schwänzen!) Noch einmal: Was nützt es, wenn wir einen gut funktionierenden Wirtschaftsstandort haben, wenn der Planet kaputt ist? Ich möchte China nicht als Beispiel hernehmen, denn die Welt schaut auf China, weil die Industriebetriebe dort drei Tage abschalten, damit die Menschen einmal einen blauen Himmel sehen. – Das möchte ich für uns hier in Ös­terreich so nicht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Frage, die sich mir stellt, ist Folgende: Oder ist dieser Entwurf etwas, das Sie, liebe ÖVP, an die Industrie abliefern müssen, die Sie sehr großzügig in Ihrer Wahl­werbung unterstützt hat?

Es gibt auch kein Staatsziel für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es gibt kein Staatsziel für den sozialen Ausgleich – das wäre mir ein sehr wichtiges Anliegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einfach wird, Arbeitnehmerrechte auszubauen, Mög­lichkeiten, dass Arbeitszeit gestaltet wird, auszubauen, Arbeitnehmerrechte so auszu­bauen, dass Arbeitnehmer nicht von ihren Arbeitgebern ausgebeutet werden, wenn dem die Konzerninteressen gegenüberstehen. Trotz und gerade wegen des Staatsziels Umweltschutz ist Österreich, Herr Kollege Ottenschläger, Topwirtschaftsstandort in Eu­ropa und in der Welt geworden.

Während Europa die Umwelt- und Klimaschutzpolitik vorantreibt, setzt der Herr Bun­deskanzler sein Kapperl so auf, wie er es gerade braucht, indem er einerseits sagt, Kli­maschutz braucht eine gesamteuropäische Lösung, und andererseits in Österreich genau das Gegenteil macht. Ich habe mir die Rede von Kollegin Evelyn Regner vom Europäischen Parlament angehört, die sie im Rahmen der Aktuellen Europastunde ge­halten hat, und muss sagen, wir SozialdemokratInnen wünschen uns ein Europa der Men­schen und nicht ein Europa der Konzerne. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Was will diese Bundesregierung? – Diese Bundesregierung möchte auf Basis des um­strittenen Urteils betreffend die dritte Piste am Flughafen Wien das Gesetz ändern. Wie ist die Vorgehensweise? – Der erste Anlauf im Verfassungsausschuss im Oktober ist nicht gelungen, daher wurde vorige Woche ein Fristsetzungsantrag beschlossen. Was bedeutet ein Fristsetzungsantrag? – Diskussion nicht erwünscht, Fragen der Opposi­tion gar nicht erwünscht. Es soll das umgesetzt werden, was sich diese Bundesregie­rung wünscht.

Herr Kollege Gerstl, Sie haben es eigentlich in Ihren Ausführungen verräterisch gesagt (Zwischenruf der Abg. Steinacker): Wir brauchen ein Gegengewicht dazu, um das Staatsziel über den Umweltschutz zu stellen! Und dann lese ich in einer Aussendung des Wirtschaftsbundes betreffend Wirtschaftspolitik: Wir brauchen das Staatsziel, um einen wichtigen Hebel in der Wirtschaftspolitik zu haben. – Meine sehr geehrten Da­men und Herren, was konkret wollen Sie aushebeln? Wo genau ist der Knackpunkt, dass wir dem Entwurf zustimmen sollen?

Wir werden diesem Entwurf für diese Staatszielbestimmung sicherlich nicht die Stim­men für die Zweidrittelmehrheit geben (Zwischenruf des Abg. Rädler), denn es ist sinn­befreit: ein Staatsziel, das diametral Umweltschutz – Arbeitnehmer, Arbeitnehmer – Kon­zerne gegenüberstellt; und dafür werden wir nie unsere Stimme hergeben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 104

13.35.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, Sie haben vorhin gesagt, Sie hören von den NEOS nur „Getöse“. In der Psychologie nennt man so etwas eine Pro­jektion, wenn man das Eigene beim Anderen sieht. Ich erinnere mich nämlich an das laute Getöse um das Digitale Amt, das vier Funktionen hat, von denen zwei gar nicht funktionieren – aber das ist Ihr Problem.

Kommen wir zum Standort Österreich, um den es Ihnen angeblich geht. Beim Standort Österreich geht es ja um den internationalen Vergleich. Wenn wir jetzt international vergleichen, dann könnten wir das Steuersystem hernehmen. Deloitte hat einen Tax Survey gemacht, und da kommt heraus, dass 66 Prozent der Meinung sind, das öster­reichische Steuersystem ist besonders kompliziert, und 61 Prozent beklagen die häufi­gen Änderungen im Steuersystem. Das betrifft den Standort im internationalen Ver­gleich.

Sie könnten auch die Belastung des Faktors Arbeit anschauen, die liegt in Österreich bei 47 Prozent, im EU-Schnitt bei 41 Prozent, in Irland als Spitzenreiter bei 27 Prozent. Da könnten Sie etwas machen. Zehn Buchstaben in der Verfassung ändern an diesem Umstand gar nichts.

Bei den Sozialabgaben für einen Durchschnittsverdiener liegt Österreich an dritter Stel­le in der EU, nur Ungarn und Frankreich haben höhere Sozialabgaben für einen Durch­schnittsverdiener. (Abg. Stefan: Das ist ein Plädoyer für die Staatszielbestimmungen!) Was macht Ihre Regierung? – Sie kürzt die Arbeitslosenversicherungsbeiträge und die Krankenversicherungsbeiträge für Teilzeitkräfte, aber die Durchschnittsverdiener wer­den weiterhin volle Länge zahlen müssen.

Die Pensionen: Wenn in dieser Legislaturperiode die Pensionen der am stärksten wachsende Budgetposten sind, wenn über ein Viertel des Budgets für Pensionen auf­geht, dann müssen Sie dort reformieren, wenn Sie die Wirtschaft und wenn Sie die Arbeitnehmer entlasten wollen, denn nur dann, wenn diesen mehr Geld bleibt, bekom­men Sie eine Entlastung hin – aber im Bereich der Pensionen tun Sie gar nichts.

Es geht Ihnen um den Standort Österreich, sagen Sie, und wenn Sie den Standort Ös­terreich mit anderen europäischen Ländern vergleichen, dann bleibt von Ihren Maß­nahmen nur das Staatsziel Wirtschaft in der Verfassung übrig – hohle Worte; und mit hohlen Worten ändern Sie nichts. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie hätten gerne diese hohlen Worte in die Verfassung geklopft, aber dann bleibt dieselbe Belastung auf dem Faktor Arbeit, dann bleiben dieselben gigantischen Pensionsausgaben, und dann bleibt dasselbe komplexe Steuersystem. Sie ändern gar nichts. (Beifall bei den NEOS.)

13.38

13.38.28


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Somit schließe ich die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 598 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. (Ruf: Eingefahren! – Zwi-


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schenrufe bei SPÖ, NEOS und JETZT. – Abg. Meinl-Reisinger: Schlecht vorbereitet! Sehr schlecht vorbereitet!) – Der vorliegende Gesetzentwurf wurde nicht mit der erfor­derlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Es liegt kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor. Somit entfällt die dritte Lesung. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Pilz. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Staatsziel Wirtschaft – Es braucht mehr als zehn Buchstaben in der Verfassung!“

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben wollen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Rädler: Das habt’s jetzt davon! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir sind in einem Abstimmungsvorgang und ich bitte um et­was Ruhe!

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Gerstl, Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „eine ausgewogene Be­rücksichtigung der gesamtstaatlichen Zielsetzungen in der Rechtsordnung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (E 73)

13.40.262. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (592 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (597 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir kommen jetzt zum 2. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Noll. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.40.57

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Im We­sentlichen geht es um eine Erhöhung der Mittel für die RTR, und zwar für die För­derung des privaten Rundfunks in Österreich. Die Förderungsbedingungen bleiben ins­gesamt gleich. Es wird meines Erachtens zu Recht davon ausgegangen, dass Rund­funk nach wie vor ein dominierendes Medium in Österreich und von öffentlichem Inter­esse ist. Österreich hat sich auf ein duales Rundfunksystem festgelegt, deshalb ist an sich natürlich auch eine Förderung privater Rundfunkveranstalter ganz okay. Da gibt es keine Differenz.

Eine Differenz gibt es aber natürlich dann, wenn man genauer hinschaut. Mit diesen 5 Millionen Euro oder mit weiteren 15 Millionen Euro aus der Digitalisierungssteuer soll die Möglichkeit der privaten Fernsehveranstalter, Public Value zu produzieren, erhöht werden. Ich bin skeptisch, ob das allein dadurch funktionieren wird. Da braucht es grö­ßere Anstrengungen – und nur insofern gibt die Parlamentskorrespondenz richtig wie­der, was ich im Ausschuss gesagt habe, nämlich dass ich diese Mittel für zu wenig er­achte. Da müsste es sehr viel größere Anstrengungen geben.

Der eigentliche Punkt der Kritik liegt aber woanders; er hat zwei Aspekte. Der erste As­pekt ist: Hier wird – Minister Blümel hat im Ausschuss darauf verwiesen – eine Er­höhung der Mittel nur für die kommerziellen Sender vorgenommen. Es ist richtig, dass die Zahl der Anträge in den letzten Jahren zugenommen hat, dass es weitere Ver-


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anstalter – nicht nur Bewerber – gibt. Ich meine aber, so etwas kann und sollte man heute nicht machen, wenn man nicht gleichzeitig auch die nicht kommerziellen An­bieter auf diesem Gebiet fördert. (Beifall bei JETZT.) Das wurde nicht gemacht, und in­sofern kann man – ich glaube, nicht ganz zu Unrecht – dieser Mittelerhöhung nichts unbedingt Demokratieförderndes und Autonomieförderndes nachsagen. Es sollte hier für nicht kommerzielle Rundfunkveranstalter sehr viel mehr getan werden, als bisher gemacht wurde.

Der zweite Aspekt ist noch grundsätzlicher: Seit Jahr und Tag warten wir auf einen Vorschlag, wie wir mit dem ORF, mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk umgehen. Bisher wissen wir darüber gar nichts. Ich bin skeptisch, ob es sinnvoll ist, jetzt das – wenn auch kleine – Füllhorn über die Privaten auszustreuen, wenn man noch nicht weiß, wie man mit dem ORF inhaltlich umgeht, wie man mit dem ORF finanziell um­geht und wie die in Aussicht genommene neue Zeit der Zusammenarbeit zwischen Öf­fentlich-Rechtlichem und Privaten aussieht.

Insgesamt haben wir deshalb – was klarerweise die Änderung hinsichtlich der Mittel nicht verhindern wird – diesem Entwurf unsere Zustimmung versagt. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

13.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Nehammer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.44.15

Abgeordneter Karl Nehammer, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Ja, es ist schade, Kollege Noll, dass ihr die Zustimmung versagt, denn ich glaube und wir in der Bundesregierung glauben, dass es ganz, ganz wichtig ist, auch diese Medien entsprechend zu fördern, um die Medienvielfalt in Österreich zu erhalten.

Ich möchte aber auf einen Aspekt zu sprechen kommen, der uns aufgefallen ist, der auch dir wichtig sein wird, Kollege Noll: Wir wollen noch einen Abänderungsantrag zum KommAustria-Gesetz einbringen, weil wir draufgekommen sind, dass die Ausbildungs­förderung, die bisher üblich war und die aus dem Privatrundfunkfonds gespeist worden ist, jetzt so nicht mehr geleistet werden kann. Uns allen hier im Hohen Haus sollte es wichtig und auch wert sein, gerade auch im Bereich des Privatrundfunks weiter zu för­dern, nicht nur die Inhalte, sondern auch die Ausbildung der Journalistinnen und Jour­nalisten.

Dazu braucht es eine Änderung, und zu diesem Zweck bringe ich einen Abänderungs­antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Nehammer, MSc, Hans-Jörg Jenewein, MA, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz ge­ändert wird (592 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (597 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

2a. In § 31 Abs. 2 Z 5 lit. b wird das Wort „Inhalteförderung“ durch die Wortfolge „In­halte- oder Ausbildungsförderung“ ersetzt.

2. In Z 6 wird der Text des Abs. 22 durch folgenden Text ersetzt:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 107

„(22) § 30, § 31, § 42 und § 45 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten mit 1. Juni 2019 in Kraft. Abweichend von § 30 Abs. 1 sind der RTR-GmbH für das Jahr 2019 zusätzlich zu der bereits per 30. Jänner 2019 erfolgten Überweisung weitere 9 Millionen Euro per 15. Juli sowie per 30. Dezember 3,5 Millionen Euro zu über­weisen.“

*****

Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag, weil es unser gemeinsames Ziel sein muss, den vielfältigen Medienstandort Österreich zu erhalten und die Ausbildung der Journalistinnen und Journalisten gerade auch im privaten Sektor weiter zu fördern. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

13.46

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Nehammer, MSc, Hans-Jörg Jenewein, MA

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (592 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (597 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

«2a. In § 31 Abs. 2 Z 5 lit. b wird das Wort „Inhalteförderung“ durch die Wortfolge „Inhalte- oder Ausbildungsförderung“ ersetzt.»

2. In Z 6 wird der Text des Abs. 22 durch folgenden Text ersetzt:

„(22) § 30, § 31, § 42 und § 45 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten mit 1. Juni 2019 in Kraft. Abweichend von § 30 Abs. 1 sind der RTR-GmbH für das Jahr 2019 zusätzlich zu der bereits per 30. Jänner 2019 erfolgten Überweisung weitere 9 Millionen Euro per 15. Juli sowie per 30. Dezember 3,5 Millionen Euro zu über­weisen.“

Begründung

Zu Z 1 und 2 (§ 31 Abs. 2 und § 44 Abs. 22 KOG):

Die Anpassung im Hinblick auf die anteilige Vorauszahlung von Fördermitteln auf ge­nehmigte Ausbildungsprojekte dient der Angleichung an die Möglichkeiten bei der In­halteförderung und damit auch der Sicherstellung der Durchführung derartiger Ausbil­dungsprogramme. Unter Einhaltung aller unionsrechtlichen Vorgaben der die rechtliche Basis der Förderrichtlinien der RTR-GmbH bildenden Allgemeinen Gruppenfreistel­lungsVO (VO Nr. 651/14) wie insbesondere auch des Art. 5 über die Transparenz, Art. 6 über die Anreizeffekte, Art. 8 über die Kumulierungsvorschriften, Art. 9 über die Veröffentlichung und Art. 11 zur Berichterstattung (jeweils im Zusammenhalt mit den die Ausbildung betreffenden Vorgaben in Art. 31 der VO) erweist sich die Anpassung, weil sie nur die Abrechnungs- und Auszahlungsmodalität einer grundsätzlich zulässi­gen Beihilfe betrifft, als unproblematisch. Allfällige Rückforderungsansprüche des För­dergebers bleiben durch diese Änderung unberührt. Wie bei der Inhalteförderung muss


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 108

für die Zulässigkeit der Teilvorauszahlung ein „berücksichtigungswürdiger“ Fall vorlie­gen (vgl. den geltenden und nun erweiterten Wortlaut in § 31 Abs. 2 Z 5 KOG).

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wittmann. – Bitte. (Abg. Noll: Werdet’s sehen, dass ihr doch einen Freund im Kollegen Wittmann habts!)


13.47.16

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Grundsätzlich gilt: Wenn man sich zum dualen System bekennt, dann muss man das duale System auch finanzieren und das duale System fördern. Wir bekennen uns daher auch zur Förderung der privaten Fernsehsender und wir bekennen uns natürlich auch zur Erhöhung dieser Förderung.

Unseres Erachtens fällt sie etwas zu bescheiden aus, weil wir der Ansicht sind, dass wir wesentlich mehr Förderung frei machen sollten; aber man sollte sie in Zukunft auch an österreichischen Content binden. Wenn jemand Förderungen erhält, sollte er in Zu­kunft auch österreichische Inhalte bringen, und man sollte durchaus darüber nachden­ken, das auch quotenmäßig und gesetzmäßig vorzuschreiben. Wenn man keine För­derung bekommt, ist das etwas anderes; aber wenn man sich österreichischer Förde­rungen bedient, dann sollte man das machen.

Wir werden auch dem Abänderungsantrag zustimmen, weil das – das ist ja auch aus der Diskussion im Ausschuss hervorgegangen – ein Manko ist. Dass dieses jetzt be­seitigt wird, ist nur positiv zu bewerten.

Interessant ist aber – nicht bei diesem Gesetz, das ist ja mit Ausnahme der Abge­ordneten von JETZT ein sehr konsensbetontes Feld –: Wir lassen das wirklich wichtige Feld des ORF immer außen vor. Niemand weiß – vielleicht wissen Sie es schon, Herr Minister; wir wissen nichts davon –, was Sie mit dem ORF vorhaben. Angesichts der Aussagen der Freiheitlichen Partei, die ich in den letzten Monaten gehört habe, wird mir angst und bange, wie man mit der Pressefreiheit in diesem Land umgeht.

Wenn man dann noch die Abhängigkeit über das Budget schafft, dass man dann bitten und betteln gehen muss, wenn man Beiträge senden soll, der eine oder andere Re­dakteur dann nicht mehr genehm ist, und wenn er nicht mehr genehm ist, dann gibt es kein Geld mehr: Solche Beiträge sind nicht förderlich, wenn wir den Pressestandort und den Medienstandort Österreich und insbesondere die Unabhängigkeit der Medien aufrechterhalten wollen.

Anlässlich der Diskussion im Ausschuss über die Gebührenabschaffung sind diese Themen durchaus in den Bereich des Möglichen gelangt: dass man nämlich den ORF abhängig macht, die Bestellung der Redakteure davon abhängig macht, was sie sagen, was sie schreiben, was sie zu sagen haben, was sie zu schreiben haben – und nur dann gibt es Geld von der Regierung. – Ich halte das für eine unglaubliche Vor­gangsweise.

Diese Meldungen sind von den Abgeordneten der Freiheitlichen durchaus in den Raum gestellt worden, dass man sich von der Gebührenfinanzierung verabschieden und sie in eine Budgetfinanzierung umwandeln will. Das würde bedeuten, dass die Unabhän­gigkeit der Medien schwerstens gefährdet wird. Das geht in Richtung Orbán, und das wollen wir unter keinen Umständen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 109

Es wäre höchst angebracht, in diesen Diskussionsprozess über den ORF einzutreten, damit man auch weiß, wohin die Reise geht. Zu diesem Gesetz aber gibt es unsere Zu­stimmung, weil es an sich eine vernünftige Regelung ist. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Jenewein zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.50.48

Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor wir da jetzt wieder in eine ORF-Finanzierungsdebatte abgleiten, möchte ich die Debatte wieder auf das ei­gentliche Thema zurückführen.

Ich glaube, was Kollege Nehammer gesagt hat, kann man in dieser Frage nur unter­stützen. Es geht darum, Medienvielfalt zu fördern. Alleine der heutige Gesetzesantrag zeigt ja, dass es dieser Bundesregierung sehr ernst damit ist, denn es ist eine Bin­senweisheit, zu sagen, dass die Kosten laufend steigen. Natürlich steigen die Kosten, und zwar nicht nur für den ORF, sondern auch für die privaten Anbieter, auch diese brauchen mehr Geld. Jetzt heißt es: Na ja, schöner wäre es gewesen, mehr zu ha­ben! – Das glaube ich schon, Herr Kollege Wittmann, es wäre natürlich immer schöner, mehr zu haben. Es wird wahrscheinlich kaum ein Unternehmen in diesem Land geben, das nicht sagt, es hätte lieber mehr Geld und noch mehr und noch mehr.

Ich möchte ein Wort zu den Ausführungen des Kollegen Noll sagen, der von der Er­höhung der Mittel für die Nichtkommerziellen gesprochen hat: Das ist ein Thema, das wir noch intensiver diskutieren sollten, denn meiner Ansicht nach ist der Bund nicht dazu da, Regionalprogramme zu fördern. Meiner Ansicht nach ist der Bund dazu da, die bundesweiten Programme zu fördern. Das Problem der Nichtkommerziellen liegt ja gerade auch darin, dass sie meistens regional beschränkt sind und auf der einen Seite Regionalförderung über die Länder und auf der anderen Seite Förderungen über den Bund bekommen. Man müsste da überhaupt einmal die Frage stellen, ob man die Finanzierung nicht auf neue Beine stellt und wer künftig die Nichtkommerziellen, die sich meist auf regionale Bereiche beschränken, finanzieren soll.

Zum Antrag, den Kollege Nehammer eingebracht hat, ist im Prinzip alles gesagt: Ja, die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten ist uns wichtig, und ja, wir beken­nen uns ausdrücklich dazu. Alleine diese Initiative zeigt ja auch, dass das Krankreden der Pressefreiheit in der Republik eigentlich ein Hirngespinst jener ist, die das dann ganz gern für parteipolitisch motivierte Argumentationsketten hernehmen, um zu zei­gen: Na ja, schaut euch diese rechtskonservative Regierung in Österreich an, die möchte im Endeffekt nichts anderes, als die Meinungsfreiheit einzuschränken! – Das wollen wir nicht. Das ist auch klar, dass wir das nicht wollen, und jeder, der die Situa­tion ernsthaft betrachtet, kommt auch zu diesem Schluss.

Mir ist aber natürlich ebenso klar, dass es auch das Geschäft der Opposition ist, das eine oder andere zuzuspitzen. Man muss bei der zugespitzten Debatte nur immer auf­passen, dass nicht irgendwann einmal jemand in die Falle dieser Propaganda geht und man es zum Schluss vielleicht noch selbst glaubt. Das wäre dann überhaupt am schlimmsten, weil nichts schlimmer ist, als der eigenen Propaganda auf den Leim zu gehen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist etwas, das nie­mandem hilft, weder in Österreich noch im europäischen Umland. Das sind nämlich jene Probleme, bei denen dann europäische Beobachter nach Österreich schauen und sagen: Na ja, wenn in Österreich nun schon Journalisten unter Druck stehen, was soll man dann von diesem Land glauben? (Zwischenruf des Abg. Noll.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 110

Ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen, wenn ich mir diese Rankings ansehe, in denen ein Staat wie Jamaika, Herr Kollege Noll, vor Österreich gereiht wird, was die Pressefrei­heit betrifft, dann halte ich weniger die Pressefreiheit in Österreich für problematisch, sondern vielmehr jene Personen, die solche Umfragen machen und publizieren (neuer­licher Zwischenruf des Abg. Noll), wenn diese der Meinung sind, in Jamaika herrsche mehr Freiheit als in Österreich. Eine Freiheit mag vielleicht in manchen Lokalen herr­schen, in denen man irgendwelche Substanzen konsumiert, was aber die Pressefrei­heit betrifft, glaube ich, sind wir in Österreich ganz gut aufgestellt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminis­ter Blümel. – Bitte schön, Herr Minister. (Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Abg. Duz­dar: Ja, kommen Sie nach Jamaika!)


13.54.49

Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt Mag. Gernot Blümel, MBA: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht auch ein paar Worte zum vorliegenden Entwurf sagen. Die grundsätzliche He­rausforderung ist, dass wir medienpolitisch in einer gänzlich anderen Zeit als noch vor zehn Jahren leben. Während noch vor zehn Jahren der Öffentlich-Rechtliche mit den österreichischen Privaten immer wieder auch öffentliche Debatten darüber ausgetra­gen hat, wer wie viel Geld, wer wie viel an Förderungen bekommen soll, ist das Spiel mittlerweile ein ganz anderes.

Mittlerweile haben alle gesehen, dass die wahre Herausforderung jene ist, die allen ge­meinsam von den Gafas – den Googles, Amazons, Facebooks und Apples dieser Welt – droht. Diese großen, global agierenden Konzerne sind nämlich faktisch die Ein­zigen, die im digitalen Raum noch Gewinne machen, die dort noch Inserate bekom­men. Sie sind faktisch die Einzigen, die wirtschaftlich überlebensfähig sind. Das stellt die österreichische Medienpolitik und damit in weiterer Folge auch die Demokratiepoli­tik, wenn man so will, vor eine entscheidende Herausforderung.

Wir brauchen in Österreich einen Medienpluralismus auf Basis des dualen Systems – dazu bekennen wir uns. Dieser bleibt aber nicht erhalten, wenn wir nichts tun. Damit wir die heimischen Privaten stärken – damit es auch in Zukunft plurale private Fernseh- und Medienangebote gibt –, braucht es auch eine Möglichkeit der Anschubfinanzie­rung, der Fördererhöhung, damit neue Angebote, neue Produkte, die auf österreichi­sche Inhalte abzielen, produziert werden können.

Was die privaten Rundfunkteilnehmer betrifft, so hat sich die Anbieterzahl zwischen 2013 und 2018 um rund 45 Prozent gesteigert, nämlich von fünf auf neun. Da jetzt zu­mindest eine Erhöhung um ein Viertel durchzuführen, ist das Mindestmaß. Ich bin froh, dass das trotz eines ausgeglichenen Haushalts auf Bundesebene machbar ist.

Ich bin auch froh – das betrifft jetzt nicht diese Vorlage, das wird aber in weiterer Folge auch noch ins Hohe Haus kommen –, dass wir im Rahmen der digitalen Konzernbe­steuerung, die die österreichische Bundesregierung eingeführt hat und aufgrund derer Google, Facebook et cetera erstmals zumindest einen kleinen Beitrag leisten müssen, weil sie ja in Österreich doch sehr gut verdienen, 15 Millionen Euro für den Transfor­mationsprozess heimischer Privater im digitalen Raum zweckgewidmet haben.

Am genauen Mechanismus, wie man Projekte einreichen kann, arbeiten wir. Wir arbei­ten genauso am angesprochenen ORF-Gesetz, bei dem die Grundrichtung, wie ich im­mer gesagt habe, sein wird, dass der ORF als starker Öffentlich-Rechtlicher erhalten bleiben wird, sich aber auch neu verstehen muss, und zwar weg vom Konkurrenten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 111

heimischer Privater hin zum Partner der heimischen privaten Medienlandschaft. – Vie­len Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.57


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ofenauer zu Wort gemeldet. – Bitte.


13.57.54

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Das Fundament einer Demokratie sind zum einen angeregte Debatten wie hier im Hohen Haus, zum anderen aber auch eine fundierte Information für die Bürgerinnen und Bür­ger, und zwar eine Information, die aufklärt und die hinsichtlich der zu treffenden Ent­scheidungen und der Tragweite von Entscheidungen Orientierung gibt. Diese Informa­tion soll im Idealfall objektiv zur Verfügung gestellt werden, also sachlich, unvoreinge­nommen und wertneutral.

Medien spielen dabei natürlich eine große Rolle, denn egal wo Menschen heutzutage sind, sie können sich überall immer besser, schneller und umfassender mit Informa­tionen versorgen. Noch nie war es so einfach, am Weltgeschehen teilhaben zu können. Diese Informationsfülle bedeutet auch eine gewisse Macht, und diese Macht bedeutet eine große Verantwortung, und zwar einerseits Verantwortung für die Medienbetrei­ber – deswegen werden wir mit diesem neuen Gesetz und dem Abänderungsantrag auch die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten fördern –, andererseits auch eine große Verantwortung für die Konsumentinnen und Konsumenten, weil sie die Kompetenz benötigen – Schlagwort Medienkompetenz –, die erhaltenen Informationen einzuordnen und zu bewerten.

Wir brauchen Sendeformate, die die Notwendigkeit von Faktenprüfungen vermitteln, die kritisches Denken befördern, die Bewertungen vornehmen lassen und die die Men­schen befähigen, zwischen Meinungen und Tatsachen zu unterscheiden. Natürlich stehen dabei gleichzeitig auch alle Medienhäuser und alle Medienunternehmen unter einem gewissen Druck, weil sie sich den Kuchen, was Konsumentinnen und Konsu­menten betrifft, untereinander aufteilen, und auch der Druck vonseiten Google und Facebook wird immer größer. Wahrscheinlich ist das auch der Grund dafür, dass wir manchmal in eine Sensationsgesellschaft und Aufregungsgesellschaft abdriften, die nur mehr von Empörung zu Empörung springt. Eine Versachlichung der Information und der Debatten wäre in jedem Fall gut.

Bei alldem ist aber natürlich auch die Vielfalt der Berichterstattung über das Gesche­hen in Österreich und in der Welt wichtig. Das soll pluralistisch und nicht einseitig sein, dazu tragen vor allem auch die privaten Rundfunkanstalten bei. Mit diesem Gesetz ver­bessern wir die Förderung für die privaten Rundfunkbetreiber und erhöhen sie von 15 auf 20 Millionen Euro. Diese Förderungen werden objektiv aufgrund von Richtlinien der RTR vergeben.

Ich bin froh, dass der österreichische Rundfunkmarkt heute so vielfältig ist wie noch nie; er schafft es auch, eigene österreichische Inhalte zu transportieren, womit ein Stück weit auch die österreichische Identität gestärkt wird – darauf müssen wir weiterhin ach­ten und das gilt es auch weiterhin zu erhalten und zu fördern.

Mit der Aufstockung des Privatrundfunkfonds leisten wir einen Beitrag, um unsere hei­mische Rundfunkbranche, das Fernsehen und das Radio, weiterhin zu unterstützen. Ich danke für die breite Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 112

14.01


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Abgeordnete Erasim zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.01.21

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Bundesminister Blümel, Sie haben ja schon selbst erwähnt, wie Sie Ihre Arbeit einschätzen, nämlich als „Mindest­maß“. Als Mindestmaß sehen wir auch die Aufstockung dieser Förderung von 15 auf 20 Millionen Euro – eine Einzelmaßnahme. Nicht beinhaltet ist eben die nicht kommer­zielle Rundfunkförderung. Von dieser hat Abgeordneter Jenewein gemeint, sie gehöre auf komplett neue Beine gestellt. – Wer hindert Sie denn daran? Arbeiten Sie etwas, tun Sie endlich etwas und legen Sie ordentliche Gesetzesvorschläge vor! (Abg. Jene­wein: Was habt ihr die letzten Jahre gemacht? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Es fehlt ebenso völlig die Förderung von digitalen Medien. Auch was den Bereich Fake News anbelangt: Es gäbe einige Plattformen, die dezidiert dagegen auftreten; zu nen­nen wären zum Beispiel Kobuk und Mimikama. Förderungsmöglichkeiten für solche Plattformen werden da vollkommen ausgelassen. (Abg. Belakowitsch: Fake News von der SPÖ! Da kennt sich die SPÖ nicht aus!) Was es braucht, ist ein übergreifendes Gesamtpaket, das zum 21. Jahrhundert passt und in dem auch digitale Medien bein­haltet sind, und zwar nicht nur jene Medien, die positiv über die Regierung berichten.

Wir sehen ja, wie die Medien permanent angegriffen werden, und das hat auch Folgen. Ich möchte da auf den Bericht der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Gren­zen eingehen: Hinsichtlich Pressefreiheit hat sich Österreich laut diesem Bericht alar­mierend verschlechtert, nämlich um fünf Ränge. Da möchte ich Sie schon fragen, Herr Bundesminister: Wie geht es Ihnen damit, dass durch Ihr Verhalten (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und durch das Verhalten Ihrer Regierung unter Ihrer Ägide als Medienminister (Bundesminister Blümel greift zu seinem Smartphone und wendet sich von der Rednerin ab) – Sie brauchen jetzt nicht wegzuschauen und so zu tun (Abg. Wöginger: Aber hersetzen darf er sich schon noch?! Sitzen darf er schon?), als ob Sie das nichts angehen würde – ein so wichtiges Gut wie die Pressefreiheit, ein Grund­pfeiler der Demokratie, derartig beschädigt wird?! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Sie gehören genau zu jenen, die diese Grundrechte beschädigen! (Beifall bei der SPÖ.)

Und der Herr Bundesminister sitzt hier und lächelt. Das muss man schon sagen (Zwi­schenrufe bei der FPÖ), das ist etwas, was die Regierung wirklich gut kann: lächeln. (Ruf bei der FPÖ: ... Vollholler!) – Die meisten politischen Probleme lassen sich aber halt nicht weglächeln (Abg. Wöginger: Euch ist das Lachen vergangen!), sondern da gehören ordentliche Arbeit und ein gescheites Verständnis dahinter dazu. (Ruf bei der FPÖ: Die SPÖ hat gar kein Verständnis! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Eines muss ich zur Bestellung von Odin Wiesinger (Zwischenruf bei der FPÖ), einem eindeutig der nationalsozialistischen Ideologie zuordenbaren Künstler (Ruf bei der FPÖ: He hallo, was haben denn Sie gegessen?!), schon auch sagen, Herr Minister: Früher wäre es undenkbar gewesen, einen Künstler, der eine Bildserie mit dem Titel „Endsieg“ veröffentlicht hat (Zwischenrufe bei der FPÖ), in ein solches Gremium zu setzen. (Abg. Schimanek: Das ist ja unfassbar! Ein unbescholtener Mensch!) Sie sit­zen hier und schweigen und opfern unsere Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – schä­men Sie sich dafür! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höbart.)

Wir als Sozialdemokratie fordern: Hören Sie mit den Attacken auf! Hören Sie mit den Attacken auf Journalisten und auf den ORF auf! Sorgen Sie für echte Pressefreiheit! Setzen Sie nicht auf Einzelmaßnahmen (Zwischenrufe bei der FPÖ), sondern auf ein Gesamtpaket, das die Vielfalt der Medienlandschaft repräsentiert und dem 21. Jahr­hundert gerecht wird! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gudenus: SPÖ Wien und Pressefreiheit!)

14.05



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 113

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Brückl zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.05.20

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Die Abgeordnete von der SPÖ hat be­hauptet, der Künstler Manfred – Odin – Wiesinger habe eine Bildserie mit dem Titel „End­sieg“ erstellt.

Ich berichtige: Es handelt sich dabei um ein Bild mit diesem Titel (Heiterkeit und Zwi­schenrufe bei der SPÖ – Rufe bei der FPÖ: Zuhören!), und dieses Bild (Abg. Erasim: Peinlich! Peinlich!) ist zu Beginn der Neunzigerjahre aus Anlass und in Bezug zum Ju­goslawienkrieg entstanden.

Wenn Sie hier etwas verbreiten, dann informieren Sie sich bitte vorher! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.05


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Yildirim zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Höbart: Wieder irgendwas erfinden, ja!)


14.06.06

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, haben Sie Probleme damit, einer Frau zuzu­hören? Ich bitte Sie, das schon zu respektieren, wenn auch Frauen hier am Pult ste­hen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren (Abg. Mölzer: Sagen Sie was Kluges, dann hören wir zu!), erschrecken Sie bitte nicht die jungen Wählerinnen und Wähler da oben auf der Galerie! Erschrecken Sie bitte nicht unsere jungen Wählerinnen und Wähler! Das sind noch IdealistInnen, die glauben, in diesem Parlament wird seriös Politik für Bürgerinnen und Bürger gemacht. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine bunte, vielfältige und unabhängige Medienland­schaft war und ist uns ein großes Anliegen, und dies auch, wenn in Medien kritische Äußerungen gegenüber der SPÖ getätigt werden. Dass das bei dieser Bundesregie­rung aus ÖVP und FPÖ tatsächlich auch so ist, darf aufgrund so mancher Vorkomm­nisse seit Ihrem Amtsantritt in Zweifel gezogen werden.

Wir haben Sorge; ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an das Abrutschen Ös­terreichs im internationalen Ranking betreffend Pressefreiheit – berechtigte Sorge, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Steger: Hören Sie mal auf ...!) Kürzlich hat man sich sogar in einer Kultursendung von einem Beitrag über den deutschen Satiriker Jan Böhmermann distanziert. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Offensichtlich herrschen beim ORF Angst und Schrecken vor dieser Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Kompletter Unsinn!) Auch wenn so manche Satire möglicherweise über das Ziel hinausschießt: Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, dies für sich selbst zu beurteilen. Es ist der österreichischen Demokratie nicht würdig und auch ge­fährlich, wenn es aus welchen Gründen auch immer zu Einschränkungen in der Be­richterstattung kommt.

Mit diesem Gesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die Medienförderung für kommerzielles Privatfernsehen und Radio von 15 auf 20 Millionen Euro erhöht. Die­se Erhöhung ist absolut sinnvoll, wir werden dem zustimmen.

Neu ins Gesetz aufgenommen wird das ausdrückliche Ziel der Förderung der Medien­kompetenz im Wege des Fernsehens. Da darf die Frage erlaubt sein: Wieso nur im


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 114

Wege des Fernsehens? – Wir sind tatsächlich im Zeitalter der Digitalisierung angekom­men, das heißt, der Großteil der Nachrichten wird online beziehungsweise gefiltert über Social Media konsumiert. Es gibt zahlreiche Fälle von Hasspostings oder der Verbrei­tung von Fake News. (Abg. Steger: Ja, zum Beispiel von der SPÖ!) Passwörter wer­den gehackt, und da kommen interessante Details zutage – unangenehm übrigens; ich verurteile das. Gerade in diesem Bereich fehlt es doch auch an Medienkompetenz. Auch wenn der Fonds dafür nicht zuständig sein mag, auf die wichtigen Fragen im Zu­sammenhang mit der Digitalisierung gibt die Bundesregierung keine Antworten. Diesen Herausforderungen stellt sie sich nicht.

Reden müssen wir in diesem Zusammenhang auch über jene Mittel, die nicht aufge­stockt werden: die Presseförderung, der Fernsehfonds oder die Förderung für nicht kommerzielle Medien. – Warum erhöhen wir nicht die Förderung für nicht kommerzielle Medien? Die Anbieterzahl hat sich, Herr Bundesminister, auch da erhöht. Gerade nicht kommerzielle Medien – Initiativen wie freie Radios, die durchaus kritisch und vielseitig berichten – werden oft mit Herzblut und Idealismus betrieben.

Reden wir über die Verbesserung von Arbeitsbedingungen im Journalismus! Darauf müsste ebenso ein Fokus gelegt werden und gegebenenfalls auch eine Bindung von Fördermitteln erfolgen, denn es gibt zwar einige sehr gut verdienende Journalistinnen und Journalisten, die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird, haben sich in den ver­gangenen Jahren aber grundlegend gewandelt. Es ist eine Branche geworden, in der prekäre Arbeitsverhältnisse und Selbstausbeutung durchaus an der Tagesordnung stehen.

Das, was wir hier und heute auf Vorschlag der Regierung beschließen, können wir mit­tragen, allerdings ist es wirklich eine Einzelmaßnahme und kein großer Wurf; viele wich­tige Fragen bleiben dabei offen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.10

14.10.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Ich schließe die Debatte, da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 592 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Nehammer, Jenewein, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Nehammer, Jenewein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer Ziffer 2a und Änderung der Ziffer 6 eingebracht.

Wer hiezu seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 115

14.12.203. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Mit­telstandsbericht 2018 der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschafts­standort (III-232/529 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte schön, Herr Ab­geordneter.


14.12.54

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Wir diskutieren nun den Mittel­standsbericht, der sich sehr zentral auch mit der Frage der digitalen Transformation be­schäftigt. Es steht ja außer Frage, dass die digitale Transformation Chancen eröffnet, dass sie aber auch Risken mit sich bringt – Risken und Herausforderungen, insbeson­dere für den Arbeitsmarkt und die Arbeitsmarktbedingungen. Darauf weist der Bericht dankenswerterweise auch gleich auf Seite 1 hin; dort geht es nämlich um Plattformar­beit, Crowdworking und Minijobs.

Es werden aber auch einige der Problembereiche direkt angesprochen: die monotone Arbeit, die kontinuierliche und zunehmende elektronische Überwachung, die unzurei­chende rechtliche und sozialrechtliche Absicherung, die mangelhafte Bezahlung, die fehlende Mitbestimmung, der fehlende Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Ich habe die Frau Ministerin sowohl im Ausschuss als auch anlässlich einer Frage­stunde danach gefragt, was sie denn angesichts dieser Herausforderungen und gegen diese Probleme der betroffenen Gruppe am Arbeitsmarkt zu tun gedenkt, und habe sie aufgefordert, das am Beispiel Uber etwas zu konkretisieren. Ich habe niemals eine Antwort darauf bekommen, Frau Ministerin; ich wiederhole daher heute meine Frage noch einmal.

Wenn man den Bericht durchliest, kann man sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass darin eine implizierte Antwort enthalten ist, nämlich der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche. Das, so sagen Sie im Bericht ja selbst, modernisiert das Arbeits­recht.

Meine Antwort, Frau Ministerin, auf diese Herausforderungen, wenigstens auf einen Teil dieser Herausforderungen, ist eine ganz andere. Wenn wir nämlich die digitale Transformation und ihre zum Teil negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf die Arbeitsbedingungen vermeiden und den Klein- und Mittelbetrieben die Produkti­vität erhalten wollen, brauchen wir eine Verkürzung der Normalarbeitszeit. Ich habe, als wir hier in diesem Haus den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche diskutiert haben, immer wieder darauf hingewiesen: Wir brauchen eine Verkürzung der Wochen­arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Lindner.)

Es lässt sich auch begründen, warum. Ich meine, die Wissenschaft hat das ganz klar auf den Tisch gelegt, darüber brauchen wir nicht lange zu diskutieren. Lange Arbeits­zeiten erhöhen das Unfallrisiko, führen zu physischer und psychischer Belastung, zu abnehmender Leistungsfähigkeit, zu Verletzungen und dauerhaften Erkrankungen. Ei­ne Erhöhung der Arbeitszeit kann daher auch ökonomisch völlig kontraproduktiv sein und sich negativ auf die Wertschöpfung auswirken. Es ist daher kein Zufall, dass Län­der mit kürzerer Arbeitszeit eine durchschnittlich höhere Produktivität aufweisen.

Daher bringe ich heute und hier einen Antrag auf Verkürzung der Arbeitszeit ein, die wir uns auch leisten können, weil sich die Produktivität seit der letzten Arbeitszeitver­kürzung in den 1970er-Jahren verdoppelt hat:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 116

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „eine Arbeitszeitverkürzung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ei­ne Regierungsvorlage zu erarbeiten, mit welcher Maßnahmen und Anreize für eine

-             schrittweise Verkürzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich, sowie eine

-             Verkürzung der tatsächlichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von Voll­zeitbeschäftigten

gesetzt werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

14.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen,

betreffend eine Arbeitszeitverkürzung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 3: Bericht des Aus­schusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Mittelstandsbericht 2018 der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-232/529 d.B.).

Begründung

Der Mittelstandsbericht 2018 verweist auf die neue Arbeitszeitregelung (S. 10 und S. 38). Diese „ermöglicht seit 1.9.2018 den Zwölf-Stunden-Tag bzw. die 60-Stunden-Woche.“ Es handelt sich dabei um die gesetzliche Höchstarbeitszeit, die für österreichische Be­schäftigte in 13 aufeinanderfolgenden Wochen kurzfristig zur Normalität werden kann. Grund dafür ist die gesetzliche Bestimmung, dass im Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen (wie darüber hinaus) die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden betragen darf.

Dabei liegen die Argumente gegen lange Arbeitszeiten und zu kurze Ruhepausen seit Jahrzehnten auf dem Tisch – wissenschaftlich fundiert und auch dem von der Regie­rung oft zitierten Hausverstand zugänglich. Das Unfallrisiko steigt. Die physische und psychische Belastung nimmt zu. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, im Falle von Verlet­zungen und stressbedingten Erkrankungen sogar dauerhaft.

Deshalb ist eine Verlängerung der Arbeitszeit nicht nur sozial höchst bedenklich, son­dern auch aus ökonomischer Sicht kontraproduktiv. Jeglicher kurz- oder längerfristige Leistungseinbruch schlägt sich natürlich auch negativ auf die erbrachte Wertschöp­fung. Es ist daher kein Zufall, dass Länder mit einer niedrigeren durchschnittlichen Wo­chenarbeitszeit tendenziell eine höhere Produktivität aufweisen.


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Zugleich können sich produktivere Länder auch kürzere Arbeitszeiten leisten. Öster­reich zählt zu diesen Ländern. Seit der letzten flächendeckenden Arbeitszeitverkürzung auf 40 Wochenstunden im Jahr 1975 hat sich das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf mehr als verdoppelt. Es ist längst überfällig, die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an diesen Produktivitätsgewinnen teilhaben zu lassen – sowohl durch hö­here Stundenlöhne, als auch durch eine zeitliche Entlastung. Die kürzlich beschlossene Gesetzesänderung geht daher in die völlig falsche Richtung. Anstatt die Belastung auf bis zu 60 Wochenstunden zu erhöhen, muss das Ziel die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sein. Passenderweise weist der Mittelstandsbericht 2018 (S. 32-34) ex­plizit auf das Risiko der sogenannten Entgrenzung der Arbeit hin, welches mit der Digi­talisierung wächst. Diese betrifft auch die Ausgestaltung von Arbeitszeit und Beschäfti­gungsverhältnissen.

Ein vernünftiger Vorschlag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit beginnt daher mit ihrer Verkürzung – sowohl der Normalarbeitszeit als auch der tatsächlichen durchschnittli­chen Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten. Die Details der Arbeitszeitverkür­zung sollten den Sozialpartnern überlassen sein, wie schon die kürzlich beschlossene Gesetzesänderung nicht an ihnen vorbei und über alle Branchen hinweg hätte be­schlossen werden dürfen. Zugleich gilt: wann, wenn nicht jetzt! Trotz guter Konjunktur zählen wir über 340.000 arbeitslose Menschen, während unter den Beschäftigten die Zahl der Überlasteten weiter steigt. Setzen wir jetzt die nötigen Schritte und Anreize, um die bestehende Arbeit gerechter zu verteilen. Geben wir den österreichischen Be­schäftigten endlich mehr Zeit, sich ausreichend für die zukünftig zu erledigende Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung zu rüsten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ei­ne Regierungsvorlage zu erarbeiten, mit welcher Maßnahmen und Anreize für eine

•             schrittweise Verkürzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich, sowie eine

•             Verkürzung der tatsächlichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von Voll­zeitbeschäftigten

gesetzt werden.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung, da er ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unter­stützt ist.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte schön.


14.17.34

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich bin sehr froh, dass wir heute an dieser Stelle den Mittelstandsbe­richt diskutieren können. Ich möchte mich auch recht herzlich für diesen Bericht bedan­ken. – Ein Dankeschön an die Ersteller!

Es ist ein guter Bericht, und man sieht, Österreich ist ein guter Wirtschaftsstandort. Er ist attraktiv wie noch nie, international anerkannt, erfolgreich und bestens vernetzt. Kol-


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legen Schellhorn, der leider nicht da ist, hätte ich gerne Folgendes gesagt: Auch eine ganz aktuelle Imas-Umfrage zeigt, dass zwei Drittel der Unternehmerinnen und Unter­nehmer in Österreich sagen, der Wirtschaftsstandort entwickle sich in eine richtige Rich­tung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Angerer, Gudenus und Höbart.)

Ich glaube, das ist ein klares Signal dafür, dass wir in Österreich die richtige Wirt­schaftspolitik im Sinne von Standort und Arbeitsplätzen machen. Der Bericht zeigt auch eindrucksvoll auf, dass die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer Tag für Tag, Woche für Woche ganz gewaltige Leistungen erbringen. Im internationalen Feld erreichen sie natürlich auch Spitzenleistungen, und dafür wollen wir von dieser Stelle aus auch einmal ein aufrichtiges Dankeschön sagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es stimmt schon: Die KMUs, die Klein- und mittelständischen Unternehmen, sind die stabile Säule unserer Wirtschaft. Sie beschäftigen, und das zeigt auch der Bericht, zwei Drittel der Erwerbstätigen und schaffen für Zehntausende junge Menschen aktiv Ausbildungsplätze und damit Zukunftschancen, die wiederum mit sicheren Arbeitsplät­zen verbunden sind. Das gute Miteinander zwischen den Arbeitgebern und den Ar­beitnehmern in unseren Betrieben ist auch ein Garant für den Erfolg unserer Heimat. Erst heute ist in der „Presse“ eine Beilage erschienen: „Österreichs beste Familienun­ternehmen“. (Der Redner hält die genannte Beilage in die Höhe und blättert darin.) Da­rin liest man erfreulicherweise: Hagleitner Hygiene ist Familienunternehmer des Jah­res. Herr Hagleitner beschäftigt immerhin tausend Mitarbeiter, und er sagt, der Erfolg seien die innovativen Produkte, aber vor allem die tollen Pinzgauer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. – Auch hier sieht man das gute Miteinander zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!) Ich denke, darauf sollten wir weiter aufbauen und darauf können wir auch stolz sein, meine Damen und Herren. (Beifall der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Bericht zeigt ja auch den Mix aus großen, kleinen, mittleren und Einpersonenunter­nehmen. Wir sind der Meinung – und das Bekenntnis geht ganz klar in diese Rich­tung –, Wirtschaft ist unteilbar. Wir brauchen große Betriebe, Industriebetriebe und Leit­betriebe. Darin unterscheiden wir uns von der SPÖ ganz gewaltig, weil sie natürlich für den Wirtschaftsstandort nicht sehr viel übrig hat und das auch permanent plakatiert, wie man jetzt im EU-Wahlkampf wieder sieht. In dieser Hinsicht, glaube ich, wissen wir, wo die Wirtschaftskompetenz zu Hause ist, nämlich vor allem bei unserer Frau Minis­ter. – Danke für Ihren Einsatz und für die Ideen! (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat 200 Leitbetriebe, die für den Standort sehr wichtig sind. Sie kooperieren mit 90 000 KMUs, und genau diese Kooperation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wir wissen, Arbeitsplätze schaffen nur die Unternehmer. Wir sind aufgerufen, sie dabei zu unterstützen, was wir einerseits aus Überzeugung und andererseits natürlich auch aus Wertschätzung für ihre Leistungen tun. Wir haben daher in dieser Legislaturperiode viele Maßnahmen gesetzt, die den Wirtschaftsstandort noch attraktiver machen sollen.

Im Unterschied zu Kollegen Rossmann sind wir für eine Flexibilisierung der Arbeits­zeit – mehr Freiheit, mehr Selbstverantwortung –, deshalb haben wir auch die Arbeits­zeitflexibilisierung forciert und in dieser Legislaturperiode umgesetzt. Es ist eine Win-win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die von allen Seiten sehr begrüßt wird. Außerdem werden folgende Punkte umgesetzt: eine Erhöhung der Kontingente für Arbeitskräfte aus Drittstaaten, die Lehrlingsoffensive, Deregulierung, erste Abschaffung von 40 Maßnahmen im Rahmen des Anti-Gold-Platings, die Zusammenlegung der So­zialversicherungen und eine Steuerreform, die zusätzliche Belastungen für die Unter­nehmer verhindert. Das heißt, wir bleiben unserem Motto – Entlasten statt Belasten – treu, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)


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Lassen Sie mich zum Abschluss kurz zusammenfassen: Der unternehmerische Mittel­stand ist es, der das Land trägt; sie sind diejenigen, die Arbeitsplätze schaffen und Tausenden von Jugendlichen eine Zukunft geben. Die Summe aus erfolgreichen Ein­personenunternehmen, klassischen Klein- und Mittelbetrieben und Leit- und Industrie­betrieben – das ist der unternehmerische Mittelstand, das ist der Erfolgsgarant für un­sere Wirtschaft. Unser Land braucht diesen Mittelstand. – Danke für Ihren Einsatz! (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

14.23


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.23.07

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich möchte kurz auf meinen Vorredner Peter Haubner replizieren. Unser EU-Wahlkampfslogan lau­tet „Mensch statt Konzern“. Wir wollen nicht, dass Inhaber von Konzernen immer rei­cher werden, sondern wir wollen die kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land, wie Sie bereits gesagt haben – und das stimmt auch so: das ist die stabile Säule in Österreich –, gestärkt wissen. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, vor Kurzem sind drei Themen publik geworden, die al­lesamt sehr alarmierend sind. Der Klubobmann der FPÖ verwendet laut Medienberich­ten auf Facebook „heilheil“ als Passwort. (Abg. Gudenus: Laut Medienberichten!) Der Wirtschaftsaufschwung geht zurück, die Konjunktur flacht ab.

Letzteres bestätigt das Wifo in einer Konjunkturprognose, welche am 29. März 2019 veröffentlicht wurde. Es wird prognostiziert, dass das Wirtschaftswachstum für das Jahr 2019 leider nur noch 1,7 Prozent beträgt. Vor einem Jahr sprachen wir noch von 2,2 Prozent; wir sind also deutlich darunter. Das bedeutet, dass der Rückgang der Ar­beitslosigkeit ein Ende findet. Laut Wifo heißt dies auch, dass sich die Arbeitslosenquo­te bei etwa 7 Prozent einpendeln wird und 400 000 Personen in Österreich arbeitslos sein werden.

Ja, der Konjunkturabschwung stellt für die heimische Wirtschaft, für uns alle, für die Bevölkerung eine Riesenaufgabe – ein Riesenproblem, würde ich meinen – dar. Exper­tinnen und Experten, Frau Ministerin, sagen dies schon heute und empfehlen der Bun­desregierung dringend, dem entgegenzuwirken. Es braucht jetzt Ideen, es braucht kon­krete Konzepte, Frau Ministerin! Ich sehe das mit einem weinende Auge, dass wir von Ihnen weder im Ausschuss noch hier im Plenum eine entgegenwirkende Maßnahme – Konzepte, Ideen – vorgestellt bekommen.

Wir als SPÖ haben, wie gesagt, große Bedenken, dass Schwarz-Blau diese Entwick­lung, vor der wir gerade stehen – nämlich dass die Wirtschaft zurückgeht –, verschläft und wir in einer Rezession aufwachen. Deshalb war es für uns auch sehr wichtig, nicht nur zu sagen, was nicht funktioniert, was die Bundesregierung nicht richtig macht; wir haben ein Konjunkturpaket präsentiert, welches die von mir genannten Probleme auch klar aufgreift, und versucht, das aufzufangen, was wir in der Wirtschaft in Österreich gerade miterleben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die KMUs sind in unserem Land die stabile Säule, die das Rückgrat für die österreichische Wirtschaft stellen – mein Vorredner be­stätigte das. Wir müssen sie daher ständig unterstützen und zusehen, dass sie inves­tieren können, denn nur dadurch bleiben sie wettbewerbsfähig und können mit anderen Firmen in Konkurrenz treten, sei es im Inland oder im Ausland. Damit diese Investi­tionen in Zeiten des Wirtschaftsabschwunges nicht ausbleiben, Frau Ministerin, müs­sen Anreize geschaffen werden. Ein solcher Anreiz wäre – wie wir seitens der Sozial­demokratie im Konjunkturprogramm vorgestellt haben – beispielsweise die Einführung


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einer zeitlich begrenzten vorzeitigen Abschreibung als ganz, ganz wichtige Maßnahme. Dies wäre ein steuerlicher Anreiz für all diese Unternehmen, der zu mehr Beschäfti­gung und Wirtschaftswachstum führen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, ich würde Ihnen aus tiefstem Herzen und in aller Ehrlichkeit raten: Nehmen Sie unser Konjunkturpaket einmal in einer ruhigen Stunde zur Hand, lesen Sie es sich durch und denken Sie darüber nach! Das würde mich sehr freuen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.27


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gudenus zu Wort gemeldet. – Bitte schön. (Abg. Heinisch-Ho­sek: ... „heilheil“!)


14.27.13

Abgeordneter Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S. (FPÖ): Ja, Frau Heinisch-Hosek, Frau H.-H., die Ausführungen meiner Vorrednerin möchte ich tatsächlich berichtigen: Sie hat gesagt, ich verwende im Social-Media-Bereich oder bei E-Mail-Accounts ein bestimmtes Passwort. Das stimmt nicht.

Richtig ist vielmehr: Ich wurde vor drei Jahren gehackt: mehrere E-Mail-Accounts so­wie meine Facebook-Seite. Diverse Folgen sind daraus resultierend, und der Rechts­weg wird noch beschritten. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Wie war das Passwort?) – Sie wollen mein Passwort wissen?

14.27


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Klinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.27.58

Abgeordneter Ing. Wolfgang Klinger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nister! Hohes Haus! Bruno Rossmann hat am Beginn dieser Debatte über den Mittel­standsbericht davon gesprochen, man möge nach dem 12-Stunden-Tag die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verkürzen. Ich stelle mir die Frage: Was reitet Bruno Ross­mann, dass er von einem 12-Stunden-Tag spricht? (Ruf bei der SPÖ: Na recht hat er! – Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Der ist in Wahrheit eine ganz notwendige Ar­beitszeitflexibilisierung für unsere Wirtschaft, vor allem für die klein- und mittelständi­sche Wirtschaft; niemand wird gezwungen, 12 Stunden zu arbeiten. Das ist einfach die Unwahrheit.

Tatsache ist, dass es jetzt möglich ist, innerhalb von 12 Stunden Arbeiten auch außer­halb eines Ortes, weiter entfernt, zu verrichten und noch am selben Tag nach Hause zu kommen oder innerhalb von vier Tagen 48 Stunden zu arbeiten. Das kann von je­dem Arbeitnehmer gewählt werden. Ich bin seit 1984 Einzelunternehmer in zwei ganz schwierigen Branchen, in der Transportbranche und seit 2004 im Gastgewerbe; ich bin bemüht, für meine Mitarbeiter vollste Verantwortung zu tragen. Ich bin auch bemüht, das beste Klima für meine Mitarbeiter zu schaffen. Im Bereich der Flexibilisierung der Arbeitszeiten weiß ich ganz genau, dass meine Mitarbeiter diese neue Flexibilisierung enorm schätzen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich weiß nicht, was jene Abgeordneten dazu bewegt, über so eine Arbeitszeitflexibili­sierung zu urteilen und zu behaupten, das wäre jetzt ein 12-Stunden-Tag. Ich weiß auch ganz genau, dass uns unsere Mitarbeiter recht geben, dass wir das Zusammen­spiel zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern nach vorne tragen müssen. Ich habe bestes Einverständnis mit allen meinen Mitarbeitern darüber, dass sie ihre Arbeitszeit in ihrem eigenen Interesse soweit wie möglich selbst flexibel bestimmen können. (Bei­fall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Vogl.)


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Wenn man einen Wirtschaftsstandort nach vorne bringen will: Wir haben schon gehört, wie wichtig die mittelständischen Unternehmen und die Kleinunternehmen für dieses Land sind, nämlich auch dahin gehend, dass sie in Krisenzeiten nachweislich beste wirtschaftliche Daten durch höchsten Einsatz liefern und geliefert haben. Dafür ein auf­richtiges Dankeschön an unsere klein- und mittelständischen Betriebe. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Was hat diese Regierung nun getan, um für diese klein- und mittelständischen Betriebe Positives zu erreichen? – Natürlich ist immer alles zu wenig, es gäbe vieles, was wir noch zu tun hätten und was die Situation verbessern könnte, wenn ich aber davon spreche, dass wir zum Beispiel aus Wertschätzung schon den Findet-was-Erlass abge­schafft haben – dass die Prüfer nicht zu den Betrieben hinausgehen und sagen, jetzt werde ich sicher etwas in der Hand haben, damit dieser Betrieb Strafe zahlt –, so ist das, glaube ich, ein ganz, ganz wichtiger Zugang für unsere Unternehmen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Abg. Höbart: So ist es!)

Des Weiteren müssen wir, damit wir unserem Mittelstand besser helfen können, ihm auch Instrumente in die Hand geben, die aufgrund der Digitalisierung jetzt möglich sind und die aufgrund der Digitalisierung auch in Zukunft entscheidend dafür sein werden, wie viele Arbeitsplätze wir rekrutieren können und wie viele zukünftige Mitarbeiter auf die neuen Herausforderungen ausgerichtet werden können. Ich sage Danke für die Of­fensive der Digitalisierung bei den Lehrberufen, das ist eine wesentliche Sache, damit die Lehrberufe attraktiv gestaltet werden können, auch dahin gehend, da die Heraus­forderungen der Berufe im digitalen Bereich ganz andere geworden sind. Eine zweijäh­rige Überprüfung – ob adäquat oder nicht – dieser Lehrberufe, der entsprechenden Be­zeichnungen, der Ausführungen, das alles sind Entscheidungen für unsere klein- und mittelständischen Betriebe.

Deshalb kann ich damit schließen: Diese Regierung ist angetreten, den Standort über die klein- und mittelständischen Betriebe nachhaltig abzusichern und den klein- und mittelständischen Betrieben maximale Unterstützung zu geben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

14.33


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Schellhorn. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.33.24

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Wir führen zum zweiten Mal eine Diskussion, in der es um die Wirtschaft und jetzt vor allem um die Klein- und Mittelbetriebe geht. Ich möchte da zwei Punkte herausgreifen.

Die Frage, die ich mir vorhin gestellt habe: Was sagt eigentlich Ihr Chef dazu? Ich hof­fe, Sie reden noch mit Ihrem Chef. Er hat nämlich im Wahlkampf – und tut es jetzt auch noch immer – davon gesprochen, dass wir die Leistungsträger schützen müssen und dass die Leistungsträger in diesem Land nicht bestraft werden.

Wir sprechen schon die ganze Zeit über einen Fachkräftemangel, das ist eigentlich der Kernpunkt meines Diskussionsbeitrages, nämlich der Kernpunkt der Frage: Was tun Sie dagegen? – Sie tun nämlich in diesem Punkt nichts für die Wirtschaft.

Um den Fachkräftemangel herauszustreichen, möchte ich Ihnen eine Geschichte er­zählen. Sie betrifft eigentlich meinen Verwandten in Vorarlberg beziehungsweise seine Familie, er lebt leider nicht mehr. Die Mutter ist allein zu Hause mit drei Kindern, sie be­treiben ein Hotel und einen Bauernhof und finden, weil sie im hintersten Tal – in Gar­gellen – in Vorarlberg leben, keine Mitarbeiter. Sie bekommen keine Mitarbeiter. Die Frau bräuchte vor allem einen Hausmeister, der sich dazu bereit erklärt, ins hinterste


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Tal zu gehen und dort ein ganzes Jahr oder länger zu arbeiten. Es gibt jemanden, der das tun würde, er sucht schon längere Zeit um eine Ganzjahresbeschäftigung an, aber er bekommt sie nicht.

Das ist kein Einzelfall – noch dazu war mein Verwandter ein verdienter ÖVP-Politiker, der Vater war ein verdienter ÖVP-Gemeindemandatar –, dass Sie solche Leute ableh­nen, genauso wie Sie jetzt Lehrlinge abschieben. Da gibt es einen Fall in Salzburg, wo auch ein Unternehmer darüber klagt, dass seine integrationswilligen Lehrlinge abge­schoben werden. Der Punkt ist, Ihr (in Richtung Bundesministerin Schramböck) Chef lässt sich von der FPÖ treiben, wodurch dieses Problem nicht gelöst wird. Meine Frage ist: Sprechen Sie überhaupt noch mit ihm, spricht er mit Ihnen?

Das nächste Beispiel betrifft den Grund, warum wir einen Fachkräftemangel haben: Die Mitarbeiter kosten zu viel und verdienen zu wenig. Das ist die kalte Progression. Sie bestrafen die Leistungsträger, indem Sie ihnen mehr aus der Tasche ziehen, als Sie ih­nen dann mit der Steuerreform zurückgeben. Ich glaube, das ist eine unehrliche Politik, die Sie betreiben. Sie stellen sich vielleicht nach mir noch hierher und sagen: Wir tun sehr viel für die Klein- und Mittelbetriebe!, aber Sie tun nichts, Sie tun gar nichts (Beifall bei den NEOS), außer Gags, Gags, Gags. Das erzürnt mich so, denn wenn Sie mit den Betrieben, vor allem mit den touristischen Betrieben, sprechen, wird Ihnen jeder sagen: Wir haben einen Fachkräftemangel.

Wir tun nichts in der Bildung, wir tun nichts in der Ausbildung dagegen, wir haben noch immer, auch wenn sich die Rahmenbedingungen komplett geändert haben, das maria-theresianische Schulzeitalter. Wir bräuchten eine mittlere Reife, um da entgegenzuwir­ken, auch um die Bedürfnisse, die es in 20 Jahren geben wird, abdecken zu können. Da tun Sie nichts! Sie tun genauso wenig wie im Zusammenhang mit einer degressiven Abschreibung, Sie tun nichts.

Minister Blümel hat vorhin von soundso viel Gesetzen, die gestrichen wurden, gespro­chen: Wissen Sie, welche Gesetze gestrichen wurden? (Zwischenruf des Abg. Neu­bauer.) – Tote Gesetze wurden gestrichen. Beim Bürokratieabbau ist bis heute nichts passiert, bei der Deregulierung ist bis heute nichts passiert, und das betrifft gerade den Mittelstand. Große Betriebe können sich eigene Rechtsbüros leisten, die etwas beein­spruchen, Klein- und Mittelbetriebe können das nicht; und Sie lassen sich von der FPÖ vor sich hertreiben. (Beifall bei den NEOS.) Das ist beschämend für eine ehemalige Wirtschaftspartei, und darum, sodass mehr als nur zehn Buchstaben betreffend Wirt­schaft in der Verfassung stehen, ist es besonders wichtig, dass Sie endlich etwas tun.

Sie haben bis heute nichts getan. Die Wirtschaft muss den Fachkräftemangel ausglei­chen, die Wirtschaft braucht eine Entlastung, und vor allem braucht die Wirtschaft eine Deregulierung. Nichts ist bis heute passiert. (Beifall bei den NEOS.)

14.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesmi­nister. – Bitte schön, Frau Minister.


14.38.00

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Der österreichische Wirtschaftsstandort ist gut unterwegs. Unsere Wirtschaft wächst doppelt so schnell wie jene Deutschlands, wir haben in den letzten eineinhalb Jahren die richtigen Maßnahmen gesetzt. Wir sehen das ganz eindeutig an den Zahlen.

Wenn wir anderes sehen möchten, dann brauchen wir nur nach Deutschland zu schau­en, wo viele Fehler gemacht werden. Deutschland hat kein Wirtschaftswachstum mehr,


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Österreich hat ein gutes Wirtschaftswachstum für die Unternehmen, aber vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Unternehmen. (Abg. Rossmann: Jetzt wird es wirklich Zeit für eine Einführung in die Volkswirtschaftslehre!) Gerade diese Arbeitskräfte vergessen sowohl die NEOS als auch die SPÖ laufend. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist aber auch wichtig, dass wir Maßnahmen setzen. Ich darf Ihnen nur einen kleinen Überblick über jene Maßnahmen geben, die wir gesetzt haben. Wenn hier immer die Rede davon ist, dass wir nichts für die mittelständischen Unternehmen tun, so möchte ich Ihnen klar sagen, was wir im Rahmen der Steuerreform gemacht haben. Die Sen­kung der Körperschaftsteuer betrifft nicht nur, wie immer behauptet wird, die Großkon­zerne; Sie vergessen, dass es in Österreich kleine Kapitalgesellschaften gibt, die ge­nauso Körperschaftsteuer zahlen.

Wir haben bei der Umsatzsteuer die Kleinunternehmergrenze von 30 000 auf 35 000 Eu­ro erhöht – auch das ist vorher nicht gemacht worden. Wir haben das erste Mal den Be­trag für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 800 und in der nächsten Stufe auf 1 000 Eu­ro erhöht. Ich kann mich nicht erinnern, und ich habe viele Jahre Unternehmen geführt, dass das jemand in den vergangenen Jahren angegriffen und gelöst hätte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein weiterer Punkt für die mittelständischen Unternehmen bei der Steuerreform ist die Mitarbeitererfolgsbeteiligung. Ja, jedes Unternehmen kann heute und in Zukunft seine Mitarbeiter bis zu 10 Prozent am Gewinn beteiligen. Wissen Sie, was wir damit einge­führt haben? – Wir haben so etwas wie die Möglichkeit eines 15. Gehaltes eingeführt, und das steuerfrei für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genauso wie für die Klein- und Mittelbetriebe. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass eine Sozialdemokra­tie so etwas umgesetzt hätte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ein weiterer Punkt für die mittelständischen Unternehmen ist die Entbürokratisierung für 400 000 Unternehmen, denn sie müssen aufgrund der Festlegung der Pauschalie­rung nicht mehr so viel Bürokratie aufbringen, um ihre Steuer abzuführen.

Ja, sogar in der Forschung und Entwicklung ist ein Punkt enthalten. Bisher konnten Klein- und Mittelbetriebe, in denen der Unternehmer, die Unternehmerin mitgeforscht hat, dieses Gehalt nicht absetzen und einreichen, um 14 Prozent rückerstattet zu be­kommen. Wir haben das für die mittelständischen Unternehmen geändert. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sie haben auch zu Recht das Thema Fachkräfte angesprochen. Zum Bereich der Fachkräfte möchte ich nur sagen, da gibt es intensive Arbeit zu leisten, und diese Ar­beit ist noch nicht zu Ende, denn wir haben vieles übernommen, das liegen geblieben ist. Ich bringe Ihnen ein einfaches Beispiel: die Dachdecker. Der Beruf des Dachde­ckers ist 1973 das letzte Mal überarbeitet worden. Ich frage mich, wer hier dafür da war und ob darauf geschaut wurde, dass die Berufe überarbeitet werden.

Wir machen das jetzt bis Ende des Jahres, Ende dieses Jahres werden 200 Lehrberufe überarbeitet. Warum tun wir das? (Abg. Rossmann: Weil die ÖVP in der Regie­rung ...!) – Weil zwei Drittel der Lehrlinge in den mittelständischen Unternehmen be­schäftigt sind. Zwei Drittel aller Lehrlinge sowie zwei Drittel aller Beschäftigten sind in den mittelständischen Unternehmen Österreichs tätig. Es braucht überarbeitete Lehr­berufe und es braucht ganz neue Berufe, Lehrberufe, die wir jetzt einführen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Thema Fachkräfte: Wovon profitieren und werden mittelständische Unternehmen profitieren? – Wir bauen im Moment gerade die Austria Business Agency um. Sie soll nicht nur dazu da sein, Investitionen nach Österreich zu bringen, sondern auch helfen,


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Topfachkräfte, die man bei uns nicht finden kann, IT-Experten, im europäischen Raum zu suchen und zu finden. Das ist auch etwas, was ich nicht vorgefunden habe, was in der Vergangenheit auch zu wenig gemacht wurde.

Für die dritte Stufe, Fachkräfte aus Drittstaaten, haben wir die Mangelberufsliste ange­passt – auch das gilt für die mittelständischen Unternehmen und ist für sie ganz, ganz wichtig, da werden viele neue technische Berufe angeführt und wir haben die regio­nale Mangelberufsliste eingeführt. Dort ist für den Westen, für die Touristiker der Kell­ner genannt. Die Begutachtung für die neue Rot-Weiß-Rot-Karte ist ebenfalls zu Ende, auch diesbezüglich werden wir entsprechende Schritte setzen.

Zum Thema der mittelständischen Unternehmen und der Asylberechtigten und Asyl­werber: Wir haben in Österreich 30 000 Asylberechtigte, von denen 10 000, die jünger als 25 Jahre sind, nicht arbeiten, weil sie nicht arbeiten können oder nicht jene Lobby haben, die jene 1 000 Asylwerber haben, von denen vielleicht 300 nicht in Österreich bleiben dürfen, da kein Asylgrund vorliegt.

Wenn Sie sagen, wir können das Fachkräfteproblem mit diesen 300 lösen, so sage ich Ihnen: Ich wünsche mir für die Asylberechtigten, nämlich für jene, die bei uns bleiben dürfen, jene 30 000, die hier bleiben dürfen und keine Arbeit haben, eine gleich große Lobby. Ich mache etwas dafür: Ich habe eine Jobbörse in Wien gemacht, wir haben eine in Oberösterreich – 21 Betriebe in Oberösterreich, 1 000 Asylberechtigte – mit großem Erfolg durchgeführt. In Wien sind 20 Prozent jener, die bei dieser Messe wa­ren, nun in Beschäftigung; die nächste kommt in Graz. Also wir tun etwas in diesem Sinne und setzen in diesem Sinne auch um. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Mittelstand ist auch zu sagen, dass auch Start-ups mittelständische Unternehmen sind. Wir haben auch eine Start-up-Initiative auf den Weg gebracht, mit der wir 100 Mil­lionen Euro für Gründungen im Bereich innovativer Technologieunternehmen zur Ver­fügung stellen, einen neuen Fonds schaffen werden. Wir tun also vieles, noch viel mehr ist auf dem Weg.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir auch den Mittelstandsbericht weiter verfolgen wer­den, dass wir ihn mit Ihrem Feedback umarbeiten – das ist auch im Wirtschaftsaus­schuss schon angeboten worden , um eine gute Basis zu schaffen und uns weiter um die mittelständischen Unternehmen Österreichs kümmern zu können. Uns sind sie so­wohl auf österreichischer als auch auf europäischer Ebene sehr wichtig.

In diesem Sinne setzen wir uns für die mittelständischen Unternehmen Österreichs und Europas ein. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.46


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Ottenschläger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.46.10

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst darf ich die Silberlöwen aus Mistelbach, ehemalige Unternehmerinnen und Unterneh­mer, sehr herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich muss meinen Spruch von heute Mittag etwas abwandeln: Das Jammern ist des Schellhorns Lust!, ist es nun geworden. – Sehr geschätzter Herr Kollege, lieber Sepp! Wenn ich dir zuhöre, was ich sehr aufmerksam getan habe, dann entsteht bei mir schon der Eindruck, dass unser Wirtschaftsstandort und hier Unternehmer zu sein et­was ganz Schreckliches ist. Ich selbst bin aktiver Unternehmer und ich fühle mich dabei in Österreich sehr, sehr wohl, insbesondere mit der Entwicklung, die diese Bun-


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desregierung in den letzten eineinhalb Jahren vorangetrieben hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Matthias Strolz hat zumindest am Beginn der letzten Legislaturperiode durchaus Vor­bildwirkung gehabt, er hat sich immer ans Pult gestellt und etwas Positives gesagt, um dann seine Kritik – etwas ganz Legitimes – oder seine Beiträge zu liefern. Ich höre hier in den letzten Wochen, Monaten nur noch, dass aus eurer Sicht alles negativ ist. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man das wirklich durchargumentieren kann, dass beispielsweise das, was jetzt bei der Steuerentlastung, bei der Steuerreform vor­liegt, nur negativ sein soll (Abg. Hauser: Die Bevölkerung sieht es eh positiv!): der Mit­arbeiterbonus, die Tarifentlastung bei den Einkommensteuern, die Erhöhung beim Ge­winnfreibetrag, die Senkung der Körperschaftsteuer, und, und, und. Die Frau Bundes­ministerin hat schon zahlreiche Maßnahmen erwähnt. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Also ich glaube schon, dass man sich hierherstellen und sagen kann: Grundsätzlich ist der Weg ein richtiger, da gibt es ein paar Maßnahmen, die finden wir gar nicht so schlecht!, und darüber hinaus gibt es natürlich immer weitere Ideen, die man liefern kann, bei denen wir auch als Unternehmer sagen: Ja, das hätten wir noch gerne und das hätten wir noch gerne und das hätten wir noch gerne! Wir werden da auch sicher nicht lockerlassen und ich bin davon überzeugt, die Frau Bundesministerin ist eine Verbündete von uns KMUs, aber eines, und da haben wir eine Gesamtverantwortung, dürfen wir nicht außer Acht lassen: Wir haben nach wie vor das Ziel, auch einen aus­geglichenen Staatshaushalt zu haben. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) In diesem Verhältnis stehen wir auch.

Ich glaube, es ist durchaus kaufmännisch richtig gedacht, wenn wir beide Ziele errei­chen wollen, nämlich auf der einen Seite die schrittweise Entlastung der Unternehme­rinnen und Unternehmer voranzutreiben, um damit auch die Möglichkeit zu geben, Ar­beitsplätze zu sichern und vielleicht zusätzliche zu schaffen – Mitarbeiterbonus ist da zum Beispiel so ein Thema –, aber auf der anderen Seite die budgetäre Situation nicht komplett außer Acht zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Ich glaube, das ist der richtige Weg und da gibt es sehr, sehr viele Maßnahmen, die die Frau Bundesministerin hier schon vorhin dargestellt hat. – Deswegen, glaube ich, Frau Bundesministerin, sind wir da auch im Sinne unserer Klein- und Mittelbetriebe gemein­sam auf einem guten Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.49


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.49.46

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzte Frau Bun­desministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich weiß nicht, meine lie­ben Kolleginnen und Kollegen, wie es euch gegangen ist, aber die tatsächliche Berich­tigung des Herrn Gudenus habe ich nicht ganz mitbekommen. Vielleicht hat er die Möglichkeit, uns dann noch in einer zweiten tatsächlichen Berichtigung aufzuklären. Er ist aber, wie ich sehe, ohnehin nicht hier. Vielleicht sortiert er gerade seine Passwörter und ehemaligen Passwörter – höchstwahrscheinlich. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Neubauer.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Klinger, das mit dem 12-Stunden-Tag ist so eine Geschichte. Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen: Die Arbeitszeit von 12 Stun­den ist für die Arbeitgeber super. Da haben Sie ja recht, natürlich, aber wir reden ja von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die da den Schwarzen Peter gezogen ha­ben, meine sehr geschätzten Damen und Herren.


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Was die Freiwilligkeit betrifft, wissen wir ja, wie das tatsächlich läuft: Einmal, zweimal kannst du Nein sagen, dann kannst du dir das Patent holen, dann ist es vorbei. So schaut nämlich die Realität aus. (Abg. Hauser: Es gibt immer noch ...!) Darum kämp­fen wir dagegen. Das ist ein schlechtes Gesetz, meine sehr geschätzten Damen und Herren, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Geh, hör auf!)

Geschätzte Damen und Herren! Zum Mittelstandsbericht: Wir wissen, dass die Kon­junktur abflacht, schlechter wird – wir gehen davon aus, dass im heurigen Jahr mit nur 1,7 Prozent Wachstum zu rechnen ist. Diesen abflauenden Aufschwung merkt man na­türlich in sehr vielen Bereichen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Sachgüterproduktion zieht weniger schnell an, die Auftragseingänge werden langsamer, die Konjunktur wird einfach schlecht.

Jetzt gibt es drei Möglichkeiten, drei Dinge, die die Regierung tun kann. Das Wichtigste wäre, gegenzusteuern. Gegenzusteuern wäre sinnvoll und total notwendig. Sie hat aber auch die Möglichkeit, nichts zu tun oder das Falsche zu tun. Ich habe Wetten ab­geschlossen, dass diese Bundesregierung sich für die zwei letzteren Varianten ent­schieden hat, nämlich nichts zu tun und das Falsche zu tun. Das wird allerdings fatale Folgen haben, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Ich werde Ihnen auch sagen, warum.

Die Steuerreform ist heute schon von der Frau Bundesministerin angesprochen wor­den. Alle Ökonomen sagen uns, der private Konsum ist die Stütze der Konjunktur – das steht außer Streit. Wir wissen das natürlich, und darum sind wir so erpicht darauf, auch als Gewerkschaftsvertreter bei Lohnverhandlungen darauf zu schauen, dass die Kolleginnen und Kollegen auch tatsächlich einen ordentlichen Lohn, ein ordentliches Gehalt beziehungsweise ordentliche Gehaltserhöhungen bekommen; aber wir können dort hüpfen und springen, wir können dort machen, was wir wollen, die kalte Progres­sion macht alles zunichte.

Kolleginnen und Kollegen, wenn sich dann der Herr Staatssekretär dazu aufschwingt und nach dreimaligem Nachfragen wieder draufkommt, dass irgendwo einmal gesagt wurde: Die kalte Progression gehört abgeschafft!, und meint: Na ja, 2023 werden wir dann schauen!, muss ich sagen: Hallo, das dauert ja vier Jahre! Was soll das bedeu­ten? Bis dahin haben Sie schon wieder 8 Milliarden Euro durch die kalte Progression eingenommen! (Zwischenruf des Abg. Höbart.) – Dann kommt der Herr Bundeskanzler und sagt: Jetzt habe ich mir das anders überlegt, die kalte Progression werden wir nicht abschaffen, denn das wäre nicht gerecht! – Ihr müsst uns sagen, was ihr tat­sächlich wollt, und wir werden dann schauen.

Tatsache ist, dass die kalte Progression geändert werden muss. Die Lösung darf aber nicht linear erfolgen, sondern das muss wirklich sozial gerecht aufgeteilt werden, so­dass auch die unteren und kleineren Einkommen davon profitieren können. Das ist das, was wir unter Regelung beziehungsweise Abschaffung der kalten Progression meinen und verstehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dei­mek und Hauser.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst mich noch das zweite falsche Signal erwähnen, nämlich die Senkung der Körperschaftsteuer. Das ist überhaupt ein ganz wesentlicher Schritt, der in die völlig falsche Richtung geht. 1,6 Milliarden Euro werden zu den Groß­konzernen geschaufelt! Das kann man noch so schönreden und noch so beteuern, das ist so, meine Damen und Herren.

Da von den Klein- und Mittelbetrieben, von den KMUs gesprochen wurde: Die vielen Tausend kleinen Betriebe schauen bei dieser Körperschaftsteuersenkung durch die Finger. Darum sagen wir, dass das eindeutig der falsche Weg ist. Natürlich klopfen


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sich da die Großkonzerne auf die Schultern und auf die Schenkel. Wir wissen ja, KTM würde im Vergleich zum Jahr 2017 um 2 Millionen Euro weniger Steuern zahlen, BMW um 12 Millionen Euro weniger, OMV um 19 Millionen Euro weniger, Red Bull um 31 Millionen Euro weniger!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, für die Wahlkampfspender hat sich das ausgezahlt. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Herr Pierer gibt 500 000 Euro her und bekommt in einem Jahr 2 Millionen Euro zurück. Na klar, das ist eine tolle Geschichte. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir glauben, das ist der falsche Weg, und das wird sich auch an den sogenannten Vertretern der Wirtschaft noch ganz massiv rächen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

14.55


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Höbart. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.55.07

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsident! Ich muss jetzt kurz vor der Dringlichen ja wirklich Folgendes sagen: Ihnen zuzuhören (Abg. Neubauer: Das tut weh!), das tut wirklich weh, bei all dem, was Sie von sich geben, bei diesem inhaltslo­sen Geschwurbel von der Sozialdemokratie, bekommt man eine Ohrenkrankheit. Das ist ja unerhört. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, weil gerade von der Sozialdemokratie immer diese Schlenker in Richtung der Freiheitlichen kommen, was der siebente Zwerg von links, rechts, oben oder unten so alles sagt (Zwischenrufe bei der SPÖ), eine Frage: Kennen Sie Herrn Stadtrat Peter Hacker? Ist Ihnen diese politische Randfigur ein Begriff? – Ich nehme an, schon. Ich kann es aufklären: Das ist ein Stadtrat aus Wien. Wissen Sie, was dieser Herr Stadtrat Hacker zum Besten gegeben hat? – Ich kann mir vorstellen, das interessiert einige gleich nicht, die schauen vielleicht auf den Fußboden, ob die Schuhe geputzt sind oder nicht. Dieser Herr Stadtrat Hacker hat in einem Fragebogen im Magazin „Fleisch“ ein paar Dinge zum Besten gegeben, nämlich Begriffe, die man heute verwenden darf, und solche, die man nicht verwenden darf. (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Ich zitiere diesen Fragebogen aus diesem Magazin, der laut seinem Büro irrtümlich an die Öffentlichkeit geraten ist: Man soll heute sagen dürfen: „Mongo“, „Behinderter“, „Spast“, „Schwuchtel“. – Sehr geehrte Damen und Herren, das ist verwerflich! Diese politische Figur müsste auf der Stelle zurücktreten! Das hat in unserer Gesellschaft nichts verloren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Wimmer, unser Gewerkschaftsfunktionär, hat davon gesprochen, dass das, was die Regierung hier umsetzt, „fatale Folgen“ haben wird. Ich sage ganz klar: Fatale Folgen hätte es für diese Republik gegeben, würden die Sozialisten noch in dieser Bundesregierung sitzen. Es ist Gott sei Dank nicht mehr so! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jetzt in aller Kürze auch noch zum Mittelstandsbericht, ich möchte nur ein paar Fakten erwähnen, nämlich zur Wirtschaft, die ja von der Sozialdemokratie stets verteufelt wird. (Zwischenruf der Abg. Duzdar.) Wir haben 330 000 KMUs in Österreich, sie beschäf­tigen rund zwei Millionen Menschen. Wir haben ungefähr 55 000 Lehrlinge, die in die­sen Betrieben ausgebildet werden, also die Fachkräfte von heute und morgen. 70 Pro­zent der Erwerbstätigen und 65 Prozent der Lehrlinge befinden sich also in der Privat­wirtschaft, in den KMUs, und 65 Prozent der gesamten Wertschöpfungskette werden von den KMUs erwirtschaftet – nur damit wir wissen, wovon wir reden.


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Sie sind vielfältig, flexibel. Sie sind in der Regel auch sehr kreativ und innovativ; sie sind gemeinsam mit einer funktionierenden, florierenden Industrie die Säule unserer Wirtschaft. Daher sollten wir auch einmal ein klares Dankeschön an diese Klein- und Mittelunternehmer sagen (Beifall bei FPÖ und ÖVP), die Mitarbeiter aufnehmen, die Mitarbeiter ausbilden und die gemeinsam – und das muss der Ansatz einer modernen Wirtschaftspolitik sein – mit gut ausgebildeten Mitarbeitern für unsere Wirtschaft etwas machen.

Ich möchte hier die Steuerreform erwähnen, die Kollege Wimmer hier regelrecht in den Schmutz gezogen hat. Ich möchte Ihnen sagen, dass die Körperschaftsteuer in zwei Schritten, von 25 Prozent auf letztendlich 21 Prozent gesenkt wird. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Das Ganze ist wachstumsfördernd, investitionsfördernd und das Ei­genkapital stärkend, auch wenn Ihnen das vielleicht die Ökonomen in der Arbeiterkam­mer nicht so mitteilen können, weil sie halt irgendwo in einem linken Gedankengut ge­fangen sind.

Der Gewinnfreibetrag für Gewinne bis zu 30 000 Euro wird auf 100 000 Euro ausge­weitet, was für die Wirtschaft eine jährliche Ersparnis von 100 Millionen Euro bedeutet. Der Wert eines geringwertigen Wirtschaftsgutes wird nach über drei Jahrzehnten von 400 Euro in zwei Schritten auf 1 000 Euro angehoben. Die Abschreibung: 300 Millionen Euro pro Jahr – auch eine Sache, die schon längst umgesetzt gehört. Schließlich wird die Kleinunternehmergrenze von 30 000 Euro auf 35 000 Euro angehoben. Das bedeu­tet, dass bis zu 400 000 Steuererklärungen pro Jahr weniger abgegeben werden, wo­mit letztendlich auch die Verwaltung reformiert und entlastet wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe schon gesagt, wir müssen den kleineren und mittleren Unternehmen Danke sagen. Mit uns Freiheitlichen in der gemeinsamen Regierung mit der Österreichischen Volkspartei geht etwas weiter. Und ich sage es noch einmal: Es wäre schlimm und fatal, wären die Sozialisten noch immer in der Bun­desregierung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Nach dieser Rede ist mir klar, warum Sie in Niederösterreich nicht mehr gewählt werden!)

14.59


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Obernos­terer zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.00.03

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Diese Debatte beschäftigt sich mit dem Mittelstandsbericht. Über diesen ist, glaube ich, von meinen Vorrednern und von Ihnen, Frau Ministerin, schon klar und ausführlich berichtet worden. (Präsident So­botka übernimmt den Vorsitz.)

Zusammenfassend muss man einfach sagen – wie das auch da steht, einschließlich dieses EU-Vergleichs –, dass Österreich mit seinen Familienbetrieben und mit der mit­telständischen Wirtschaft zu den drei europäischen Spitzenländern gehört. Wir wissen auch, dass diese mittelständische Wirtschaft und die Familienbetriebe mit dafür verant­wortlich waren, dass Österreich heute so gut dasteht. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Die mittelständische Wirtschaft und auch die Familienbetriebe sind aber auch dafür verantwortlich, dass wir in Österreich Gott sei Dank keine so starke Abwanderung aus den Seitentälern haben, weil diese vielen Familienbetriebe und die mittelständische Wirtschaft dort auch Arbeitsplätze schaffen. Wenn wir in gewisse Seitentäler in Italien, in Deutschland, in der hochgelobten Schweiz oder auf andere, krassere Fälle innerhalb


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der EU schauen, sehen wir, dass wir in Österreich auf einem richtigen Weg sind. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ.)

Als jemand, der selbst Unternehmer ist und seit 13 Jahren hier im Hohen Haus sitzt (Abg. Neubauer: Da brauchst du eine Schmerzzulage!), möchte ich jetzt auf die Aus­führungen meiner Vorredner eingehen. Ich darf vielleicht mit der SPÖ anfangen: Man muss etwas für die Kleinen tun. Da gibt es eine Mehrwertsteuerreduktion für die vie­len kleinen touristischen Betriebe von 13 auf 10 Prozent, und wer ist dagegen? – Die SPÖ! Da gibt es eine Vorlage für bürokratische Erleichterungen und weniger Vorschrif­ten für die vielen kleinen Betriebe, und wer stimmt dagegen? – Die SPÖ (Abg. Hörl: Und die NEOS!), und manchmal auch ein Teil der restlichen Opposition.

Die SPÖ-Redner hier am Pult haben gesagt, es passiert überhaupt nichts. Ich sage euch eines: Ich habe zwölf Jahre lang immer höchsten Erklärungsbedarf gehabt, wenn ich nach Hause gefahren bin, warum wir wieder neue Vorschriften beschlossen haben (Abg. Neubauer: Neue Steuern!), warum es eine Steuerreform gegeben hat, im Zuge derer wir wieder neue Steuern zahlen müssen. Ich sage euch auch: Seit einem Jahr, seit diese Regierung unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zusammenar­beitet, haben wir das erste Mal Erleichterungen auf Arbeitnehmerseite im Kleingewer­bebereich – und nicht im Großgewerbebereich; ihr könnt natürlich hier am Rednerpult sagen, was ihr wollt. Es gibt Entlastungen, und wir haben einen ordentlichen Staats­haushalt, den es eigentlich bis jetzt nicht gegeben hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Rossmann, Sie haben als Erstredner zu diesem Tagespunkt über Wirt­schaft geredet. Ich weiß nicht, vielleicht sind Sie ein guter Professor gewesen – das glaube ich jedenfalls –, aber eines sage ich Ihnen: Zur Wirtschaft melden Sie sich besser nicht mehr zu Wort, sondern bleiben dort, wo Sie daheim sind! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Herr Kollege Schellhorn, Du bist ein Unternehmerkollege. Weißt du, was du geworden bist? – Du bist kein Sachpolitiker, du bist ein reiner Oppositionspolitiker. Ich kenne dich lange genug. Das, was du hier am Rednerpult gesagt hast, hätte ich dir, muss ich ehrlich sagen, nicht zugetraut. (Zwischenruf bei den NEOS.) Du weißt doch, dass wir einen Fachkräftemangel haben  wir haben auch zwei touristische Betriebe –, den ha­ben wir, den haben viele Kollegen. Ich kenne das Thema in- und auswendig. Weißt du, wer die ersten waren, die reagiert haben? Diese Regierung! Du weißt, dass wir das Problem dieses Fachkräftemangels nicht von heute auf morgen lösen können, nach­dem dieser in den letzten zehn Jahren immer krasser geworden ist. Die Zeit ist zu kurz, um die Gründe zu nennen, aber die kennst du ja.

Ich bin menschlich enttäuscht. Ich bin menschlich wirklich zutiefst enttäuscht von dir, da du hier herausgekommen bist und gesagt hast, diese Regierung – die endlich ent­lastet statt belastet, die endlich entbürokratisiert, statt neue Auflagen einzuführen – tut nichts. Ich bin enttäuscht darüber, dass du als noch praktizierender Kollege – oder bist du nicht mehr daheim?, das ist auch möglich – hier herauskommst und sagst, diese Regierung tut nichts.

Ich sage dir eines: Ich bin stolz, einer Partei anzugehören, die diese Regierung stellt; und ich bin stolz auf das, was diese Regierung mit unser aller Mithilfe an Entlastungen schafft, nämlich für die arbeitenden Menschen und für die Unternehmer, groß oder klein – nur nicht für die Konzerne; die werden, das haben wir heute schon gehört, eher zur Kasse gebeten. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Duzdar.)

Jetzt wird den Leuten geholfen, die wirklich dafür verantwortlich sind, dass in diesem Staat Steuern gezahlt werden und dass wir uns die Sozialleistungen leisten können – und zwar für diejenigen Menschen, die sie brauchen, und nicht für diejenigen Men-


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schen, die das System nur ausnützen. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Na der kennt sich halt aus!)

15.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Margreiter. – Bitte.


15.05.32

Abgeordnete Doris Margreiter (SPÖ): Kollege Obernosterer! Bevor ich noch einmal zum Fachkräftemangel komme, nochmals zu Ihren Ausführungen bezüglich Mehrwert­steuersenkung für Tourismusbetriebe: Wir haben einen Abänderungsantrag einge­bracht und deshalb nicht zugestimmt, weil Sie Klientelpolitik betreiben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie wissen, dass die Mehrwertsteuer damals für Imker, für Marktfahrer, für viele Berufsgruppen und Unternehmensgruppen angehoben wurde (Abg. Neubau­er: 43 Betriebe wurden entlastet!), und wir wollten sie wieder für alle ändern, nicht nur für die Tourismusbetriebe. (Beifall bei der SPÖ.) Das war der Grund dafür, dass wir da­gegengestimmt haben. Sagen Sie die volle Wahrheit und nicht immer nur die Hälfte! – So. (Abg. Neubauer: Glauben Sie eigentlich, was Sie da sagen?!)

Jetzt aber zum Thema Fachkräftemangel: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Kino mit einem Dreijährigen, schauen „Feuerwehrmann Sam – Plötzlich Filmheld!“, und im Vorfeld gibt es einen Vorspann, nämlich Werbung von regionalen Firmen beziehungs­weise von Unternehmen für Lehrstellen. Im ersten Moment dachte ich mir, das ist eine Zielgruppenverfehlung. Mein zweiter Gedanke war: Der Fachkräftemangel muss wirk­lich brisant sein! – Ja, er ist brisant und, wie ich finde, eine der größten Herausforde­rungen, die Österreichs Wirtschaft zu tragen hat, und ich bin wirklich wütend, weil diese Bundesregierung – und die ÖVP stellt seit 1987 durchgehend den Wirtschaftsminis­ter – außer Kosmetik nichts, aber auch gar nichts tut! Es gibt keine wirklichen Maßnah­men! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Die Situation für kleine Unternehmen wird auch deshalb immer bedrohlicher, weil die großen Unternehmen die wenigen Fachkräfte, die es gibt, und die Lehrlinge regelrecht absaugen. So wurde eben seit 2012 die Lehrausbildung für Asylwerbende in Mangel­berufen erlaubt. Es gibt jetzt in ganz Österreich – Stand August 2018 – genau 1 023 asyl­werbende Lehrlinge. Davon sind alleine in meinem Heimatbundesland 359 – und mehr als die Hälfte in der Gastronomie. Da könnten Sie zeigen, Kollege Obernosterer, was Sie wirklich für die Tourismusbranche tun wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Zudem rechnet sich das auch noch für die Republik, weil nämlich die Asylwerbenden, wenn sie eine Lehre absolvieren, aus der Grundversorgung herausfallen und auch ins System einzahlen. Auch das wissen sehr viele nicht, darum möchte ich es sagen. Hin­ter all diesen Lehrlingen stehen Unternehmen, und diese suchen nicht erst seit einem Jahr einen Lehrling, sondern wirklich händeringend seit vielen, vielen Jahren.

Es ist wirklich nicht mehr einzusehen, dass Sie einen Riegel vorschieben, wenn es da­rum geht, dass diese Asylwerber, die gerade eine Lehre absolvieren, dableiben dürfen. Ich denke da zum Beispiel, und Sie haben es vielleicht gelesen, an Herrn Absmann von der Gasthausbrauerei Die Weisse in Salzburg, einer echten Institution. Ich habe mit ihm gesprochen. Er hat mir gesagt, er hat mittlerweile einen Dauerauftrag beim AMS. Er hat jetzt Lehrlinge gefunden, vorwiegend aus Afghanistan, also Asylwerber in Lehre. (Ruf bei der ÖVP: Er könnte ja Asylberechtigte nehmen!) Er hat gesagt, er kann deshalb keine asylberechtigten oder österreichischen Lehrlinge beschäftigen, weil er ganz einfach niemanden findet; die Asylwerber haben sich hingegen gut eingefunden und gut integriert.


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Das Nächste ist, dass die Wirte zunehmend auf Fertigprodukte in der Küche umsteigen müssen, und die Folge ist eben das klassische Wirtshaussterben. Übrig bleiben Hau­benrestaurants für die Oberschicht und Fast-Food-Ketten für das Fußvolk, und das kann es ja wirklich nicht sein!

Ein weiteres Beispiel aus meiner Heimatgemeinde: eine Berufsschule in Attnang-Puchheim, wo sich die Direktion, die Lehrerschaft und viele Mitschülerinnen und Mit­schüler dafür starkmachen und Unterschriften sammeln, dass vier Asylwerber in Lehre dableiben können – und diese Liste lässt sich noch sehr, sehr lange weiterführen.

Was passiert mit jenen Menschen, die aufgrund von Gutachten des Sachverständigen Mahringer einen negativen Bescheid bekommen haben, weil diese eher halbherzigen Reiseberichten als wissenschaftlichen Studien geglichen haben? Wer übernimmt da die Verantwortung? Man hat es gewusst und nichts dagegen getan. Ich frage Sie, Frau Ministerin: Übernehmen Sie da die Verantwortung für die negativen Bescheide, oder der Herr Innenminister oder vielleicht auch Herr Gudenus, der nicht da ist? Der sollte sich besser damit befassen, als über Passwörter wie „heilheil“ nachzudenken, egal ob das nun gefakt war oder nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, Sie haben der Wirtschaft laut einem Bericht vom 27. August 2018 in den „SN“ die Möglichkeit zur Fertigabsolvierung von bereits begonnenen Lehren von Asylwerbenden in Aussicht gestellt. Sogar Ihr rechtskundiger Landesrat Haimbuchner aus den Reihen der FPÖ hat in einem Verweis gemeint, dass der Rechtsstaat das hergibt; er ist Jurist. Unser Appell an diese Bundesregierung und vor allem an Sie, Frau Ministerin: Lassen Sie Ihre fremdenfeindliche Politik nicht an unseren Unterneh­men aus! Oder in den Worten von Herrn Absmann von der Gasthausbrauerei Die Weisse: Wenn schon nicht die menschliche, christlich-soziale Komponente zum Zug kommt, so ist es zumindest die wirtschaftliche, die für diese wahrlich nicht schwierige Entscheidung heranzuziehen ist.

Eines sage ich Ihnen auch noch: Ich habe parlamentarische Anfragen an Regierungs­mitglieder gestellt, und ich werde mir ganz genau anschauen und analysieren, wie sie diese beantworten, damit nicht dasselbe wie bei der Anfrage zu den Lipizzanern pas­siert und diese womöglich falsch beantwortet werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Lintl. – Bitte.


15.11.07

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Ausführungen meiner Vorrednerin möchte ich nur sagen: Wir haben 25 000 Asylberechtigte unter 25, die natürlich sehr leicht in diesen Berufen arbeiten könnten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich möchte kurz auf die Bedeutung des unternehmerischen Mittelstandes eingehen, der zwei Drittel der gesamten Wertschöpfung Österreichs erwirtschaftet. Die kleinen und mittleren Unternehmen sind die tragende Säule der heimischen Wirtschaft und Ge­sellschaft. Damit das auch in Zukunft so bleibt, benötigen diese Betriebe einen großen Pool an gut ausgebildeten und qualifizierten Mitarbeitern. Fachkräfte braucht man täg­lich, denn der schönste Auftrag nützt dem Betrieb nichts, wenn er nicht angenommen und ausgeführt werden kann. Daher ist es ganz wichtig, dem Fachkräftemangel entge­genzusteuern.

Erfreulicherweise ist die Bundesregierung dieses Problem offensiv angegangen. Lehr­berufe sollen für junge Menschen wieder attraktiver gestaltet werden. Dazu gibt es drei unterschiedliche Maßnahmen: Erstens werden alle 200 Lehrberufe bis zum Ende des


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Jahres evaluiert und den digitalen Herausforderungen angepasst. Zweitens soll die Lehre durch moderne, präzise Jobbezeichnungen attraktiver gemacht werden. Die drit­te Maßnahme ist die duale Ausbildung.

Grundsätzlich ist jede Lehrausbildung eine duale: einerseits die Ausbildung vor Ort im Betrieb, wodurch man die Struktur einer Firma, die Produktionsbedingungen, die Ar­beitsabläufe und die Dienstleistungen kennenlernen kann, andererseits der Unterricht in der Berufsschule, der eine theoretische Grundlage und Ergänzung dazu bietet.

Bemerkenswert ist das Konzept der dualen Akademie. Sie richtet sich an Maturanten und bietet ihnen eine Fachausbildung an. Maturanten und Maturantinnen, die nach ei­ner erfolgreich abgelegten Matura eine Lehre machen, haben eine von drei auf zwei Jahre reduzierte Lehrzeit. Angeboten wird eine praxisorientierte Ausbildung am neues­ten Stand der Technik mit vielen Möglichkeiten und weiterbildenden Kursen. Auch ein fakultatives Auslandspraktikum während der Ausbildung ist möglich. Betriebe ermögli­chen Maturanten mit Lehre vielfältige Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten, denn sie profitieren von der soliden Basisausbildung und von der Zielstrebigkeit der jungen Men­schen. Deshalb ist es so besonders erfreulich, dass die Zahl der jungen Menschen, die eine Lehre beginnen, in Österreich im Steigen begriffen ist.

Die Lehre verbindet auf einzigartige Weise Theorie und Praxis. Sie ist und bleibt eine Ausbildung mit hoher fachlicher Anerkennung und Tradition. Die von der Bundesregie­rung und im Besonderen von Ihnen, Frau Minister, initiierten Maßnahmen beginnen, zu greifen. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte.


15.15.04

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Es freut mich ja sehr, dass Sie heute da sind. Das letzte Mal, als wir hier im Haus wirt­schaftspolitische Themen debattiert haben, sind Sie nach der Fragestunde gegangen. Darum freut es mich ja, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, um hier mit uns zu dis­kutieren.

Ja, es stimmt schon, wir können stolz auf die kleinen und mittleren Unternehmen in un­serem Land sein, nur, die Politik, die Sie machen, geht an den KMUs in diesem Land vorbei. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Mittelstandsbericht gäbe ja grundsätzlich Gelegenheit, und das ist ja eigentlich der Sinn eines Berichts, Schlüsse daraus zu ziehen und entsprechende Maßnahmen zu setzen, nur, es kommen keine Schlüsse und keine Maßnahmen von Ihnen und auch nur ganz wenige Antworten, Frau Ministerin – im Ausschuss genauso wie hier heute im Plenum. Da bleiben Sie ganz viele Antworten schuldig.

Ich greife exemplarisch ein paar Themen heraus, die wir schon im Ausschuss zu dis­kutieren versucht haben: Einerseits geht es um die Betriebsübernahmen. Gerade im Bereich der kleineren und mittleren Unternehmen stehen viele Betriebsübernahmen an. Welche Maßnahmen setzen Sie da, dass es zu diesen Übernahmen kommt, dass diese erleichtert werden? Es geht um Maßnahmen, damit in manchen Branchen nicht wieder wenige Große alles bestimmen.

Ein weiteres Thema sind die Abschreibungen. Auch das haben wir im Ausschuss zu thematisieren versucht. Ich weiß schon, Kollege Schellhorn spricht immer den Bereich Hotellerie und Gastronomie an. Es geht aber viel, viel tiefer und weiter hinein in den Gewerbebereich. Es gibt Technologiefortschritte, und die Geräte sind nicht mehr in so


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langen Zeiträumen abzuschreiben, wie das einmal war. Da ist die Finanz den Entwick­lungen der Technologie nicht gefolgt. Ich habe in meinem Unternehmen Geräte, die habe ich früher in zwölf oder 15 Jahren abgeschrieben, die muss ich jetzt nach vier, fünf Jahren austauschen. Die Finanz hat diese Entwicklung einfach nicht entsprechend nachvollzogen.

Dann das viel gelobte Projekt Steuerreform, ja, die KöSt-Senkung: 1,5 Milliarden Euro wird sie ausmachen. Die geht an den kleinen und mittleren Unternehmen vorbei. Ja, wem hilft denn diese KöSt-Senkung? – 5 Prozent der Unternehmerinnen und Unter­nehmer leisten 80 Prozent der KöSt. Frau Ministerin, Sie wissen das. Wem hilft also diese KöSt-Senkung, die Sie da machen? – 1,5 Milliarden Euro für die Großkonzerne und die Großunternehmer in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: So ein Blödsinn!)

Schön, dass Sie die Kleinunternehmerregelung ansprechen: Es ist nur ein SPÖ-An­trag, der hier im Haus liegt, dass man die Grenze bei der Kleinunternehmerregelung anhebt, meine Damen und Herren.

Dann komme ich noch zu Ihrer Kompetenz als Digitalisierungsministerin. Ich sage Ih­nen eines: Kein mittelständisches Unternehmen hätte es sich getraut, eine so fehler­hafte App auf den Markt zu bringen. Kein mittelständisches Unternehmen hätte es ge­wagt, ein so unausgereiftes Produkt auf den Markt zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt Fehler, wenn es um die Meldung der Wohnsitze geht – Kollege Loacker kann ein Lied davon singen –, eine fehlerhafte Funktion auch bei den Wahlkartenanforderun­gen – ein noch viel, viel sensiblerer Bereich, weil es um die Abwicklung einer bundes­weiten Wahl geht. Als Digitalisierungsministerin schwimmen Sie da halt ein bisschen.

Dann gibt es auch noch das Problem, das Kolleginnen und Kollegen schon angespro­chen haben, nämlich dass Passwörter gehackt wurden. Im Vergleich zum Problem bei den Wahlkarten ist das nur ein kleines, nur: Wenn ein Klubobmann einer Regierungs­partei, nämlich Herr Klubobmann Gudenus, als Passwort „heilheil“ verwendet, dann ist das bezeichnend – und es ist auch bezeichnend, dass die Regierung dazu schweigt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Zusammenfassend kann man eines sagen: Ja, wir können auf die vielen kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land stolz sein, die einen wichtigen Beitrag in der Wirtschaft leisten, nur: Sie haben dazu noch keinen Beitrag geleistet. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Obernosterer zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Leichtfried: ... zu den Passwörtern?)


15.19.45

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Meine tatsächliche Be­richtigung zu den Ausführungen des Kollegen Einwallner von der SPÖ: Er hat hier be­hauptet, dass die SPÖ dafür eintritt, dass es bei der Übernahme von Betrieben zu steuerlichen Erleichterungen kommt.

Tatsache ist, dass die SPÖ – und ich glaube, das ist jedem, nicht nur hier im Saal, son­dern auch draußen, bekannt – immer für eine Erbschaftssteuer eingetreten ist, womit eine Gefährdung der Existenzgrundlage vieler Klein- und Familienbetriebe geschaffen werden würde. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.19

15.20.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 134

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie, den vorliegenden Bericht III-232 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Die Damen und Herren, die ein Zeichen setzen wollen, um ihn zur Kenntnis zu neh­men, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das scheint einstimmig zu sein. Da­mit ist der Antrag angenommen und der Bericht zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „eine Arbeitszeitverkürzung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, dem Entschließungsantrag die Zu­stimmung zu geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

15.21.254. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Nationalen Bildungsbericht Öster­reich 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und For­schung (III-268/611 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 4.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marchetti. – Bitte.


15.21.46

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Ich möchte mich zunächst einmal für den ausführlichen Bericht bedanken, vor allem auch bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die ihn erstellt haben. Ich möchte diesen Anlass aber schon auch dazu nutzen, gerade weil ich erst so kurz diesem Haus angehöre und noch keinen Tunnelblick habe, hier eine gewisse Manöverkritik zu äußern. Ich meine, dass dieser Nationale Bildungsbe­richt manche Schwerpunkte, die definitiv solche sind, nicht wirklich abdeckt. Da könnte man schon ein Update andenken.

Als Beispiel: Gewalt an Schulen war 2009 noch groß im Bildungsbericht enthalten. Im diesjährigen Bildungsbericht ist das gar kein Thema mehr. Das Thema, auch wenn es jetzt gerade wieder aktuell ist, ist ja insgesamt nicht neu und sollte schon auch Ge­genstand eines solchen Berichtes sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Inhaltlich: Es wird auch das Thema Digitalisierung im Bildungsbericht angesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, dass ich Bildungspolitik so verstehe, dass wir die Kinder in der Schule nicht Vergangenheitsbewältigung betreiben lassen und nicht auf die Gegenwart vorbereiten sollen, sondern wir müssen schauen, was in den nächsten 10, 15 Jahren notwendig ist, was sie dann können müssen, und darauf dann auch unsere Bildungspolitik auslegen. Im Bericht ist gerade im Bereich Digitalisierung noch viel Aufholbedarf geortet worden, und zwar einerseits bei der Infrastruktur – man braucht leistungsfähige Netzwerke, um gewisse Tools überhaupt anwenden zu kön­nen –, aber auch in der einschlägigen Bildung generell.

Ich möchte betonen, dass es da nicht nur um die digitale Bildung in der Schule geht, sondern auch in der Erwachsenenbildung. Wenn wir da nicht auch alle anderen Bevöl­kerungsgruppen mitnehmen, gerade Seniorinnen und Senioren, wird das zu einer so­zialen Ausgrenzung führen. Ich möchte diesen Punkt ganz explizit herausstreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 135

Es kommt jetzt auch der Masterplan Digitalisierung, und darin findet sich ja vielleicht auch die eine oder andere Antwort dazu. Das Thema Medienkompetenz möchte ich trotzdem noch ausdrücklich hervorheben. Es ist gerade in Zeiten der Digitalisierung wichtig, dass wir die Leute fit machen, mit dieser Fülle an Informationen umzugehen. Das ist noch eine Lücke in der Schule, die ich sehe und die wir unbedingt füllen müs­sen – und nicht nur das, ich gehe noch einen Schritt weiter: Es muss auch politische Bildung in diesem Zusammenhang ganz, ganz klar auf der Agenda stehen. Das steht auch so im Regierungsprogramm. Ich bin dafür, dass wir uns da überfraktionell zusam­mensetzen und an diesem Thema arbeiten. Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir der politischen Bildung in der Schule einen hohen Stellenwert beimessen. Das ist eine der Herausforderungen für die nächsten 10, 15 Jahre, die wir definitiv so schnell wie mög­lich angehen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dieser Bildungsbericht hilft uns, die richtigen Fragen zu stellen. Wir als Politikerinnen und Politiker werden aber vor allem dafür gewählt, die richtigen Antworten zu geben. Bei einem Punkt in diesem Bericht ist das schon geschehen, und dafür möchte ich mich auch ausdrücklich bedanken, im Bereich der Ganztags - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben um 15.25 Uhr den Aufruf der Dringli­chen. Dauert es noch länger? (Abg. Marchetti: 1 Minute noch!)

Dann würde ich Sie bitten, Ihre Ausführungen danach wieder aufzunehmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Marchetti.)

*****

Ich unterbreche die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 4, und wir kommen zur Behandlung der Dringlichen Anfrage. Gemäß Geschäftsordnung ist sie um 15.25 Uhr aufzurufen.

15.25.35Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Armutsbekämpfung und Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit“ (3536/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3536/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die vereinigte Linksopposition im österreichischen Nationalrat wirft der aktuellen Bun­desregierung gebetsmühlenartig Sozialabbau und eine neue Armut vor.

Das Gegenteil ist richtig: Mit dieser Bundesregierung und ihren Maßnahmen wird die Armut bekämpft, und es wird eine neue soziale Gerechtigkeit für alle Menschen in un­serem Land geschaffen.

Und die aktuellen Zahlen sprechen für sich: Die Statistik Austria hat vor wenigen Tagen die neuen Armutszahlen für 2018 vorgelegt. Daraus ergibt sich ein anhaltender Rück­gang der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung in Österreich. Mehr Menschen als je zuvor sind in Beschäftigung. Die Arbeitslosigkeit geht seit dem Antritt dieser Bundesre­gierung kontinuierlich zurück. Die Mittelschicht ist im Vergleich der hochentwickelten


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 136

Industriestaaten der Welt in Österreich besonders groß. Die Armutsgefährdung ist in Österreich im Europäischen Vergleich gering und die Altersarmut ist im internationalen Vergleich in Österreich besonders gering. Wir stehen aber erst am Beginn unserer Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit und in der Armutsbekämpfung in Österreich.

Wir entlasten Österreich mit einer gerechten Steuerreform für kleine Einkommen!

Mehr als 75 Prozent bzw. rund 5 Milliarden des Gesamtvolumens der neuen Steuerent­lastungsreform entfallen auf die Entlastung des Faktors Arbeit. Das ist eine weitere Entlastung für Klein- und Kleinsteinkommen, die jetzt schon keine Einkommensteuer zahlen, sondern nur Sozialversicherungsabgaben. Das betrifft also jedenfalls alle Brut­toeinkommen ab der Geringfügigkeitsgrenze von rund 450 Euro. Alleine davon profitie­ren 1,8 Mio. Arbeitnehmer, 1,8 Mio. Pensionisten und 500.000 Selbständige und Bauern.

Im Einkommenssegment über 1.250 Euro/brutto werden die Steuerzahler sowohl von der Senkung der SV-Beiträge als auch von der Senkung der Einkommensteuer profitie­ren. In Summe werden damit mehr als 4,5 Millionen Steuerzahler entlastet.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind die Hauptprofiteure der Steuerreform. Mit 5 Milliarden Euro gehen 75 Prozent des Gesamtvolumens in die Entlastung der ar­beitenden Bevölkerung. Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen werden da­durch besonders profitieren.

Gerade kleinste und kleine Einkommen, die jetzt schon keine Einkommenssteuer mehr zahlen, werden durch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge noch einmal spür­bar entlastet. Ein echtes Mehr in der Brieftasche. Mehr für die arbeitenden Menschen, mehr für die kleinen und mittleren Einkommen, mehr für die Familien, mehr für die klei­nen Unternehmerinnen und Unternehmer. Mit dieser "Steuerreform Plus" entlasten wir alle Österreicherinnen und Österreicher. Und das ohne neue Schulden und mit einem sanierten Haushalt.

Der Familienbonus Plus ist eine direkt spürbare Entlastung für alle Familien in Öster­reich!

950.000 Familien und 1 Millionen Kinder profitieren davon – damit zählt Österreich zu den familienfreundlichsten Ländern der Welt! Wir haben die Entlastung von Familien versprochen – mit dem Familienbonus Plus haben wir auch dieses Versprechen ge­halten!

Pro Kind und Jahr gibt es bis zu 1.500 Euro Steuerbonus – für Menschen mit einem Einkommen bis zu 1.750 Euro entfällt damit die Lohn- bzw. Einkommenssteuer ganz!

Der Familienbonus vermindert direkt die zu zahlende Steuerlast und hat damit die fünf­fache Wirkung des Kinderfreibetrags.

Darüber hinaus werden auch nichtsteuerzahlende Alleinerzieher und Familien mit Kin­dern über 18 Jahren, die Familienbeihilfe beziehen, davon profitieren.

Die Sozialhilfe Neu unterstützt die sozial Schwachen und schafft eine neue Gerechtig­keit!

Für Alleinerziehende soll es aufgrund deren besonders hohen Armutsgefährdung einen Zuschlag zur weiteren Unterstützung des Lebensunterhalts pro Kind geben. Diese Zu­schläge sind nach Kinderanzahl gestaffelt und betragen zwischen rd. 103,- Euro und rd. 27,- Euro pro Monat Kind (Werte 2019).

Bei Menschen mit Behinderung ist nunmehr ein verpflichtender Zuschlag von rund 159,- Euro (2019) vorgesehen, der zusätzlich zur Basisleistung gewährt wird. Dieser ist von den Ländern zuzuerkennen, wenn besondere landesgesetzliche Bestimmungen nicht höhere behinderungsbedingte Leistungen kennen. Darüber hinaus gibt es eine


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„Schutzklausel“ im Grundsatzgesetz, wonach Besserstellungen insb. für Menschen mit Behinderung auf landesgesetzlicher Ebene zulässig sind bzw. vom Sozialhilfe-Grund­satzgesetz unberührt bleiben. Damit soll den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der neuen Sozialhilfe verstärkt Rechnung getragen werden.

Im Gegensatz zur jetzigen Rechtslage in den Ländern soll es eine Schonfrist für Woh­nungseigentum von 3 Jahren geben, bevor die zuständige Behörde eine grundbücher­liche Sicherstellung vornehmen kann. Hausbesitzer, die sich nur in einer kurzfristigen Notlage befinden, brauchen daher nicht mehr um ihren Wohnungsbesitz bangen.

Auch der Vermögensfreibetrag (Schonvermögen) für z.B. eigene Ersparnisse wird er­höht und steht jedem Bezugsberechtigten zu, das sind 5.300 Euro statt bisher 4.430 Euro, also um fast 1.000 Euro mehr als vorher!

Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit soll sich durch den neuen Wiedereinsteigerfreibe­trag stärker als bisher lohnen. Die Länder können vorsehen, dass bis zu 35% des neu­en Nettoeinkommens für eine Dauer von 12 Monaten anrechenfrei bleiben. Dies erhöht das Haushaltseinkommen gegenüber inaktiven Personen. (Bei einem Nettoverdienst von 1.000 Euro würden 350 Euro nicht auf die Leistung angerechnet werden.)

Die kleinen und mittleren Pensionen werden erhöht!

In den letzten Jahren wurden die kleinen und mittleren Pensionen mehrfach unter der Inflationsrate angepasst. Insgesamt ergab sich daraus für alle Pensionen ein mehr oder weniger starker Kaufkraftverlust.

Die Bundesregierung hat für 2019 niedrige Pensionen (bis 1.115 Euro) um 2,6% er­höht. Diese Erhöhung liegt um 0,6%-Punkte über der für die Pensionsanpassung re­levanten Inflation (Aug. 2017 bis Juli 2018) in Höhe von 2%. Niedrige Pensionen er­hielten daher eine deutliche Kaufkraftstärkung. Auch für die mittleren Pensionen wurde durch diese Anpassung die Kaufkraft verbessert. Die Auswirkungen der Anpassung 2019 verteilen sich auf die Bezieherinnen und Bezieher wie folgt:

Von den insgesamt knapp. 2,1 Mio. Pensionistinnen und Pensionisten in der gesetzli­chen Pensionsversicherung erhielten

-                  rd. 990.000 eine Anpassung von 2,6%.

-                  rd. 330.000 eine Anpassung zwischen 2% und 2,6%.

-                  rd. 760.000 eine Anpassung von 2%.

Frauen sind bei niedrigen Pensionen überrepräsentiert, haben daher eine niedrigere Durchschnittspension. Die Pensionsanpassung 2019 bewirkte durch die verstärkte Er­höhung niedriger Pensionen, dass Frauen von dem Modell in besonders hohem Aus­maß profitierten.

Zu dem Zeitpunkt, als die Pensionsanpassung vorbereitet und umgesetzt wurde, be­trug der Frauenanteil:

-                  in der Gruppe, die mit 2,6% angepasst wurde 71,9%;

-                  in der Gruppe, die zwischen 2% und 2,6% angepasst wurde 60,6%.

Insgesamt betrug der Frauenanteil unter den Pensionsbeziehenden 58,1%. In den Gruppen, die von der Pensionsanpassung profitieren, sind Frauen daher deutlich über­repräsentiert.

Mit dem Pensionsanpassungsgesetz 2019 wurden auch die Ausgleichszulagenricht­sätze um 2,6% erhöht. Das ist die gleiche Erhöhung, wie sie kleine Pensionen bis 1.115 Euro erhielten.


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Damit war auch für alle Ausgleichzulagenbezieherinnen und -bezieher gewährleistet, dass ihr Einkommen stärker als die Verbraucherpreise steigt und die Kaufkraft gestärkt wird.

Nach der Pensionsanpassung 2019 betragen die Ausgleichszulagenrichtsätze nun­mehr:

-                  für Alleinstehende 933,06 Euro;

-                  für Alleinstehende mit mindestens 30 Beitragsjahren der Pflichtversicherung 1.048,57 Euro;

-                  für Verheiratete 1.398,97 Euro.

Die Bundesregierung wird das System der Ausgleichszulagen weiter ausbauen. Für Menschen, die trotz langer Erwerbsverläufe nur sehr niedrige Pensionen haben, wird ab 2020 ein Pensionsbonus eingeführt, der faktisch bewirken wird:

-                  Mindestpension von 1.200 Euro für Menschen mit 40 Beitragsjahren,

-                  Mindestpension von 1.500 Euro bei Ehepaaren, wenn ein Ehepartner 40 Bei­tragsjahre aufweisen kann.

Die Ausgleichszulage garantiert Bezieherinnen und Beziehern ein Mindesteinkommen und ist somit ein wirksames Instrument gegen Altersarmut.

Arbeitsmarkt erholt sich: Mehr Beschäftigte- weniger Arbeitslose!

Die Bundesregierung hat mit vielen Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt verstärkt, neue Akzente gesetzt und damit einen Beitrag zur nachhaltigen Armutsbekämpfung geleistet.

Seit Jänner 2018 stieg die Zahl der unselbständig Beschäftigten durchschnittlich um +83.987 Personen bzw. +2,3 %.

Gleichzeitig steigt die Vollzeitbeschäftigung: Im Jahresdurchschnitt 2018 nahm bei den Erwerbstätigen die Vollzeitbeschäftigung gegenüber 2017 um 66.300 Personen zu, die Teilzeitbeschäftigung ging um 7.700 zurück.

Waren im Jänner 2018 noch mehr als 455.800 Personen arbeitslos bzw. in Schulung, so gelang es, diese Zahl bis April 2019 auf rund 361.200 Personen zu reduzieren. Zwi­schen Jänner 2018 und April 2019 ging die Zahl der Arbeitslosen inkl. der Schulungs­teilnehmerinnen und Schulungsteilnehmer dabei im Vergleich zum jeweiligen Vorjah­resmonat durchschnittlich um rund 30.000 Personen (30.255) bzw. -7,3% zurück.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1.          Sinkt oder steigt aktuell die Armut in Österreich?

2.          Wie ist die Prognose bis 2022?

3.          Wie steht Österreich bei Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung im EU-Ver­gleich da?

4.          Worauf ist diese Position im EU-Vergleich zurückzuführen?

5.          Eine breite Mittelschicht ist immer ein Indikator gegen eine soziale Schieflage in der Gesellschaft. Wie gestaltet sich die Situation der Mittelschicht in Österreich im internationalen Vergleich?

6.          Wie steht es um die soziale Ungleichheit in Österreich im internationalen Ver­gleich?


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7.          Wie hoch sind die Sozialausgaben Österreichs im internationalen Vergleich?

8.          Wie schneidet Österreich im Bereich Arbeitsmarkt auf internationaler Ebene ab?

9.          Welche gesellschaftlichen Gruppen sind besonders von Armut betroffen?

10.        Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung für diese Gruppen?

11.        Welche Maßnahmen kommen insbesondere Alleinerziehenden, Menschen mit Behinderung, Frauen, Jugendlichen, älteren Menschen, Pensionistinnen und Pensionisten und Familien mit Kindern zugute?

12.        Wurde die Anzahl der Armutsgefährdeten in Österreich durch die Zuwanderung in den letzten Jahren vermindert oder erhöht?

13.        Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung gegen eine ungehinderte Zu­wanderung in den österreichischen Sozialstaat und damit eine Erhöhung der potentiell Armutsgefährdeten in Österreich?

14.        Die Hälfte der Arbeitslosen hat keine berufliche Ausbildung (geringe Qualifika­tion). Ihr Arbeitslosigkeitsrisiko ist gegenüber Personen mit entsprechenden Qualifikationen dreimal höher. Was macht die Bundesregierung um diesen Per­sonen aus der Armutsfalle zu helfen?

15.        Drei Viertel der Langzeitarbeitslosen ist armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung für diese Gruppe?

16.        Wie schaffen Sie in der Sozialhilfe Neu soziale Gerechtigkeit?

17.        Wie begegnen Sie dem Problem, dass hohe Wohnkosten Sozialhilfeempfänge­rinnen und Sozialhilfeempfänger potentiell in die Armut führen können?

18.        Welche Maßnahmen setzen Sie als Arbeitsministerin, um Sozialhilfebezieher bei der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu unterstützen?

19.        Das neue Sozialhilfegrundsatzgesetz legt fest, dass verstärkte Arbeitsanreize gesetzt werden müssen. Wo sehen Sie diese Arbeitsanreize und dadurch einen Beitrag zur Senkung der Armutsgefährdung?

20.        Werden im Zuge der „Entlastung Österreich“ wirklich alle Österreicherinnen und Österreicher, insbesondere auch Geringverdiener, entlastet?

21.        Weshalb kommt es im Zuge der Steuerreform nach einer ersten Entlastung im Juli 2018 zu einer neuerlichen Senkung der Sozialversicherungsbeiträge?

22.        Wo wird die neue Grenze für die Entlastung bei den Krankenversicherungsbei­trägen eingezogen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Frau Abgeordneter Belakowitsch als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort erteilen. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


15.26.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen Bun­desministerinnen, Herr Bundesminister! Werte Gäste auf der Galerie und zu Hause an


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den Fernsehgeräten! Kolleginnen und Kollegen! Ja, zwölf Jahre hat es in Österreich sozialistische Bundeskanzler, sozialistische Sozialminister gegeben. Da könnte man ja meinen, in unserer Republik muss alles zum Besten stehen, es kann keine Armut ge­ben, den Menschen geht es gut, es fließen Milch und Honig. Wir wissen aber: Genau das Gegenteil ist der Fall! Als die neue Bundesregierung vor etwas mehr als einem Jahr ihr Amt angetreten hat, haben wir ja gesehen, was sich abgespielt hat. In den zwölf Jahren davor gab es unter sozialistischen Sozialministern einen massiven An­stieg von Kinderarmut – einen massiven Anstieg! –, die höchste Arbeitslosigkeit in die­ser Republik, eine massive Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen, üb­rigens vor allem auch in Ihrem Lieblingsunternehmen, das Sie so gerne in Schutz neh­men, nämlich beim ORF.

Lohn- und Sozialdumping stand auf der Tagesordnung. Da haben Sie zwar versucht, zu doktern, aber in Wahrheit haben Sie es laufen lassen und haben auch keine effi­zienten Maßnahmen gefunden. All das war so unter sozialistischen Sozialministern hier in Österreich.

Jetzt haben wir eine Trendwende eingeleitet. Diese neue Bundesregierung, die ein bisschen mehr als ein Jahr im Amt ist, hat sich von Anfang an vorgenommen, Öster­reich sozialer zu machen, die soziale Gerechtigkeit wiederherzustellen, Förderungen treffsicher zu vergeben. Genau so hat es auch begonnen. Schauen wir uns an, was da alles geschehen ist, gehen wir es einmal durch: Das letzte präsentierte Beispiel war die Steuerreform – eine Steuerreform, die wirklich dazu führen wird, vor allem kleine und mittlere Einkommen massiv zu entlasten, die Lohnnebenkosten zu senken. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir haben in den letzten zehn Jahren ein großes Problem in unserem Land gehabt, und das haben die Menschen gespürt. Der Mittelstand ist immer kleiner geworden. Die Menschen, die dem sogenannten Mittelstand angehört haben, haben Angst gehabt, vielleicht den Sozialrang zu verlieren, alles zu verlieren, und Sie als SPÖ haben nichts dagegen getan. Jetzt haben wir eine Bundesregierung, die im Sinne der Menschen ar­beitet. Wir haben eine Steuerreform im Ausmaß von über 5 Milliarden Euro, die vor al­lem jenen Menschen in diesem Land zugutekommen wird, die sich schwertun. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Wissen Sie, was an dieser Steuerreform besonders klug ist? – Sie wird nicht mit neuen Steuern gegenfinanziert, so wie wir das in der Vergangenheit gewohnt waren: dass man den Menschen in das eine Taschl etwas gesteckt hat und es aus dem anderen wieder herausgezogen hat. Das wird es nicht geben, sondern das ist eine echte Steuerreform. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ein Teil, der Steuergerechtigkeit bringt, ist ja bereits seit 1. Jänner in Kraft, nämlich der Familienbonus Plus. Das ist steuerliche Gerechtigkeit vor allem für den Mittelstand, vor allem für jene Familien, die Kinder haben. Das sind Ersparnisse und Erleichterungen pro Kind von bis zu 1 500 Euro im Jahr, etwas, was die Leute spüren, was sie merken, heute schon merken, weil es wirklich wirkt und weil das endlich auch zu Gerechtigkeit in unserem österreichischen Steuersystem geführt hat. Gleichzeitig mit dieser Steuer­entlastung, mit dieser Steuergerechtigkeit, mit diesem Familienbonus Plus hat die Bun­desregierung auch noch zusätzlich eine Familienförderung für geringverdienende Fa­milien, für Alleinverdiener und Alleinerzieher eingeführt, durch die Kinder mit bis zu 250 Euro im Jahr gefördert werden. (Abg. Rossmann: Ganz so stimmt das aber nicht!) Auch das ist etwas, was zusätzlich zu allen vorhandenen Familienleistungen bereits seit 1. Jänner dieses Jahres ausbezahlt wird. Das sind große Erleichterungen für die Familien in diesem Land. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir haben vor Kurzem hier das neue Sozialhilfegesetz, also sozusagen die Mindestsi­cherung Neu, die endlich darauf ausgerichtet ist, dass sie jenen Menschen zugute­kommt, die sie auch wirklich brauchen, beschlossen. Das bedeutet, dass es da Zu-


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schläge beispielsweise für die AlleinverdienerInnen, Zuschläge für Menschen mit Be­hinderungen gibt. All diese Menschen werden jetzt in den Genuss dieser Leistung kom­men.

Wir haben aber auch das Schonvermögen auf 5 300 Euro erhöht, und – was in dem Fall ganz wichtig ist – wir haben den Eingriff in das Grundbuch, wenn jemand in einer Eigentumswohnung oder in einem Haus wohnt, um drei Jahre aufgeschoben. Das be­deutet, dass sich jetzt auch viel mehr Menschen in einer Notlage trauen können, die Mindestsicherung in Anspruch zu nehmen, weil eben nicht sofort in das Grundbuch eingegriffen wird. Das ist ein Vorteil für die Menschen in diesem Land. Es wird dadurch dazu kommen, dass sich mehr Leute die Zuschläge und die Zuschüsse, die ihnen zu­stehen, auch wirklich holen können und nicht Angst haben und sich fürchten müssen, dass dann die Gemeinde im Grundbuch steht und die Wohnung möglicherweise weg ist. Genau das sind Maßnahmen, die den Menschen in diesem Land zugutekommen und ihnen helfen.

Wir haben bei den Pensionen danach getrachtet, dass die Pensionserhöhung, die be­reits heuer gegriffen hat, vor allem für die kleinen Pensionen überdurchschnittlich hoch war. Ein Plus von 2,6 Prozent bei einer Inflationsrate von 2 Prozent ist eine Pensions­erhöhung, wie sie in den letzten Jahren in unserer Republik nicht möglich war. Das hat es nicht gegeben. Das bedeutet, vor allem auch da haben jene Menschen, die ohnehin wenig haben, für die es immer schwer ist, die zu kämpfen haben, überdurchschnittlich viel bekommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Es wird auch noch mehr kommen; das sind jetzt die ersten Schritte.

Im Übrigen – weil es mir gerade noch einfällt – weiß man gar nicht mehr, was wir alles gemacht haben: Wir haben die Lohnnebenkosten auf kleine Gehälter gesenkt, das war nämlich ganz zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode. Das war der allererste Schritt, die allererste wichtige Maßnahme. Das war nämlich die Reduzierung beziehungsweise überhaupt die Streichung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für kleine Einkommen bis 1 900 Euro brutto. Das sind Maßnahmen gewesen, die genau jenen Menschen in diesem Land geholfen haben, die wenig verdienen, die es besonders dringend brau­chen, dass man ihnen hilft. Das sind wirklich treffsichere Sozialmaßnahmen gewesen – und die Menschen spüren es auch schon. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es spüren nicht nur die Menschen in diesem Land, sondern es zeigen auch die Ran­kings. Man sieht es auch jetzt schon. Österreich ist in allen Rankings besser geworden. Österreich ist das Land mit der geringsten Altersarmut innerhalb der EU. Darauf können wir stolz sein. Wir werden uns nicht darauf ausrasten und nicht darauf ausru­hen. Diese Bundesregierung wird auch weitere Maßnahmen setzen, um die Mindest­pension vor allem für Leute mit langer Versicherungszeit zu erhöhen. Das alles ist bis jetzt schon passiert, und das alles spüren die Leute draußen. Deshalb sind sie auch mit dieser Bundesregierung so zufrieden, und darum ist die Stimmung in diesem Land auch so gut und so positiv. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Arbeitslosigkeit ist seit Antritt dieser Bundesregierung gesunken; und wir arbeiten kontinuierlich daran, sie weiter zu senken, meine Damen und Herren! Und genau das ist das, was Sie alles nicht verkraften können. Anstatt dass Sie auch die Leistungen anerkennen – und ich war lang genug in der Opposition, ich weiß also, dass man na­türlich etwas kritisieren und immer mehr fordern kann, als kommt –, machen Sie Fun­damentalopposition. Sie gehen mit Dingen hinaus, die schlicht und einfach falsch sind. Die SPÖ stellt sich permanent hin und erklärt: Es ist alles so viel schlechter geworden, alle werden ärmer, und es wird jetzt auf Kosten der Armen eine Steuerreform gemacht!

Kollege Leichtfried, der irgendwo dort drüben steht, hat heute geschrieben oder gegen­über der APA erzählt: Na ja, die FPÖ möchte eigentlich ja nur deswegen eine Dringli­che Anfrage heute machen, damit sie verschleiern kann (Abg. Leichtfried: Da bin


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ich!), dass jetzt im Gesundheits- und Sozialbereich eingespart werden kann. (Abg. Vogl: Das war jetzt kein deutscher Satz!) – Ich weiß nicht, Herr Kollege Leichtfried, wie Sie überhaupt auf solche Ideen kommen. Ich frage mich langsam wirklich: Meinen Sie das ernst oder fällt Ihnen einfach sonst nichts mehr ein? – Ganz ehrlich: Es gibt keine Verschlechterungen im Sozialbereich – die gibt es nicht! –, und das spüren die Leute, die da draußen davon abhängig sind. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Es gibt keine Ver­schlechterung in der Gesundheitsversorgung – ganz im Gegenteil! (Abg. Leichtfried: Da sind wir unterschiedlicher Auffassung!) – Schreien Sie nicht dazwischen, Sie kom­men dann eh noch dran!

Sie beweinen, dass sich die FPÖ heute hierherstellt, eine Dringliche Anfrage einbringt und Sie so arm sind und Ihre nicht einbringen können. Ist das Ihr Demokratieverständ­nis? – Wenn dem so ist, müssen Sie einen Antrag stellen, dass wir die Geschäftsord­nung ändern, dass nur die SPÖ Dringliche Anfragen machen darf, wenn Sie das unbe­dingt wollen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scherak: Na, he!) Also bei aller Wertschätzung: Es haben auch Regierungsparteien das Recht dazu, Dringliche Anfragen einzubringen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Wenn sich jemand hätte aufregen können, wäre es die ÖVP gewesen, denn die wäre nämlich an der Reihe gewesen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Da habe ich aber nichts gehört, die haben das zur Kenntnis genom­men. So einfach ist das. (Abg. Loacker: Die hat schon 30 Jahre keine Dringliche mehr geschrieben ...!)

Das sind diese Probleme, die Sie haben. Das bedeutet, Sie versuchen sich auf Ne­benschauplätzen, glauben, den Menschen Sand in die Augen streuen zu können, und dann wundern Sie sich, dass Sie mit Ihrer Propaganda hier nicht mehr durchkommen.

Wie Sozialpolitik à la SPÖ beispielsweise in Wien ausschaut, das sehen wir ja. Da gibt es dann einen Sozialstadtrat, der nichts anderes zu sagen hat als: Das setze ich nicht um, es ist mir wurscht! – Wissen Sie, das ist diese Fundamentalopposition, die in Wahrheit niemandem etwas bringt (Zwischenruf des Abg. Höbart) – am wenigsten den Wienerinnen und Wienern. Das wäre einmal die Aufgabe der SPÖ, dass man auch den eigenen Leuten sagt: Das ist ein mit Mehrheit beschlossenes Gesetz, alle Bundes­länder in Österreich müssen es umsetzen! – Und auch Herr Hacker wird es umsetzen müssen, es wird ihm gar nichts anderes übrig bleiben.

Aber Herr Hacker ist halt mehr damit beschäftigt, irgendwelche Schimpfwörter auf Lis­ten für gut oder für schlecht zu befinden. Ich möchte nur eines herausnehmen, das hat mich nämlich wirklich verrückt gemacht. Das Schimpfwort „Schwabo“ darf man laut Hacker sagen. Das ist ein Schimpfwort, das sich eindeutig auf eine Ethnie bezieht, und das ist für Herrn Hacker in Ordnung. (Abg. Höbart: Das ist unfassbar!) Dann müssen drei Pressesprecher nahezu gleichzeitig ausrücken und erklären: Na, er hat begonnen, wegzustreichen, und ist nicht fertig geworden! – Also Herr Hacker hat hier in der Mitte (einen Ausdruck mit dem Foto der besagten Liste in die Höhe haltend) zwei Wörter weggestrichen. Er hat nicht oben, nicht unten, sondern offensichtlich in der Mitte be­gonnen. Das ist ganz, ganz schön schiefgegangen, was Herr Hacker da als Ausrede verwendet hat.

Es zeigt halt auch die Denke des Herrn Hacker, was man erkennt, wenn man sich an­schaut, wie er arbeitet, wie er denkt. Vielleicht hat er sich ja von den Schuldiskussionen in der HTL Ottakring inspirieren lassen, denn – den Eindruck habe ich manchmal – dort wird genau so gesprochen, wie es Herr Hacker erlaubt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind Schimpfwörter, die man leider Gottes auf den Wiener Straßen, in den Wiener U-Bahnen sehr, sehr häufig hört.

Man hört sie vor allem sehr häufig von jener Klientel, die Sie hier in diesem Land so gerne haben, die Sie hereingeholt haben, hereinapplaudiert haben. Das sind die Men-


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schen, die natürlich auch in der Statistik als arm aufschlagen – da gebe ich Ihnen schon recht. Wir sollten nie vergessen, wir haben 35 000 arbeitslos gemeldete Asylbe­rechtigte, die laut AMS praktisch nicht vermittelbar sind, weil sie über keinerlei Ausbil­dung verfügen, manches Mal noch nicht einmal alphabetisiert sind. Das sind die Men­schen, für die Sie sich einsetzen. Das haben wir auch in der vorigen Debatte genau mitbekommen. Das sind die Leute, für die Sie sich einsetzen.

Verehrte Damen und Herren der SPÖ, das ist genau der falsche Weg, den Sie diesbe­züglich gehen, und das ist auch der Grund, warum wir diese Reformen auch gemacht haben. Es kann nur ein gutes Sozialsystem, das gerecht ist und auf jene Menschen, die leistungsbereit, aber einfach in einer Notlage sind oder einfach wenig verdienen, abzielt, funktionieren. So ein Sozialsystem kann auch nur dann langfristig finanziert werden, wenn wir darin keine Schieflage durch Menschen, die es ausnützen wollen, durch Menschen, die wir ins Land holen und die nie etwas eingezahlt haben, wahr­scheinlich auch nie etwas einzahlen werden, haben. Das ist genau die Problematik.

Daher bin ich dieser Bundesregierung auch so dankbar, dass sie wirklich auch ganz, ganz konsequent abschiebt. Das werden wir auch in Zukunft machen müssen, nämlich jene abschieben, und zwar konsequent abschieben, die keinen Aufenthaltstitel in Ös­terreich haben, sodass diese Menschen auch nicht zu Sozialleistungen kommen, denn diese Einwanderung in das Sozialsystem oder auch in den Arbeitsmarkt, die Sie in den letzten Jahren gelebt haben, war das Problem, das wir in Österreich hatten – diese Ar­mut war das.

Schauen wir zurück, was denn bei 500 000 Arbeitslosen die Arbeitsmarktpolitik der SPÖ in den letzten Jahren war: Kurz vor der letzten Nationalratswahl kam der Gag des damaligen Bundeskanzlers Kern, als er gesagt hat: Wir machen jetzt die Aktion 20 000, da werden wir jetzt ein paar sozialistischen Bürgermeistern in Österreich einen zur Ver­fügung stellen, den dann der Bund zahlt. Da gibt es dann also einen neuen Gemein­dearbeiter, und die Bürgermeister freuen sich, weil sie das im Gemeinderat schön ver­kaufen können. – Das war in Wahrheit Ihr Zugang.

Der damalige Sozialminister Stöger hat sich hergestellt und gesagt: Na, wir müssen ein bisschen innovativ sein! Bieten wir halt Kebab auf der Alm an, dann können wir die Ke­babverkäufer gleich auf die Alm bringen, denn dort suchen sie Köche und die Kebab­verkäufer suchen einen Job. – Das waren die Ideen der SPÖ. (Zwischenruf der Abg. Kucharowits.) Aufgegangen sind sie nicht – und das wissen Sie ganz genau –, weil es eben so nicht funktioniert, weil es ganz andere Maßnahmen gebraucht hat. Die wurden jetzt gesetzt, und schön langsam zeitigen sie auch Wirkung. Das ist auch einer der Gründe, warum schön langsam die Arbeitslosigkeit zurückgeht, und zwar Monat für Monat. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie ist immer noch hoch, aber gegenüber Ihrer Amtszeit, Herr Stöger, ist sie um über 30 Prozent gesunken.

Das ist genau das, was in diesem Land interessant ist. Es geht also, man kann mit konsequenter Arbeitsmarktpolitik die Arbeitslosigkeit Monat für Monat senken. Das ist das Erfolgsgeheimnis und das Erfolgsrezept dieser Bundesregierung. Dafür sage ich herzlichen Dank an die beiden Ministerinnen, aber selbstverständlich auch an die ge­samte Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dies zeigt sich auch am Beispiel der Altersarmut. Ich habe es eingangs schon erwähnt: Österreich ist in der EU das Land mit der geringsten Altersarmut, das heißt, wir haben ein sehr, sehr gutes System; wir haben die Ausgleichszulage. In Österreich ist die Al­tersarmut also unter Kontrolle.

Wir haben immer gefordert, dass jemand, der 40 Versicherungsjahre hat, eine Mindest­pension von 1 200 Euro bekommen soll. Herr Stöger, wissen Sie noch, was Sie damals geantwortet haben: Das ist nicht leistbar, das geht in die Millionen! – Es wird kommen,


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es wird in naher Zukunft kommen, Herr Stöger! (Abg. Heinisch-Hosek: Arbeitsjahre! 40 Arbeitsjahre!) Sie haben sich offensichtlich verrechnet oder Sie wollten es schlicht und einfach nicht haben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau das ist die Problematik: Sie haben nicht für die Menschen gearbeitet. (Abg. Hei­nisch-Hosek: Arbeitsjahre ...!) – Ich weiß nicht, Frau Heinisch-Hosek, ich verstehe oh­nehin nicht, was Sie so reinbrüllen, Sie können es sich auch sparen! (Abg. Heinisch-Hosek: Arbeitsjahre!) Die Zuseher daheim kriegen das gar nicht mit, was Sie da rein­schreien. (Ruf bei der FPÖ: Gott sei Dank! Das ist eh peinlich! – Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Lassen Sie es bleiben! Es ist einfach mühsam, wissen Sie, Sie brüllen immer irgendetwas, aber offensichtlich brauchen Sie das. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das ist für Sie wahrscheinlich eine Art Thera­piesitzung, die Sie hier gerade erleben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch einmal, liebe SPÖ: Sie haben an der Bevölkerung vorbeiregiert, es war Ihnen vollkommen egal, was die Menschen in dem Land brauchen. Im Fokus haben Sie im­mer nur gehabt: Ihre Funktionäre, Ihre Funktionäre, Ihre Funktionäre. Das haben Sie übrigens auch jetzt noch. Darum sind Sie auch immer so narrisch, wenn irgendwo eine Reform kommt. (Abg. Heinisch-Hosek: Was heißt da narrisch?) Sie werden beispiels­weise in Bezug auf die Sozialversicherungsreform ganz nervös, weil da ja plötzlich we­niger Funktionäre sein könnten. Um Gottes willen, wie sollen Sie jetzt Ihre Leute bedie­nen?! (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Das ist genau Ihr Problem, dass Sie eine völlig falsche Themenschwerpunktsetzung gemacht haben. Sie sind schon lange nicht mehr die Partei des kleinen Mannes, die Partei der Arbeiter! Sie haben sich von der Partei der Arbeiter zur Partei der Asylwer­ber und der Asylbetrüger entwickelt! Das sind die Leute, die Sie jetzt vertreten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Einzige, wofür Sie sich einsetzen und womit Sie zu punkten versuchen, ist, dass Menschen, die kein Recht dazu haben, im Land bleiben können, dass man vielleicht über irgendeine Lehre das Asylrecht hintergehen kann. Dafür setzen Sie sich ein. Da­ran werden Sie scheitern, weil die Menschen das gar nicht wollen und weil es auch nicht die Schwerpunkte sind, die wir in unserem Land brauchen.

Sie jammern und beklagen immer, dass das alles zu wenig ist. – Na ja, da mögen Sie recht haben, man kann immer mehr geben. Jeder würde gerne sagen, wir schöpfen aus dem Vollen, wir verdoppeln jetzt die Pensionen. (Abg. Krist: Um was geht es jetzt eigentlich bei der Dringlichen?) Das Problem ist ja nur, dass wir dann genau die Schul­denpolitik haben, die Sie gemacht haben. Damit bin ich wieder bei dem, was Sie in der letzten Periode ganz kurz vor der Wahl beschlossen haben. Ich erinnere an die Ak­tion 20 000 oder an den Arbeitnehmerbonus. Das sind ja vielleicht nette Maßnahmen gewesen, die marketingtechnisch gut gewirkt haben – oder auch nicht, denn sonst wür­den Sie nicht auf der Oppositionsbank sitzen –, aber Sie haben sie nicht finanziert. Sie haben sie einfach beschlossen, und bezahlen soll es irgendjemand: Na, das ist egal, überziehen wir das Budget! – Und genau das ist der Fehler gewesen.

Es braucht ein ausgeglichenes Budget, denn Sie bürden der nächsten Generation ei­nen Rucksack nach dem anderen auf. Auch damit ist jetzt endlich Schluss – und das schätzen die Menschen in dem Land. Schluss mit dieser Schuldenpolitik, wir brauchen eine solide finanzielle Basis in unserem Land! Das ist notwendig. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist für ein gut funktionierendes Sozialsystem notwendig, das ist aber auch für eine gut funktionierende Wirtschaft und die Arbeitsmarktpolitik in diesem Land notwendig, denn wenn man alles nur auf Schulden aufbaut, dann wird irgendwann der Kollaps


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kommen, es wird alles in sich zusammenbrechen. Das ist genau der falsche Weg, den Sie gewählt haben. (Abg. Jarolim: Das ist ja ein kompletter Holler, was Sie da sa­gen!) – Na ja, wenn Sie sich nicht auskennen, verstehe ich das schon. Ich glaube schon, dass Sie das jetzt nicht verstanden haben, was ich zu erklären versucht habe. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nach dem, was Sie in den letzten Jahren hier geboten haben und auch in Ihren Reden meistens bieten, überrascht das ja auch nicht wirklich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Diese Bundesregierung hat es jedenfalls geschafft, eine Trendwende einzuleiten und eine ordentliche Budgetpolitik zu machen, um die Basis für eine gute und gesicherte Sozialpolitik in unserem Lande zu gewährleisten, um die Familien zu entlasten (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), um Kinderarmut in Österreich zu ver­ringern und zu vermeiden, um Altersarmut zu verringern, um Innovationen am Arbeits­markt wieder möglich zu machen, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren – ich habe es schon gesagt, dass diese seit Antritt dieser Bundesregierung massiv reduziert wurde –, um die Pensionen ordentlich zu erhöhen und – neben all den Maßnahmen, die bereits passiert sind – um die Lohnnebenkosten auch langfristig weiter senken zu können. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Das ist ja nicht das Ende der Fahnenstange, aber durch den Scherbenhaufen, den Sie da hinterlassen haben, geht es halt nur Schritt für Schritt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, genau das ist es, wofür die Bundesregierung steht: ein ge­rechtes Sozialsystem, in dem kein Bürger in unserem Land vergessen oder nicht mit­genommen wird, aber kein Sozialbetrug (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP – Widerspruch bei der SPÖ), keine Zuwanderung in das Sozialsystem, kein Aus­schütten mit der Gießkanne, sondern ein System, in dem sich Leistung lohnt, in dem Menschen wieder gerne arbeiten gehen, weil sie gerechte Löhne bekommen können, und in dem sie sich wieder wohlfühlen. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Dieser Wechsel der Bundesre­gierung ist der richtige Weg – und die Menschen im Land spüren es. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Har­tinger-Klein. Auch ihre Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.


15.46.33

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein: Sehr geehrter Herr Präsident! (Abg. Jarolim: Ich hoffe, Sie korrigieren diesen Blödsinn!) Hohes Haus! Diese Bundesregierung bekennt sich dazu, dort Hilfe zu leisten, wo Hilfe wirklich nötig ist (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP – Ruf bei der SPÖ: ... in „Willkommen Österreich“!) – bei Menschen, die jahrelang gearbeitet haben und plötzlich vor dem Aus stehen, bei Menschen, denen eine Krankheit übel mitgespielt hat und die nun hart um ihre Zukunft kämpfen, bei Men­schen, die wirtschaftlich hingefallen sind. Wir beenden mit unseren Maßnahmen die soziale Kälte der SPÖ, weil wir die richtigen Impulse setzen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Wurm: Das ist hoch an der Zeit! – Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Wir setzen die richtigen Impulse, was Beschäftigungsanreize, die Steuersenkung bei den unteren Einkommensklassen und den Familienbonus Plus betrifft, und wir machen keine neuen Schulden, um nämlich der nächsten Generation die Armut zu ersparen.


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Eine vorausschauende Sozialpolitik muss mit der Bekämpfung von Armut und Benach­teiligung schon in der Kindheit beginnen (Abg. Jarolim: Kinder sind Ihnen völlig egal!), um sicherzustellen, dass sich die Probleme nicht über den gesamten Lebensverlauf anhäufen und schließlich im Alter in der Armut münden. (Abg. Heinisch-Hosek: Da haben Sie nichts zu tun damit! – Abg. Vogl: Genau!) Es bedarf möglichst früher Unter­stützungen, wie wir sie zum Beispiel mit unserem Programm Frühe Hilfen, dem Schul­startpaket und der Ausbildung bis 18 haben. Da packen wir das Problem an den Wur­zeln (Ruf bei der SPÖ: Sie schieben ab!), denn mangelhafte oder gänzlich fehlende be­rufliche Bildung ist eine Hauptursache von Armut.

Eines ist sicher: Die effektivste Verhinderung von Armut ist, den Menschen die Mög­lichkeit zu geben, ihr eigenes Geld zu verdienen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die Beschäftigung in Österreich befindet sich auf einem Rekordstand und deren Zahl wächst weiter, die Arbeitslosigkeit geht seit Regierungsantritt von Monat zu Monat zu­rück. Auch die erst kürzlich veröffentlichte Kaufkraftstudie der GfK Austria stellt Öster­reich ein positives Zeugnis aus. In einem direkten Vergleich mit Deutschland weist sie für Österreich im Jahr 2019 ein höheres verfügbares Nettoeinkommen pro Kopf aus. Das bedeutet, dass Österreicherinnen und Österreichern mehr Geld als deren deut­schen Nachbarn zur Verfügung steht.

Arbeit muss sich aber auch wieder lohnen, und genau deshalb haben wir zum Beispiel im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz den Wiedereinsteigerfreibetrag erhöht. (Abg. Jarolim: Wer schafft die Arbeit?) Ich stehe auch weiterhin dazu, dass sich das Einkommen von Arbeitnehmerhaushalten künftig wieder deutlich von Einkünften, die Haushalte mit So­zialhilfebezug erreichen können, unterscheiden soll. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Derzeit leben in Österreich knapp 200 000 Pensionistinnen und Pensionisten unter der Armutsgefährdungsschwelle. Es darf nicht sein, dass Menschen, die oftmals jahrzehn­telang in unser Sozialsystem eingezahlt haben, dann im Ruhestand unter der Armuts­grenze leben müssen.

Wir werden daher die soziale Absicherung im Alter durch eine Mindestpension sicher­stellen. (Abg. Jarolim: Die haben Sie gerade zertrümmert!) Wer ein Leben lang gear­beitet und Beiträge geleistet hat, muss durch das staatliche Pensionssystem im Ruhe­stand soziale Sicherheit haben.

Dieser Bundesregierung kann keine soziale Kälte vorgeworfen werden – ganz im Ge­genteil, das ist alles andere als soziale Kälte. Sie hat bereits jetzt zahlreiche Maßnah­men zur Bekämpfung von Armut umgesetzt beziehungsweise auf den Weg gebracht. So profitieren zum Beispiel Arbeitnehmer mit geringem Einkommen bereits seit Mit­te 2018 von der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge (Abg. Scherak: Der Finanzminister ...!), zweitens wurde der Familienbonus Plus eingeführt, drittens erfolgte eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für Menschen mit geringem Einkom­men – was Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, noch nie ange­gangen sind! (Abg. Jarolim: ... die Menschen, die Sie verhöhnen!) Viele Maßnahmen, die vorher nicht angegangen wurden, setzen wir jetzt um, um Armut wirklich zu vermei­den und zu verhindern.

Meine Damen und Herren, mir ist es wirklich ein persönliches Anliegen, mich für die Senkung der Armut und für die Menschen in Österreich einzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Ich möchte jetzt die Fragen beantworten, die Sie mir gestellt haben.

Zu den Fragen 1 und 2:

Aktuell liegt die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdungsquote bei 17,5 Prozent. Im Vor­jahr betrug der Wert noch 18,1 Prozent. Auch im langfristigen Vergleich geht die Armut


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zurück. Die Quote der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung lag im Jahr 2008 noch bei 20,6 Prozent und somit deutlich über dem aktuellen Wert. Dies entspricht 187 000 armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Personen weniger als 2008.

Im Rahmen der Wirkungsorientierung hat es sich diese Bundesregierung zum Ziel ge­setzt, bis 2022 jedes Jahr im Durchschnitt weitere 23 500 Menschen aus der Armuts­gefährdung zu führen. Das sind bis 2022 etwa 100 000 Menschen.

Zu den Fragen 3 und 4:

Im EU-Vergleich liegt Österreich bei der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung im besten Drittel und deutlich unter dem EU-28-Durchschnitt. Die Armutsgefährdung in Österreich liegt für 2018 bei 17,5 Prozent, der aktuellste Wert für den EU-Durchschnitt beträgt 22,4 Prozent. Diese im internationalen Vergleich gute Position ist der Tatsache geschuldet, dass wir einen sehr gut ausgebauten Wohlfahrtsstaat haben, der interna­tional größte Anerkennung und Wertschätzung genießt. (Abg. Jarolim: Haben – in der Vergangenheit muss man das sagen!)

Viele unserer Programme und Maßnahmen werden sehr oft als internationale Good-Practice-Beispiele herangezogen und dienen als Vorbild für nachhaltige sozialpoliti­sche Reformen in anderen Ländern.

Zu den Fragen 5 bis 8:

Eine starke Mittelschicht sorgt nicht nur für mehr Produktivität, sondern zeichnet auch dafür verantwortlich, dass die Sozialschutzsysteme nachhaltig abgesichert sind und Ar­mut vermieden wird.

Ein kürzlich erschienener Bericht der OECD bestätigt uns, dass Österreich eine sehr starke Mittelschicht hat. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist mit 67 Prozent deut­lich größer als im OECD-Durchschnitt, wo er nur bei 61 Prozent liegt. Sie ist ein ganz wichtiger Beitrag gegen Armutsgefährdung.

Laut aktuellsten international anerkannten Zahlen ist die soziale Ungleichheit in Öster­reich im internationalen Vergleich sehr niedrig, denn bei einem der wichtigsten Indika­toren für die Einkommensungleichheit, dem sogenannten Gini-Koeffizienten, liegt Ös­terreich mit einem Wert von 0,28 unter den Topnationen im OECD-Raum und damit unter dem OECD-Durchschnitt. Das beweist also, dass die soziale Ungleichheit in un­serem Land niedriger ist und von sozialer Kälte keine Rede sein kann.

Im internationalen Vergleich sieht man ganz deutlich, wie wichtig uns der Sozialstaat ist. Gemäß EU-Statistiken stellt Österreich knapp 30 Prozent des Bruttoinlandspro­dukts für Sozialausgaben bereit und zählt damit zum obersten Drittel der EU-Mitglied­staaten. Auch im internationalen, globalen Bereich liegt Österreich da im Spitzenfeld. Einer kürzlich veröffentlichten OECD-Studie zufolge rangiert Österreich bei den Sozial­ausgaben unter den Top 6 aller OECD-Mitgliedstaaten.

Aufgrund des anhaltenden Wirtschaftswachstums sinkt die Arbeitslosigkeit in Öster­reich weiterhin kontinuierlich und liegt bei etwa 296 000 vorgemerkten Personen. Zu­sätzlich nehmen fast 65 000 Personen an Schulungen teil.

Ende April 2019 war die Gesamtarbeitslosigkeit in Österreich mit minus 4,1 Prozent weiterhin rückläufig. Unsere gute Arbeitsmarktlage ist auch im internationalen Ver­gleich deutlich erkennbar, denn mit einer Arbeitslosenrate von nur 4,8 Prozent – laut Eurostat – liegt Österreich deutlich unter dem Durchschnitt des Euroraumes, der der­zeit bei 7,7 Prozent liegt.

Zu den Fragen 9 bis 11:

Zu den Gruppen, die in Österreich besonders von Armut und sozialer Ausgrenzung be­troffen sind, zählen beispielsweise kinderreiche Familien, Haushalte mit geringer Er-


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werbstätigkeit, alleinstehende Frauen, Haushalte mit Alleinerziehenden oder Menschen mit geringer Qualifikation.

Alleinerziehende sind besonders von Armut betroffen, weil sie oft nicht oder nur ein­geschränkt am Arbeitsmarkt teilnehmen können. Deshalb hat die Bundesregierung in der Sozialhilfe Neu einen Zuschlag für Alleinerziehende vorgesehen.

In Summe werden Bund und Länder rund 180 Millionen Euro pro Jahr für den gesam­ten Bereich der Kinderbetreuung bereitstellen. Auch der Ausbau der ganztägigen Schul- und Betreuungsformen wird vorangetrieben.

Frauen sind in Österreich etwas stärker von Armut betroffen als Männer. Der Unter­schied ist im Alter besonders ausgeprägt. Frauen erhalten im Durchschnitt eine deut­lich geringere Pension als Männer, denn viele von ihnen können aufgrund längerer Er­werbsunterbrechungen oder Teilzeitarbeit wegen Kinderbetreuungsverpflichtungen nur geringere Pensionsansprüche erwerben.

Auf die zahlreichen spezifischen Förderungsmaßnahmen für Frauen des AMS gehe ich bei Frage 14 näher ein.

Die Sicherung einer nachhaltigen Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Er­werbsleben ist der effektivste Weg zur Vermeidung von Armut. Hierfür werden Men­schen mit Behinderung vom Sozialministeriumservice breitgefächerte Förderungsins­trumente wie zum Beispiel Jugendcoaching und Arbeitsassistenz sowie direkte Lohn­förderungen angeboten. Auch integrative Betriebe leisten einen maßgeblichen Beitrag.

Unter der vorhergehenden Regierung wurden die Pensionen mehrfach unter der Infla­tionsrate angepasst. Das war für alle Pensionsbezieherinnen und -bezieher ein mehr oder weniger starker Kaufkraftverlust. Die Bundesregierung hat für 2019 niedrige und mittlere Pensionen deutlich über der Inflationsrate erhöht sowie entsprechende Aus­gleichszulagenrichtsätze festgelegt. Damit ergibt sich für den Großteil aller Pensions­bezieherinnen und -bezieher ein deutlicher Kaufkraftzuwachs. Die Bundesregierung wird das System der Ausgleichszulagen weiter ausbauen.

Armutsgefährdete Jugendliche sind eine besonders wichtige Zielgruppe für unsere Ar­beitsmarktpolitik. Wir wollen daher junge Menschen gezielt bei den Schul- und Berufs­ausbildungen sowie beim Nachholen von Bildungsabschlüssen und ergänzenden Qua­lifizierungen unterstützen. Mit unserer Ausbildungspflicht bis 18 ist sichergestellt, dass alle Jugendlichen in Österreich eine Ausbildung über den Pflichtschulabschluss hinaus bekommen. Im Rahmen dieses Programms werden neben den berufsbildenden Quali­fizierungsangeboten etwa in der sogenannten überbetrieblichen Lehrausbildung oder in Produktionsschulen auch sozialarbeiterische Begleitmaßnahmen wie zum Beispiel Ju­gendcoaching angeboten. Einen weiteren wichtigen Baustein unserer Unterstützung für junge Menschen stellt die Ausbildungsgarantie bis 25 dar.

Auch kinderreiche Familien sind überdurchschnittlich armutsgefährdet. (Abg. Leicht­fried: Deshalb ist die Mindestsicherung für kinderreiche Familien gekürzt worden! Sehr schön! Danke!) Zusätzlich zu den Unterstützungsleistungen im Rahmen der Sozialhilfe Neu sorgt mein Ressort für Hilfe von Anfang an. Das Programm Frühe Hilfen ist ein Angebot für Schwangere und Familien in belastenden Lebenssituationen, um Kindern eine gleichwertige Chance auf ein gutes Leben zu ermöglichen.

Auch der Schulstart stellt viele Haushalte vor hohe finanzielle Belastungen. Die Aktion Schulstartpaket unterstützt Kinder in einkommens- und vermögensschwachen Haus­halten beim Schulstart mit gratis Schulartikeln.

Seit 1.1.2019 wird außerdem die Lohnsteuer durch den Familienbonus Plus reduziert. Mit dem Familienbonus Plus wurde ein Meilenstein auf den Weg gebracht, von dem 950 000 Familien mit 1,6 Millionen Kindern profitieren.


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Zu den Fragen 12 und 13:

Die Armutsgefährdungsquote von Ausländern liegt deutlich über jener der Inländer. Während nur jeder neunte Inländer von Armutsgefährdung betroffen ist, betrifft Armuts­gefährdung bei den Ausländern beinahe jeden Dritten. Die österreichische Bundesre­gierung hat es sich in ihrem Regierungsprogramm zum Ziel gesetzt, die Zuwanderung in den Sozialstaat zu stoppen. Die Sozialhilfe Neu muss daher fair und gerecht sein. Menschen, die arbeiten und jahrelang den ihnen möglichen Beitrag für Österreich ge­leistet haben, sollen finanziell bessergestellt werden als Neuzugewanderte.

Mit dem neuen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz wird dieses Vorhaben nunmehr umgesetzt. Neuzugewanderte erhalten nur mehr dann die volle Sozialhilfe, wenn sie entsprechen­de Deutschkenntnisse vorweisen können.

Zu den Fragen 14 und 15:

Mein Ressort hat gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice zahlreiche maßgeschnei­derte Maßnahmen für Personen mit fehlenden, geringen oder veralteten Qualifikatio­nen entwickelt, denn dieses Phänomen kann ganz unterschiedliche Zielgruppen betref­fen: Jugendliche, Frauen oder ältere Menschen. Ganz besonders trifft dies natürlich auf langzeitarbeitslose Menschen zu.

Zur systematischen und nachhaltigen Bekämpfung wurde das Ausbildungspflichtgesetz eingeführt. Zur Unterstützung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 wurden vom Arbeitsmarktservice im Jahr 2018 mehr als 453 Millionen Euro aufgewen­det. Die wichtigste Aufgabe dabei ist die Vermittlung von Jugendlichen auf betriebliche Lehrstellen. Zusätzlich gibt es das Angebot der Lehrausbildung in sogenannten über­betrieblichen Einrichtungen; so wird beispielsweise die Facharbeiterinnen- und Fachar­beiter-Intensivausbildung ermöglicht. (Abg. Jarolim: Da ist doch nichts dabei, was Sie verursacht haben! Das sind die alten ...! Damit können Sie sich ja nicht schmücken! Abg. Neubauer: Ja, das tut weh!)

Die sogenannte arbeitsplatznahe Qualifizierung fördert wiederum die betriebliche Aus­bildung und führt zu einem staatlich anerkannten oder durch externe Einrichtungen zer­tifizierten Abschluss. Bei sämtlichen unserer Programme und Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik werden spezifische Förderungsmaßnahmen für Frauen angeboten. Für Wiedereinsteigerinnen bieten wir Laufbahnberatung und zusätzliche Qualifizie­rungsmaßnahmen an, um eine rasche Arbeitsaufnahme zu erleichtern. (Abg. Leicht­fried: Erzählen Sie jetzt, was die letzten fünf Jahre passiert ist? Nicht sehr ambitio­niert!)

Mit Programmen wie etwa dem Modell Frauen in Handwerk und Technik unterstützen wir außerdem Frauen bei der Aufnahme einer Ausbildung in Berufen mit geringem Frauenanteil und helfen Frauen und Mädchen dabei, in Berufen und Wirtschaftsberei­chen mit guten Einkommens- und Arbeitsbedingungen Fuß zu fassen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verfügen über viel Berufs- und Lebenser­fahrung. Durch ihre Erwerbseinbindung profitieren nicht nur die Beschäftigten selbst, sondern auch die Gesellschaft insgesamt.

Ältere Arbeitskräfte über 50 Jahre sind überproportional von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. (Abg. Leichtfried: Darum ist die Aktion 20 000 abgeschafft worden! Gratu­liere dazu! Jetzt sind noch mehr arbeitslos!) Deshalb gibt es im Rahmen der Be­schäftigungsinitiative 50 plus Maßnahmen wie beispielsweise Eingliederungsbeihilfen, Transitarbeitsplätze in sogenannten sozialökonomischen Betrieben sowie ein Kombi­lohnmodell.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Angeboten der Arbeitsmarktpolitik.


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Zur Frage 16:

Lassen Sie mich hier drei wichtige Aspekte des neuen Modells der Sozialhilfe anspre­chen!

Erstens: Wie bereits erwähnt, wollen wir mit der Sozialhilfe Neu dazu beitragen, dass Menschen, die arbeiten oder jahrelang gearbeitet haben, finanziell besser dastehen. Es gilt das Gebot der Fairness.

Zweitens: Darüber hinaus sieht die neue Sozialhilfe ganz bewusst eine stärkere Akti­vierung von arbeitsfähigen Bezieherinnen und Beziehern vor. Die uneingeschränkte und volle Unterstützung durch die Sozialhilfe soll daher nur jenen gebühren, die auch be­reit sind, sich in die österreichische Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Drittens: Nicht zuletzt möchte ich erwähnen, dass wir den Vermögenszugriff in der So­zialhilfe gezielt eingeschränkt haben. (Abg. Jarolim: Das ist die Erfolgsbilanz der alten Regierung, was Sie da lesen! Das ist unglaublich! – Präsident Sobotka gibt das Glo­ckenzeichen.)

Zur Frage 17:

Hohe Wohnkosten können von den Ländern nach dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz über eine sogenannte Wohnkostenpauschale berücksichtigt werden. Durch die Anwen­dung dieser Pauschale kann das gesamte Leistungsausmaß auf 130 Prozent der Be­messungsgrundlage angehoben werden. (Abg. Leichtfried: Das sind 99 Prozent Din­ge der alten Regierung! Ich korrigiere, 99,5 Prozent!) Voraussetzung ist, dass die ge­samten Wohnkosten als Sachleistung abgegolten werden.

Darüber hinaus können notwendige Zusatzleistungen für den Wohnbedarf auch unter Heranziehung der Härtefallklausel abgedeckt werden.

Zu den Fragen 18 und 19:

Zunächst möchte ich klarstellen, dass Sozialhilfebezieherinnen und -beziehern durch die Meldung zur Arbeitssuche beim AMS alle Weiterbildungsangebote und Förde­rungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice, die primär auf die Beschäftigungsinte­gration von Arbeitssuchenden abzielen, offenstehen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Jarolim und Vogl.)

Wir sind der Meinung, dass Arbeit der beste Schutz vor Armut ist. Aus diesem Grund setzen wir mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz auf die Maßnahmen, die die Aufnahme einer Erwerbsarbeit stärker unterstützen.

Als Beispiele kann ich hier anführen: erstens den Wiedereinsteigerfreibetrag, zweitens den Abbau von Vermittlungshindernissen. Klares Ziel ist es also, Sozialhilfebezieherin­nen und -bezieher letztendlich von der Leistung der Sozialhilfe unabhängig zu machen (Abg. Leichtfried: Nicht einmal die Frau Belakowitsch, die Fragende, hört Ihnen zu!), Hilfe zur Selbsthilfe.

Zur Frage 20:

Entlastung Österreich steht für eine neue und nachhaltige Umverteilung vom Staat zu den Betrieben und Unternehmen. Das bedeutet in aller Kürze mehr für alle, denn von diesem neuen Entlastungsprogramm werden alle profitieren, sogar die, die keine Steu­ern zahlen.

Geringverdiener und Steuerzahler profitieren nicht zuletzt durch die Senkung der SV-Beiträge sowie durch die Tarifsenkung.

Zur Frage 21:

Uns ist es ein besonderes Anliegen, vor allem Geringverdiener und BezieherInnen von mittleren Einkommen zu entlasten. Da für sie die Sozialversicherungsbeiträge einen


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höheren Teil der Abgaben auf Arbeit ausmachen als die Lohnsteuer, ist eine weitere Senkung der Sozialversicherungsbeiträge am zielführendsten.

Zur Frage 22:

Um gezielt im unteren Einkommensbereich Arbeitsanreize zu setzen, soll künftig bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze ein Abzugsbetrag die Krankenversicherungsbeiträge reduzieren.

Der Abzugsbetrag erhöht sich bis 1 350 Euro Bruttomonatsbezug auf 350 Euro und sinkt dann bis zu einem Bruttomonatsbezug von 2 201 Euro auf 0 Euro.

Pensionistinnen und Pensionisten werden ebenfalls durch einen Abzugsbetrag bei den Krankenversicherungsbeiträgen um rund 300 Millionen Euro entlastet. Dies ist die so­ziale Wärme dieser Regierung. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Abg. Jarolim: Sehr, sehr tragisch alles! – Abg. Zanger: Der Zustand der SPÖ ist tragisch! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

16.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.


16.04.21

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Ministerinnen! Hohes Haus! Werte Kollegen! Werte Zuseher! Ja, es ist eine bittere Zeit für die Opposition (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), speziell für die Sozialdemokratie. (Abg. Jarolim: Das hat es jetzt noch gebraucht! Ein würdiger Abschluss!) Wir diese Regierung  sind die soziale Wärme. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und die Leute spüren es: Wir strahlen Empathie aus (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS), wir machen Sozialpolitik. (Abg. Loacker: Weitermachen! Die Num­mer gefällt mir! Demonstrativer Beifall des Abg. Loacker. Abg. Leichtfried: Zuga­be!) – Ich sehe schon, ich habe bei der Sozialdemokratie den Nerv getroffen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Leichtfried: Als Nächstes behauptet ihr, ihr seid christlich-sozial!)

Diese Rückmeldungen bekomme ich – vermutlich auch meine Kollegen –, wenn wir un­terwegs sind. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Die Leute sind mit der Regierungsarbeit extrem zufrieden, speziell Pensionisten, Arbeiter, Angestellte, also alle, von denen Sie immer sprechen. (Abg. Leichtfried: Ja, das hat man bei der Arbeiterkammerwahl ge­sehen! Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Diese Menschen draußen spüren be­reits jetzt – und wir sind ja noch nicht allzu lange in der Regierung –, dass sich die Din­ge für sie zum Positiven bewegt haben. Die Leute spüren das. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und natürlich kann man das auch so formulieren – und ich würde es so formulieren –: Wir, auch als FPÖ, erfüllen diese Funktion der sozialen Wärme in dieser Regierung – etwas, was Sie als SPÖ, über Jahre und Jahrzehnte in Regierungstätigkeit, vergessen haben. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen, sehr geehrte Kollegen von der SPÖ. Wir erfüllen diese Funktion. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sowohl Frau Kollegin Belakowitsch als auch Frau Ministerin Hartinger-Klein haben ja bereits ausführlich aufgezählt, was wir alles in Umsetzung gebracht haben, was wir auch noch alles vorhaben.

Vielleicht noch einmal ganz allgemein: Die Grundbotschaft ist: Was wir wollen, ist, dass sich Arbeit wieder lohnt, dass mehr Netto für die Menschen überbleibt und – das ist mir persönlich extrem wichtig, es war in Österreich früher leichter der Fall – dass auch wie­der ein sozialer Aufstieg möglich ist, dass also auch Menschen, die nicht (Abg. Neu-


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bauer: Die SPÖ sind!), ich sage einmal, in einem Elternhaus aufwachsen, wo Milch und Honig fließen, durch Leistung in der Schule, im Beruf sozial nach oben kommen und zu Wohlstand kommen. All diese Maßnahmen haben wir jetzt teilweise bereits in Gang gesetzt und werden wir noch in Gang setzen.

Ein letzter Hinweis, dann will ich es Richtung Sozialdemokratie belassen, weil der Fach­kräftemangel heute auch Thema war: Wenn Sie derzeit mit Facharbeitern reden, dann hören Sie, dass sie eigentlich alle recht glücklich über den Fachkräftemangel sind. Sie müssen keine Angst um ihren Job haben, verdienen ein Supergeld, bekommen alles bezahlt, und sie haben jetzt auch die Wertschätzung der Wirtschaft, die sie über viele Jahre nicht hatten. (Abg. Vogl in Richtung ÖVP deutend : Schau einmal da rüber! Abg. Muchitsch in Richtung ÖVP deutend : Da rüber musst du schauen!)

Jeder Facharbeiter draußen spürt das, und das sage ich als letzte Botschaft an die So­zialdemokratie: Das haben auch wir mit in Gang gesetzt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Vielleicht die für meine Begriffe wichtigsten beiden Punkte:

Einerseits, wir hatten das Thema heute schon, der Kinderbonus von 1 500 Euro pro Kind: Wenn Sie mit normalen Familien sprechen, dann werden Sie wissen, was 1 500 Euro netto für Familien bedeuten. Das ist eine Menge Geld, und die Leute spüren das jetzt bereits, weil sie es auch monatlich am Gehaltszettel sehen. Diese Maßnahmen können Sie auch nicht wegdiskutieren. Da kann man noch so oft versuchen, die Regierung schlecht hinzustellen: Diese Leistung ist bereits bei den Menschen angekommen, das wird uns auch gedankt, und das finde ich auch sehr, sehr gut. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Die zweite Geschichte, um ein bisschen vorzugreifen – das wird bereits in wenigen Mo­naten, sprich zum Jahresbeginn 2020, in Kraft treten und wird sehr, sehr viele Men­schen, die jetzt schon in Pension sind oder bald in Pension gehen, betreffen –: Wir werden die angekündigte Pensionserhöhung auf 1 200 Euro netto, diesen Pensionsbo­nus 2020, einführen (Abg. Muchitsch: 40 Jahre! – Abg. Heinisch-Hosek: 40 Arbeits­jahre!), und das, glauben Sie mir, bringt auch vielen, vielen Pensionisten etwas.

Frau Kollegin Belakowitsch hat es vorhin auch erwähnt: Das war unter Hundstorfer, un­ter Stöger nie möglich. Es hat immer geheißen, für die Mindestpensionisten kann man nichts tun. (Abg. Neubauer: 8 Milliarden, hat er gesagt!) – 8 Milliarden Euro waren das damals. Wir setzen das um. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Jene Menschen in Österreich, die 40 Jahre gearbeitet haben beziehungsweise Ersatz­zeiten durch Kindererziehung oder Bundesheer/Zivildienst haben, die diese 40-Jahre-Grenze erreichen, werden mindestens eine Pension von 1 200 Euro bekommen. Auch das ist bitte eine Maßnahme, bei der man die soziale Wärme dieser Regierung ein­deutig spürt.

Meine Redezeit ist nahezu am Ende, die kleinen Geschichten wie Arbeitslosenversi­cherungsbeiträge, die gesenkt wurden, und ähnliche Dinge mehr will ich gar nicht noch einmal ausführen.

Vielleicht noch eine Geschichte zum Abschluss: Ich verstehe schon – wir waren auch in Opposition –, dass man natürlich versucht, die Regierung anzugreifen. Die Frau Bundesvorsitzende wird das jetzt als Rednerin nach mir vermutlich wieder versuchen und alles schlecht darstellen und teilweise auch Halbwahrheiten oder auch irgendwel­che Schauermärchen, die die Regierung vielleicht zukünftig vorhat auszuführen, er­zählen. Ich sehe sie schon lächeln, das kommt sicher.

Uns geht es um die Österreicherinnen und Österreicher, das ist die Gruppe von Men­schen, die uns wichtig ist; nicht so den anderen, denen ist die Zuwanderungsgeschich-


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te wichtig. Bitte fragen Sie die Leute draußen, ob sie die Maßnahmen dieser Regierung positiv spüren! – Das tun die Leute.

Bitte, Frau Kollegin Rendi-Wagner, bleiben Sie bei den Tatsachen, erzählen Sie keine Schauermärchen und nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass es in Österreich auf­wärts geht! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf eine Gästegruppe des Abgeordneten Hörl aus Tirol recht herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte.


16.11.42

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beste Grüße der Gruppe aus Tirol! Ich darf aber auch einen Bürgermeister aus meinem Heimatbezirk, den Bürgermeister aus Su­ben, Ernst Seitz, und seine charmante Gattin und Begleitung begrüßen. Herzlich will­kommen im Hohen Haus! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Titel der heutigen Dringlichen Anfrage lautet „Armutsbekämpfung und Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit“. Ja, meine Damen und Herren, es ist notwendig, einmal aufzuzeigen, was diese Regierung in den knapp eineinhalb Jahren gerade auch für die Armutsbekämpfung geleistet hat. Es ist uns ein gemeinsames Anliegen, auch in dieser Bundesregierung, dass wir die Armut weiterhin reduzieren.

Sieht man sich die Daten betreffend die Armutsgefährdung an (eine Tafel, auf der unter der Überschrift „Armutsgefährdung“ eine blaue Säule mit der Aufschrift „20,6 %“ und ei­ne niedrigere rote Säule mit der Aufschrift „17,5 %“ zu sehen sind, in die Höhe hal­tend), so waren wir nicht nur in den letzten Monaten, sondern eigentlich in den letzten Jahren schon durchaus erfolgreich. Von 2008 bis 2018 ist letzten Endes die Armutsge­fährdung von 20,6 auf 17,5 Prozent gesunken, das sind um 187 000 Personen weni­ger, und das bei steigender Bevölkerungszahl in Österreich. Das heißt, wir sind da schon seit Jahren auf dem richtigen Weg, aber das, was diese Bundesregierung in den letzten Monaten geleistet hat, wird diese Armut weiter senken. Das ist unsere Aufgabe und das wollen wir auch, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wer ist denn von Armut besonders betroffen? – Es sind Langzeitarbeitslose, es sind Personen mit nicht europäischer Staatsbürgerschaft, es sind Alleinerziehende, es sind Singlehaushalte, kinderreiche Familien oder Personen, die maximal einen Pflichtschul­abschluss haben.

Was hat diese Regierung in den letzten Monaten umgesetzt, um diese Armut auch wei­terhin zu reduzieren? – Wir bleiben hier einem Grundsatz treu: Wir helfen den Men­schen, die in einer Notsituation sind und sich selber nicht helfen können. Das haben wir mehrmals bewiesen – ich komme dann noch zu den Beispielen. Wir erwarten aber von jenen, die arbeiten können und die gesund sind, dass sie auch einer Arbeit nach­gehen, meine Damen und Herren, weil: Sozial ist, was Arbeit schafft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Ein regelmäßiges Erwerbseinkommen ist das beste Instrument gegen Ar­mut, denn wenn man regelmäßig Einkommen bezieht, dann ist man weniger armutsge­fährdet als jene Menschen, die das nicht haben. Daher gilt es, alles zu tun, um letzten Endes auch zu unterstützen, dass die Menschen, die derzeit keinen Job haben, so schnell wie möglich einen Arbeitsplatz bekommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

An dem Tag, an dem der Ministerrat dieser neuen Bundesregierung das erste Mal zu­sammengetreten ist, haben wir als erste Maßnahme beschlossen, die Bezieher kleiner Einkommen, jene, die arbeiten gehen, aber weniger verdienen – ob das der Tischler ist, ob das die Kellnerin ist, ob das die Verkäuferin oder ob das eine Reinigungskraft


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ist –, als Erste zu entlasten, mit rund 300 Euro zusätzlich pro Jahr für diese Menschen. Warum? – Weil es uns wichtig ist, dass das Prinzip: Leistung muss sich lohnen!, auch gelten muss. Diese Menschen arbeiten genauso 40 Stunden in der Woche, haben aber nicht immer die angenehmsten Jobs, und gerade für diese Menschen sind 300 Euro sehr viel Geld. Das war die erste Maßnahme, die wir hier gemeinsam verabschiedet haben – eine sehr soziale Maßnahme. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Nächste war der Familienbonus Plus: Die Familienpolitik dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren, kann sich sehen lassen, vor allem spüren es die Menschen draußen in den Ortschaften. Bürgermeister Seitz hat gut 1 000 Einwohner in Suben, und es gibt keinen Haushalt in Suben, in dem nicht Familien mit Kindern leben, die jetzt von diesem Familienbonus profitieren; landauf, landab sind es 1,6 Millionen Kinder, 950 000 Familien. Das ist die Familienpolitik dieser Bundesregierung, das spüren die Menschen, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir haben die Pensionen im unteren Bereich höher angehoben, als die Inflationsrate war, plus 2,6 Prozent. Das machen wir jetzt schon über Jahre hinweg, daher heben wir letzten Endes auch im unteren Bereich stärker an, was sich diese Menschen auch ver­dient haben.

Morgen ist zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen, weil wir auch jenen, die lange Beitragszeiten haben, die Wertschätzung insofern entgegenbringen wollen, dass es eine höhere Mindestpension gibt, wenn man lange gearbeitet hat, aber trotz­dem eine sehr niedrige Pension bezieht. Das sind jene Menschen, die es sich verdient haben, auch ein höheres Einkommen als Mindestpensionist zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das werden wir morgen im Detail vorstellen, eine soziale Maßnahme für jene Menschen, die viel gearbeitet haben, aber trotzdem „nur“ – unter Anführungszei­chen – eine Mindestpension erhalten, weil es uns wichtig ist, diese Wertschätzung auch zum Ausdruck zu bringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Entschuldigung, ich muss kurz unterbrechen. Zustimmung und Missfallenskundgebungen von der Galerie sind untersagt, das darf bitte nicht stattfinden.


Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Das sind sie halt von mir daheim ge­wöhnt, Herr Präsident, aber es ist schon in Ordnung. (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Die Arbeitslosigkeit geht zurück, darauf sollten wir eigentlich alle stolz sein; insbeson­dere die Langzeitarbeitslosigkeit geht um 8 Prozent zurück, vergleicht man April 2019 mit April 2018. Das ist das, worauf es ankommt: dass wir die Menschen wieder in Ar­beit bringen.

Die Steuerreform: plus 6,5 Milliarden Euro noch einmal dazu zum Familienbonus. Wo beginnen wir? – Bei den Beziehern kleiner Einkommen durch das Senken der Kran­kenversicherungsbeiträge. Dann werden die Tarife im unteren Bereich auf 20, 30 und 40 Prozent gesenkt. Alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden davon profitie­ren. 75 Prozent des Gesamtvolumens gehen in die Entlastung des Faktors Arbeit, mei­ne Damen und Herren! Das ist das, was in den letzten Jahren auch immer gefordert wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie! Ihr müsstet uns eigentlich dankbar dafür sein, dass wir diese Steuerreform so umsetzen werden, wie wir sie jetzt vorgestellt haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das bedeutet bei 1 500 Euro 528 Euro mehr pro Jahr, bei 2 500 Euro plus 722 Euro pro Jahr. Das werden die Menschen genauso spüren, wie sie den Familienbonus ge­spürt haben und wie sie die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge gespürt haben.


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Auch zur Mindestsicherung Neu, also zur Sozialhilfe, noch ein abschließendes Wort: Wir haben mehr für Menschen mit Behinderungen und mehr für Alleinerziehende gege­ben, weil das Gruppen sind, die besonders armutsgefährdet sind. Es ist unsere christ­lich-soziale Verantwortung, für diese Menschen im Besonderen da zu sein, deshalb stellen wir da mehr Geld zur Verfügung. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Leichtfried.) Was wir aber nicht wollen, ist, dass beim Vergleich von zwei Familien die eine durch die Sozialhilfe ein höheres Einkommen erhält als jene, in der einer Arbeit nachgegangen wird. Meine Damen und Herren, das ist in den letzten Jah­ren in Schieflage geraten und das bereinigen wir auch mit diesem Gesetz. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die dritte Maßnahme ist, dass es ohne Deutschkenntnisse keinen Job gibt. Wir haben zuerst gehört, dass Erwerbseinkommen das beste Instrument zur Armutsbekämpfung ist, daher muss die deutsche Sprache erlernt werden. Das stellen wir als Sachleistung für jene zur Verfügung, die sie nicht können. Kann man die deutsche Sprache, so hat man derzeit alle Möglichkeiten, in Österreich einen Arbeitsplatz zu bekommen und ei­nem Job nachzugehen. Wir erwarten von jenen Menschen, die arbeiten können und gesund sind, dass sie letzten Endes einem Job nachgehen und ihn auch annehmen. Das ist gerecht gegenüber jenen Menschen, die tagtäglich in der Früh aufstehen und arbeiten gehen, die mit ihren Steuern die Säcke befüllen, damit wir überhaupt Sozial­hilfe ausbezahlen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, der Vergleich mit anderen europäischen Ländern und auch darüber hinaus macht uns sicher. Kommt man in der Welt herum, dann sieht man, dass wir in Österreich – Gott sei Dank!, sage ich dazu – die besten Sozialleistungen weltweit haben. Ich bin noch in kein Land gekommen, in dem es bessere Leistungen gibt und in dem es eine größere soziale Absicherung gibt als in Österreich. Österreich ist ein soziales Land, meine Damen und Herren, und Österreich bleibt ein soziales Land. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir geben die Unterstützung aber vor allem jenen, die diese Unterstützung auch brau­chen, weil sie sich selber nicht helfen können. Wir erwarten aber von jenen, die einen Beitrag leisten können, nämlich arbeiten zu gehen, dass sie das auch tun.

Diese Bundesregierung ist auf einem Erfolgsweg, nämlich auch hinsichtlich der Be­kämpfung von Armut. Wir sind ein sozialer Wohlfahrtsstaat. Ein sozialer Wohlfahrts­staat bedeutet aber auch, dass das, was man verteilt, auch erwirtschaftet werden muss. Das haben wir weiterhin im Auge. Meine Damen und Herren, wir haben eine ausgezeichnete Sozialpolitik in Österreich. Ich danke auch den zuständigen Ministe­rinnen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte.


16.21.42

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Absurderweise muss ich der Regierung wieder danken, wie schon am Vormittag, und diesmal der FPÖ, nämlich dafür, dass Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage an Ihre eigene Ministerin die aktuellen Zahlen zur Armutsentwicklung der letzten Jahre in Österreich darlegen. Warum? – Weil es uns die Gelegenheit gibt, aufzuzeigen, dass es einen Riesenunterschied macht, wer für die Menschen im Land die politische Verantwortung trägt, denn diese Erfolgsbilanz, diese Armutsentwicklung, die Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage präsentieren, ist das Er­gebnis einer Politik aus den Jahren 2008 bis 2017. Veröffentlicht wurde der Bericht 2018; das ist bei Berichten immer so, dass sie im Nachhinein veröffentlicht werden. Es


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ist aber sicher nicht der Erfolg einer türkis-blauen Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber und Zadić.)

Sie wissen es genau: Wer war damals in Regierungsverantwortung? (Abg. Hafen­ecker: ... abgewählte ...!) – Richtig, es waren sozialdemokratische Regierungschefs und es waren sozialdemokratische Sozialminister. Blicken wir zurück, wodurch diese Zeit, nämlich 2008 bis 2017, eigentlich geprägt war! Was ist damals passiert? – Es war die größte Wirtschafts- und Finanzkrise der Zweiten Republik seit dem Zweiten Welt­krieg, mit schweren Folgen für die Wirtschaft, mit wenig Wirtschaftswachstum und fi­nanziell engen Spielräumen, auch was den Staatshaushalt betroffen hat. Trotz alldem haben es die sozialdemokratisch geführten Regierungen in dieser Zeit zustande ge­bracht, Investitionen in die Menschen und in die Wirtschaft zu tätigen, und es wurde erfolgreich gegen diese Wirtschafts- und Finanzkrise gegengesteuert – mit einem Ziel: den sozialen Ausgleich in Österreich zu erhalten und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Österreich zu stärken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: Höchste Arbeitslosigkeit ...!)

Und was macht diese türkis-blaue Bundesregierung heute, bei einem weitaus besseren Wirtschaftswachstum, bei vollen Steuertöpfen, sehr geehrte Damen und Herren? – Sie macht das Gegenteil. Frau Bundesministerin, Sie kürzen die Mindestsicherung, Sie streichen Beschäftigungsmaßnahmen für ältere Arbeitslose, Sie kürzen bei den Lehr­lingen, und ich könnte diese Liste fortsetzen. (Abg. Jarolim: Eine Schande!) Kurzum: Sie betreiben Sozialabbau und gefährden den sozialen Frieden in Österreich.

Auch am Beispiel der Steuerreform, die heute ja Thema ist, zeigt sich der Unterschied, wie es sich für die Menschen auswirkt, wenn Sie oder wir Verantwortung in diesem Land tragen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höbart: Der Frust muss so tief sitzen, so groß sein!) Es war in den Jahren 2015 und 2016, unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler (Abg. Hafenecker: Wo ist denn der ...?), als eine echte Steuerentlas­tung für Österreich sozial gerecht durchgeführt wurde. 90 Prozent kamen damals bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als echte Entlastung an. Ja, damals be­kamen die arbeitenden Menschen in Österreich mehr zurück, als sie durch die kalte Progression, Stichwort schleichende Steuererhöhung, eingezahlt haben.

Schauen wir uns jetzt Ihre sogenannte Steuerreform an, sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme jetzt Ihre Zahlen, die Rechnung der Bundesregierung, um mir das genauer anzuschauen. Laut Ihren Angaben beträgt das Volumen der Steuerreform für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 2021 5 Milliarden Euro. Laut Ihren eigenen Angaben, sehr geehrte Damen und Herren, beträgt 2021 über den Zeitraum gerechnet die kalte Progression 7,5 Milliarden Euro. (Abg. Hanger: Das stimmt ja nicht! Die Zahlen stimmen nicht!) Eine Milchmädchenrechnung: Irgendetwas stimmt bei dieser Rechnung nicht, weil Sie von einer Entlastung reden. (Zwischenruf der Abg. Bela­kowitsch.) Ich kann da für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich nur ein Minus von 2,5 Milliarden Euro sehen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Schellhorn.)

Das heißt, die Menschen bekommen nicht einmal das zurück, was sie im selben Zeit­raum vermehrt in die Staatskasse eingezahlt haben. Das heißt, die Menschen zahlen sich diese sogenannte Entlastung nicht nur selbst, nein, sie zahlen sogar drauf. Das ist keine Entlastung, das ist eine Belastung. (Abg. Hammer: ... ist eine Belastung, ja!) Unsere Meinung zu Ihrer sogenannten Steuerreform ist klar: Sie kommt zu spät, sie ist zu klein und sie bevorzugt die Falschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist Ihre Bundesregierung, sehr geehrte Frau Bundesministerin, die auch Milliarden verteilt, aber nicht an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich, und nicht an die kleinen und mittleren Unternehmen, nein, an die großen Konzerne. Ja, die Men-


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schen in Österreich, die kleinen und mittleren Unternehmer haben gar nichts davon. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Stimmt überhaupt nicht!)

Die große Frage ist: Woher kommt das Geld? Woher kommen diese 1,6 Milliarden Euro, Frau Bundesministerin? Wer bezahlt das in Österreich? Wir wissen, wer es nicht bezahlt, denn es sind Ihre Kollegen Kickl, Kunasek und Moser, die sich in den letzten Tagen und Wochen zu Wort gemeldet haben, dass sie in ihren Ressorts diese not­wendigen Einsparungen nicht leisten werden. Ich sage Ihnen also, woher dieses Geld kommen wird: aus dem Sozial- und Gesundheitsbudget. Sie werden es bei den Pen­sionistinnen und Pensionisten einsparen, bei den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerin­nen, bei den Arbeitslosen, bei den Lehrlingen, bei den Patientinnen und Patienten, ja, und bei den Menschen, die mehr denn je Pflege brauchen. (Ruf bei der FPÖ: Mein Gott! Die SPÖ haben Sie noch vergessen!)

Ich frage mich, wie Sie da Ihrem Ziel, nämlich den Menschen eine staatliche Pflegesi­cherung, die Sie ja versprochen haben, zu finanzieren, näher kommen wollen. Es wird Ihnen nicht gelingen, wenn Sie aus Ihrem Budget, Frau Bundesministerin, diese 1,5 oder 1,6 Milliarden Euro an Steuerzuckerln an die 5 Prozent der Konzerne leisten müssen. (Zwischenruf des Abg. Höbart.) Ja, das bedeutet in Zukunft, die Menschen zahlen sich nicht nur die Steuerreform selbst, am Ende werden sie auch ihre Pflege selbst bezahlen müssen.

Ja, sehr geehrte Bundesregierung, sie schwächen den sozialen Zusammenhalt in Ös­terreich, das Rückgrat des sozialen Friedens und setzen damit leichtfertig das aufs Spiel, was jahrzehntelang mit harter Arbeit in Österreich aufgebaut wurde. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loa­cker. – Bitte.


16.28.58

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Das ist ja jetzt kein alltägliches Schauspiel, dass eine Fraktion eine Dringliche Anfrage an eine Ministerin richtet, die der eigenen Partei ange­hört. Offensichtlich gibt es da Kommunikationsschwierigkeiten, sonst hätte man sich das auch direkt ausrichten können. So können wir an der FPÖ-internen Kommunika­tion teilhaben – ist ja auch nett.

Was mich dabei verwundert, ist, Frau Ministerin, wenn Sie die Antworten auf die Fra­gen von Kollegin Belakowitsch in einem Tempo vorlesen, wie wir das von Ministern ge­wohnt sind, die genervterweise der Opposition Fragen beantworten (Abg. Heinisch-Hosek – erheitert –: Das stimmt!) und das dann so schnell heruntertexten, dass man möglichst schlecht mitschreiben kann und nicht mitkriegt, was sie alles beantwortet haben und was nicht – aber gut. (Abg. Rosenkranz: Wollen Sie die Rechte der Parla­mentsparteien beschneiden?)

Was wir hier herinnen auch sehen, ist ein ganz lustiger Streit zwischen den drei Tradi­tionsparteien darüber, wer die noch sozialdemokratischere Sozialpolitik macht, wer noch mehr Steuergeld unter die Leute bringt und wer noch mehr und noch besser Geld hinauspulvert, wo wir doch eh schon 106 Milliarden Euro an Sozialausgaben haben.

Man lobt sich für eine Steuerreform. Angeblich entlastet diese Steuerreform jetzt total und es profitieren vor allem die Kleinen. Jetzt ein ganz einfaches Rechenbeispiel: Die ersten 11 000 Euro, die Sie im Jahr verdienen, sind steuerfrei, und zwar seit dem Jahr 2009. Im Jahr 2021, wenn die, wie Wolfgang Katzian richtig gesagt hat, längste Steuerreform der Welt dann einmal zu greifen beginnt, werden diese 11 000 Euro aber


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aufgrund der Inflation 14 000 Euro sein. Das heißt, Sie müssen 14 000 Euro verdienen, damit Sie die 11 000 Euro aus dem Jahr 2009 wertmäßig haben. Steuerfrei werden aber auch im Jahr 2021 noch 11 000 Euro sein. Sie werden 3 000 Euro versteuern, die wertmäßig vorher nicht zu versteuern waren. Das ist kalte Progression!

Jetzt geht die Regierung her und senkt den Steuersatz auf diese 3 000 Euro von 25 Pro­zent auf 20 Prozent. Dafür, geschätzte Wählerinnen und Wähler, sollten Sie sich jetzt bei der Regierung bedanken; dafür, dass Sie einen Betrag versteuern müssen, den Sie früher nicht versteuert haben, nur eben mit 20 Prozent und nicht mehr mit 25 Prozent. Also das machen Sie wirklich super! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Die Menschen sind nicht so blöd, wie Sie glauben, und merken schon, dass sie da auf den Arm genommen werden. Bevor die kalte Progression nicht abgeschafft ist, können Sie sich mit Ihren kosmetischen Instrumenten schleichen. (Abg. Zanger: Was? – Ruf bei der ÖVP: Was war das jetzt? – Heiterkeit bei NEOS, SPÖ und JETZT.) – Schlei­chen darf man sagen, für schleichen hat noch niemand einen Ordnungsruf bekommen. Es gibt aber auch Premieren, schauen wir einmal!

Kollegin Belakowitsch rühmt sich der sinkenden Arbeitslosigkeit. Jetzt frage ich mich aber – und das kann man weder der Dringlichen Anfrage noch dem Redebeitrag der Kollegin Belakowitsch oder dem Redebeitrag der Frau Ministerin entnehmen –: Welche konkreten Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, glauben Sie, haben zur sinkenden Ar­beitslosigkeit geführt? Oder war es vielleicht die Konjunktur? Ist es vielleicht so, dass die Firmen gut wirtschaften, dass das Geschäft läuft, dass sie händeringend Arbeits­kräfte suchen, die sie gar nicht bekommen, und dass die Arbeitslosigkeit in Wirklichkeit noch viel niedriger sein könnte, wenn man rechtzeitig in Bildung investiert hätte und die Menschen, die arbeitslos sind, auch die Qualifikation hätten, die man für die offenen Stellen so dringend benötigt? Das haben Sie nicht gemacht, aber Sie rühmen sich ein­mal Ihrer großartigen Erfolge.

Jetzt kommt die von Frau Kollegin Belakowitsch ausgeführte Senkung der Arbeitslo­senversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge für Kleinverdiener. Am idealsten profitieren Sie von diesen Maßnahmen, wenn Sie im Monat brutto 1 350 Euro verdie­nen – 1 350 Euro. Das ist aber kein typisches Vollzeitgehalt, weil Vollzeitkräfte in Ös­terreich im Schnitt 2 900 Euro brutto verdienen. Die Durchschnittsbuckler oder Durch­schnittshackler, die 40 Stunden die Woche arbeiten gehen, haben von Ihren Geschen­ken gar nichts. Was Sie fördern, sind Teilzeitkräfte. (Abg. Hanger: Das stimmt ja ein­fach nicht!) Das ist wahr, das sind Teilzeitkräfte. Ich bin Personalverrechner, ich kann Ihnen das vorrechnen, Kollege Hanger. (Ruf bei der ÖVP: Wirklich ein schlechter! – Abg. Hanger: Aber wie die kalte Progression berechnet wird, haben Sie keine Ah­nung!)

Die Teilzeitkräfte profitieren, aber das passt ja ins schwarz-blaue Familienbild. Wenn der Mann Vollzeit arbeiten geht und die Frau einen Teilzeitjob hat, dann entlasten wir die und dann profitiert die Familie mit dem klassischen Rollenbild – sie ist daheim und kocht zu Mittag. Optimal! Das wollen Sie haben. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Gödl: Freie Wahl! Wahlfreiheit! Hast du schon einmal was von Freiheit gehört, Kollege Loacker?)

Kommen wir zu den Pensionen: Ich habe genau zugehört, als heute angekündigt wor­den ist, dass weitere Pensionsgeschenke geplant sind. Man muss sich vorstellen, das österreichische System schaufelt auf verschiedenen Ebenen im Jahr 55 Milliarden Eu­ro an Pensionen um. Ein Teil davon ist durch Beiträge finanziert, aber 21 Milliarden Eu­ro gelangen über verschiedene Kanäle aus dem Budget in die Pensionen, weil die Bei­träge das Volumen nicht decken. Gleichzeitig doktern Sie über ein Jahr lang an der Mindestsicherung herum, die insgesamt nicht einmal 1 Milliarde Euro kostet; 55 Milliar-


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den Euro Pensionen, und Sie machen ein Riesentheater wegen der Mindestsicherung in der Höhe von nicht einmal 1 Milliarde Euro! – Das ist Ihre Sozialpolitik: eine gigan­tische Themenverfehlung! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Dass die Österreicher im Schnitt im selben Alter in Pension gehen wie einst im Jahr 1970 – nur dass wir heute Gott sei Dank viel älter werden –, blenden Sie aus. Da gibt es keine einzige Maßnahme, nicht einmal mikroskopisch klein; gar nichts gibt es da. Dann wird ausgewiesen, das Pensionsantrittsalter steige. – Ja, weil Sie den Hunds­torfer-Trick weiter verwenden – das ist die sozialdemokratische Kontinuität der Regie­rungen, die schwarz-blauen machen es gleich wie vorher die rot-schwarzen – und die Invaliditätspensionen von unter 50-Jährigen herausrechnen, können Sie ein steigendes Pensionsantrittsalter ausweisen. Wenn Sie aber das sogenannte integrierte Pensions­antrittsalter anschauen, bei dem diese Invaliditätspensionen von unter 50-Jährigen drin­nen sind, sehen Sie, dass es seit 2014 stagniert. Sie haben keinen Millimeter zusam­mengebracht. (Beifall bei den NEOS.)

Dann rühmen Sie sich in bester sozialdemokratischer Tradition, dass Sie die kleinen Pensionen mehr erhöht haben als die großen. Mit welchem Nebeneffekt? – Menschen, die 20 Jahre in Deutschland und 20 Jahre in Österreich gearbeitet haben und daher nur eine Teilpensionsleistung in Österreich erhalten, bekommen eine größere Pen­sionserhöhung, weil sie vielleicht einen Tausender aus Deutschland kriegen und einen Tausender aus Österreich, und die, die 40 Jahre in Österreich gearbeitet haben, be­kommen die kleinere Erhöhung. – Das haben Sie gemacht! Umgekehrt natürlich ge­nauso: Der Deutsche, der zehn Jahre in Österreich und 30 Jahre in Deutschland ge­arbeitet hat, bekommt auf seine österreichische Rumpfpension auch diese außeror­dentliche Erhöhung, die Sie beschlossen haben. – Ja, grandios!

Das Beste ist – da muss ich den Sozialdemokraten einen Punkt geben, den Sie nicht bekommen –, dass Sie es bei Ihrer Pensionserhöhung verabsäumt haben, die Erhö­hung der Luxuspensionen zu deckeln. Wenn ein Landesbeamter vielleicht nebenher noch als Sachverständiger selbstständig tätig war – das soll ja vorkommen – und ein selbstständiges Einkommen hatte, dann bekommt er auf seine Selbstständigenpension auch Ihre Sondererhöhung, weil das nicht mit seiner Landesbeamtenpension zusam­mengerechnet wird. Das ist Ihre supersoziale Politik, weil Sie das System nicht einmal vollständig durchblicken. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Belakowitsch: Gott sei Dank haben wir den Loacker, der es verstanden hat!)

Ich darf Ihnen noch ein Zitat vorlesen: „Der Weg zur sozialen Gerechtigkeit war mit immer höheren öffentlichen Ausgaben gepflastert, ohne Rücksicht auf Ergebnisse oder die Wirkung der hohen Steuerlast auf Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung oder pri­vate Ausgaben. Qualitätvolle soziale Dienstleistungen sind ein zentrales Anliegen der Sozialdemokraten, aber soziale Gerechtigkeit läßt sich nicht an der Höhe der öffent­lichen Ausgaben messen. Der wirkliche Test für die Gesellschaft ist, wie effizient diese Ausgaben genutzt werden und inwieweit sie die Menschen in die Lage versetzen, sich selbst zu helfen.“

Wer hat das geschrieben? – Das haben die Sozialdemokraten Tony Blair und Gerhard Schröder 1999 in ihr gemeinsames Wahlpapier für die Europawahl hineingeschrieben. Sie verfolgen aber immer noch den alten sozialdemokratischen Weg aus der Zeit vor Schröder und Blair, bei dem es darum geht, wie man noch mehr Geld hinauspulvern kann. Die Steuerzahler sind Ihnen egal. (Beifall bei den NEOS.)

16.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.



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16.38.12

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist schon mutig von Ihnen, Kollegin Belakowitsch, heute mit Ihren versam­melten FPÖ-KollegInnen das Thema der Armutsbekämpfung aufs Tapet zu bringen.

Warum ist es mutig? – Sie haben sich hierhergestellt und die eigene Ministerin gebe­ten, Zahlen zu präsentieren, die auf der einen Seite – was die Verringerung der Ar­mutszahlen betrifft – eine positive Entwicklung darstellen, aber auf der anderen Seite genau Ihre Handlungen im Jahr 2018, in Ihrer Regierungszeit abbilden. Das betrifft gra­vierende Verschlechterungen für spezielle Personengruppen: Das sind auf der einen Seite ältere Menschen, besonders über 65-Jährige, und auf der anderen Seite eine be­sonders gefährdete Gruppe, nämlich Kinder und Jugendliche.

Sich zu trauen, diese Zahlen heute zu präsentieren, erachte ich für mehr als mutig, denn das zeigt so etwas von offensichtlich, was sich durch Ihre Regierungsarbeit im letzten Jahr genau für diese Gruppen verschlechtert hat und was verursacht worden ist. (Beifall bei JETZT.)

Ich möchte dies noch genauer ausführen, damit das auch dementsprechend transpa­rent wird: Sie sprechen in Ihrer Anfrage von einer neuen Gerechtigkeit, von einer neuen sozialen Gerechtigkeit. Ich möchte dies anhand von Ereignissen zeigen, die im vergangenen Jahr stattgefunden haben. Sie gehen an die ganze Geschichte heran und sagen, Sie wollen auf der einen Seite der Bevölkerung helfen, die arbeitsfähig ist, die Arbeitswillen zeigt, und auf der anderen Seite jene motivieren, die aktuell nicht dazu bereit sind, endlich einmal einen Job zu finden und in den Arbeitsprozess einzusteigen. (Abg. Belakowitsch: Ist das schlecht?)

Auf der anderen Seite, das muss ich hier dezidiert anführen, erwähnen Sie alle mög­lichen Gruppen quer durch alle Bevölkerungsschichten, aber eine ganz besondere Gruppe vergessen Sie; die erwähnen Sie zwar immer, aber Sie vergessen Sie bei je­der einzelnen politischen Maßnahme. (Abg. Neubauer: Arbeitslose Politiker!) Das sind – ich erkläre es Ihnen auch gerne ausführlich – die AlleinerzieherInnen und ihre Kinder in diesem Land.

Im Wahlkampf 2017 waren es die FPÖ, die ÖVP und alle anderen Parteien, die den Alleinerziehenden versprochen haben, dass sie einspringen werden, dass der Staat einspringen wird, wenn ein Unterhaltsproblem vorliegt, wenn sie vor einer Situation stehen, in der sie eine Unterhaltssicherung brauchen. Und genau diese fehlende Un­terhaltssicherung ist ja mitunter einer der gravierendsten Gründe, warum es zu einer derartig hohen Armutsgefährdung genau dieser Gruppe, Alleinerziehender und ihrer Kinder, kommt.

Sie versprechen es, aber bisher wurde der Antrag auf Unterhaltssicherung, dieser zen­trale Antrag, Ihr Wahlversprechen und auch das Wahlversprechen der ÖVP, in jeder Sitzung des Familienausschusses, in der er behandelt wurde – Frau Ministerin Bogner-Strauß ist meine Zeugin –, von Mal zu Mal vertagt. Sie schieben es einfach immer weiter hinaus. In der letzten Plenarsitzung haben Sie einen eigenen Antrag einge­bracht, weil es ja mittlerweile schon so unangenehm ist, dass von der Opposition im­mer wieder gefordert wird, dieses Versprechen einzuhalten. Dieser Antrag lautet: Na, schieben wir es bis 2020 hinaus, eine Lösung zu finden! – 2017 versprochen, 2020 nimmt man sich jetzt einmal als erstes Zieldatum vor! Was passiert in diesen drei Jahren? Wie schaut die Situation für diese Gruppe, die Sie immer erwähnen, für die aber am Ende des Tages einfach nichts rausschaut, aus? Was ist mit den Alleinerzie­henden und ihren Kindern in diesem Land? (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Es geht noch weiter: Ich habe gesagt, ich werde gerne ausführen, warum Alleinerzie­hende bei den politischen Lösungen, die Sie anbieten, immer und immer wieder durch­fallen. Es geht weiter mit der Sozialhilfe. Kollege Wöginger hat stolz ausgeführt: Wir er­höhen die Beträge und die verpflichtenden Zuschläge für Behinderte und für Alleiner­ziehende! – Ja, nichts ist passiert. Es stimmt einfach nicht! (Abg. Belakowitsch: Sicher stimmt es!) Ja, es gibt verpflichtende Zuschläge für Menschen mit Behinderung, aber betreffend Alleinerziehende ist plötzlich das Wort verpflichtend weggekommen. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Ich kann mir nicht erklären, wo es hingerutscht ist.

Was Sie machen, ist, die Verantwortung auf die Bundesländer zu schieben. Sie ducken sich weg, Sie schieben das einfach weg und sagen, wenn die Bundesländer dazu bereit sind, mehr für Alleinerziehende zu zahlen, dann können sie das machen. (Abg. Gödl: Sie brauchen einen Kurs in Verfassungsrecht! Es gibt eine Bundesverfassung, Frau Kollegin!) Dass Sie als Staat aber ein Minimum an sozialer Unterstützung für Alleinerziehende und ihre Kinder garantieren – nein, da trauen Sie sich dann doch nicht drüber.

Es geht noch weiter, mit dem Familienbonus: Wir haben unter anderem in meinem Hei­matbundesland Oberösterreich die Situation, dass die Kinderbetreuung am Nachmittag kostenpflichtig geworden ist, dass Horte und Krabbelstuben kostenpflichtig geworden sind; all das hat es vorher nicht gegeben. Jetzt kommt es dazu, dass Gruppen plötzlich nicht mehr zustande kommen, es aber Menschen gibt – das sind oft alleinerziehende Personen –, die eigentlich auf eine ganztägige Kinderbetreuung angewiesen wären. Die gibt es aber nicht mehr, weil die entsprechende Gruppenanzahl nicht zustande kommt und eine Förderung durch das Land dann nicht passiert; na dann bietet es die Gemeinde nicht mehr an. (Abg. Gödl: Es gibt auch andere Betreuungsformen! – Zwi­schenruf des Abg. Rossmann.)

Was ist jetzt für diese Person, für diese Alleinerzieherin, am Ende des Tages die Real­ität? – Sie kann ihr Kind nicht in Betreuung geben, sie kann keinem Vollzeitjob nachge­hen, sie muss in Teilzeit gehen. Als Geschenk obendrauf kann sie nicht einmal den vollen Familienbonus beantragen, weil ihr Gehalt nicht hoch genug ist. All das sind Ein­schnitte, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, für eine Gruppe, die besondere Unterstützung brauchen würde. Sie schneiden da immer wieder runter und sagen: Wir tun eh!, aber am Ende des Tages gibt es einfach keine politischen Lösungen für genau diesen Bereich.

Ich möchte noch auf die Zahlen eingehen, die Sie heute schönzureden versucht ha­ben; das habe ich in meinem Eingangsstatement auch anzuschneiden versucht. 1,5 Millionen Menschen – die von Ihnen, Frau Ministerin, erwähnten 17,5 Prozent der Bevölkerung – sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Ja, das ist die Realität, dass sich diese Zahl von 2017 auf 2018 verringert hat. Es sind 7 000 Menschen weniger ar­mutsgefährdet als im Jahr davor. Wissen Sie aber, was gleichzeitig passiert ist? – Gleichzeitig, im gleichen Zeitraum – auch durch Ihre Regierungspolitik im Jahr 2018 –, ist die Zahl der Frauen gestiegen, die mit einem Mehr an Altersarmut konfrontiert ist, auf nämlich 8 000 Frauen. Das sind 8 000 Frauen über 65 Jahre, die nun genau in diese Gruppe fallen und unter Altersarmut und Ausgrenzungsgefährdung leiden. Wei­ters ist bei Personen über 65 Jahren die Zahl der Armutsgefährdeten von 12,9 auf 13,9 Prozent gestiegen.

Das ist nichts, über das ich, wenn ich mich hierherstelle, sagen kann: Ich bin stolz auf unsere Regierungspolitik und darauf, wie positiv wir das alles entwickelt haben! – Nein! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Das sind keine Zahlen von mir, Kollegin Bela­kowitsch, das sind Zahlen von Eurostat. Die kann ich Ihnen gerne zur Verfügung stel­len, aber ich würde mir wünschen, dass sie im Ministerium aufliegen, damit man sich genau mit dieser Problematik, was nämlich Personen über 65 betrifft, auch auseinan-


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dersetzt und nicht einfach hergeht, das zusammenstreicht, was in der Vergangenheit sehr gut funktioniert hat, und sagt: Na, wir haben eh kein Problem! Wir sind eh so su­per unterwegs!

Es sind immer die Randgruppen, die bei Ihnen am Ende des Tages durchfallen und nicht in dem Ausmaß unterstützt werden, das für diese Gruppen nötig wäre. Manche Branchen sind besonders betroffen. 8 Prozent – und das sind wiederum keine Zahlen von mir, sondern vom IHS, aus einer Studie aus dem letzten Jahr – der Bevölkerung, die einem Job nachgehen, die erwerbstätig sind, sind trotzdem armuts- und ausgren­zungsgefährdet. Warum? – Weil sie zur Gruppe der Working Poor zählen; das heißt, sie gehen arbeiten und haben einfach zu wenig Geld zum Leben.

Diese Gruppe ist besonders in den Bereichen Gastronomie, Handel, Gesundheits- und Sozialwesen tätig. So, und was haben Sie konkret in diesen Bereichen gemacht? – Sie sind hergegangen und haben einfach gesagt: Da gibt es natürlich Problemlagen, da gibt es schlechte Bezahlung! Natürlich gibt es da immer wieder Brennpunkte, die wir auch vorfinden, aber regionalisieren wir einmal grundsätzlich die Mangelberufsliste! Holen wir uns genau in diesen Bereichen, die eh schon schlecht bezahlt sind, noch ausländische Arbeitskräfte, die bereit sind, für einen Billiglohn zu arbeiten, anstatt die Arbeitsbedingungen im eigenen Land anzugehen! (Beifall bei JETZT und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Solange Sie nicht bereit sind, die Bedingungen für genau diese Berufsgruppen zu än­dern, wird sich bei diesen 8 Prozent Working Poor – im Gesundheitsbereich, im Sozial­bereich, in der Gastronomie und im Handel – in unserem Land auch nichts verbessern.

Sie stellen sich her und wollen uns ernsthaft erzählen, dass Sie so im Bereich Armuts­bekämpfung tätig sind, geben aber gleichzeitig in einer Presseaussendung die neuen Zahlen der EU-Silc-Studie bekannt und sagen, dass die Europa-2020-Ziele betreffend Strategie zur Armutsbekämpfung verfehlt wurden. Das ist ja ein Eingeständnis sonder­gleichen! Mich würde einfach interessieren, was die Maßnahmen sind, um dieses Eu­ropa-2020-Ziel, Hunderttausende Menschen aus der Armut herauszuholen, erreichen zu können? – Daran mangelt es einfach, das fehlt mir ganz konkret.

Ich habe im zuständigen Ausschuss schon mehrmals einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Wir haben einen Nationalen Aktionsplan Donauschifffahrt, wir haben ei­nen Nationalen Aktionsplan Bewegung et cetera. Wir haben so viele Nationale Aktions­pläne, aber was wir nicht haben, ist ein Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut in diesem Land.

Deshalb bringe ich heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend einen nationalen Aktionsplan zu erarbeiten, welcher konkrete Maßnahmen zur Beseitigung von Kinderarmut vorsieht.“

*****

Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung!


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!



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Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (fortsetzend): Frau Ministerin Har­tinger-Klein, wenn Sie das ernst meinen, dass wir 372 000 Kinder und Jugendliche aus der Armut herausholen, stimmen Sie zu und geben Sie Frau Ministerin Bogner-Strauß auch einen diesbezüglichen Auftrag! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

16.48

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Nationaler Aktionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut in Österreich“ einge­bracht im Zuge der Debatte zur dringlichen Anfrage in der 74. Sitzung

Jedes fünfte Kind in Österreich ist von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – das sind 372.000 Kinder und Jugendliche. Die Armut erhöht ihr Risiko, die Schule vorzeitig zu verlassen und nur einen niedrigen Bildungsgrad zu erlangen. Sie erhöht die Wahr­scheinlichkeit von psychischen Erkrankungen. Armut im Kindesalter beeinträchtigt Le­bensperspektiven und Entwicklungschancen und führt zu Altersarmut. Deutschen Stu­dien zufolge leben arme und weniger gebildete Menschen um bis zu zwölf Jahre kürzer als ökonomisch besser gestellte – je früher sie von Armut betroffen sind, umso stärker die negativen Auswirkungen.

Armut macht auch einsam. Von Armut betroffene Kinder sind massiv in ihren sozialen Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt und können nur in stark begrenztem Ausmaß am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dies kann eine Radikalisierung und Anfälligkeit für fundamentalistische Strömungen begünstigen. Ein OECD-Bericht1 zeigt, dass die Kin­der von Alleinerziehern in Österreich vergleichsweise hohe Verluste beim Haushalts­einkommen hinnehmen mussten, zwischen 2007 und 2014 betrugen diese knapp 14 Prozent. Das ist die drittschlechteste Entwicklung der 22 verglichenen Länder. Als Kinder in Armut gelten laut OECD alle, deren Haushaltseinkommen unter der Hälfte des landesweiten Medians liegt. Der Studienautor Olivier Thévenon nennt in einem Standard-Gespräch2 auch spezifische Empfehlungen, wie etwa den leistbaren und ganztägigen Ausbau der Kinderbetreuung, sowie, dass Arbeitsanreize für beide Eltern gleich stark im Steuer- und Sozialsystem verankert werden. Weiters seien in Österreich manche Sozialtransfers nicht treffsicher, so könnte allein mit einer Steuerung der Wohnbeihilfe die Kinderarmutsrate um 3 Prozentpunkte gesenkt werden.

Auch aufgrund fehlender Unterhaltszahlungen ist die finanzielle Situation für viele Ein-Eltern-Haushalte zum Teil dramatisch, hier würde eine noch immer fehlende Unter­haltssicherung für Abhilfe sorgen. Gerade Kinder in Ein-Eltern-Haushalten sind beson­ders stark betroffen: bei diesen sind es laut EU-SILC 2017 ganze 38% der 0-15-jäh­rigen Kinder, die von Armut und sozialer Ausgrenzung massiv gefährdet sind.3

Das Sozialsystem federt bislang viele Ungleichheiten ab und verhindert dadurch eine noch prekärere Situation für viele Familien. Ohne staatliche Interventionen wären rund 3,5 Millionen ÖsterreicherInnen von Armut betroffen. Mehr als die Hälfte aller Familien mit mehr als zwei Kindern wäre armutsgefährdet. Der Zugang zu flächendeckenden, kostenfreien Kinderbetreuungsangeboten stellt hier einen besonders protektiven Faktor hinsichtlich der Erwerbstätigkeit der Eltern dar, insbesondere von Frauen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend einen nationalen Aktionsplan zu erarbeiten, welcher konkrete Maßnahmen zur Beseitigung von Kinderarmut vorsieht.“

1 http://www.oecd.org/els/familv/Poor-children-in-rich-countries-Policy-brief-2018.pdf.

2 https://derstandard.at/2000089479635/Oesterreichs-Alleinerzieher-bei-Kinderarmut-unter-Schlusslichtern.

3 https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/8/6/7/CH3434/CMS1526286650148/tabellenband eusilc 2017 20180426.pdf

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petra Wagner. – Bitte.


16.48.40

Abgeordnete Petra Wagner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Bei dem, was ich heute hier schon gehört habe, bei diesem Diskurs und bei all den Emotionen, die ich heute hier schon erlebt habe, möchte ich zunächst eines sagen: Ich bin stolz auf Österreich! Ich bin stolz auf das, was dank der Leistung aller Österreicherinnen und Österreicher bei uns möglich ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin stolz auf den Sozialstaat Österreich, einen Sozialstaat, in dem sich die Stärke­ren solidarisch um die Schwächeren kümmern, einen Sozialstaat, der Armut bekämpft und in dem soziale Gerechtigkeit kein Fremdwort, sondern auf hohem Niveau gelebte Praxis ist. Das sehen und spüren auch unsere Bürgerinnen und Bürger. Sie wissen, hier in Österreich bekommt man Unterstützung. Jeder Einzelne kann sich darauf ver­lassen, dass Österreich in Notsituationen für seine Bürger da ist – so wie die Feuer­wehr, die jemanden mit einem Sprungtuch vor einem Absturz aus großer Höhe rettet.

Wann funktioniert so eine Rettungsaktion der Feuerwehr, meine Damen und Herren? – Wenn genug Feuerwehrleute mit einem stabilen und tragfähigen Sprungtuch zur richti­gen Zeit am richtigen Ort sind; wenn es einen Kommandanten gibt, der die Mannschaft genau dorthin dirigiert, wohin der Betroffene zu fallen droht; wenn alle Feuerwehrleute gemeinsam anpacken und das Sprungtuch mit allen zur Verfügung stehenden Kräften so gespannt ist, dass die abgestürzten Personen sicher landen und keinen Schaden nehmen.

Das Sprungtuch, meine Damen und Herren, ist aber keine Hängematte. Jeder muss nach seinen Möglichkeiten versuchen, wieder auf die Beine zu kommen. Das Sprung­tuch ist kein Trampolin, es gibt kein Herumhüpfen ohne Not. Das Sprungtuch fängt nur dann einen tiefen Fall ab, wenn genug da sind, die mit aller Kraft mitanpacken. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Das Sprungtuch ist auch nicht unbegrenzt belastbar. Es kann nur so viele auffangen, wie es tragen kann. Nur wenn das gewährleistet ist, funktioniert die Rettung, funktioniert die Hilfe.

Das, meine Damen und Herren, ist nicht nur beim Feuerwehreinsatz so. Das gilt auch für jede Hilfestellung und Unterstützung, die unser Sozialsystem bietet und bieten muss. Ja, unsere Regierung bekennt sich zu einem gut funktionierenden Sozialstaat, zu Zu­sammenhalt durch soziale Gerechtigkeit. Wir sorgen dafür, dass Hilfeleistungen und Unterstützungen dort ankommen, wo sie wirklich benötigt werden. Wir stehen aber auch dafür, dass wir uns um diejenigen kümmern, die mit ihren Beiträgen dafür sorgen, dass wir uns den Sozialstaat Österreich auch leisten können.


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Diese Regierung kümmert sich im Sinne sozialer Gerechtigkeit um alle und stellt sich dabei auch einem offenen und notwendigen Diskurs, denn soziale Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, kann in einer Demokratie nicht verordnet werden. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

16.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


16.52.14

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministe­rinnen! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Ja, Österreich ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Land, ein Land, das viele Chancen bietet und international gut dasteht, vor allem aber sind wir ein sehr soziales Land.

Heute reden wir eben über das Thema Armut, ein Thema, das uns alle etwas angeht und auch berührt. Wenn wir uns jetzt noch einmal die Zahlen der Statistik Austria an­schauen, dann sehen wir, dass wir in den letzten zehn Jahren gemeinsam, überpartei­lich, über Parteigrenzen hinweg, Fortschritte erzielt haben. Die Armut ist rückläufig. Deshalb finde ich es wirklich ein bisschen bedenklich, dass die SPÖ mit ihren Aussen­dungen und Aussagen ein Bild von Österreich zeichnet, das nicht der Realität ent­spricht und von den Österreichern und Österreicherinnen auch nicht so empfunden wird. Ihr permanentes Schlechtreden empfinde ich als grob fahrlässig, wenn Sie mich fragen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Es zeigt mir auch, dass Sie weit weg von der Reali­tät sind. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Tatsache ist nun einmal: Wir sind ein absoluter Spitzenreiter bei den Sozialausgaben und damit bei der Unterstützung für unsere Sozialsysteme. In Zahlen gegossen, Herr Kol­lege, heißt das, wir geben mehr als 105 Milliarden Euro, das sind immerhin 105 000 Mil­­lionen Euro, also knapp ein Drittel unseres BIPs, für den Bereich Gesundheit und So­ziales aus.

Sie, liebe Kollegen von der SPÖ, kritisieren zum Beispiel immer wieder die Mindestsi­cherung, deshalb sage ich Ihnen hier ganz deutlich: Wir unterstützen Menschen ohne Job mit einem Betrag von 863 Euro pro Monat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.) In anderen europäischen Ländern, zum Beispiel in Bulgarien, verdient ein Mensch mit Beschäftigung in Vollzeit durchschnittlich 436 Euro. Man sieht ganz deutlich, bei uns bekommt jemand ohne Beschäftigung das Doppelte, also kann hier von Armut nicht wirklich die Rede sein, so wie Sie es darstellen, in diesem extremen Ausmaß. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Rossmann.)

Auch bei dem sogenannten strapazierten Thema Mindestlohn sprechen die Zahlen ei­ne eindeutige Sprache: Wir zahlen mittlerweile den zweithöchsten Mindestlohn in ganz Europa.

Das sind die Fakten – also keine Rede von unsozial und ungerecht, liebe Kollegen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir bekennen uns eindeutig dazu, dass wir niemanden zurücklassen, sondern dass jeder und jede, der/die Hilfe braucht, diese auch von uns bekommt. Ich halte aber auch ganz deutlich fest, dass ein Sozialsystem, welches von vielen Menschen, die Steuern zahlen, getragen wird, nur dann nachhaltig finanziert werden kann, wenn wir die Men­schen ohne Beschäftigung in Beschäftigung bringen und diese auch langfristig dort halten können. Darum ist das beste Konzept gegen Armut auch die Beschäftigung. Beschäftigung ist auch die einzige und beste Prävention, um nicht verfestigt in der Inaktivitätsfalle zu bleiben. Was wir wirklich nicht wollen, ist eine generationenübergrei­fende Mindestsicherungskarriere. So etwas brauchen wir nicht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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Daher ist es auch wichtig, die richtigen Anreize zu schaffen, und es ist auch nur mehr als gerecht, dass jemand, der arbeitet, in Zukunft auch steuerlich entlastet wird. Mit der neuen Steuerreform entlasten wir die Menschen in Österreich. Es bleibt den Kleinver­dienern spürbar mehr in den Brieftaschen, die Familien profitieren vom Familienbonus Plus, und auch die Alleinerziehenden – liebe Kollegin Holzinger, das kann ich Ihnen hier mitgeben – werden den Zuschlag in jenen Bundesländern, in denen es einen ÖVP-Landeshauptmann gibt, auf alle Fälle bekommen. Das kann ich Ihnen zusichern. In die­sen Bundesländern wird dieser Zuschlag an die Alleinerziehenden sicher ausbezahlt werden. Und wir entlasten auch den Faktor Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Alles in allem entlasten wir 4,8 Millionen Steuerzahler. Wir bekennen uns zu Leistung und Selbstverantwortung und bilden das mit all unseren Maßnahmen auch ab. Jede Erleichterung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber trägt nämlich zur Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes bei und finanziert unser großzügiges Sozialsystem.

Ich darf Sie, liebe Belastungspartei SPÖ, noch einmal ersuchen, nicht nur einseitig an die Dinge heranzugehen, denn Ihre Umverteilungslogik kann sich in Zukunft leider nie­mand mehr leisten und bringt auch Österreich überhaupt nicht weiter. Eine verant­wortungsvolle Politik, wie wir sie machen, schafft nachhaltige Entlastungen, ohne neue Steuern oder gar Schulden auf Kosten der nächsten Generation zu bringen. Wir blei­ben unserem Motto nämlich treu: entlasten statt belasten. Ich danke hier auch unseren zwei Ministerinnen auf der Regierungsbank, dass sie uns da unterstützen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Tanja Graf begibt sich zur Regierungsbank und reicht den Bundesministerinnen Hartinger-Klein und Bogner-Strauß die Hand.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte.


16.57.28

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Hartinger-Klein, ich habe ganz aktuell, vor wenigen Minu­ten, erfahren, dass diese Verbindungen zwischen den Identitären und den Freiheitli­chen auch aus Ihrem Kabinett kommen, das heißt, dass ein Mitarbeiter Ihres Kabinetts auf der Großspenderliste der Identitären auftaucht. Es wundert mich, dass Sie bei Ihrer Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage nicht die Gelegenheit genutzt haben, um sich klar davon zu distanzieren (Abg. Belakowitsch: Das war keine Frage!), dass die FPÖ und die FPÖ-Funktionäre und Mitarbeiter aus Ihrem Büro, aus Ihrem engsten Kabinett, die Identitären finanzieren. Das ist etwas, wofür Sie sich schämen sollten und wozu Sie zumindest hier im Hohen Haus klare Worte finden sollten. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Loacker: Sie hat sich die Mitarbeiter nicht selber aussuchen dürfen!)

Zur Steuerreform muss man sagen, auf den ersten Blick scheint ja vieles darin sehr positiv zu sein. Die Steuern und Abgaben auf Arbeit zu senken ist etwas Positives. Auf den ersten Blick sind da einige Maßnahmen dabei, die durchaus vernünftig erscheinen. Allerdings muss man halt auch einen zweiten Blick riskieren – und dann sieht man, dass da mehr Schatten als Licht ist.

Das Erste, was man sich ansehen kann, ist einmal das Volumen. Wie groß ist denn dieser Topf der kalten Progression? Arbeitnehmer, Einkommensbezieher, Menschen, die arbeiten gehen, zahlen über ihr Einkommen diese kalte Progression in diesen Topf ein, aus dem dann Steuerreformen finanziert werden. Der Staatssekretär von der FPÖ, ein unverdächtiger Zeuge, sagt selbst, in dieser Legislaturperiode sind das 7,5 Milliar­den Euro. Jetzt schauen wir uns an, um wie viel die Steuern auf Arbeit durch die Ta­rifreform gesenkt werden, kumuliert über die gesamte Gesetzgebungsperiode, und sie-


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he da: Das sind gerade einmal 5 Milliarden Euro. Das heißt, das Volumen der Senkung durch den Tarif ist deutlich weniger, als der Finanzminister an und für sich durch die kalte Progression mehr eingenommen hat. Deswegen muss man einfach sagen: Diese Steuerreform und diese Steuersenkung sind – jedenfalls was den Faktor Arbeit betrifft – zu klein. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das Zweite ist, dass wir uns die konjunkturelle Wirkung ansehen: Wir sind im Moment in der Situation, dass die Konjunktur schwächer wird. Das sehen wir nicht nur in Übersee oder in anderen europäischen Ländern, sondern auch bereits in Österreich. Man würde erwarten, dass man die Steuerreform dann so timt, dass sie die Konjunktur unterstützt. Das, was wir aber sehen, ist, dass die Bundesregierung vorhat, diese Steu­erreform erst so spät in Wirkung zu bringen, dass es viel zu spät ist, was die Kon­junktur betrifft. Also muss man sagen: Sie ist nicht nur zu klein, sondern sie kommt auch zu spät. (Zwischenruf des Abg. Angerer.)

Und das Dritte, dass wir uns ansehen, ist, wer in welchem Verhältnis von der Steuer­senkung profitiert. Es gibt ja nicht nur Steuern auf Arbeit, sondern auch Steuern auf Vermögen und Kapital – die Körperschaftsteuer –, die ja auch massiv reduziert wer­den. Sehen wir uns nur den Großspender der Türkisen, KTM-Chef Pierer, an. Wie viel profitiert er pro Monat von der Steuerreform? – Herr Pierer zahlt zum Beispiel 180 000 Eu­ro weniger Steuerbeitrag. Wie sieht das bei einer Reinigungskraft bei Pierer aus? – 18 Euro im Monat. (Abg. Deimek: Was verdient eine Reinigungskraft?) Das heißt, eine einfache Mitarbeiterin von KTM wird im Monat 18 Euro weniger Steuern und Abgaben zahlen, aber der Chef 180 000 Euro weniger. (Abg. Deimek: Der Chef verdient ja auch ein Vielfaches von der Putzfrau!) Das ist das Zehntausendfache. Das ist das, was Sie offensichtlich von Umverteilung halten, nämlich dass die Kleinen den Großen das Gan­ze bezahlen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Die Politik, die Sie hier machen, setzt nicht dort an, wo der Schuh drückt. Wenn Sie wissen würden, wo Menschen in diesem Land der Schuh drückt, dann würden Sie im Bereich Wohnen etwas unternehmen, dann würden Sie zum Beispiel die Vorschläge der SPÖ aufgreifen, wie man Wohnen billiger machen kann. (Ruf bei der FPÖ: Für Parteimitglieder! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Stattdessen denken Sie darü­ber nach, wie der soziale Wohnbau privatisiert werden könnte. – Das ist sicher der fal­sche Weg. Sie machen Politik für Miethaie, Sie machen Politik für Konzerne – wir ma­chen Politik für Menschen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte.


17.02.29

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerinnen auf der Regierungsbank! Die Kollegen Obernosterer und Ottenschläger haben bei einem der vorigen Tagesordnungspunkte auch kritisiert, dass ich sozusagen kein Lob für ihre Arbeit aussprechen kann. Es tut mir auch leid, dass Kollege Obernosterer menschlich so enttäuscht von mir ist. Ich habe jetzt direkt Bammel, hier zu sprechen, und es tut mir fast weh – aber ich möchte jetzt ein Lob aussprechen, und da knüpfe ich an die Ausführungen der Frau Abgeordneten Belakowitsch an, die nämlich gesagt hat: Schluss mit dieser Schuldenpolitik. Wissen Sie, warum Schluss mit dieser Schulden­politik sein muss? – Weil die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so viel zahlen wie noch nie, nicht, weil Sie Ausgaben gespart haben oder Reformen umgesetzt haben. Im Gegenteil: Man muss den Unternehmerinnen und Unternehmern ein großes Lob aus­sprechen, und ich muss vor allem auch jenen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern mein Beileid aussprechen, die zur Mittelschicht gehören, von der Ministerin Hartinger-Klein gesprochen hat. Es ist nämlich die eiskalte Progression, die hier zuschlägt.


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Ich möchte das auch aufgrund eines Beispiels klar anführen. Sie erinnern sich sicher: Im letzten Jahr haben sich der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler im Som­mer eine kräftige Lohnerhöhung gewünscht. Das war einzigartig, dass sich die Regie­rung das von den Sozialpartnern gewünscht hat. Das tut man eigentlich nicht. Es ka­men aber im Durchschnitt rund 3 Prozent dabei heraus; bei den Metallern kamen ja noch mehr heraus, rund 3,8 Prozent.

Wir hätten die Möglichkeit gehabt, die Arbeitnehmer für ihre gute Arbeit auch drama­tisch besser zu entlohnen. Was ist bei der Metaller-KV-Erhöhung herausgekommen? – Gekostet hat sie die Arbeitgeber 261 Millionen Euro – die Arbeitnehmer haben davon 114 Millionen Euro bekommen. 56 Prozent dieser 261 Millionen Euro hat der Staat kas­siert – und Sie sprechen davon, dass Schluss ist mit der Schuldenpolitik?!

Ihre Einnahmen sprudeln. Sie haben keine Reformen in diesem ganzen Steuerpaket, das kein Steuerpaket, sondern eigentlich nur eine Tarifreform ist. Sie haben keinen ein­zigen Punkt angegriffen, um ausgabenseitig einzusparen. (Beifall bei den NEOS.) Sie haben keinen einzigen Punkt in Angriff genommen – da fehlt Ihnen der Mut, Ihnen allen zusammen –, um eine Pensionsreform oder eine Gesundheitsreform anzusetzen. Sie haben in der Verwaltung null getan. Sie sagen, Sie sparen im System; das ist über­haupt ein Blindflug für alle Parlamentarier hier im Saal, das wissen, glaube ich, nur zwei oder drei Personen. Und Sie haben zudem nichts dafür getan, dass es den Men­schen – gegenwärtig und in der nächsten Generation – besser geht. (Abg. Neubauer: Stimmt ja nicht!) Die Schuldenpolitik bleibt nämlich die gleiche, sobald die Wirtschafts­leistung ein bisschen sinkt.

Das ist das Dramatische an der ganzen Geschichte, und da frage ich mich, wofür ich Sie jetzt loben soll. Die Sache mit dem Lob geht mir jetzt wirklich durch den Kopf. Soll ich Sie für die Raucherregelung loben? Soll ich Sie dafür loben, dass Sie bezüglich Fachkräftemangel das Saisonierskontingent zwar saisonal aufgeteilt haben, aber das Kontingent gleich geblieben ist? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie tatsächlich gro­ßes Interesse daran haben, dass wir den Fachkräftemangel stillen.

Sie haben kein Interesse daran, dass Mitarbeiter mehr verdienen und weniger kosten. Sie haben null Interesse daran, diesbezüglich nur irgendwelche Reformen anzusetzen. Dafür kann ich Sie nicht loben, und das ist ein springender Punkt, der uns allen zu den­ken geben sollte, wenn wir über Lob sprechen. Ich würde Sie wahnsinnig gerne loben, weil ich es meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vergönnen würde, dass sie mehr verdienen und mehr netto im Sackerl haben, und weil ich es den Unternehmerinnen und Unternehmern vergönnen würde, dass sie, was den Kostensektor betrifft, weniger für ihre Mitarbeiter zahlen müssen. – Vor allem da muss man mit Reformen ansetzen, es fehlt allerdings der Mut.

Wenn eine Oppositionspartei dazu da wäre, Ihnen Honig ums Maul zu schmieren, dann hätten wir unseren Job verfehlt. Versuchen Sie allerdings nicht, hier eine Mit­leidstour aufzubringen, wie gut Sie sind! (Abg. Neubauer: Brauchen wir eh nicht, wir sind gut!) – Sie sind nur deswegen so gut, weil die Unternehmerinnen und Unterneh­mer so viele Steuern zahlen, und vor allem sind Sie deswegen so gut, weil die kalte Progression so hartnäckig und brutal zuschlägt. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben keine Reallohnerhöhungen – und es ist Ihnen völlig egal. Es wurden 14 bis 16 Milliarden Euro pro Jahr versprochen. Das 16-Milliarden-Euro-Versprechen wurde, glaube ich, vom Vizekanzler, Ihrem Chef, gebrochen, das 14-Milliarden-Euro-Verspre­chen wurde vom Chef der Familienministerin gebrochen. Wie viel bekommen wir zu­sammen? – Wir bekommen netto nicht einmal 5 Milliarden Euro zusammen.

Es ist ein Trauerspiel. Es ist wirklich ein Trauerspiel, wenn Sie hier am Rednerpult ste­hen und sagen, Sie machen gute Arbeit. – Nein, Sie machen diese gute Arbeit wenn


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schon, dann nur auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neubauer: Ach was!)

17.08


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Klubobmann Mag. Bru­no Rossmann. – Bitte.


17.08.36

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mir ist ein Satz im Antrag der FPÖ aufgefallen, der mir als Ökonomen sehr aufstößt. Er lautet: „Die Arbeitslosigkeit geht seit dem Antritt dieser Bundesregierung kontinuierlich zurück.“ (Beifall bei der FPÖ.) Frau Kollegin Belakowitsch hat sogar gesagt, sie geht massiv zurück. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Also von massiv kann keine Rede sein, aber mit dem Amtsantritt der türkis-blauen Regierung hat das gar nichts, aber schon gar nichts zu tun. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wurm: Mutmaßung Ihrerseits! Mutmaßung Ihrerseits!)

Mir als Ökonomen tut das wirklich weh, weil das ökonomischer Unsinn ist. (Abg. Wurm: Die Faktenlage ist es!) Erinnern wir uns an das Jahr 1992, an den Wahlkampf von Präsident Clinton, als er gesagt hat: „It’s the economy, stupid!“ – Es ist die Wirtschaft, Dummkopf! Ich vermisse in den Reihen der FPÖ, der ÖVP, aber auch in den Reihen der Regierung – dort im Besonderen – Grundkenntnisse der Volkswirtschaftslehre.

Ich erinnere mich noch gut, Frau Ministerin, als Sie hier auf Ihre eigene Frage: „Wer schafft die Arbeit?“, in den Saal gerufen haben: „Sorry“, die „Wirtschaft schafft die Ar­beit“. Und dann haben Sie zur SPÖ hingezeigt und haben gesagt, „bitte merkt euch das einmal“. Und mit „Wirtschaft“ haben Sie die Unternehmerinnen und Unternehmer gemeint. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Nein, das sind wir alle!) – Ah, das sind wir jetzt auf einmal alle. Das ist jetzt aber ein ganz neuer Aspekt. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hartinger-Klein.) – Ja, ich als Ökonom schon, ich weiß es. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Ja, ich auch! Ich auch!) – Na, damals ist das aber durch alle Medien gegangen, es war in allen Zeitungen (Abg. Rosenkranz: Vor allem in der Prawda!), und Sie, Frau Ministerin, haben das nie dementiert.

Und dann habe ich der Frau Wirtschaftsministerin die Frage gestellt: Wer schafft die Arbeit?, und die Frau Wirtschaftsministerin hat gesagt: Die Unternehmerinnen und Un­ternehmer und sonst niemand. (Abg. Deimek: Der Oberste Sowjet schafft Arbeit, und die ...!) – Das ist das Verständnis dieser Regierung dafür, wer die Arbeit schafft. Es ist keine Rede davon, dass die Wirtschaft immer aus Angebot und Nachfrage besteht. (Abg. Deimek: Nein, die Wirtschaft befolgt einen Fünfjahresplan!) Jeder Ökonom, der einmal in einer Einführungsvorlesung für die Volkswirtschaftslehre war, weiß das, wie auch der Ökonomie-Nobelpreisträger Samuelson, der ein sehr bekanntes Lehrbuch ge­schrieben hat. Das ist auch der Grund, warum uns der liebe Gott mit einem rechten und einem linken Auge ausgestattet hat: eines für das Angebot und eines für die Nach­frage.

Getrieben werden Angebot und Nachfrage immer durch alle wirtschaftlichen Akteure, also durch Unternehmen, durch Beschäftigte, durch die Haushalte und durch den Staat. Das würde ich von dieser Regierung, aber auch von den Abgeordneten der ÖVP und der FPÖ gerne einmal hören.

Ich würde sagen, keiner ohne den anderen, Angebot nicht ohne Nachfrage. Daher: Bitte merkt euch das einmal! – Frau Ministerin, auch an Ihre Adresse: Merken Sie sich das und verzapfen Sie nicht solchen Unsinn von der Regierungsbank aus!

17.12.00*****



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 170

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, den Ausdruck „Unsinn“ zurückzunehmen.


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Nein, den Ausdruck „Unsinn“ werde ich nicht zurücknehmen.


Präsidentin Doris Bures: Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Ross­mann: Den habe ich hier, an dieser Stelle, schon so oft verwendet! – Abg. Neubauer: Das heißt ja nicht, dass er deswegen gut war!) – Nein, Herr Abgeordneter! (Abg. Ross­mann: Frau Präsidentin, und ich werde ihn auch in Zukunft weiter verwenden! – Ruf bei der FPÖ: Das hört eh keiner!) – Herr Abgeordneter, wissen Sie, es macht einen Unterschied, ob man meint, irgendein Sachverhalt wäre ein Unsinn, oder ob man das einer Person vorwirft. Deshalb werde ich Ihnen, wenn Sie es nicht zurücknehmen, da­für einen Ordnungsruf erteilen, weil Sie es als persönlich diffamierenden Vorwurf ver­wendet haben, nicht als Bewertung irgendeines Sachverhalts. Das ist der Unterschied. Deshalb würde ich Sie bitten, das als persönlichen Vorwurf an die Frau Ministerin zu­rückzunehmen.


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Nein! Ich habe vorher vom Sach­verhalt gesprochen. Ich habe das lange erläutert, Frau Präsidentin, und ich werde aus genau diesem Grund diesen Ausdruck nicht zurücknehmen: Es ist mir darum gegan­gen, zu unterstreichen, dass das, was die Frau Ministerin in Bezug auf die Frage, wer Arbeit schafft, gesagt hat, ein ökonomischer Unsinn ist, und dabei bleibe ich. (Ruf: ... des Hauses unwürdig! – Ruf: Ein garstiger Mensch! – Abg. Höbart: Die Arbeiterkam­mer schafft keine Arbeitsplätze!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Rossmann, dann werde ich Ihnen für diesen Vorwurf und dieser sozusagen auch damit verbundenen persönlichen Diffamie­rung – nicht wegen des inhaltlichen Zusammenhangs, darauf habe ich hingewiesen! – auch einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

*****


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Das können Sie, Frau Ministe­rin, gerne tun. (Abg. Neubauer: Das ist keine Ministerin!) Diesen Ordnungsruf akzep­tiere ich, aber ich sage Ihnen, dieser Ordnungsruf ist nicht gerechtfertigt. (Abg. Neu­bauer: Das ist keine Ministerin! – Heiterkeit des Abg. Wurm. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zur Frage der Armut: Ja, die Armut geht natürlich zurück, aber auch hier gilt: Sie geht nicht deshalb zurück, weil es jetzt eine türkis-blaue Regierung gibt, die Armut ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Wenn wir uns aber anschauen, wie viele Men­schen in Österreich nach wie vor in Armut leben oder von Armut bedroht sind, dann sind das immer noch mehr als 1,2 Millionen Menschen in diesem Lande. Das heißt, jeder siebente Österreicher oder jede siebente Österreicherin lebt in Armut oder an der Armutsgrenze. Sie haben ja beispielsweise mit der Sozialhilfe Neu für Familien durch­aus auch einiges dazu beigetragen, dass Familien mit Kindern aus dieser Armutssitua­tion nicht herauskommen.

Mein Credo in der Politik, und das habe ich schon oftmals auch an dieser Stelle ge­sagt, besteht nicht darin, ein Nulldefizit anzustreben, sondern null Armut. Das muss ein gesellschaftspolitisches Ziel sein. (Beifall bei JETZT.) Darum geht es, das ist der Sinn meines wirtschaftspolitischen Wirkens.

Wenn hier an dieser Stelle viel davon die Rede war, dass es eine Steuerentlastung ge­geben hat, so muss ich sagen: Es wurde der gesamte Budgetspielraum, ja sogar mehr als der gesamte Budgetspielraum, dafür verwendet, Entlastungen durchzuführen – ver-


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teilungspolitisch nicht gerecht, darauf werde ich noch eingehen –, das hat aber den Ef­fekt, dass es kein Geld mehr zur Bekämpfung der Armut, zur Bekämpfung des Klima­wandels, zur Bekämpfung des Pflegenotstands in unserem Land gibt. Ich frage daher die Vertreterinnen und Vertreter der FPÖ und der ÖVP, wie sie das zu finanzieren ge­denken.

Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder von Entlastung die Rede war und wenn Herr Kollege Wöginger gemeint hat, die Menschen spüren das alles, so muss ich sa­gen, viele Menschen spüren von den Entlastungen, die Sie gemacht haben, gar nichts. Erstens einmal gibt es auch im Zusammenhang mit dem Familienbonus gar nicht we­nige Menschen, die nicht lohnsteuerpflichtig und keine AlleinerzieherInnen sind und die daher vom Familienbonus genau null profitieren. (Abg. Belakowitsch: Ja, das können sie auch schwer, wenn sie ...! Das ist ein bisschen schwer! – Zwischenruf des Abg. Bösch.)

Dann gibt es natürlich eine starke Differenzierung zwischen jenen, die keine Lohn- und Einkommensteuerpflicht haben, und jenen, für die Lohn- und Einkommensteuerpflicht besteht. Für die erste Gruppe beträgt der Kindermehrbetrag 250 Euro, für die anderen Gruppen bis zu 1 500 Euro.

Sie, Herr Wöginger, haben hier an dieser Stelle auch gesagt, dass die Menschen et­was von der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge spüren. Auch das ist falsch (Abg. Wöginger: Warum?), denn Menschen mit einem Einkommen bis 1 381 Euro ha­ben vor der Senkung keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt und bezahlen auch nach der Senkung keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge. (Abg. Wöginger: Aber dazwischen!) – Nein, bis dahin gar nicht. Nein, das stimmt nicht! Sie sagen be­wusst die Unwahrheit, und das stört mich an Ihren Ausführungen so. (Abg. Wöginger: Ich habe gesagt, zwischen 1 350 und 1 950! Stimmt das?)

Kommen wir noch, bevor meine Redezeit zu Ende ist, zur Steuerreform, zur Senkung des Tarifs, die etappenweise durchgeführt wird. Da heißt es in dem Antrag, es werden besonders die kleinen Einkommen entlastet. – Auch das ist falsch. Die stärkste Ent­lastung gibt es für Einkommen bei 3 500 Euro. Na, das sind keine kleinen Einkommen mehr! Das sind nicht einmal mittlere Einkommen, denn das mittlere Einkommen für Männer liegt bei 2 500 Euro (Abg. Neubauer: Bei Ihnen ist es ein bisschen höher!) und für Frauen bei 1 700 Euro. Das sind die hohen Einkommen, und diese Entlastung zieht sich dann kontinuierlich weiter bis 6 000 Euro. Diese Gruppen werden schwerpunktmä­ßig stärker entlastet als die Einkommen unter 3 500 Euro, das ist nun einmal ein Faktum.

Dann möchte ich noch die Ungleichverteilung zwischen der großen Gruppe der Lohn­steuerpflichtigen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der einen Seite und den Kapitalgesellschaften auf der anderen Seite ansprechen. Für Kapitalgesellschaften ist eine Senkung der Körperschaftsteuer in zwei Etappen vorgesehen. 1,7 Milliarden im Entlastungsjahr 2023, und das ist Geld, das hauptsächlich an Großkonzerne ausge­schüttet wird, denn ungefähr 300 Großkonzerne in Österreich zahlen etwa 50 Prozent der Körperschaftsteuer. Für die vielen kleinen und mittleren Kapitalgesellschaften fällt da zu wenig an.

Dazu kommt dann noch, dass es natürlich ein Gegenfinanzierungsrisiko gibt, das dazu führen kann, dass sich gar nicht wenige unter den Lohnsteuerpflichtigen für den Fall, dass es einen Senkung, eine Ausgabenkürzung gibt, einen Teil dieser Steuerentlas­tung selber finanzieren müssen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zur Schlussfolgerung – weil immer wieder davon die Rede war, dass so­ziale Wärme in dem Land eingezogen ist –: Ich kann von der sozialen Wärme nichts feststellen. Ich sehe weiterhin soziale Kälte durch viele Maßnahmen dieser Regie­rung. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

17.19



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 172

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Bogner-Strauß zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


17.19.36

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher zu Hause! Österreich ist ein wohlhabendes Land, es geht uns gut, wir haben mehr Mög­lichkeiten als je zuvor. Dafür sind in erster Linie die Unternehmen verantwortlich und die arbeitenden Menschen: ihre Innovationskraft, ihr Fleiß, ihre Talente.

Unsere Sozialstandards in Österreich sind extrem hoch, das haben wir bereits von Vor­rednerinnen und Vorrednern gehört, und die Armut ist glücklicherweise im Sinken be­griffen. Nichtsdestotrotz: Es gibt Armut und es gibt Armutsgefährdung, und jedes ein­zelne persönliche Schicksal macht betroffen und ist eine gesellschaftliche Herausforde­rung. Unsere Aufgabe als Bundesregierung ist es natürlich, Strategien und Maßnah­men zu entwickeln – Strategien und Maßnahmen, die helfen. Diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir sind als Bundesregierung vor 17 Monaten angetreten, um für Österreich Verände­rung einzuleiten und für mehr Fairness und mehr Gerechtigkeit in Österreich, aber auch in Europa zu sorgen, und dafür arbeiten wir jeden Tag. Armut bedeutet in Öster­reich in den meisten Fällen nicht, dass man kein Dach über dem Kopf oder dass man nichts zu essen hat. Viele Betroffene können sich aber nicht leisten, was sonst als ganz normal erscheint.

Aufwachsen in Armut bedeutet Mangel und Verzicht und macht oft krank. Mit niedrigem sozialen Status geht ein Mangel an Anerkennung und Bildung einher, und von Armut betroffene Menschen sind oft weniger selbstbewusst und bitten, wie Studien zeigen, seltener um Hilfe. Diesen Auswirkungen treten wir ganz entschieden entgegen, und da­her setzen wir wirkungsvolle Maßnahmen gegen jegliche Form von Armut.

Eines vorweg: Die beste Maßnahme dagegen, wir haben es schon gehört, ist Arbeit, ist, dafür zu sorgen, dass die Menschen in Österreich arbeiten. Eine gute Arbeit zu ha­ben heißt, sich wohlzufühlen, und heißt, eine Perspektive zu haben. Das gilt vor allem im Zusammenhang mit der Armutsbekämpfung. Daher haben wir es uns als Priorität gesetzt, dass wir Arbeit schaffen und mehr Menschen in Arbeit bringen, denn Arbeit schaffen heißt Armut bekämpfen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Als Frauenministerin habe ich natürlich vor allem die Frauen im Blick. Wir haben ge­sehen, dass die Armut sinkt; das ist leider nicht wahr für alleinstehende Pensionistin­nen. Beinahe ein Drittel der allein lebenden Pensionistinnen war im Jahr 2018 ar­mutsgefährdet, und von 2015 bis 2017 sind die Zahlen gestiegen, nämlich von 22 auf 27 Prozent.

Gründe für die Altersarmut sind bekannt: Ein Grund ist die Lohnschere – in Österreich verdienen Frauen 20 Prozent weniger als Männer –, Frauen leisten noch immer den Großteil der unbezahlten Arbeit – ich denke da jetzt an Kinderbetreuung und ich denke da auch an Pflegeaufgaben, die in Zukunft noch mehr werden –, und ein weiterer we­sentlicher Grund ist, dass Frauen häufiger und vor allem auch länger Teilzeit arbeiten als Männer. All das führt zu einer geringeren Pension.

Wir setzen natürlich Maßnahmen. Eine Maßnahme davon ist, mehr in Kinderbetreuung zu investieren. Gemeinsam mit den Ländern investieren wir in den nächsten Jahren 700 Millionen Euro in den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze, aber vor allem auch in die Flexibilisierung der Öffnungszeiten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Dadurch verbes­sern wir das Angebot und ermöglichen es vor allem Frauen – was uns die Zahlen zei-


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gen –, wieder in die Erwerbstätigkeit einzusteigen oder mehr Stunden zu arbeiten. Das schafft mehr Einkommen und verhindert natürlich langfristig Armut im Alter.

Auf der anderen Seite bauen wir auf Familienleistungen. Wir haben den Familienbonus Plus eingeführt – auf den darf ich als Familienministerin natürlich besonders stolz sein. Damit entlasten wir vor allem kleine und mittlere Einkommen. 1,6 Millionen Kinder pro­fitieren davon, fast eine Million Familien profitiert davon, und dafür nehmen wir 1,5 Mil­liarden Euro in die Hand. Das ist die größte Familienentlastung, die es jemals in Ös­terreich gab. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zusätzlich zahlen wir die Familienbeihilfe aus, und wir sind eines der wenigen Länder in Europa, das die Familienbeihilfe über die Volljährigkeit hinaus auszahlt. Wir zahlen ein wirklich großzügiges Kinderbetreuungsgeld. Es gibt sehr viele Möglichkeiten und Varianten, Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Wir haben einen Familienhärteausgleich für Familien, die in Not sind. Diese können bei uns einen Antrag stellen und bekommen noch zusätzliches Geld ausbezahlt. (Abg. Höbart: Für die SPÖ gibt es nichts mehr zu tun!) Und wir dürfen die familienpolitischen Sachleistungen nicht vergessen! Wir geben sehr viel Geld für die Schülerfreifahrt und natürlich auch für die Schulbuchaktion aus, und das senkt natürlich auch die Unterhaltskosten für unsere Kinder. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Bundesbudget ist, wie man so schön sagt, ein Budget, das Politik widerspiegelt. Ein Budget ist in Zahlen gegossene Politik, und ich bin wirklich froh, dass wir sagen können, dass wir 10 Prozent unseres Bundesbudgets für Familienleistungen ausge­ben. Das zeigt und beweist, welchen Stellenwert die Familie für uns als Bundesregie­rung hat.

Mit diesem Sozialsystem sind wir extrem treffsicher. Das wurde uns bescheinigt, das zeigen aber auch die Vergleiche innerhalb von Europa. Wir haben auch gesehen, dass wir mit diesen Familienleistungen die Familienarmut um die Hälfte reduzieren können. Damit kann ich nur eines sagen: Die Familienleistungen, die wir in Österreich zahlen, und nicht zuletzt der Familienbonus sind effektiv und wirken. Das ist ganz essenziell, denn Armut raubt Chancen und trübt Perspektiven ein. Darum werden wir in dieser Bundesregierung gemeinsam alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um Armut zu reduzieren und um Leid zu reduzieren.

Uns ist es wichtig, dass die Menschen Arbeit haben, denn damit haben sie eine Pers­pektive, und auch Wertschätzung ist oft mit einer Arbeit verbunden. Wir werden unser Sozialsystem so ausrichten, dass die Leistungen dort ankommen, wo sie gebraucht werden und wo sie wirken. Und was für mich als Familienministerin natürlich beson­ders wichtig ist: Die Familien und Kinder in unserem Land sollen die Gewissheit haben, dass wir als Bundesregierung sie dort unterstützen, wo sie es brauchen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

17.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wer­ner Neubauer. – Bitte.


17.28.41

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frauen Bundesministerinnen! Es ist schon bemerkenswert, was seit 18 Monaten in dieser Republik abgeht. (Ruf: Richtig! – Zwischenrufe bei SPÖ und NEOS.)

Da wird seitens der Bundesregierung eine tolle Politik gemacht (Ruf: Bravo! – Beifall bei FPÖ und ÖVP), und es gibt praktisch keinen einzigen Gesetzentwurf, der hier vor­gelegt wird, der nicht einer permanenten Kritik hauptsächlich vonseiten der SPÖ aus­gesetzt ist. Wenn man sich dann zum Schluss aber auch noch dazu versteigt, dass


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man damit sogar verbindet, dass durch diese Gesetze die Armut in Österreich auch noch forciert wird, dann hört sich der Spaß eigentlich auf, denn das Gegenteil, und das haben heute viele Rednerinnen und Redner schon gesagt, ist derzeit in Österreich der Fall.

Deshalb habe ich mir überlegt, dass ich heute vielleicht so etwas wie einen Fakten­check mache, um für die Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und auch für die Zuseher an den Fernsehgeräten ein paar Beispiele darzulegen und um ein paar Dinge einfach einmal anzusprechen.

Sie sagen, diese Regierung macht keine gute Familienpolitik. – Sie haben dem Fami­lienbonus Plus nicht zugestimmt. Ich verstehe das nicht, denn wenn Sie sagen, das ist alles schlecht, dann müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen, dass wir hier als Vertre­ter der Bundesregierung sicherlich keine Politik für die NEOS und sicherlich keine Poli­tik für die SPÖ machen, sondern wir machen Politik und Gesetze für die Menschen die­ses Landes! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn eine Million Menschen in Österreich bereits einen Antrag auf diesen Familienbo­nus Plus gestellt haben und damit eine Entlastung bis zu 1 500 Euro bekommen, dann können Sie davon ausgehen, dass das eine Maßnahme gegen die von Ihnen apostro­phierte Armut ist, die wir hier angeblich herbeiführen sollen.

Sie sagen, die Bundesregierung mache keine gute Steuerpolitik. – Diese Bundesregie­rung hat es geschafft, und sie wird das ja auch vorlegen, ein Nulldefizit im Budget zu erreichen. Ich möchte wissen, wann das in der Vergangenheit einer SPÖ-Regierung gelungen ist. (Zwischenruf der Abg. Margreiter.) Es ist nie gelungen, weil Sie immer nur Schulden gemacht haben, zulasten der Bevölkerung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Realität. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Sie sagen auch, wir machen keine gute Sozialpolitik. – Ich denke an die Pensionistin­nen und Pensionisten, die statt einer Inflationsabgeltung von 2,0 Prozent eine von 2,6 Prozent von dieser Bundesregierung erhalten haben, womit auch die Kaufkraft für diese Menschen massiv gestärkt werden konnte, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn wir ab 1.1.2020 die Mindestpension auf 1 200 Euro und für Verheiratete auf 1 500 Euro anheben, dann ist das ein massiver Beitrag genau dazu, die Altersarmut auch in diesem Sektor noch einmal zu senken, was ja schon angesprochen wurde. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Loacker, Sie kritisieren die Pensionspolitik, in manchen Bereichen sicher­lich durchaus auch zu Recht, aber eines haben Sie den Wählerinnen und Wählern immer noch nicht gesagt: Sie vertreten das schwedische Modell. – Ich darf hier heute nur einen Punkt dieses schwedischen Modells herausgreifen. Wissen Sie, wie lange die Menschen heute in Österreich nach Ihrem Modell arbeiten müssten, damit sie eine Pension bekommen? – Wir haben uns das ausgerechnet: Bis 70 Jahre müssten die Menschen heute in Österreich arbeiten, Männer und Frauen gleichermaßen. Herr Loa­cker, wollen Sie das? Wir wollen das nicht! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es wurde das Thema der Arbeitslosigkeit mehrmals angesprochen. Ich bin schon sehr stolz darauf, dass wir es geschafft haben, 30 000 Menschen in diesem Land zu Arbeit zu verhelfen. Das ist für die Menschen der beste Weg, die Armut zu bekämpfen, das muss es sein.

Wenn Sie dann sagen, wir hätten ja von dem gesamten Wirtschaftswunder profitiert, sodass uns jetzt alles so in den Schoß fällt: In den Schoß ist es uns nicht gefallen! Frau Bundesministerin Schramböck hat heute eine Viertelstunde lang Beispiele aufgezählt, wie diese Regierung Rahmenbedingungen für die Wirtschaft geschaffen hat, damit es genau zu diesem Abfluss kommt, nämlich zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.


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Abschließend darf ich Ihnen sagen, was dann noch mich und mittlerweile auch die Medien wundert. Die Medien schreiben mittlerweile ganz ungeniert, sie verstehen die­se Boykotthaltung der SPÖ nicht mehr. Alle diese Themen, die wir jetzt beschließen, wären an und für sich ureigenste soziale Themen, zu denen Sie eigentlich immer zu­stimmen müssten. Sie tun es nicht, und mittlerweile versteht das in Österreich niemand mehr. Sie feiern lieber den Geburtstag von Lenin und beschäftigen sich mit internen Problemen, was verhindert, dass Sie politisch wieder in die Gänge kommen.

Kreisky hat damals gesagt: „dass mir ein paar Milliarden mehr Schulden weniger schlaf­lose Nächte bereiten als ein paar Hunderttausend Arbeitslose mir bereiten würden.“ – Sie haben mit Ihrem Abstimmungsverhalten genau das Gegenteil bewirkt. Mit Ihrem Abstimmungsverhalten treiben Sie die Menschen in die Arbeitslosigkeit, sei es durch die Nichtzustimmung bei den Biogasanlagen, beim Wirtschaftsstandort als Staatsziel­bestimmung, die wir heute beschlossen hätten, und beim Familienbonus Plus. All das geht auf das Konto der SPÖ. Dafür müssen Sie bei Ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern um Entschuldigung bitten. Das würde mich freuen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.34


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Mag. Loacker gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.35.08

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Abgeordneter Neubauer hat gesagt, wenn wir das schwedische System hätten, müsste man bis 70 arbeiten, um in Pension gehen zu können.

Ich berichtige tatsächlich: Das Regelpensionsalter in Schweden liegt bei 65, und man kann ab einem Alter von 61 unter Berücksichtigung der Lebenserwartung und mathe­matischer Einrechnung der Lebenserwartung in Pension gehen. – Danke schön. (Bei­fall bei den NEOS. – Abg. Neubauer: Sie haben es nicht verstanden! Sie haben es nicht verstanden! Ich habe gesagt: in Österreich! Nicht in Schweden!)

17.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


17.35.40

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Ministe­rinnen! Hohes Haus! Das Thema dieser Dringlichen Anfrage lautet: „Armutsbekämp­fung und Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit“. Ich behaupte nun beziehungs­weise ich unterstelle allen Fraktionen, dass genau dieses Thema auch Ziel der Sozial­politik jeder Fraktion hier im Haus ist, und dennoch diskutieren wir hier, als ob wir den größten Dissens hätten.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen, die Sozialpolitik stand, steht und wird auch in Zukunft im Zentrum der Debatten in diesem Haus stehen. Unterscheiden tun wir uns ein Stück weit im Wie. Genau deswegen hat diese Regierung auch bereits eine Viel­zahl an Maßnahmen auf den Weg gebracht. Man kann sie nur immer wieder wiederho­len, dass die Leute das auch mitbekommen: Das ist die Erhöhung von kleinen und mitt­leren Pensionen. Es ist der Familienbonus Plus, von dem 950 000 Familien und 1,6 Millionen Kinder profitieren. Es ist die Sozialhilfe Neu, die ein Mehr an Gerechtig­keit bringen wird. Es ist eine Steuerreform, die eine Entlastung von 5 Milliarden Euro für kleine und mittlere Einkommen bringen wird. – Man kann es nicht oft genug sagen: Diese Regierung hält, was sie versprochen hat.

Nun, meine Damen und Herren, wie schaut es denn wirklich aus? – 17,5 Prozent – das ist ein Wert der Statistik Austria – sind von Armut oder von Ausgrenzung bedroht. Auch


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wenn dieser Wert im internationalen Vergleich ein durchaus herzeigbarer und guter ist, ist uns trotzdem jeder Armuts- und Ausgrenzungsgefährdete einer zu viel.

Vor zehn Jahren waren es 1,7 Millionen, die bedroht waren. In den letzten zehn Jahren konnten wir diesen Wert um beinahe 190 000 Personen senken, das sind mehr als 10 Prozent. Meine Damen und Herren! Das war und ist ein Erfolg der Politik der Vor­gängerregierungen und, ich glaube, auch ein Ziel der momentanen Regierung. Diese bereits gesetzten und die noch folgenden Maßnahmen dieser Regierung werden auch dazu führen, dass dieser Wert noch spürbar nach unten gedrückt werden wird.

Allerdings ist es so, dass man diese Zahlen durchaus mit Vorsicht genießen muss, denn wenn man sieht, dass zum Beispiel die Slowakei weniger Armutsgefährdete hat als Österreich, dann stellt sich doch einiges an Fragen zu diesem Thema.

Meine Damen und Herren! Es ist eine Tatsache, dass die Statistik eher die Ungleich­heit zwischen Einkommen als die Armutsgefährdung misst. Nur als Beispiel, was das zur Folge hat: Wenn wir hergingen und alle Einkommen in Österreich auf einen Schlag verdoppeln würden, hätten wir danach in dieser Statistik trotzdem genau gleich viele Armutsgefährdete wie jetzt. Das klingt paradox, ist aber ein Ergebnis dieser Statistik.

Dieser Regierung ist jede armutsgefährdete Person eine zu viel. Deshalb wurde schon eine Vielzahl an Maßnahmen umgesetzt.

Wir entlasten Österreich mit einer gerechten Steuerreform für kleine Einkommen. Mei­ne Damen und Herren, wenn Sie hierher schauen (einen Ausdruck in die Höhe hal­tend, auf dem das Folgende veranschaulicht ist): Hier ist ein Ehepaar, Roman und Eva; er verdient 1 000 Euro netto im Monat, die Mutter verdient 1 750 Euro netto im Monat; sie haben zusammen zwei Kinder. Diese Familie wird in Zukunft über 4 000 Euro an Entlastung durch die Maßnahmen dieser Regierung bekommen.

Meine Damen und Herren! Das ist die Sozialpolitik dieser Regierung. Das ist Entlas­tung für die Menschen. Das ist eine Familienpolitik, wie Sie sie in der ganzen Welt su­chen können. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir haben den Familienbonus Plus mit einer direkt spürbaren Entlastung für alle Fami­lien in Österreich in Kraft gesetzt. 950 000 Familien, 1,6 Millionen Kinder werden von diesem Familienbonus profitieren. Die Sozialhilfe Neu unterstützt die sozial Schwachen und schafft eine neue Gerechtigkeit in diesem Land – ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt. Und nicht zuletzt: Die kleinen und mittleren Pensionen wurden spürbar erhöht – für die Menschen, die am Aufbau unseres Landes mitgearbeitet haben.

Diese Regierung entlastet diejenigen, die es ohnehin schon sehr schwer haben, und vor allem: Diese Regierung hält, was sie versprochen hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.


17.41.14

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Bundesministerin­nen! Ich muss eines sagen: Es tut schon sehr, sehr weh, wenn man hier hören muss, wie die Positionen sind – unterschiedlich dargestellt aufgrund dessen, was wir vertre­ten –, es tut aber gut, auch etwas Positives zu hören, nämlich dass die Vorgängerre­gierung unter SPÖ-Kanzlerschaft ein Land aufgebaut hat, in dem Wohlstand, soziale Gerechtigkeit geschaffen wurden. Das tut einfach gut, und es gibt noch einige Manda­tarinnen und Mandatare in den Regierungsparteien, die das auch wertschätzen, und das ist heute auch zum Ausdruck gebracht worden. Es tut aber verdammt weh, wenn


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hier herausgegangen und einfach nur hingehaut wird auf das, was bisher an Sozialsys­tem und sozialer Gerechtigkeit geschaffen wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Nur schlechtreden ist nicht okay, das kann ich sogar nach­vollziehen, aber noch mehr weh tut es, wenn man Schlimmes nur schönredet, wenn man hier herausgeht und sagt, diese Steuerreform sei das Nonplusultra. – Das ist eine Pimperl-Reform verglichen mit dem, was 2015 passiert ist, als 5 Milliarden Euro an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegangen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Hauser. – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Wir haben damals nicht diese Hochkonjunktur gehabt, wir haben damals nicht diese Voraussetzungen im Budget gehabt, um das zu finanzieren. Und Sie gehen her und kündigen 3,5 Milliarden Euro Entlastung an, für einen Zeitpunkt, zu dem wir uns das eh schon wieder alles selber bezahlt haben, und sagen, als Gegenfinanzierung dienen Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro.

Frau Sozialministerin! Ich vermisse Ihren Aufschrei, wenn der Bildungsminister, der Justizminister und der Verteidigungsminister sagen: Bei meinem Budget nicht! Wo ist Ihr Aufschrei? (Abg. Margreiter: Genau! – Beifall bei der SPÖ.) Wo ist Ihr Aufschrei, dass Sie sagen, keine Einsparungen bei der Bekämpfung von Armut und der Herstel­lung sozialer Gerechtigkeit, keine Einsparungen in meinem Ressort? Das vermissen wir von Ihnen.

Wenn Sie dann hergehen und sagen, es gebe mehr Beschäftigung und weniger Ar­beitslosigkeit: Ja, Sie haben das nicht gemacht! Ich sage Ihnen, bei einer Hochkon­junktur ist das nicht Ihr Verdienst. Das ist auch kein Wunder. Das ist deswegen erreicht worden, weil die Rahmenbedingungen durch die Politik geschaffen wurden, und dafür verantwortlich war die Vorgängerregierung! Das sind die Fakten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hauser: Genau!)

Sie sagen, die Pensionen seien so toll erhöht worden. Ich frage Sie: Wo haben die Pensionistinnen und Pensionisten einen Zuwachs bei ihrer Pension, wenn die Ausga­ben für den wöchentlichen Einkauf um über 3,5 Prozent gestiegen sind? Da können Sie die 2 Prozent bis 2,6 Prozent irgendwo hinschreiben, das ist nämlich ein Verlust für die Pensionistinnen und Pensionisten. Das sind die Fakten. (Abg. Hauser: Unter der SPÖ haben sie nicht einmal 2 Prozent gehabt! Aber jetzt höre ich auf, dazwischenzuru­fen, denn Sie verstehen es sowieso nicht!)

Der letzte Punkt: Was haben Sie, geschätzte Kollegen von FPÖ und ÖVP, gegen die Kinder in unserer Republik? Bitte gehen Sie nicht heraus und sagen Sie da, 1,6 Millio­nen Kinder profitieren von diesem Familienbonus! Das stimmt nicht! Von 1,6 Millionen Kindern bekommen 700 000 Kinder nicht diese volle Ausschöpfung. (Beifall bei der SPÖ.) Da sind Kinder darunter, die bekommen gar nichts, und das hat mit sozialer Ge­rechtigkeit und Bekämpfung von Armut nichts zu tun.

Auch sagen Sie, die Sozialhilfe Neu sei so super. Sie haben bei Maßnahmen für be­hinderte Menschen wieder Verantwortung auf die Länder abgeschoben. Sie haben wie­der bei Familien mit vielen Kindern gespart. (Abg. Belakowitsch: Falsch!) Das ist nicht Sozialpolitik, damit bekämpfen Sie keine soziale Ungerechtigkeit und damit bekämpfen Sie schon gar nicht die Armut!

Wenn Sie hier immer wieder von sozialer Wärme sprechen: Das ist mehr als überspitzt formuliert, das ist unzumutbar und nicht anzuhören. Zu dem, was Sie in der Sozial­politik machen (Abg. Margreiter: Auseinanderdividieren!), sage ich Ihnen offen und ehrlich: In jedem Kühlschrank, in jedem Kühlhaus, in jeder Gefriertruhe ist es wärmer, als Ihre Sozialpolitik in der Republik Österreich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 178

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Scherak gemeldet. – Bitte.


17.45.47

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Auch ich muss Kollegen Neubauer tatsächlich berichtigen. Er hat am Rednerpult in Richtung SPÖ und NEOS gesagt, wir haben dem Familienbonus Plus nicht zugestimmt.

Ich berichtige tatsächlich: Die NEOS haben dem Familienbonus Plus trotz Kritik dann sehr wohl zugestimmt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Neubauer: Das habe ich gar nicht erwähnt! Das war vorauseilender Gehorsam!)

17.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried.


17.46.13

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Bundesminis­terinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Frau Hartinger-Klein! Ich war jetzt kurz sprachlos, als ich Ihnen zugehört habe, denn ich muss Ihnen offen sagen, das, was Sie da abgeliefert haben, das war peinlich, das war nichts als peinlich. Sie präsentieren die Zahlen des Jahres 2017 und tun so, als ob Sie irgendetwas damit zu tun gehabt hätten! Das ist peinlich, Frau Sozialministerin! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.) Wenn Sie erröten könnten, wenn ihr alle rot werden könntet, wäre es eine gute Gelegenheit, das jetzt zu tun. (Beifall bei Abgeord­neten von SPÖ, NEOS und JETZT.)

Ich will Sie auffordern, weil Sie ja so gerne Fragen stellen, Frau Sozialministerin, dass Sie sich selber wieder einmal eine stellen, was diesen Bericht betrifft: Was war da mei­ne Leistung? Bitte stellen Sie sich diese Frage! Sie werden gleich erfolgreich sein wie der Herr Meischberger. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Wenn wir schon beim Thema Vertrauen sind, möchte ich auf etwas eingehen, was mit Ihrer Anfrage nichts zu tun hat, weil es mich auch interessiert. Der Bundeskanzler hat vor Kurzem hier gesagt, er duldet keine Identitären in Ministerkabinetten. Jetzt kom­men wir drauf, bei Ihnen sitzt einer. Was sagen Sie dazu, Frau Sozialministerin? Bitte, was sagen Sie dazu? (Beifall und Oh-Rufe bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten von JETZT. – Bundesministerin Hartinger-Klein: Sitzt keiner! Das ist eine Unterstel­lung!)

Und ich möchte Sie noch etwas fragen: Wie können Sie als Sozialministerin einer Steuerreform zustimmen, die den größten Konzernen in Österreich 1,5 Milliarden Euro als Körberlgeld vermittelt, und das auf Kosten der Kranken, der Pensionisten, der Pfle­gebedürftigen und der Arbeitslosen, geschätzte Frau Sozialministerin? (Beifall bei der SPÖ.) Sie waren nämlich die Einzige, die nichts gegen diese 1,5 Milliarden gesagt hat und die nicht gesagt hat, dass sie das nicht aus ihrem Budget zahlen will.

Ich möchte Sie noch etwas fragen, eine dritte Frage. Die Regierung hat eine bemer­kenswerte Fähigkeit, relativ gut das eine zu sagen und das andere zu tun, dabei sind Sie nicht schlecht. Jetzt ist die Message Control wegen der Pommesaffäre ein biss­chen aus dem Ruder gelaufen, aber prinzipiell machen Sie das gut. Ich möchte auf Seite 9 Ihres Ratspräsidentschaftsprogrammes verweisen, wo Sie sagen, die Bundes­regierung möchte den Kampf gegen das Steuerdumping auf europäischer Ebene auf­nehmen. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Sozialdumping!) – Ja, was haben Sie da gemacht? Haben Sie sich für gemeinsame KÖSt-Bemessungsgrundlagen eingesetzt? Haben Sie sich für die Harmonisierung der KÖSt eingesetzt? Haben Sie sich für den Kampf gegen die 28 Steuersysteme eingesetzt? – Gar nichts! (Abg. Hauser: Was habt


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 179

denn ihr zusammengebracht die ganze Zeit? Nichts!) Wenn die Industriellenvereini­gung mit den Fingern schnippt, springen Sie wie ein dressierter Pudel und senken die KÖSt in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ich fordere Sie auf, den Ausdruck „dres­sierter Pudel“ zurückzunehmen.


Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Dann nehme ich den Ausdruck zurück und sage: springen Sie gehorsam, wenn die Industriellenvereinigung ruft. (Abg. Rädler: Tiefer geht’s nimmer!)

Sehr geehrte Frau Sozialministerin! Sie sind eine Ministerin, die mit ihrer Tätigkeit be­ziehungsweise Nichttätigkeit dafür gesorgt hat, dass die Reichsten im Lande reicher werden und diejenigen, die jeden Tag aufstehen und hart für ihr Geld arbeiten müssen, nicht reicher werden. Die Rechnung ist Ihnen bei den Arbeiterkammerwahlen das erste Mal präsentiert worden, und sie wird Ihnen bei den Europawahlen das nächste Mal präsentiert werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pe­ter Pilz. – Bitte.


17.50.16

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Frau Präsidentin! Frauen Bundesministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz im Zusammenhang mit dem Arbeits­markt und mit dem Umgang von Kabinett und MinisterInnen mit dem Arbeitsmarkt aus dem Jänner 2018 – also kurz nach Angelobung der Bundesregierung – Folgendes be­richten:

Am 10.1.2018 gab es ein Dankesschreiben. Ich zitiere aus diesem Dankesschreiben:

Vielen Dank! Ich möchte mich bei jedem bedanken, der mir im letzten Jahr und vor al­lem in letzter Zeit geholfen hat und meine Arbeit unterstützt hat. – Zitatende.

Und dann geht es wie folgt weiter:

Jetzt heißt es, den längeren Atem haben. Es geht jetzt weiter, und ihr seid mit eurer Unterstützung ein Grund dafür. – Zitatende.

Unterschrift: Martin Sellner.

Einer der Empfänger ist ein gewisser Hansjörg Payr. Der hat zu diesem Zeitpunkt über­haupt nichts mit der Sozialministerin zu tun, sondern spendet an Sellner. Wenn Sie sich die Akten durchschauen, dann finden Sie beim Zahlungsdienstleister Stripe vier Zeilen unter Hansjörg Payr einen weiteren Spender: Brenton Tarrant. Und immer wie­der in Buchungszeilen: Hansjörg Payr, Brenton Tarrant und viele andere. – So, das sind Fakten.

Am 3. April 2018, also danach, wird Hansjörg Payr nicht Mitarbeiter bei Martin Sellner, sondern bei Sozialministerin Hartinger-Klein (Rufe bei der SPÖ: Unfassbar! Unfass­bar!) und kriegt einen Sondervertrag. (Abg. Jarolim: Einen Sondervertrag? Wieso ei­nen Sondervertrag?)

Jetzt kann die Sozialministerin sagen: Ich habe keine Ahnung gehabt, das war ein un­fassbar guter Arbeitsmarktexperte, und hätte ich gewusst, dass er gerade gemeinsam mit Brenton Tarrant vom Unterstützen Sellners kommt, dann hätte ich ihn ja nicht ge­nommen! – Aber sie hätte es ja wissen müssen, denn der Innenminister hat uns hier im Haus und im BVT-Untersuchungsausschuss erklärt, alle Kabinettsmitarbeiter und -mit­ar­beiterinnen werden, bevor sie beschäftigt werden, vom BVT auf Sicherheitsstufe 2 überprüft.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 180

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder hat der Identitärenunterstützer Hansjörg Payr das bei seiner Sicherheitsüberprüfung angegeben – dann haben wir den Innen­minister und die Sozialministerin zu fragen, warum er als Sellner-Spezi, der am 10. Jän­ner 2018, am selben Tag wie Brenton Tarrant gespendet hat, trotzdem genommen geworden ist, dann haben wir diese Frage zu stellen. Wenn er es aber verschwiegen und bei der Sicherheitsüberprüfung nicht angegeben hat, dass er die Identitären finan­ziell unterstützt hat, dann hat die Sozialministerin ihn sofort aus dem Kabinett zu ent­fernen! Da gibt es keine Alternative! (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

Ich fordere Sie auf, Frau Sozialministerin, das hier klarzustellen: Hat Ihr identitärenun­terstützender Kabinettsmitarbeiter Hansjörg Payr Sie und das BVT informiert (Abg. Herbert: Was hat das mit dem AMS zu tun?), dass er die Identitären zumindest finan­ziell unterstützt, oder hat er das verschwiegen und hat er das BVT und Sie hintergan­gen? Sie werden diese Frage dem Nationalrat genauso beantworten müssen, wie wir im BVT-Untersuchungsausschuss eine diesbezügliche Frage an den Innenminister rich­ten werden. (Abg. Neubauer: Können Sie nicht zum Thema reden?)

Das sind halt die Zustände in dieser Republik. Wenn man früher in ein Kabinett ge­schaut hat, dann hat man immer geschaut: Kommt der von irgendeinem Sozialpart­ner?, Gibt es da irgendwelche politischen Beziehungen?, und im allerschlimmsten Fall: Kommt er aus dem Konsum?, oder: Kommt er von Raiffeisen? – Das waren die großen Fragen, die wir uns gestellt haben. Und manchmal – ich muss es sagen – waren wir schockiert, wenn wir feststellen mussten: Ja, der ist wirklich von Raiffeisen gekommen oder der ist wirklich von Konsum gekommen. (Abg. Deimek: Und der Payr kommt aus Tirol, und das ist noch viel ärger, nicht?)

Bei Freiheitlichen stellt sich diese Frage nicht. Da stellt sich nur die Frage: Kommt er von den Identitären? Hat er bewusst Rechtsextremisten und Neonazis finanziell unter­stützt? Und: Wie kommt die Sozialministerin auf den absurden Gedanken, dass der Iden­titärenunterstützer und Teil des Sellner-Brenton-Tarrant-Netzwerkes Hansjörg Payr (Abg. Belakowitsch: Könnte man zur Sache einmal was sagen?) – das ist alles ein Netz­werk, ein globales Netzwerk von Christchurch bis ins Sozialministerium, bis ins Kabi­nett, das ist ein Netzwerk – - - Hat sie das gewusst oder hat sie das nicht gewusst?

Es ist immer dasselbe: Wo du hinschaust, tauchen die gleichen Kameraden auf. Des­wegen ist es so schwer, sich mit Politik auseinanderzusetzen (Abg. Belakowitsch: Das glaub ich! Sie haben sich noch nie mit Politik auseinandergesetzt!), wenn Beschäf­tigungspolitik - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun zum Schlusssatz kommen!


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): - - in der Freiheitlichen Partei und auch an der Spitze des Sozialministeriums offensichtlich Beschäftigungspolitik für Identitäre heißt. Und eine solche – und da hoffe ich auf eine klare Mehrheit in diesem Haus –, eine Be­schäftigungspolitik für Identitäre in Kabinetten österreichischer Bundesminister lehne ich ab! (Beifall bei JETZT und SPÖ.)

17.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Efga­ni Dönmez. – Bitte.


17.56.21

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher auf der Galerie! Lieber Peter, dein Kampf, euer Kampf gegen den Rechtsextremismus in allen Ehren, aber den Armen in diesem Land wird das nicht einmal ein Wurstsemmerl bringen. Diskutieren wir daher, worum es bei diesem Tages­ordnungspunkt geht!


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 181

Viele Vorredner haben es auch schon gesagt: In Österreich leben über 1,2 Millionen Menschen in Armut. (Abg. Pilz: Die ... nehmen dich nicht!) Die geschätzte Frau Minis­terin hat auch gesagt, wir müssen Arbeitsplätze schaffen, es müssen entsprechende Chancen eingerichtet werden. – Ja, aber führen wir doch bitte die Diskussionen ehrlich und aufrichtig! Frau Ministerin, wenn man gesund ist und die richtige Ausbildung hat, die am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft gefragt ist, dann ist es in einer Leistungsge­sellschaft auch normal, dass man die Leistung erbringen kann und seinen Lebensun­terhalt absichern kann, es sogar es zu einem bescheidenen Wohlstand bringen kann. Aber was ist mit all den Menschen, die diese Möglichkeit nicht haben, weil sie eine Be­einträchtigung haben? Gerade von jenen Menschen mit den unterschiedlichsten Be­einträchtigungen wurden viele bis jetzt immer auch im öffentlichen Sektor unterge­bracht. Da wurde oder wird jedoch jetzt auch der Rotstift angesetzt. Die Ministerien müssen sparen. Es trifft die Menschen mit Beeinträchtigungen am härtesten.

Ich kann Ihnen aus Oberösterreich von einigen Jugendlichen berichten. Einer ist knapp 25, er wird im August 25. Er hat Hunderte von Bewerbungen an die unterschiedlichsten Firmen geschrieben, damit er einen Lehrplatz bekommt. Das Manko, das dieser Ju­gendliche hat: Er steckt im Körper eines knapp 25-Jährigen, ist aber auf dem Entwick­lungsstand eines Zwölfjährigen. Wie sollen diese Menschen einen Arbeitsplatz, einen Lehrplatz finden, wenn sie eine Absage nach der anderen bekommen – oder auch jene, die wir früher in Frühpension geschickt haben und die heute von der PVA von ei­ner Untersuchung zur anderen, von einem Chefarztgespräch zum anderen im Kreis ge­schickt werden?

Führen wir die Diskussionen ehrlich: Ja, in einer Leistungsgesellschaft ist es wichtig, Leistung erbringen zu können und zu müssen, und jeder, der alle sieben Zwetschken beieinander hat, wird diese Leistung auch erbringen wollen, aber es gibt viele, viele Menschen, die das nicht erbringen können, weil sie beeinträchtigt und krank sind. Das ist für uns Politiker eine riesengroße Herausforderung, und diese Menschen haben es, unter welcher Regierung auch immer, extrem schwer.

Der andere Punkt ist: Es gibt gewisse Gesetzmäßigkeiten. Die Schwerkraft werden wir alle hier herinnen nicht außer Kraft setzen können, und Einfluss auf das Wetter haben wir auch nicht, aber es ist auch eine Gesetzmäßigkeit – aus den Naturwissenschaf­ten –, dass große Fische immer kleine Fische fressen. Wir alle hier in diesem Haus sind privilegiert, wir konnten eine gute Ausbildung genießen, wir haben auch eine gute Schulbildung genossen, aber viele Menschen hatten diese Möglichkeit aus diversesten Gründen nicht. Was tun wir mit diesen Menschen in einer Leistungsgesellschaft?

Sie als Frauenministerin wissen besser als wir alle, dass gerade in den Sozial- und Ge­sundheitsberufen sehr, sehr viele Frauen unter prekärsten Beschäftigungsverhältnis­sen ihren Dienst verrichten müssen. Warum? – Weil genau in diesen Branchen – im Pflegebereich, im Gesundheitsbereich, auch in der Bildung – die Arbeit schlecht be­zahlt ist; weil wir da viele Sektoren haben, zum Beispiel müssen Pflegerinnen aus Ru­mänien, aus Bulgarien, aus Ungarn, aus Tschechien, aus der Slowakei hierher nach Österreich gebracht werden, damit das System, das wir haben, halbwegs funktioniert und am Leben erhalten werden kann.

Sehr geehrte Frau Sozialministerin! Ich habe vor ungefähr drei Monaten mit Ihnen hier ein Gespräch diesbezüglich geführt und habe Sie ersucht, dass Sie sich den Wild­wuchs, was diese Sozialagenturen betrifft, die diese Pflegerinnen vermitteln und unter denen es einige schwarze Schafe gibt, genauer anschauen und diesen unter die Lupe nehmen. Ich habe bis heute keine Rückmeldung bekommen. Ich bekomme aber tag­täglich zahlreiche E-Mails, dass es da ein riesengroßes Problem gibt.

Ich bin in die Politik gegangen, weil ich meinen Beitrag dazu leisten möchte und auch weiterhin leisten werde, jenen beizustehen, die nicht auf die Butterseite des Lebens


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 182

gefallen sind, die Unterstützung brauchen und wo man gegen Ungerechtigkeit ankämp­fen muss. (Heiterkeit und Zwischenrufe der – in Richtung ÖVP weisenden – Abgeord­neten Knes und Duzdar.– Wieso lacht ihr von der SPÖ da? Ich glaube, dass das doch auch Teile von euren Idealen sind! Aber vielleicht war das einmal so, ich weiß es nicht.

Auf jeden Fall müssen wir diese Diskussionen, sehr geehrte Frau Ministerin, ehrlich und aufrichtig führen. Nicht jeder, der keine Arbeit bekommt, ist ein Verweigerer und ein Tachinierer und jemand der von der öffentlichen Hand leben möchte, sondern es gibt viele, viele persönliche Umstände, warum diese Menschen eben nicht am Arbeits­markt unterkommen.

Ich appelliere hier an die Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen: Vielleicht haben Sie die eine oder andere Lehrstelle für einen Menschen mit Beeinträchtigung. Bitte melden Sie sich bei mir! Ich werde alles Menschenmögliche machen, um den Kontakt herzu­stellen, damit wir zumindest einige dieser Menschen, die es schwer haben, unterbrin­gen und nicht nur warme Luft produzieren. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

18.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Wal­ter Rosenkranz. – Bitte.


18.03.07

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es geht in dieser Debatte um die Bekämpfung der materiellen Armut, die diese Bundesregierung ja tatsächlich, wirklich aufgenommen hat und die auch bereits die ersten Erfolge zeitigt. Ich glaube, das ist in unser aller Inter­esse. Ich orte aber etwas anderes, wo diese Regierung tatsächlich noch Nachholbe­darf hat, und das ist die Bekämpfung der moralischen Armut, die sich hier von diesem Rednerpult entzündet hat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Der Pilz kennt keine Moral!)

Es hat vorhin eine Wortmeldung gegeben, ein Vorredner hat gemeint, er lehnt alles mit Entschiedenheit ab. Mein Gott, Wählerinnen und Wähler, ihr seid es, die ihr etwas be­fürworten oder ablehnen könnt. Ich glaube, es ist tatsächlich an der Zeit, diesen granti­gen alten Herren, egal ob sie jetzt auf der EU-Ebene oder hier kandidieren, einmal auch die demokratische Antwort auf dieses offensichtliche Fehlverhalten zu geben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger – erheitert –: Genau! Wählt Claudia Gamon!)

Ein Abgeordneter dieses Hauses ist sich unter dem Schutz der Immunität nicht - - (Abg. Meinl-Reisinger: Wählt Claudia Gamon!) – Entschuldigung, den Ausdruck grantige alte Herren habe ich mir als Zitat von den NEOS genommen. (Abg. Meinl-Reisin­ger: ... Claudia Gamon, oder?) Richtig, so wie es Frau Gamon sehr zutreffend über die grantigen alten Herren, die hier kandidieren, gesagt hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Den Vilimsky eingeschlossen!) – Der ist noch nicht so alt. Das passt nicht darunter, nein.

Aber lenken Sie jetzt nicht von dem ab, was hier passiert ist! Hier wird ganz bewusst versucht, im Zusammenhang mit einem legalen Vorgang – diesen legalen Vorgang können Sie jetzt als was auch immer bewerten, Tatsache ist, dass nichts Verbotenes passiert ist – eine private Person ganz klar in ihrer Existenz zu vernichten. Das ist un­erhört und das kann hier eigentlich nicht einreißen.

Was Sie hier machen – dass Sie jemanden, der vor geraumer Zeit, bevor er hier eine Tätigkeit aufgenommen hat, eine Spende getätigt haben soll, jetzt noch aufgrund eines bestimmten Datums in Verbindung, in eine direkte Verbindung mit einem Massenmör-


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der bringen –, ist derartig niederträchtig! Ich schäme mich – für Sie, Herr Kollege Pilz! Ich schäme mich für Sie! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Das ist das, was Ihre Denke ist, das ist das, was Sie ausmacht: Sie wollen nichts an­deres, als dass Ihre Gesellschaftsutopien hier in diesem Land Platz greifen – aber das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun. Sie wollen einen Überwachungsstaat, Sie wollen nichts anderes als Gesinnungsterror, Gesinnungsschnüffelei. Das ist das, was Ihnen im Hinblick auf all das, was Ihnen parteipolitisch und in der Demokratie nicht in den Kram passt, vorschwebt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Damit möchte ich es auch schon bewenden lassen, denn (Abg. Pilz begibt sich er­heitert in Richtung Präsidium) – auch wenn Sie jetzt schon wieder herauskommen mit Ihrem Gelächter – Sie sind es nicht wert. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Diese Rede war ein echter Rosenkranz!)

18.07


Präsidentin Doris Bures: Es liegt noch eine Wortmeldung vor. Zuvor aber gibt es eine tatsächliche Berichtigung, und zwar von Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz. – Bitte. (Abg. Belakowitsch: Ob das aber wirklich eine tatsächliche Berichtigung ist? – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)


18.07.18

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Herr Abgeordneter Rosenkranz hat behauptet, ich und meine Gesinnungsfreundinnen und ‑freunde würden für Gesinnungsschnüffelei und Überwachungsstaat eintreten. (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt ja auch! – Abg. Bela­kowitsch: Richtig!)

Ich habe vor wenigen Jahren gemeinsam mit Abgeordnetem Rosenkranz (Abg. Bela­kowitsch: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) eine Drittelbeschwerde gegen den Überwachungsstaat eingebracht. Wir sind nach wie vor verlässlich gegen den Überwa­chungsstaat. Umgefallen ist Abgeordneter Rosenkranz, der heute ein Regierungsver­treter für Bespitzelung, Überwachung, Bundestrojaner, Lauschangriff und vieles andere ist. (Abg. Belakowitsch: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich berichtige tatsächlich: Nicht ich, sondern Abgeordneter Rosenkranz hat sich zu schämen. (Beifall bei JETZT. – Ruf bei der SPÖ: „Pfui“! – Abg. Rosenkranz: Ich bin jetzt so unsicher: War das jetzt eine tatsächliche Berichtigung? – Abg. Belakowitsch: Frau Präsidentin! Sie sind sonst auch so streng!)

18.08


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir nun noch eine Wortmeldung vor. Zu Wort ge­langt Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.08.30

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Eigentlich hatte ich ja gar nicht die Ab­sicht, auf die Ausführungen des Abgeordneten Rosenkranz etwas zu sagen, aber es bleibt nicht aus.

Das ganz spannende Politische ist nämlich Folgendes: Es geht nicht um eine private Person, es geht um den Herrn Bundeskanzler und es geht um den Herrn Vizekanzler. Der Herr Bundeskanzler hat klar gesagt, es muss eine klare Abgrenzung zu den Iden­titären geben. Das hat er in dieser Bundesregierung gesagt, und der Herr Vizekanzler hat das bestätigt. Jetzt kommen wir drauf, dass diese beiden Aussagen, die gegenüber der Republik gemacht wurden, von den eigenen Ministern nicht eingehalten werden und dass diese das, was da gesagt wurde, schlichtweg nicht umsetzen. (Beifall bei SPÖ und JETZT. – Abg. Belakowitsch: Warum?)


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Das ist ein politischer Skandal, und das müsst ihr euch ausmachen. Hört mit den Iden­titären auf, dann seid ihr (Abg. Rosenkranz: Richtig! Richtig!) als Regierung ernst zu nehmen. Wenn ihr das aber nicht ändert, dann habt ihr ein Problem, und dann hat insbesondere auch der Herr Bundeskanzler, der euch in die Regierung berufen hat, die Verantwortung dafür, dass es diese Umtriebe gibt.

Eigentlich wollte ich ja ganz etwas anderes sagen (Abg. Höbart: Märchenstunde!), eigentlich wollte ich mich bei Frau Belakowitsch bedanken, weil sie mir die Möglichkeit gegeben hat, aufzuzeigen, was die Sozialdemokratie und auch ich als Sozialminister in der letzten Zeit geleistet haben; Danke dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben das aufgezeigt – habe ich sehr spannend gefunden –, nämlich Sie haben auf­gezeigt, was die Sozialdemokratie zustande gebracht hat (Abg. Höbart: Gar nichts näm­lich!): Von 2008 bis jetzt ist die Armut zurückgegangen. (Abg. Höbart: ... Kabarett der Sonderklasse!) Das haben wir geschafft. Und das haben wir nicht nur hier in Österreich geschafft, sondern wir haben es durch sozialdemokratische Menschen im Europäi­schen Rat und im Europäischen Parlament geschafft, dass die Jugendarbeitslosigkeit von 23 Prozent auf 17 Prozent zurückgegangen ist.

Wissen Sie, was das Schönste ist? – Das Allerschönste ist – und das möchte ich den Österreicherinnen und Österreichern sagen –: Das haben wir durch eine Jugendbe­schäftigungsstrategie geschafft, Rudi Hundstorfer war das, und das haben wir nach Eu­ropa hinausgetragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie war das in Österreich? – Als wir das Jugendaus- - (Zwischenbemerkung von Bun­desministerin Hartinger-Klein.) – Das Ausbildungspflichtgesetz, danke, Frau Bundes­ministerin, Sie haben es gesagt, ist eine wichtige Maßnahme. Leider, leider, leider ha­ben, als wir das im Parlament beschlossen haben, alle mitgestimmt, nur die FPÖ nicht. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Nur die FPÖ nicht (Abg. Belakowitsch: Was?), damals, 2016 – 2017! (Abg. Höbart: 16, 17?) Das war die Situation: Beim Jugendausbildungs­gesetz habt ihr nicht mitgestimmt.

Ich habe noch eine Frage an die Frau Minister, Ministerin (Abg. Höbart: Fast hätte er es vergessen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ), nämlich: Wie soll das bei der Steuerreform gehen? – Sie sagen, es gibt 900 Millionen Euro weniger Beiträge in der Krankenversicherung. (Bundesministerin Hartinger-Klein: Ja!) 900 Millionen Euro. Ich habe die Gesetze alle gelesen, die da so kommen, und eine Begutachtung. (Abg. Be­lakowitsch: Lesen allein ist zu wenig! Er hat es nicht verstanden!) Ich finde nirgends einen Beitrag, wo drinnen steht, das kommt aus dem Budget.

Wo kommt das her? – Ich vermute: Liebe Österreicherinnen und Österreicher, ihr zahlt weniger Sozialversicherung – das ist richtig, das sagt die Regierung bei der Steuerre­form –, aber das wird ganz schleichend die Leistungen, wenn ihr krank seid, reduzie­ren. Das geht ganz schleichend. Das wird zuerst nicht auffallen, denn noch seid ihr eh gesund. An dem Tag, an dem man krank wird, gibt es die Leistung nicht mehr. Oder: Man will auf Kur fahren, aber man kriegt die Kur nicht mehr genehmigt oder erst in drei Monaten oder in sechs Monaten oder in zwei Jahren. Das geht ganz, ganz schlei­chend. Irgendwann ist einmal das Kurheim so alt, weil man ja kein Geld mehr hat, um es auszubauen, weil man ja jetzt 900 Millionen Euro hergibt; da merkt man, dass das eine große, große Gefahr ist.

Übrigens – eines noch zur Steuerreform –: Die Arbeitnehmer zahlen 80 Prozent der gesamten Steuerlast in Österreich und – leider, leider – von der Reduktion der Steuer kriegen sie nur 60 Prozent. Das bedeutet, dass 20 Prozent der Steuerlast an andere ausgezahlt werden, wahrscheinlich an diejenigen, die mit einer KESt-Reduzierung Bei­träge für Herrn Kurz gezahlt haben; die werden das kriegen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 185

Wir haben nachgewiesen, 43 Prozent der gesamten Entlastung bei der Kapitalertrag­steuer bekommen jene Unternehmen, die mehr als 10 Millionen Euro Gewinn haben. Wenn das Sozialpolitik ist, na danke! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

18.14

18.14.09


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nationaler Ak­tionsplan zur Bekämpfung von Kinderarmut in Österreich“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag ausspre­chen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

18.14.53Kurze Debatte: Automatisches Pensionssplitting mit opting-out


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zur kurzen Debatte über die Anfra­gebeantwortung der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend Dr.in Bogner-Strauß mit der Ordnungszahl 3073/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf. Der Begründer, nämlich Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker, hat 10 Minuten Redezeit. – Bitte.


18.15.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es geht in dieser Anfrage – in der Beantwortung eben nicht – um das Pensionssplitting. Das ist uns NEOS seit unserer Gründung ein großes Anliegen. Weil sich die Frau Bundesministerin mehrfach diesbezüglich öffentlich geäu­ßert hat, wollte ich von ihr wissen, was sie denn konkret mache.

Sie hat beispielsweise der Zeitschrift „Die Wienerin“, Erscheinungsdatum 28. März 2018, gesagt, es gehe ihr um Bewusstseinsbildung beim Pensionssplitting. Zitat: „Natürlich ist das Budget sehr klein und wir alle hätten gerne mehr, aber ich finde es positiv, dass bei diesem Ressort keine Einsparungen gemacht wurden. Ich möchte aber mit Be­wusstseinsbildung Themen ansprechen, etwa das Pensionssplitting oder auch die Teil­zeitbeschäftigung.“

Am 23. August 2018 im „Kurier“ heißt es: „Wir müssen alles tun, um Frauen-Altersar­mut zu verhindern. Der erste Schritt muss sein, besser über das Pensions-Splitting zu informieren. Weitere Schritte kann man schon diskutieren.“

Nun frage ich also in meiner Anfrage, welche Maßnahmen der Bewusstseinsbildung das Ministerium gesetzt habe, um die Fallzahl beim Pensionssplitting zu erhöhen. „Wie hoch waren die Kosten für diese Maßnahmen?“ – Die Antwort ist: „Sowohl auf der Website des Bundeskanzleramtes (Sektion Familien und Jugend [...]) als auch in der Broschüre Familienkompass wird seit einigen Jahren auf die Möglichkeit des Pensions­splittings hingewiesen. Dabei sind keine besonderen Kosten angefallen.“

Also es gibt ein Budget, das ist zwar sehr klein, aber Kosten fallen keine an. Da fragt man sich, wo das Budget hingeht.


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Weitere Frage meinerseits: „Warum sind die Erfolge dieser Maßnahmen so schwach, dass nicht einmal 1 % der Betroffenen das Pensionssplitting in Anspruch nimmt?“ Und: „Welche Ziele hat sich das“ – Ministerium – „im Hinblick auf die Fallzahlen beim Pen­sionssplitting gesetzt?“ – Und jetzt kommt die Antwort, die auf alle anderen Fragen auch gegeben wurde: „Ich ersuche um Verständnis, dass diese Fragen nach den Be­stimmungen des Bundesministeriengesetzes [...]“ – bla, bla, bla – „keinen Gegenstand meiner Vollziehung betreffen [...].“

Ja, das ist aber spannend, nicht? Das betrifft die Vollziehung der Frau Bundesminis­terin nicht, aber sie gibt Interviews, sie erklärt beim Forum für Finanzjournalisten, was sie alles macht, dass sie von Experten beraten wird, dass sie im Gespräch mit solchen Experten ist. Die meisten Experten wollen für ihre Expertise ein Honorar, das sei auch durchaus gerechtfertigt meines Erachtens, aber dann wüsste man als Abgeordneter gerne, wie viel ein Ministerium für solche Honorare ausgibt, aber das liegt ja nicht in Ih­rer Vollziehung und daher beantworten Sie mir das nicht.

Dem „Standard“ haben Sie gesagt: „Wir sind mit Expertinnen und Experten im Ge­spräch. Fest steht: Das freiwillige Pensionssplitting gibt es seit zehn Jahren, wird aber kaum in Anspruch genommen, im Vorjahr gab es nur 412 Anträge.“

Auf die Frage, mit welchen Experten Sie sprechen, kommt eben: Das ist nicht Gegen­stand Ihrer Vollziehung.

Also der Anfragebeantwortung muss ich entnehmen: Sie tun nichts, denn wenn Sie et­was täten, hätten Sie meine Fragen beantwortet. Wenn das stimmt, hieße das aber, dass alle Interviews, die Sie geben – im Ö1-„Morgenjournal“, beim Forum für Finanz­journalisten, im „Standard“ und im „Kurier“ –, ja gar nicht der Wahrheit entsprechen, dass Sie ja nur laut hupen und nichts tun, was ich Ihnen nicht unterstellen will. Ich habe eher das Gefühl, dass man halt eine lästige Anfrage eines Abgeordneten nicht beant­worten und ein bisschen die Abgeordneten und das Parlament mit einer Anfragebeant­wortung foppen wollte, in der nichts drinsteht.

Nun zum eigentlichen Thema: Warum brauchen wir ein Pensionssplitting? Warum ist es wichtig, dass wir ein automatisches Pensionssplitting einführen? – Frauen bekom­men die Kinder, Frauen verdienen nach wie vor weniger als Männer. Frauen, die Kin­der bekommen, verdienen auch deutlich weniger als Frauen, die keine Kinder bekom­men, das ist der wesentliche Unterschied. Frauen arbeiten, wenn sie Kinder haben, viel häufiger Teilzeit. Sie müssen sich vorstellen, in Österreich arbeiten 47 Prozent der Frauen in Teilzeit – fast die Hälfte! Da darf man sich nicht wundern, wenn es hinten­heraus bei den Frauen niedrigere Pensionsansprüche gibt.

Gerade daher wäre es wichtig, das auszugleichen: Wenn Frauen mehr Betreuungsar­beit in der Familie übernehmen, dann soll das ruhig in der Entscheidung der Familie sein, wie die Familienarbeit aufgeteilt wird. Aber es sollen auch die Pensionsversiche­rungsbeiträge der beiden Partner auf beide gleich aufgeteilt werden, damit auch beide die gleiche Altersabsicherung haben. Das ist gerecht. (Beifall bei den NEOS.)

Mit dieser hohen Teilzeitquote, die wir in Österreich haben, liegen wir im EU-Vergleich auf dem zweiten Platz. In anderen Ländern arbeiten Frauen vielleicht auch Teilzeit, aber sie arbeiten in einem höheren Stundenausmaß, verdienen daher mehr und haben auch eine bessere Altersabsicherung, nämlich eine selbstständige Altersabsicherung. Darum geht es. Sehr viele Beziehungen halten eben nicht, bis dass der Tod sie schei­det, sondern da scheiden andere Lebensumstände die Beziehung. Auch in solchen Fällen, in denen die Beziehung nicht so glücklich verläuft, wie wir es allen wünschen, sollen beide Partner selbstständig eine Altersversorgung haben, von der sie auch leben können. Das wäre unbedingt mit einem automatischen Pensionssplittung zu er­leichtern.


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Welche Maßnahmen könnte man sonst noch ergreifen? – Wir wissen alle, wenn es gu­te Betreuungsmöglichkeiten für Kinder gibt, dann haben Frauen auch die Möglichkeit, dass sie mehr Stunden arbeiten gehen. (Beifall bei den NEOS.) Besonders im länd­lichen Raum scheitert es ganz oft daran, dass es keine guten Betreuungsmöglichkeiten gibt. Je kleiner das Dorf ist, in dem sie zu Hause sind, umso schwieriger wird es, eine vernünftige Betreuungsmöglichkeit zu finden. Je ÖVP-regierter ihr Bundesland ist, um­so schwieriger wird es, eine geeignete Betreuungsmöglichkeit zu finden. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Noll.)

Was noch wichtig wäre, wenn das Pensionssplitting reformiert wird, worauf wir sehr hoffen: Im Moment darf einer der beiden Partner gar nicht arbeiten. Wenn einer bei­spielsweise voll und der andere Teilzeit arbeitet, dann geht das Pensionssplitting heute nicht. Das ist natürlich problematisch, weil dieser Ausgleich, den vielleicht beide Part­ner wollen, vom Gesetz gar nicht zugelassen wird.

Sie können das Pensionssplitting nur im Nachhinein beantragen. Sie können also nicht sagen, mein Kind ist auf die Welt gekommen, jetzt hätte ich gerne für die nächsten sie­ben Jahre ein Pensionssplitting, sondern das müssen Sie immer dann beantragen, nachdem die Sozialversicherungsjahre abgelaufen sind. Versuchen Sie einmal, bei der Pensionsversicherungsanstalt eine vernünftige Auskunft zu bekommen! Seit Kurzem, seit zwei Jahren erst – seit zehn Jahren gibt es das Splitting –, seit zwei Jahren aber erst ist das Formular bei der Pensionsversicherungsanstalt auf der Homepage. Über viele Jahre hatte nur die SVA das Formular online. Bei der PVA mussten Sie persön­lich vorbeischleichen, um es sich zu erbitten, weil man das dort einfach so passiv sabo­tierte. Man wollte es nicht haben.

Der Vorsitzende des Hauptverbandes Alexander Biach hat bei der Veranstaltung, bei der auch die Frau Ministerin anwesend war, gesagt, die Sozialversicherung setze in­tensive Bemühungen daran, das Pensionssplitting bekannter zu machen.

Wenn die österreichische Sozialversicherung intensive Bemühungen daransetzt, dann erreicht eine Pensionsversicherungsanstalt mit sechs Millionen Versicherten, dass 1 000 Paare in zehn Jahren ein Pensionssplitting machen?! Das sind intensive Bemü­hungen in der österreichischen Sozialversicherung?! Also da gäbe es sicher noch ganz viel zu tun.

Frau Ministerin! Jetzt hoffe ich, ich hoffe wirklich, dass wir das gleiche ehrliche Anlie­gen haben und dass Sie mich jetzt einfach ein bisschen mit der Anfragebeantwortung am Schmäh halten wollten, ich hoffe, dass Sie das, was Sie in den Zeitungen sagen, auch wirklich meinen und tun. Aber wenn Sie das meinen und tun, dann müsste hier etwas anderes drinstehen. Dann müsste drinstehen, mit welchen Experten Sie arbei­ten, ob diese ein Honorar bekommen oder nicht, und wie Sie das mit der Frau Sozial­ministerin abstimmen. Das müsste dann drinstehen, weil das im Rahmen Ihrer Vollzie­hung liegt. Wenn Sie sagen: Ich habe eh nichts gemacht!, dann frage ich mich, warum Sie solche Zeitungsinterviews geben. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. (Beifall bei den NEOS.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Juliane Bogner-Strauß zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


18.24.01

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Sie haben schon erwähnt, es trifft zahlreiche El­tern, aber ganz besonders trifft es oft die Mütter. Sie haben die Herausforderung, dass sie oftmals in Österreich die Kindererziehung übernehmen.


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Sie haben davon gesprochen, dass es hauptsächlich die nicht vorhandenen Kinderbe­treuungsplätze sind. Ich glaube, wir haben uns darüber schon ausgetauscht, es gibt da jetzt eine Studie von der Princeton University und der ETH Zürich, die ganz klar zeigt, dass Frauen in Österreich nach der Geburt des ersten Kindes um 51 Prozent weniger Lohn haben – und das auf zehn Jahre.

Ich weiß nicht, wie genau Sie sich diese Studie durchgelesen haben – ich habe sie sehr genau durchgelesen. Als Wissenschafterin mache ich das gerne; hohe Affinität, gebe ich zu. Die Studie hat gezeigt, das liegt daran, dass bei uns in Österreich die Frauen sehr oft und lange Teilzeit arbeiten. Sie haben schon gesagt, 75 Prozent der Frauen mit Kindern unter 15 arbeiten oft sehr wenige Stunden in Teilzeit. Teilzeit kann ja ein gutes Lebensphasenkonzept sein, aber diese Studie hat keine Kausalität zwi­schen den Kinderbetreuungsplätzen und der Teilzeitarbeit gefunden. Es wurde nicht einmal ein Stadt-Land-Gefälle gefunden. Das wurde auch noch einmal von Wissen­schaftern in Österreich gescreent und genauso dargestellt. Wir haben selbst eine Kos­ten-Nutzen-Analyse der Kinderbetreuungsplätze gemacht, die hat das Gleiche gezeigt; aber man hat ja gern auch noch eine externe Studie, eine zweite Studie von Experten.

Nichtsdestotrotz haben wir gesagt, wir investieren in Kinderbetreuungsplätze, wir ma­chen mehr. Und wir bauen vor allem die Öffnungszeiten aus – diese müssen flexibler sein –, weil ich das natürlich auch so sehe: Ich war sehr froh als Mutter, dass ich für meine Kinder immer eine Ganztagskinderbetreuung hatte, damit ich wieder schnell in die Arbeit zurückkehren konnte.

Aber es ist auf jeden Fall ein Thema: Frauen haben wesentlich weniger Pension. Die Lohnschere beträgt über 20 Prozent in Österreich. 40 Prozent bei der Pensionssche­re – ich wiederhole es gerne – ist doch recht viel: wegen Kinderbetreuung, Pflegeauf­gaben, Teilzeit, langer Teilzeit und – was Sie auch schon erwähnt haben – neuer Fami­lienformen und vor allem neuer Lebensrealitäten. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als die Scheidungs- und Trennungsrate in Österreich noch sehr niedrig war, als man davon ausgegangen ist, dass die Familie erhalten bleibt. Das haben wir nicht mehr. Wir leben in neuen Lebensrealitäten. Die Scheidungsrate liegt bei über 40 Prozent. Die Trennungen finden im Durchschnitt zehn Jahre nach der Hochzeit statt. Ich gehe da­von aus, dass die Trennungsrate von nicht verheirateten Paaren ebenso so hoch ist.

Ich habe mich ganz klar – und das eigentlich schon von Anfang an – für ein automati­sches Pensionssplitting ausgesprochen. Wenn Sie mich jetzt fragen, mit welchen Ex­perten und Expertinnen ich rede, dann sage ich, das sind lauter Experten und Expertin­nen, die kein Honorar verlangen. Wir haben mit Personen von den Versicherungen ge­sprochen, die uns die Zahlen gezeigt haben, die uns das ausgerechnet haben. Ich habe mit Personen aus dem Wissenschaftsbereich gesprochen, die mich auch ohne Honorar beraten haben. Und ich habe mit Kollegen und Kolleginnen in anderen Län­dern Europas gesprochen, die das Pensionssplitting schon eingeführt haben. Zum Bei­spiel war ich kürzlich in Liechtenstein und habe mich dort mit Kollegen Pedrazzini aus­getauscht, ich konnte auch seine Erfahrungen mit nach Hause bringen.

Diejenigen, die das eingeführt haben, haben eindeutig gesehen, es sorgt für mehr Fair­ness, es sorgt für mehr finanzielle Ausgewogenheit für jenen Elternteil, der die über­wiegende Betreuungsarbeit leistet, der den Großteil der unbezahlten Arbeit zu Hause macht. Ich möchte dazusagen – und das ist mir schon auch ganz wichtig –, dass die Erziehungsarbeit, die zu Hause stattfindet, ja eine wertzuschätzende Arbeit ist. Deswe­gen finde ich es auch gut, wenn es diesbezüglich zu mehr Fairness und zu einer finan­ziellen Ausgewogenheit kommt.

Wir haben hier auf Regierungsebene seit Wochen sehr konstruktive Gespräche. Kolle­gin Hartinger-Klein ist jetzt leider nicht mehr da, aber ich habe auch mit ihr schon öfter


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das Thema automatisches Pensionssplitting diskutiert, für das ich mich eben ausspre­che.

Sie (in Richtung Abg. Loacker) haben es erwähnt, das freiwillige Pensionssplitting ha­ben wir jetzt seit 2005. In den ersten zwölf Jahren haben sich gerade einmal 900 Paare dafür entschieden. Wir haben im letzten Jahr sehr viel über Pensionssplitting gespro­chen, Sie haben das gemacht, ich habe das gemacht, auch über automatisches Pen­sionssplitting, weil es die Dinge einfacher machen würde. Das hat immerhin dazu ge­führt, dass im Vorjahr 450 Personen das Pensionssplitting beantragt haben, also halb so viele wie in den zwölf Jahren davor.

Wir haben Informationskampagnen. Die Sozialversicherung wird auch eine verpflich­tende Informationskampagne durchführen. Dazu haben wir uns ja schon im Regie­rungsprogramm bekannt. Wir schaffen natürlich auch Bewusstsein, wenn wir heute da­rüber sprechen. Ich glaube, Bewusstsein zu schaffen, ist ein erster Schritt, das haben auch die Anträge des letzten Jahres gezeigt.

Wir haben schon lange auf der Website des Bundeskanzleramts und in der Broschüre des Familienguides Informationen zum freiwilligen Pensionssplitting inkludiert. Dieser Familienguide hat vorher Familien-Kompass geheißen, und auch da waren schon die Informationen zum Pensionssplitting teilweise enthalten.

Mein Anspruch und mein Ziel müssen sein, Altersarmut zu reduzieren. Wir haben heu­te schon zuvor über die Armutsbekämpfung gesprochen. Wir brauchen mehr Wert­schätzung und Fairness für die geleistete Betreuungs- und Pflegearbeit zu Hause. Am Sonntag war Muttertag. Ich freue mich natürlich immer, wenn meine Kinder mit Ge­dichten und netten Geschenken kommen. Wir feiern das einmal im Jahr, aber da blei­ben noch 364 Tage, an denen das eigentlich auch noch wertgeschätzt gehört. Wir ha­ben heute – das möchte ich auch nicht vergessen – den Internationalen Tag der Fami­lie. Österreich ist ein Familienland, die Familie ist wirklich ein Fundament der Gesell­schaft.

Ich glaube, umso mehr wir dafür tun, dass wir Familienarbeit auch wertschätzen – das automatische Pensionssplitting gehört für mich dazu –, umso mehr wertschätzen wir auch die Familien. Es braucht hier natürlich viele Maßnahmen, ein ganzes Paket, aber eine geeignete Maßnahme ist für mich das automatische Pensionssplitting. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.


18.32.05

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Herr Kollege Loacker und ich teilen ein Lieb­lingsthema, das ist das Pensionssplitting. – Er lächelt. Wir reden beide sehr gerne da­rüber, allerdings kommt es beim Kollegen Loacker in letzter Zeit so oft, dass ich ein bisschen das Gefühl habe, ihm fallen überhaupt keine anderen Themen mehr ein, die er bearbeiten kann. Vielleicht könnte man doch auch noch über andere Dinge nach­denken. (Abg. Meinl-Reisinger: Zum Beispiel über eine Pensionsreform!)

Trotzdem freue ich mich natürlich sehr, dass ich es ihm zu verdanken habe, dass ich jetzt die Gelegenheit habe, zu sprechen, vor allem auch deswegen – die Frau Minis­terin hat es vorhin schon erwähnt –, weil wir heute den Internationalen Tag der Familie feiern. Das gibt mir Gelegenheit, noch ein paar Worte dazu zu sagen. Dieser Tag wur­de in den Neunzigerjahren von der UNO eingeführt, um die Bedeutung der Familie und das Bewusstsein für Familienförderung zu bekräftigen.


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Für mich persönlich beginnt Familie dort, wo zwei Menschen oder mehr aufeinander schauen, sich umeinander kümmern und Verantwortung füreinander übernehmen. Ich möchte also ganz bewusst den Familienbegriff möglichst weit spannen, weil alle For­men von Familie wichtig sind und am heutigen Tag unsere Anerkennung erhalten sol­len. Familie ist mittlerweile ein bunter Begriff für die Vielfalt des Lebens geworden, und das ist auch gut so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die aktuelle Debatte über das verpflichtende Pensionssplitting passt heute wirklich ganz perfekt zum Tag der Familie. Es geht in dieser Debatte nämlich um Familienarbeit, wer sie leistet, und um die bestmögliche Absicherung genau dieser Person, die eben die Familienarbeit leistet. In den meisten Fällen ist das die Frau.

Wir haben schon gehört, dass das Pensionssplitting ermöglicht, dass Guthaben von ei­nem Pensionskonto auf ein anderes übertragen wird, in den meisten Fällen also vom Mann auf die Frau beziehungsweise – besser gesagt – vom Vater zur Mutter. Es funk­tioniert aber natürlich auch in die andere Richtung. Damit anerkennt der haupterwerbs­tätige Partner die Erziehungs- und Familienarbeit der Partnerin, die kein oder nur ein geringes Einkommen hat. Es wird damit ein maßgeblicher Beitrag zur Verhinderung von Altersarmut geleistet.

Wir ÖVP-Frauen fordern schon sehr lange die Einführung des verpflichtenden Pen­sionssplittings mit einer Opt-out-Möglichkeit und freuen uns, dass wir uns damit jetzt in der Zielgerade befinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind überzeugt davon, dass diese Maßnahme einen großen Beitrag dazu leisten wird, die Pensionsschere zwischen Frauen und Männern, den sogenannten Gender Pension Gap, zu verkleinern, wiewohl uns bewusst ist, dass dies allein nicht die einzige Lösung ist. Es braucht natürlich auch noch viele weitere Maßnahmen, zum Beispiel die Anrechnung von 24 Monaten Karenzzeit bei den Vorrückungen im Kollektivvertrag. Das haben wir ja auch schon versucht in die Wege zu leiten, die Sozialpartner sind auf einem guten Weg.

Wie unsere Frau Ministerin schon erläutert hat, gibt es aber jetzt bereits das freiwillige Pensionssplitting. Ich möchte meine verbleibende Redezeit dazu nutzen, Sie, liebe Zu­schauerinnen und Zuschauer, dazu aufzurufen, dieses freiwillige Pensionssplitting zu nutzen. Auf der Website der Pensionsversicherungsanstalt unter www.pensionsversi­cherung.at können Sie nachlesen, wie das freiwillige Pensionssplitting funktioniert und für wen es infrage kommt. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Sie finden auch eine sehr gute Beschreibung auf der Seite des Sozialministeriums und der Sozialver­sicherungsanstalt. Sollten Sie also mindestens ein Kind haben, das unter zehn Jahre alt ist, können Sie dieses Angebot sofort in Anspruch nehmen.

Es ist nicht kompliziert. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist total kompliziert!) – Nein, es ist nicht kompliziert, Frau Kollegin. Die einzige Herausforderung ist: Sie müssen es bean­tragen. In Zukunft werden wir es dann einmal verpflichtend haben. (Abg. Meinl-Reisin­ger: Haben Sie es schon einmal gemacht?) – Ich habe es nicht für mich gemacht, weil ich schon zu alt bin, wie man sieht, aber ich habe es für jemand anderen ausgefüllt. (Abg. Meinl-Reisinger: Schauen Sie! Ich schon!) – Liebe Frau Kollegin Meinl-Reisin­ger, ich kann jetzt wirklich nicht nachvollziehen, wenn Sie sagen, das sei zu kompli­ziert. (Abg. Meinl-Reisinger: Einfach ist das nicht!) – Das glaube ich nicht! Es können sich alle, für die es zu kompliziert ist, gerne bei mir melden. Meine E-Mail-Adresse steht auf der Website. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Meinl-Reisinger: Ich mach das!)

18.37


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ga­briele Heinisch-Hosek. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 191

18.37.30

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Ich habe es noch nicht ausprobiert, ich muss mir das einmal anschauen. Nichts­destotrotz finde ich es aber bemerkenswert, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass von 16 gestellten Fragen 15 einfach überhaupt nicht beantwortet werden, und ei­ne so lala beantwortet wird.

Frau Bundesministerin, Sie haben jetzt doch gesagt, dass Sie schon mit Expertinnen und Experten gesprochen haben, dass diese kein Geld dafür verlangt haben, dass Sie eigentlich fürs automatische Pensionssplitting sind. Ich wundere mich ein bisschen, warum niemand – aber vielleicht wird ja noch nachgemeldet – von der Freiheitlichen Partei herauskommt und zum Splitting redet. Ich glaube nämlich, dass die FPÖ gegen ein automatisches Pensionssplitting ist. Da hat sie ausnahmsweise einmal etwas mit uns, der Sozialdemokratie, gemeinsam, denn auch wir sprechen uns gegen ein auto­matisches Splitting aus.

Ich glaube, dass am Internationalen Tag der Familie 2019 das Teilen der Sorge- und Pflegearbeit in der Familie längst auf der Tagesordnung sein sollte, dass zumindest der Papamonat, die Väterkarenz schon ein bisschen mehr verbreitet sein sollte, als es tat­sächlich ist. Diese Bundesregierung tut nichts dafür, dass sich das ändert. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch ganz leicht festzustellen, dass nichts passiert. Frau Bundesministerin, Sie haben die Flexibilisierung der Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen an­gesprochen. Wo ist diese? Wo ist das Bundesrahmengesetz, damit diese am Tag län­ger offen und weniger Schließtage im Jahr haben? Was sind Ihre Bemühungen diesbe­züglich? – Auch sie ist schon dazu übergegangen, am Handy zu spielen, anstatt mir zuzuhören, mir Aufmerksamkeit zu schenken. (Bundesministerin Bogner-Strauß: Ich kann beides zugleich!) – Sie kann beides zugleich: wunderbar! Sie haben noch dazu gesagt, ihm Rahmen des Kinderbetreuungsgeldes gibt es so viel mehr Geld. Es gibt genau gleich viel Geld wie in den Jahren zuvor. Es hat nur fast ein Jahr gedauert, bis Sie sich in der Bundesregierung durchringen konnten, dass wieder gleich viel Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung ausgeschüttet wird – also auch kein Cent mehr.

Der Familienbonus wurde heute auf und ab genannt. Was ist mit Frauen, die alleine mit ihren Kindern leben und nicht genug verdienen? – Die haben nichts davon, die kriegen für ihre Kinder bestenfalls Almosen von 250 Euro im Jahr. Das ist weniger als 1 Euro pro Tag. (Abg. Schartel: Aber mehr als bei euch!)

Apropos Alleinerziehende – ich frage auch die NEOS: Was ist, wenn jemand splitten sollte, aber Väter nicht bereit sind, die Vaterschaft anzuerkennen und man das erstrei­ten muss, oder wenn Frauen vielleicht nicht den Vater nennen wollen? (Abg. Pfurt­scheller: Opt-out!) Mit wem sollen die splitten? Ich weiß nicht, mit sich selber? Man muss also schon auch diese Gruppen beachten, die dann vielleicht noch mehr von Armut betroffen und bedroht sind. (Abg. Meinl-Reisinger: Sicher!) Auch am Tag der Familie weiß man, dass Frauen, die mit ihren Kindern alleine leben, Familien sind, und dass es nicht geht, dass nicht auch Väter hier in die Pflicht genommen werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es wurde heute auch schon mehrmals gesagt, was wir seit Jahren sagen, dass nämlich die Einkommensunterschiede und die Pen­sionsunterschiede so groß wären. Wir haben ein Gesetz zu den Einkommensberichten verabschieden können. Der nächste Schritt wäre überfällig. Was ist denn bitte mit einem Lohntransparenzgesetz? Warum bemüht sich niemand in dieser Bundesregie­rung, in den Regierungsparteien, dass man zumindest im Betrieb endlich einmal weiß, was jemand verdient, wer die Bonuszahlungen erhält, wer und in welcher Höhe die


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Überstunden leistet, und wenn unfair bezahlt wird – das betrifft in der Regel Frauen –, dass endlich die Möglichkeit besteht, dagegen auch etwas zu tun?

Ich habe auch nichts dagegen, das bestehende freiwillige Pensionssplitting auszuwei­ten. Ja, Frauen sollen dazuverdienen können, sollen einer Teilzeitbeschäftigung nach­gehen können. Wir können das bestehende freiwillige Pensionssplitting gerne auch ausweiten. Ich glaube, das wäre ein erster wichtiger Schritt.

Davor gibt es aber mindestens fünf bis zehn Möglichkeiten, wie Frauen vor Altersarmut bewahrt werden könnten, wie die Einkommensschere kleiner gemacht werden könnte, wie die Vereinbarkeitsfrage endlich ernster genommen werden könnte und wie bei der Mindestsicherung, die natürlich Armut von alleinerziehenden Frauen mit Kindern, viel­leicht auch Männern mit ihren Kindern, fördert, diese Armutsförderung hintangehalten werden kann.

Wir sind auch der Meinung, wie Frau Kollegin Pfurtscheller gerade gesagt hat, dass es eine Möglichkeit geben sollte, die Elternkarenzen zur Gänze anzurechnen, aber nicht in den Kollektivverträgen, wo es zum Teil wirklich schon passiert ist, sondern endlich gesetzlich, damit Frauen hier auch eine gute Möglichkeit haben, das auch einfordern zu können.

Die Kollegen Wurm und Wöginger sind jetzt nicht hier, aber wenn ich heute richtig ge­hört habe, haben beide angedeutet, morgen würden quasi 1 200 Euro Mindestpension netto für alle Frauen mit 40 Versicherungs- oder Arbeitsjahren – das war nicht ganz klar – verkündet. Herr Kollege Wurm hat gesagt, nicht nur Grundwehrdienst und Zivil­dienst, sondern auch die Kindererziehungszeiten werden angerechnet. Wenn das kä­me, wäre wirklich ein großer Schritt zur Bekämpfung der Altersarmut geschafft, allein der Glaube fehlt mir. Morgen werden wir es vielleicht erfahren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: Oder vielleicht übermorgen!)

18.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mi­chael Bernhard. – Bitte.


18.43.06

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht gleich zu Beginn der Debatte: Es ist auffallend, dass die Freiheitliche Partei sich bei dem Thema Gleichstel­lung von Mann und Frau in der Familienpolitik nicht einmal zu Wort meldet. Das muss man einmal erwähnen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Stefan: Weil es für uns selbst­verständlich ist!) Das Thema ist aber zu wichtig, um sich jetzt ausschließlich mit der FPÖ zu beschäftigen.

Ich möchte ein bisschen weiter vorne anfangen. Frau Kollegin Pfurtscheller hat überra­schenderweise sehr treffend Familie so beschrieben, dass sie dort entsteht, wo Men­schen in Liebe zueinanderfinden und füreinander Verantwortung übernehmen. (Abg. Lindner: Zum ersten Mal!) – Ja, ich habe es heute auch zum ersten Mal von der ÖVP gehört, aber ich finde, man kann sich ja auch bessern.

Ich möchte aber genau an diesem Punkt ansetzen, nämlich beim Thema Familie. Wenn junge Menschen zueinanderfinden – meistens sind es ja Mann und Frau, aber natürlich ist das auch in allen anderen Formen von Familie zutreffend –, stellen diese Menschen dann in der Frage der Familiengründung fest: Wir sind doch nicht gleich, es verändert sich etwas, der eine hat mehr Chancen als die andere. Es geht um diese Form des staatlichen Rahmens, in dem sich dann eine Familie gründet. Das ist eben beispielsweise das nicht funktionierende Pensionssplitting, das Kinderbetreuungsgeld, das von Männern deutlich seltener in Anspruch genommen wird als von Frauen. Das


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ist bei noch immer fehlenden Kinderbetreuungsplätzen der Fall, wo ich auch gehört habe, dass in Kindergärten für Kinder unter drei Jahren auch in Wien nur 28 Prozent der Eltern einen Platz bekommen, wenn sie ihn suchen.

Das alles führt genau in dieser Familie, bei diesen beiden jungen Menschen dazu, dass eine Person benachteiligt ist, und zwar nicht von Natur aus – es ist kein biolo­gisches Gesetz, dass die Frau gegenüber dem Mann benachteiligt ist –, sondern von Staats wegen. Es sind die Gesetze, die hier verabschiedet und bis heute nicht refor­miert worden sind, die dazu führen, dass es diese Ungleichheit gibt.

Mein Kollege Gerald Loacker hat vorher sehr treffend ausgeführt, wie es zu dieser Al­tersarmut kommt. Für mich ist ganz klar, Frau Ministerin, dass Sie als Familienminis­terin in den letzten eineinhalb Jahren diesem Problem viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben. Wenn ich mir anschaue, was Sie nach einem Jahr präsentiert haben, was die Schwerpunkte Ihres Ressorts für die Familien in Österreich waren, haben Sie drei Punkte genannt.

Der erste war die Indexierung der Familienbeihilfe. Bravo – da hat wirklich keine Fa­milie in Österreich irgendetwas gewonnen. Der zweite war der Familienbonus Plus. Wir haben ihn kritisiert. Er hat tatsächlich auch eine Entlastung gebracht, allerdings war das jetzt keine familienpolitische Maßnahme. Es war eine Entlastung, die allen Men­schen in unserem Land zugestanden hätte, und Sie haben sie schlicht für eine Gruppe vorgezogen. Der dritte Punkt sind Verantwortung im Netz und Gewaltprävention. Abgesehen von der Indexierung der Familienbeihilfe würde ich nicht in Abrede stellen, dass die Punkte eine Rolle gespielt haben, aber das ist für mittlerweile eineinhalb Jahre Tätigkeit viel zu wenig.

Ich erinnere jetzt noch einmal an das Bild, das ich gerade vorher beschrieben habe. Wir reden von Menschen, die in Liebe zueinanderfinden, Verantwortung übernehmen und dann plötzlich feststellen, dass sie nicht mehr die gleichen Chancen haben, sobald sie ein Kind in die Welt setzen – und das im 21. Jahrhundert. Österreich hat ein ze­mentiertes Familienbild, und zwar nicht in der Gesellschaft, sondern in der Politik. (Bei­fall bei den NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja!)

Die Menschen haben große Bereitschaft, mehr Verantwortung zu übernehmen, nur müssen wir endlich die Hindernisse, die die ÖVP und übrigens auch die SPÖ über Jahrzehnte den Menschen in den Weg gestellt haben, aus dem Weg räumen.

Ein abschließendes Wort zu Ihnen, Frau Kollegin Heinisch-Hosek: Es ist bezeichnend, dass die SPÖ in dieser Sache konservativer als die ÖVP ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein! Frauen müssen arbeiten gehen können!) Sie gehen her und sagen, ich will nicht einzelne Gesetze dahin gehend reformieren, dass sie kein Hindernis mehr für eine Fa­milie bedeuten, sondern ich warte auf die absolute Gleichstellung zwischen Mann und Frau, denn dann ist alles gut und dann brauche ich auch keine Reformen mehr. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein, nein! Viele Zwischenschritte!)

Das Pensionssplitting ist ein maßgeblicher Schritt – nicht in allen Fällen, lassen wir die Streitfälle außen vor, da braucht es kluge Regeln. Sie verwehren derzeit aber den Menschen, die sich die Frage stellen und ein modernes, gemeinsames Leben wollen, diese Chance. (Abg. Heinisch-Hosek: Die können es nicht machen!) – Nein, Frau Kol­legin Heinisch-Hosek, auch wenn Sie hereinrufen: Die können es machen! Genau das hat ja mein Kollege Gerald Loacker vorher sehr trefflich erklärt. Das Gesetz, so wie es jetzt besteht, ermöglicht es den Menschen, das zu machen.

Lassen Sie uns gemeinsam nach vorne gehen. Denken Sie an diese meist jungen Menschen, wenn sie eine Familie gründen wollen und plötzlich feststellen, dass sie nicht mehr gleich sind, wenn sie das machen. Das darf im 21. Jahrhundert keinen Platz haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.48



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 194

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.


18.48.36

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Debatte rund um die Altersarmut von Frauen und welche Auswir­kungen Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten auf die Pension haben, haben wir auch bei der Dringlichen Anfrage heute schon führen dürfen. Es freut mich, dass hier über­haupt ein offenes Ohr gegeben ist, um auch in diese Richtung wirken zu können.

Ich habe in einigen der letzten Diskussionen bereits angeführt, dass wir eine Situation vorfinden, in der wir Frauen gezielt – je nach Dauer, wie lange sie die Kindererziehung übernehmen, je nachdem, wie groß die Pausen zwischen den einzelnen Kindern sind – unterschiedlich unterstützen. Das heißt, eine Frau, die Kinder in größeren Abständen hat und somit länger zu Hause ist, eventuell dazwischen Teilzeit arbeitet, bekommt, was die Pensionsanrechnung betrifft, eine höhere Unterstützung durch den Staat, als eine Frau, die Kinder in kürzeren Abständen hat und vielleicht früher wieder in den Vollzeitberuf einsteigen kann. Diese Frau wird benachteiligt, weil sie für ihre Kinder dementsprechend keine gleichwertige – vier Jahre sind immer in Diskussion – bezie­hungsweise ausreichende Anrechnung für die Pension bekommt.

Da wird eine Ungerechtigkeit geschaffen, da Kinder ungleich für die Pension angerech­net werden, was wiederum dazu führt, Frau Ministerin, dass es eine ungleich hohe Pensionsanrechnung gibt, dass es eine ungleich hohe Bewertung für die Pension gibt, je nachdem, wie groß die Abstände zwischen den Kindern sind. Das ist eine Ungerech­tigkeit und diese Ungerechtigkeit sollte durch die Politik abgestellt werden, da wir damit auch dazu beitragen können, dass die Altersarmut von Frauen bekämpft werden kann.

Das Pensionssplitting kann ein nächster Schritt sein, aber zu diesem Punkt habe ich auch im letzten Plenum bereits gesagt, dass ich es für mehr unterstützenswert halte, wenn wir die Kindererziehungszeit an sich besser für die Pension anrechnen, als Staat mehr unterstützen. Und sollte sich das nicht ergeben, sollte diese Bundesregierung sich nicht dazu entscheiden, die Kindererziehung und die Familienzeit mehr zu unter­stützen, dann muss das Pensionssplitting ein nächster Schritt sein. Diesbezüglich gebe ich auch meiner Vorrednerin, Kollegin Pfurtscheller, recht.

Ich möchte aber zur parlamentarischen Anfrage des Kollegen Loacker schon auch noch etwas sagen. Die Anfrage betreffend Pensionssplitting ist exemplarisch dafür, wie die aktuelle Bundesregierung parlamentarische Anfragen behandelt. Ich habe selbst mehrmals solche Erfahrungen machen müssen, dass entweder verkürzt wird, ver­schleiert wird, geleugnet wird, die Verantwortlichkeit abgestritten wird oder in ein ande­res Ministerium verschoben wird. Wenn es dann doch nicht geht und man eventuell doch zuständig ist, dann wird einfach keine Antwort gegeben. Das war in diesem Fall so, und das war, was meine parlamentarische Anfrage zu den Krisenpflegeeltern an die Familienministerin betrifft, in den letzten Tagen ebenso der Fall. Die Fragen werden in keinster Weise beantwortet, sie werden einfach so stehen gelassen, wie sie sind. Und ob ein Parlamentarier, eine Parlamentarierin aufgrund einer Bürgeranfrage eine parlamentarische Anfrage erstellt und sich eine Antwort erwartet oder nicht, das scheint vollkommen egal zu sein.

Jetzt stelle ich die Frage: Was sollen wir tun? Es kommen keine Antworten auf Fragen. Jetzt obliegt es uns, eine Folgeanfrage zu stellen, die dann wieder zwei Monate Frist mit sich bringt, die bis auf den letzten Tag ausgenützt werden wird, und dann stehen wir vielleicht wieder vor der gleichen Situation, wie ich sie auch schon hatte, dass ich die Antwort bekommen habe – eine ganz besondere Spitzfindigkeit –, dass die aktuelle


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Frage intensiv bearbeitet werden würde und erst nach schlussendlicher Abstimmung eine Antwort möglich sei.

All das gibt es tagtäglich, Sie führen dieses Instrument der parlamentarischen Unter­suchung, der parlamentarischen Anfrage, des parlamentarischen Interpellationsrechtes wirklich ad absurdum. Mein Kollege Wolfgang Zinggl hat bereits einen Riesenpacken an parlamentarischen Anfragen an Nationalratspräsidenten Sobotka übergeben, mit der Bitte, genau darauf zu achten und einzufordern, dass es ordentliche Antworten geben soll und dass die ParlamentarierInnen in diesem Haus ernst genommen werden sollen. Man könnte jetzt davon ausgehen, dass es dem Herrn Nationalratspräsidenten Sobotka die Haare aufgestellt und die Zornesröte in die Brille getrieben hat; aber dem war nicht so, denn es ist bis heute überhaupt nichts passiert.

Deshalb ersuche ich Sie noch einmal, Frau Präsidentin, als höchste Repräsentantin dieses Hauses, setzen Sie sich dafür ein, auch in Ihrem Namen, im Namen des Herrn Präsidenten Sobotka, reden Sie mit der Regierung und stellen Sie diese Zustände end­lich ab. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Loacker.)

18.53


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Bogner-Strauß zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.53.44

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuse­herinnen und Zuseher! Ich möchte nur auf zwei Punkte eingehen. Noch einmal zu den parlamentarischen Anfragen, die wir wirklich versuchen, nach bestem Wissen und Ge­wissen zu beantworten – wie es unsere Pflicht ist und wie es Ihr Recht ist –: Ich möch­te auch darauf hinweisen, dass wir manchmal dieselbe Anfrage innerhalb von zwei Mo­naten mehrmals bekommen – da könnte ich jetzt eine Unmenge von Fragen aufzei­gen –, und da frage ich mich schon, ob Sie darauf abzielen, dass wir unsere Zeit immer wieder mit gleichen Anfragen verbringen müssen. Es kommen immer wieder dieselben Fragen. (Abg. Pilz: Das ist eine Frechheit!) – Na, da kann ich Ihnen einige Beispiele zeigen, wo wir immer wieder darauf hinweisen, dass das bereits in vorhergehenden parlamentarischen Anfragen beantwortet wurde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hol­zinger-Vogtenhuber, Zinggl und Meinl-Reisinger.)

Aber das ist heute nicht das Thema. In unserer Kurzdebatte ging es um das Pensions­splitting, und dazu möchte ich eine Klarstellung machen: Herr Loacker, Sie haben ge­sagt, das freiwillige Pensionssplitting kann nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Person nicht arbeitet. Und Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie haben das als Argu­ment gegen das Pensionssplitting verwendet, um nämlich zu sagen, wir wollen nicht, dass eine der betreuenden Personen oder ein Elternteil zu Hause bleibt. Das stimmt überhaupt nicht, es ist definitiv so, dass beide Elternteile einer Arbeit nachgehen kön­nen und dann einfach die Gutschrift auf die Person abgestellt wird, die weniger Er­werbstätigkeit hat. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. Natürlich, schauen Sie in die Folder und Flyer und die Informationen der Pensionsversicherungsanstalt. Es ist überhaupt kein Thema, es können beide Elternteile einem Erwerb nachgehen.

Das wollte ich jetzt zur Klarstellung sagen, da immer wieder, und auch schon in den Ausschüssen, die Behauptung kommt, das geht doch nur, wenn eine Person nicht ar­beitet. Und so ist es nicht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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18.56.07Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die Verhandlungen über den 4. Punkt der Ta­gesordnung, den Nationalen Bildungsbericht, wieder auf.

Vor dem Aufruf der Dringlichen Anfrage war Herr Abgeordneter Nico Marchetti am Wort. Er setzt seinen Redebeitrag jetzt fort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.56.30


Abgeordneter Nico Marchetti (fortsetzend): Ich weiß, der Spannungsbogen war fast unerträglich. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Ich habe damit geen­det - -


Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung (Abg. Marchetti: Ich glaube, die Präsiden­ten haben sich gegen mich verschworen! – allgemeine Heiterkeit), ich wollte Ihnen ein­einhalb Minuten Redezeit einstellen, das hat nicht gleich funktioniert. Sie haben jetzt eineinhalb Minuten Redezeit. – Bitte.


Abgeordneter Nico Marchetti (fortsetzend): Vielen Dank. Ich habe damit geschlos­sen, dass wir Politikerinnen und Politiker nicht nur die richtigen Fragen stellen, sondern auch die richtigen Antworten geben sollen. Gerade den Antwortenteil bin ich Ihnen schuldig geblieben. Ich wollte das anhand der Ganztagsbetreuung machen, das ist ja im Nationalen Bildungsbericht eines der Themen, wo Aufholbedarf geortet wurde. Der Herr Bundesminister hat jetzt ein Modell vorgestellt, das, glaube ich, sehr wesentlich ist, weil damit ein Systemwandel einhergeht.

Diese Anschubfinanzierungen haben offensichtlich nicht funktioniert, denn sie wurden ja von den Gemeinden auch nicht abgeholt. Das wird jetzt umgestellt, es wird für die Gemeinden wesentlich attraktiver, auch mit Unterstützung des Bundes zu investieren. Ich glaube, das ist genau eine von diesen konkreten Antworten, die wir als Politikerin­nen und Politiker auf die Fragen geben müssen, die sich in diesem Bildungsbericht stellen. In diesem Sinn vielen, vielen Dank für diese Initiative.

Die anderen Punkte, die noch offen sind, habe ich ja angesprochen, gerade punkto Digi­talisierung und politische Bildung, und da freue ich mich, wenn wir auch da möglichst bald zu Antworten kommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schimanek.)

18.58


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Sonja Hammer­schmid. – Bitte.


18.58.14

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren auf der Zu­schauergalerie und vor den Fernsehschirmen! Ja, ich freue mich sehr, dass wir heute die Gelegenheit haben, den Nationalen Bildungsbericht hier auch zu diskutieren, denn es handelt sich dabei um eine wirklich sehr, sehr umfassende und gute Zusammen­schau über das österreichische Bildungswesen. Er inkludiert Fakten, Zahlen, Daten, empirische Erhebungen, wissenschaftliche Beiträge und gibt uns vor allem auch ob­jektive Handlungsempfehlungen für unser politisches Wirken mit.

Daher war es uns von der Sozialdemokratie sehr, sehr wichtig, diesen Bildungsbericht nicht im Ausschuss, wie eigentlich vorgesehen, endzuerledigen und abzusegnen, son­dern diesen Bericht hier herein ins Plenum zu bringen und darüber sprechen zu können.

Das ist auch ein Zeichen der Wertschätzung für die Wissenschafterinnen und Wissen­schafter, nämlich die ganz, ganz vielen, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben, denn es ist ein 900 Seiten starker Bericht, der es wirklich wert ist, darin zu blättern und vor allem auch darin zu lesen. Es ist ein Daten- und Wissensschatz, würde ich sogar meinen. Vielen, vielen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)


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Dieser Bericht, liebe Kolleginnen und Kollegen, war für mich und ist für mich hand­lungsleitend, denn es geht um evidenzbasierte Bildungspolitik, die wir auch gestalten sollen. Und es ist das Gebot der Stunde, mit Fakten auch entsprechend zu arbeiten.

Der Bericht spannt einen breiten Bogen und adressiert einmal mehr sehr zentral die Bedeutung der Bildungsvererbung in Österreich. Es ist quasi immer noch vom Bil­dungshintergrund der Eltern abhängig, wie die Bildungskarrieren der jungen Menschen in diesem Land aussehen. Er sagt aber auch sehr klar, wo die Reise hingehen soll, was zu tun wäre. Mein Vorredner hat es schon kurz angerissen: Dringender Ausbau ganztägiger Schulen ist ein Gebot der Stunde, aber auch neue Lehr- und Lernformen, die die Talente unserer jungen Menschen in den Mittelpunkt stellen und besonders entwickeln, bis hin zur Forderung nach den besten Pädagoginnen und Pädagogen für jene Klassen und Schulen, in denen sich ganz besondere Herausforderungen stellen, bis zum Thema Digitalisierung; auch das war heute schon kurz Thema. Das ist also ein Potpourri an Ansatzmöglichkeiten für unser politisches Wirken. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte mich aufgrund der Kürze der Redezeit auf das Thema moderne Unter­richtsmethoden und moderne Lehr- und Lernformen konzentrieren. Reines Auswendig­lernen, reiner Frontalunterricht qualifiziert und rüstet unsere Kinder und jungen Men­schen nicht ausreichend für die Herausforderungen, vor denen wir als Gesellschaft, aber auch in den Arbeitswelten stehen. Das geht zu wenig weit.

Es braucht einfach wesentlich mehr Kompetenzen und Fähigkeiten wie Selbstwirksam­keit, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Digitalisierung, Kreativität und Neugier sowieso, um diese jungen Menschen zu qualifizieren und zu rüsten. Vor allem Lernen zu lernen ist das Gebot der Stunde, und der Bericht zeigt diesbezüglich Modelle auf: selbstgesteuertes Lernen, kooperatives Lernen, Projektarbeiten, themenspezifische Ar­beiten, differenzierte Aufgabenstellungen auf unterschiedlichen Niveaus innerhalb der Klasse. Das sind erfolgreiche Modelle, die es schon gibt, die es auszudehnen gilt. Di­gitalisierung ist ein wunderbares Werkzeug, um diese Binnendifferenzierung und diese neuen Lehr- und Lernmethoden ganz besonders zu unterstützen.

Was dieser Bericht auch sagt: Er begreift die Heterogenität im Klassenzimmer als Chance. Kompetenzentwicklung sei in einer heterogenen Klasse zielführender, wird anhand von Kompetenzmessungen bei unterschiedlichen Schülergruppen festgestellt. Leistungsschwächere SchülerInnen würden bessere Lernergebnisse erzielen, leis­tungsstärkere SchülerInnen profitieren speziell in der sozialen Entwicklung. Moderne Pädagogik macht das wunderbar möglich.

Diese Binnendifferenzierung ist ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Mittelschulen, und von denen soll sie getragen werden. Leider werden diese pädagogischen Ziele der Bin­nendifferenzierung, der neuen Lehr- und Lernformen, durch die Handlungen, die durch diese Regierung gesetzt werden, aber immer weiter zurückgeschraubt und immer mehr verunmöglicht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Wovon spreche ich? – Wiedereinführung von Leistungsgruppen in den Neuen Mittel­schulen, eine schleichende Abschaffung des Teamteachings. Die Schlechterstellung der mitverwendeten Bundeslehrerinnen und -lehrer – auf dieses Thema kommen wir heute noch zu sprechen – wird das Thema Teamteaching immer unattraktiver machen und immer weiter reduzieren. Dieses ist aber ganz wichtig, damit diese differenzierten Lehr- und Lernformen gelingen können. Das ist ein ganz, ganz bedauerlicher Rück­schritt, der ganz schwer hinzunehmen ist.

Wir müssen doch unsere SchülerInnen unterstützen, ihre Potenziale fördern, ihre Ta­lente zum Blühen bringen. Dazu brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung in die richtige Richtung. Es geht um Chancengerechtigkeit und es geht auch um autonomes


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Gestalten an den Schulstandorten, weil die Pädagoginnen und Pädagogen sehr genau wissen, wo sie hingreifen müssen.

Ich bitte Sie, Herr Bildungsminister, unterstützen Sie das Vermitteln dieser Kompeten­zen an den Schulen, unterstützen Sie die Pädagoginnen und Pädagogen in ihrem Han­deln, denn sie wissen, was sie tun. Es braucht Ihr Commitment und Ihr Vertrauen in die Pädagoginnen und Pädagogen, in eine autonome Schule, um neue Lehr- und Lernme­thoden wirklich zum Wirken zu bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

19.04


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte.


19.04.16

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, dieser Nationale Bildungsbericht ist aus meiner Sicht schon wesentlich konkreter, als die Vorrednerin jetzt festgestellt hat.

Ich möchte zunächst ein paar Fakten aufzeigen, bevor ich auf die wirklichen Probleme des österreichischen Schulwesens eingehe, die ja von der SPÖ immer ausgeklammert werden. Wir haben im Ausschuss intensiv über Gewalt in der Schule diskutiert. Der ak­tuelle Fall an der HTL Ottakring war natürlich ein Beispiel dafür, wie es in Schulen nicht funktionieren soll. Wir kennen aus den Medien und der Berichterstattung das schreck­liche Bild, wenn Schüler sich mit einem Lehrer auseinandersetzen, wenn die Gewalt in der Schule tatsächlich um sich greift und Gewalt effektiv auch stattfindet.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir als Freiheitliche Partei haben über Jahre auf dieses Problem hingewiesen. Wir haben darauf hingewiesen, dass wir effektive Pro­bleme haben, die sich in einigen Punkten äußern. Diese betreffen nicht nur die Gewalt, die wir wahrnehmen und vor der wir gewarnt haben, sondern auch die zunehmenden Parallelgesellschaften in den Schulen; auch vor denen haben wir immer wieder ge­warnt.

Wir haben darauf hingewiesen, dass wir fehlende Deutschkenntnisse bei Kindern, die eingeschult werden, feststellen, und gesagt, wir verlangen Deutsch vor Schuleintritt. Ich kann ja nur unterrichtet werden, wenn ich die Unterrichtssprache verstehe. Deswe­gen haben wir ja die Deutschförderklassen eingeführt – gegen die Stimmen der SPÖ und der linken Seite hier im Parlament –, das war ein wichtiger bildungspolitischer Schritt, der an sich logisch ist und den jeder versteht. Wie kann ich in Schulen unter­richtet werden, wenn ich nicht verstehe und nicht verstanden werde? Und jetzt wird noch weiter gegen diese Deutschförderklassen polemisiert. Wir haben uns gewünscht, dass in den Pausen Deutsch gesprochen wird. Diese Initiative wurde noch in der alten Legislaturperiode unter anderem auch von der SPÖ abgelehnt. Im Pausenhof soll Deutsch gesprochen werden, das ist abgelehnt worden. Es kann ja keine Kommunika­tion stattfinden, wenn man sich gegenseitig nicht versteht.

Wir haben auf den Wertekonflikt in den Schulen hingewiesen, auf die Rolle des Islam im Klassenzimmer. Und wissen Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, was da pas­siert ist? Wir sind über Jahre hier im Hohen Haus als Vernaderer hingestellt worden, als Personen, die nichts verstehen, die an den täglichen Problemen der Schule vorbei­reden, obwohl die Ergebnisse – Pisa zum Beispiel – immer schlechter geworden sind.

Wie Sie wissen, bin ich selbst auch Wirtschaftspädagoge und habe diesen Beruf mit Begeisterung ausgeübt. Es ist ein schöner Beruf, es ist aber auch ein Beruf, der un­glaublich fordert und mittlerweile auch zu wirklich extremen Situationen führt. Erst jüngst haben wir in den Medien lesen können, dass jeder achte Lehrer Burn-out-ge­fährdet ist, weil er zu wenig unterstützt und zu wenig begleitet wird. Wir haben also in


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unseren Schulen extrem viele Probleme, und das wurde von der linken Seite, von der SPÖ, über Jahrzehnte verleugnet. Wir wurden als Vernaderer dargestellt, und jetzt ha­ben wir eine Situation – so, wie sie ist –, die durchaus eskaliert ist.

Geschätzte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt Personen, auch von Ihnen, aus der sozialistischen Gewerkschaft heraus, die auch auf diese Pro­bleme hingewiesen haben. Ich darf auf das Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ von Frau Susanne Wiesinger hinweisen. Wissen Sie, was mich da schockiert hat? Mich hat schockiert, dass Frau Susanne Wiesinger und ihre Kolleginnen und Kollegen über Jahre intern vor diesen Zuständen, dem fortschreitenden Wertekonflikt, der Rolle des Islam im Klassenzimmer gewarnt haben, dieses Problem intern angesprochen wurde, aber dieses Problem von Ihnen immer unter den Teppich gekehrt wurde. Das ist das Fatale. So haben Sie über Jahre Schulpolitik gemacht: Kopf in den Sand stecken, auf und durch, und Probleme, die es en masse gibt, einfach verleugnen.

Ich darf Ihnen ein Zitat aus diesem Buch von Frau Susanne Wiesinger vorlesen. Sie schreibt darüber, wie es ihr ergangen ist. Susanne Wiesinger hat mit diesem Buch genau den Nerv der Zeit getroffen. Ich zitiere: „Doch Susanne Wiesinger traf mit ihren ehrlichen Worten den Nerv der Zeit. Die Kritik aus der roten Lehrergewerkschaft und dem Stadtschulrat war entsprechend heftig. Gerechnet hatte Susanne Wiesinger da­mit, aber wohl nicht in dieser Art und Weise, schließlich hatte sie viele Jahre mit den Kollegen eng zusammengearbeitet und ihre Gedanken regelmäßig in Sitzungen und Gesprächen geäußert. Dass dies dort ignoriert oder verharmlost wurde, gab letztend­lich den Ausschlag für den Schritt in die Öffentlichkeit. Der Preis, den sie für diesen Schritt zahlt, ist hoch.“ – Uns ist es gleich ergangen!

„Viele ihrer Bekannten, meist bürgerliche Linke, verstehen nicht, warum sie diese Kritik äußert. Linke Kreise werfen ihr vor, rechts und islamophob zu sein.

Man meidet sie und möchte nicht einmal mehr über die unterschiedlichen Standpunkte diskutieren. Sie würde zu sehr polarisieren. Ihre früheren Gewerkschaftskollegen ha­ben den Kontakt zu ihr abgebrochen. Wenn es dann doch einmal zu einem Gespräch kommt, dann nur, um ihr mitzuteilen, sie solle sich nicht weiter zu Gewerkschaftsthe­men oder dem Islam in der Schule äußern. Sie möge endlich still sein.“

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Susanne Wiesinger hat das jetzt auf den Punkt gebracht, und ich verspreche Ihnen, wir werden nicht ruhig sein. Wir werden genau diese Sache weiterverfolgen, und wir werden schauen, dass dieses Problem der auf­keimenden Parallelgesellschaft und all die anderen Probleme, die ich jetzt erwähnt ha­be, zukünftig nicht unter den Tisch gekehrt werden und dass wir das, was Sie über Jahrzehnte dem österreichischen Schulwesen angetan haben, mit unserem geschätz­ten Minister gemeinsam aufarbeiten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hoyos-Trautt­mansdorff. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.10.58

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Werte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Vorweg möchte ich den Wissenschaftlern danken, die diesen Bildungsbericht erstellt haben, weil das – und das wurde auch schon angesprochen – eine wichtige Evidenz dafür ist, wo wir in der Bildungspolitik stehen. Traurig ist, dass wir die Probleme, die da vorhan­den sind, seit Jahren sehen und kennen und sich am Ende des Tages nicht sehr viel verändert.

Wir sehen in diesem Bildungsbericht ganz klar, dass Österreich auf der Stelle tritt, sich nicht sehr viel entwickelt und die Ergebnisse nach wie vor nicht befriedigend sind, ins-


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besondere wenn wir feststellen, dass das Geld einfach nicht bei den Schülerinnen und Schülern und auch nicht beim Lehrpersonal ankommt.

Ich habe drei Punkte herausgegriffen, über die ich kurz sprechen möchte. Das erste Thema – und das passt sehr gut zum Redebeitrag des Vorredners – ist jenes der kos­tenlosen Ganztagesschule für diejenigen, die es brauchen; das betrifft also insbeson­dere Brennpunktschulen. Aus dem Bildungsbericht geht ganz klar hervor, dass es da ein Problem gibt und dass das eben nicht ankommt. Ganztagesangebote werden mo­mentan insbesondere in Ballungsräumen, hauptsächlich in Wien, angenommen, und da meistens von höher gebildeten Eltern, die auch beruflich bessergestellt sind.

Wozu führt das? – Das führt genau zu dieser Spaltung der Gesellschaft, die vorhin an­gesprochen wurde, und umso dramatischer ist es, wenn wir sehen, dass die Bundesre­gierung die Mittel für diesen Bereich über die nächsten Jahre ausdünnt und eben nicht für mehr Ganztagesangebote, insbesondere an Brennpunktschulen, zur Verfügung stellt. (Beifall bei den NEOS.)

Ein zweites wichtiges Thema, das da auch klar angesprochen wird und auch immer wieder von ExpertInnen aufgeworfen wird, ist das Thema Chancengerechtigkeit. Die Regierung fällt diesbezüglich nur mit mehr Selektion auf, mit mehr In-Schubladen-Ste­cken von einzelnen Personen und eben nicht mit dem, was auch im Bericht erwähnt ist: der Notwendigkeit, die Mittel endlich indexbasiert zu verteilen, um wirklich auch das Geld dort ankommen zu lassen, wo es benötigt wird. Ich habe am Anfang gesagt, wir müssen das Geld dorthin bringen, wo es die Schülerinnen und Schüler und das Lehr­personal brauchen, und dürfen nicht mit der Gießkanne über alles drübergehen. (Bei­fall bei den NEOS.)

Der dritte Punkt ist das Thema Digitalisierung – es wurde von Nico Marchetti und auch von Kollegin Hammerschmid schon angesprochen –: Die Regierung spricht seit Mona­ten, wenn nicht mittlerweile sogar seit Jahren über den Masterplan Digitalisierung. – Ja, es kommt das große Digitalisierungskonzept.

Was steht in diesem Bericht ganz klar drinnen? – In diesem Bericht steht ganz klar drinnen, dass wir die Medienkompetenz als Querschnittsmaterie nicht in der Pädago­gInnenbildung Neu haben ankommen lassen, was aber essenziell wäre, weil wir natür­lich gut ausgebildete PädagogInnen brauchen, die das auch mit Motivation vortragen, um die nächste Generation darauf vorzubereiten und um die Probleme, die im Bil­dungsbereich und insbesondere, was digitale Kompetenzen betrifft, auf sie zukommen, zu lösen.

Ein weiterer Bereich, der angeschnitten worden ist, ist das Thema Netzwerke – Nico Marchetti hat es auch angesprochen –: Wir haben auf Bundesschulebene durchaus einen ganz guten Stand. 73 Prozent der Bundesschulen waren 2016 mit Internet vor Ort ausgestattet. Wenn wir aber in die Kindergärten schauen, dann schaut es ganz, ganz düster aus. Dass gerade Kindergärten am schlechtesten abschneiden, halte ich für eine mittlere Katastrophe, denn wir müssen bei den Jüngsten ansetzen, um Maß­nahmen zu ergreifen und früh ins Laufen zu kommen, früh in die Gänge zu kommen.

Genau das ist das, was in dieser Bundesregierung momentan fehlt – drei Punkte, die essenziell sind, und bei allen kommen keine Schritte vorwärts zustande. (Beifall bei den NEOS.)

19.14


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Cox. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.14.29

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Ein Hallo auch an die Personen vor den Bildschirmen! Ich


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zitiere einen Lehrer: „Als Lehrer bist du der Depp der Nation. Man weiß nicht, wie man reagieren soll, man ist verloren. Ich habe 15 Jahre in einer öffentlichen Schule unter­richtet – oder besser dressiert –, den Dompteur gespielt. Körperliche Angriffe an die LehrerInnen, verbale Beschimpfung der LehrerInnen sowieso, gab es täglich. Der Di­rektor und der Inspektor haben mich nie unterstützt, einige Kollegen hatten jeden Tag Angst, in die Schule zu gehen.“ – Ein Zitat, ein Erfahrungsbericht eines Lehrers, der Opfer von Mobbing geworden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mobbing und Gewalt sind leider Alltag an Österreichs Schulen, für SchülerInnen und für LehrerInnen. Wir können nun wegschau­en, wir können schockierende Handyvideos ansehen, wir können die schwarzen Scha­fe von der Weide nehmen, aber die Gesamtsituation wird es nicht verändern.

Um Gewalt und Mobbing an Schulen nachhaltig zu bekämpfen, muss ein ganzheitli­ches Denken her. Die gesamte Schule muss angesehen werden, von der Schulleitung bis hin zu den Eltern. Wie sieht das in der Praxis aus?

Erstens: Natürlich muss man da auch bei den Eltern ansetzen. Die Eltern müssen viel stärker miteinbezogen werden, das heißt, man muss nicht nur mit ihnen sprechen, sie müssen auch zur Verantwortung gezogen werden. Beispiel: Es gab die mobilen Teams, die genau dies auch gemacht haben. – Sie wurden eingespart.

Zweitens: Wir brauchen einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle Kinder. (Abg. Taschner: Nein!) Genau das kann nämlich ein Ort sein, wo gemeinsame Werte und Umgangsformen erlernt werden (Abg. Taschner: Nein!), wo Emotionen und Konflikte angesprochen werden und auch damit umgegangen wird.

Drittens, Schulautonomie: Um die passenden Maßnahmen zu finden und zu setzen, muss man auch einfach mal die LehrerInnen und die SchulleiterInnen fragen. Sehr oft wissen sie am besten, was sie brauchen.

Minister Faßmann, Sie haben ja den Neun-Punkte-Plan gegen Gewalt an Schulen prä­sentiert. Die Frage, die ich mir stelle, ist: Wie wollen Sie diesen umsetzen, ohne zu­sätzliches Personal zu haben? – Neun Punkte, null Verstärkung: Dieser Plan kann nicht aufgehen.

Der Lehrer, den ich vorhin schon zitiert habe, hat auch gemeint: „Als Lehrkraft ist man verloren“. – Es ist sehr schade, das von einer Lehrkraft zu hören, die in einem Klassen­raum in Österreich steht. Er bringt aber das Problem auf den Punkt: Österreichs Leh­rerinnen und Lehrer fühlen sich sehr oft überlastet und alleingelassen. Unsere Schulen, unsere Lehrkräfte brauchen deswegen mehr Unterstützungspersonal. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Nationale Bildungsbericht, den wir gerade diskutieren, belegt das mit Zahlen, bei­spielsweise in den Mittelschulen. In dem Bericht steht, man benötigt dringend mehr ad­ministratives Personal; das sagen 72 Prozent der SchulleiterInnen. 60 Prozent sagen, dass SchulpsychologInnen fehlen, 56 Prozent sehnen sich nach mehr Schulsozialar­beiterInnen. Bei der AHS ist es ein ähnliches Bild. Das bedeutet, wir haben da Zahlen, die wiederum zeigen: Da braucht es Unterstützung, da braucht es zusätzliches Per­sonal.

Schauen wir einmal über den Tellerrand, über den nationalen Tellerrand: 2008 war Ös­terreich in der Talis-Studie der OECD Schlusslicht bei den Arbeitsbedingungen an Schulen. Was bedeutet das konkret? – In keinem anderen Teilnehmerland mussten sich mehr LehrerInnen eine Unterstützungskraft teilen. Das heißt wiederum, es braucht mehr Unterstützung, vor allem mehr Unterstützungskräfte.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Bundesminister! Gewalt und Mob­bing sind leider Alltag an unseren Schulen. Spuckattacken, Beleidigungen und Prüge­leien werden Alltag bleiben, wenn wir nicht endlich unsere Lehrkräfte gezielt unterstüt-


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zen und jetzt zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.19


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kuss-Berg­ner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.19.34

Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner, BEd (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Mi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher!

Bevor ich auf die Themenschwerpunkte des neu erschienenen Bildungsberichts einge­he, möchte ich zuallererst darauf hinweisen, dass so manche Frage, die wir im Aus­schuss zum Bericht diskutiert haben, wohl eher der Vorgängerin als dem Herrn Bil­dungsminister hätte gestellt werden sollen, weil dieser 900-Seiten-Bericht ein Rückblick auf die letzten drei Jahre ist. Der Bericht behandelt also die Jahre 2015 bis 2018. Das heißt für mich vor allem, dass all die Maßnahmen, die unser Herr Bildungsminister, der für mich eigentlich ein unbestrittener Experte ist, gesetzt hat, in diesem Bericht leider noch nicht untersucht werden konnten.

Dieser Bericht ist somit die Aufarbeitung der Zeit von Kollegin Hammerschmid als Bil­dungsministerin. Darin finde ich vor allem eine Passage über die Bildungspolitik, die damals betrieben wurde, besonders aussagekräftig, und zwar ist zu lesen: „Das Privat­schulwesen österreichischer Prägung dürfte etwas an Terrain gewonnen haben.“ Zi­tat aus dem Bildungsbericht. Jetzt kann jeder von Ihnen seine Schlüsse daraus ziehen. Für mich bedeutet es, dass das Schulsystem der öffentlichen Hand an Ansehen verlo­ren hat, dass das Vertrauen in dieses gesunken ist.

Es sind zwei zentrale bildungspolitische Themen, die der Nationale Bildungsbericht be­handelt, und zwar erstens der Umgang mit unterschiedlichen Potenzialen in der Schu­le: Wie unterrichte ich einen Klassenverband aus Schülerinnen und Schülern unter­schiedlicher Herkunft und mit einem Fähigkeitsspektrum, das von Lernschwäche bis zur Hochbegabung reicht? Das ist eine Frage, die unsere Lehrerinnen und Lehrer je­den Tag beschäftigt und die sie vor Herausforderungen stellt. Das kann ich aus eigener Erfahrung berichten.

Es gibt zwar spannenderweise aussagekräftige Daten und Fakten – Frau Hammer­schmid hat ja evidenzbasiert gesagt – über Schülerinnen und Schüler mit nicht deut­scher Muttersprache sowie über jene mit sonderpädagogischem Förderbedarf, aller­dings – das kann man nachlesen – fehlen Daten über hochbegabte Schülerinnen und Schüler, was ich als sinnbildlich für die Bildungspolitik dieser Zeit empfinde. Frau Ham­merschmid hat diese Heterogenität ja angesprochen, sie hat auch gesagt, gute Schüler lernen vor allem soziale Kompetenz. Die soziale Kompetenz ist wichtig. Ist es aber die einzige Kompetenz, die wir fördern sollten?

So wie in der letzten Gesetzgebungsperiode die Probleme mit nicht deutschsprachigen Schülerinnen und Schülern nicht angegangen wurden, ist offensichtlich auch unseren Hochbegabten nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt worden.

Zweitens behandelt der Bericht die Kosten im Bildungsbereich. Laut Bildungsbericht geben wir im EU-Vergleich, Frau Cox, überdurchschnittlich viel Geld für Bildung aus. Es ist natürlich immer die Frage: Ist es genug? Da stellt sich, wie bei jedem aktuellen Thema, das wir diskutieren, die Frage der Ressourcenverteilung. Herr Minister, ich glaube, es ist legitim, die Frage aufzuwerfen: Wird das Geld, das vorhanden ist, auch richtig eingesetzt?

Wir werden entschieden gegen Fehlentwicklungen, die im Bildungsbereich entstanden sind, auftreten. Mit den Maßnahmen, die in den letzten eineinhalb Jahren gesetzt wur-


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den – den Deutschförderklassen, dem Pädagogikpaket, den Verbesserungen bei der Zentralmatura und dem Ausbau der ganztägigen Schulformen –, sind wir im österrei­chischen Bildungssystem wieder auf dem richtigen Weg. Es ist unser klarer Anspruch, dass relevante Bildungsziele in Österreich erreicht werden, und das werden wir mit ei­nem differenzierten Schulsystem, das sich in der öffentlichen Hand befindet, erreichen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.24


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Feichtinger. – Bitte.


19.24.05

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Minister! Frau Präsiden­tin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich zitiere: „Vor allem junge Frauen entscheiden sich für den Umzug in die Stadt. [...] Dadurch verliert der ländliche Raum gut gebildete junge Frauen dauerhaft an die Städte. [...] Eine beson­dere Herausforderung im ländlichen Raum ist die Vereinbarkeit von Beruf und Fami­lie [...]. Kinderbetreuungsmöglichkeiten müssen den realen Bedürfnissen entsprechen.“

Werte KollegInnen von der ÖVP! Das sind Zeilen, die Sie eigentlich kennen müssten. Sie kommen aus Ihrem Masterplan ländlicher Raum. Es ist sehr positiv, dass die Ab­wanderung von jungen und hoch qualifizierten Frauen festgestellt worden ist und dass festgestellt worden ist, dass eine bessere Kinderbetreuung notwendig ist. Leider ent­spricht das noch immer nicht der Realität auf dem Land.

Im letzten Bildungsinvestitionsgesetz wurden 115 000 neue Plätze für die Ganztags­schulen beschlossen. Frau Kollegin Kuss-Bergner, nachher wurden sie auf 40 000 ge­kürzt, also war ein Ausbau in diesem Fall nicht zu sehen. Es fehlen uns in den nächs­ten Jahren 75 000 dieser wichtigen Plätze.

Wenn ich jetzt an diese Frauen denke, die auf dem Land leben und sich entscheiden müssen – sie gründen eine Familie, sie wollen auf dem Land bleiben, wollen aber ihre Jobs genauso behalten und Familie und Job vereinen –, dann wird es ziemlich schwie­rig, weil das Angebot fehlt. (Abg. Kuss-Bergner: Es sind drei Länder, die Aufholbedarf haben!) Die Ganztagsschulen fehlen. Was wichtig ist: Es braucht die Wahlmöglichkeit. Jeder sollte das selbst entscheiden können, aber diese Wahlmöglichkeit gibt es bei uns auf dem Land gar nicht in der Form und in der Menge wie in der Stadt. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Kuss-Bergner: Die gibt es! Die gibt es!) Im Endeffekt ist den Frauen nur noch die Halbtagsarbeit möglich, Vollzeit wird de facto auf dem Land nicht mehr um­setzbar sein.

Liebe ÖVP-Kolleginnen und -Kollegen! Ich würde mir wünschen, dass nicht nur da­rüber gesprochen und geschrieben wird, sondern dass Sie handeln! Investieren Sie einfach in die Ganztagsschulen! Das wäre ein ganz großes und positives Zeichen für die Kinder in unserem Land.

Gewalt und Mobbing in den Schulen – in den letzten Wochen war das großes Thema in den Medien. Die Regierung beschäftigt sich damit. Das Thema sind Time-out-Klas­sen, man spricht darüber und schaut, dass man sie eventuell installiert. Für mich per­sönlich sollte das der letzte Ausweg sein. Man sollte wesentlich früher eingreifen. (Zwi­schenruf des Abg. Mölzer.) Gewaltausbrüche von Kindern kommen nicht von heute auf morgen, da ist das Umfeld ein Thema und viele, viele Dinge mehr, die dahinterstehen. SchulpsychologInnen und SchulsozialarbeiterInnen sind sehr, sehr wichtig. Meines Er­achtens wurde da der Sparstift angesetzt.

Wenn man über die Grenzen hinausschaut: In Schweden gibt es für jede Schule einen fixen Platz für einen Schulsozialarbeiter, in Österreich sind es hingegen insgesamt


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200 Plätze. Da spürt man auch, dass das einfach viel zu wenige sind. Ich würde Sie daher bitten, Herr Minister, sich dafür einzusetzen, dass unsere Lehrerinnen und Leh­rer in dieser Form unterstützt werden.

Auffällige Kinder und Jugendliche sollten nicht aus den Klassen genommen werden. Ich finde, das ist keine Lösung. Man sollte im Sinne der Kinder denken und schauen, dass man die Pädagoginnen und Pädagogen unterstützt, in Kooperation mit den Schul­psychologInnen und natürlich mit den SchulsozialarbeiterInnen. Das führt zu einem gu­ten Klassenklima, und im Endeffekt wäre das der richtige Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schandor. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.27.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuhörer vor den Bildschirmen und hier im Hohen Haus! Wir haben schon einiges über den Bildungsbe­richt gehört. Ich habe ihn mitgebracht (zwei Bände des Bildungsberichts in die Höhe haltend): So sieht er aus, ein sehr umfassendes Werk, das zum vierten Mal erschienen ist, in zwei Bänden, und das in Dreijahresabständen – Kollegin Kuss-Bergner hat es schon erwähnt – veröffentlicht wird.

Dieser Bildungsbericht gibt einerseits anhand von Zahlen, Daten, Fakten und einer ganzen Menge an Indikatoren einen Überblick über die Leistungen des österreichi­schen Schulsystems, andererseits findet man in Band 2 aktuelle Bildungsthemen, Ein­blicke in den Stand der Forschung und davon abgeleitete Entwicklungsoptionen für die Schulpolitik, also sozusagen die Grundlage für die evidenzbasierte Bildungspolitik in Österreich.

Wenn man etwas genauer in den Bildungsbericht hineinliest, dann wird man verschie­dene Themenblöcke vorfinden, die sich mit Lehrern und Unterricht vor dem Hinter­grund des sozialen Wandels beschäftigen. Es geht aber auch um die Ausgestaltung und Weiterentwicklung unseres Bildungssystems, und es werden die Steuerung und auch Perspektiven aufgezeigt, wie zum Beispiel das Bildungssystem 2040 ausschauen könnte. Es ist also einerseits ein Blick in die Vergangenheit, aber andererseits auch ein Blick in die Zukunft: Welche Ziele und Aufgaben hat Bildung 2040? Welche Herausfor­derungen stellen sich im Bildungssystem?

Wir hatten vorige Woche eine interessante Diskussion mit Abgeordneten aus dem nie­derländischen Parlament – Kollegin Hammerschmid und ich haben daran teilgenom­men –: Welche Bildungsinstitutionen wird es bei uns geben oder nicht mehr geben? Wer wird dann auf dieser Bühne als Akteur oder Akteurin aufscheinen? Wie stellt sich die Beziehung zwischen Bildungsinstitutionen und der Gesellschaft dar? Wie Lernar­rangements und Lernprozesse aussehen, auch auf diese Themen geht dieser Bil­dungsbericht ein.

Ich möchte einen Punkt anschneiden, und zwar die Tagesbetreuung. Für mich ist es äußerst interessant, dass circa ein Viertel aller Volksschüler in einer Tagesbetreuungs­stätte betreut wurde – circa 22 Prozent, wenn man die externen Trägerschaften ab­zieht –, während es bei der AHS oder bei der Unterstufe und den Neuen Mittelschulen circa 18 Prozent sind – nun aber über das gesamte Bundesgebiet gesehen.

Man kann da natürlich ganz deutliche Unterschiede herauslesen, allein schon zwi­schen den Bundesländern. Bei der schulischen Nachmittagsbetreuung haben wir bei­spielsweise die höchste Quote in Wien und die niedrigste in Tirol. Das ist auch ein klarer Auftrag an die Bundesregierung und an den Bundesminister. Wir wollen auch


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mehr tun, mehr dazu beitragen, damit sich diese Situation auch im ländlichen Bereich deutlich verbessert.

Ich nehme diese Punkte als Kritikpunkte – auch von der Elternseite findet man solche im Bericht, beispielsweise was die räumliche Situation, aber auch die Größe der Lern­gruppen betrifft – sehr ernst. Ich halte diesen Bericht für sehr, sehr wertvoll und möchte auch all jenen danken, die daran mitgearbeitet haben, vor allem den Herausgebern. Ich sehe das als eine sehr positive Arbeit und bin froh, dass wir diesen Bildungsbericht heute vorliegen haben. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.31


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort hat sich nun Herr Bundesminister Faß­mann gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


19.31.29

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich schließe mich meinen Vorrednerinnen und Vorrednern an: Das ist ein ausgesprochen profunder Bericht. – Er ist sehr de­tailreich und er ist auch dick – 900 Seiten sind nicht ohne. Er ist leider in einem ge­wissen Sinn auch historisch, weil viele Zeitreihen in diesem Bericht mit 2015, 2016 en­den und sich in den letzten Jahren sehr viel getan hat.

Der Bericht ist aber voll von Detailergebnissen, und die Herausgeber selbst haben die Detailergebnisse akzentuiert. Ich möchte vielleicht auf eines hinweisen: Es gibt ein Detailergebnis hinsichtlich der Fragestellung, welche Faktoren für das Nichterreichen der Bildungsstandards maßgeblich sind. Es fallen da Erstsprache und Migrationshinter­grund deutlich stärker ins Gewicht als der Bildungshintergrund der Eltern.

Ich wundere mich daher über all jene, die von jener Zeit, als es keine Deutschförder­klassen gegeben hat, als einer erfolgreichen Zeit sprechen. All jene müssten eigentlich von diesem Ergebnis, welches genau diese Phase reflektiert, nicht nur überrascht, son­dern auch negativ berührt sein. Das ist also ein ganz wesentliches Ergebnis. Ich bin auch sicher, dass sich durch die Deutschförderklassen an diesem ganz wichtigen Punkt des Nichterreichens der Bildungsstandards etwas ändern wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Einen zweiten Befund, den man vielleicht hervorstreichen kann – den selbst die He­rausgeber hervorgestrichen haben und den ich gleichsam geerbt habe –, ist die aus­gesprochen stringente geschlechtsspezifische Differenzierung bei der Schulwahl. Wir haben eine Segregation: Die einen gehen in die technisch-gewerblichen Schulen, sprich HTLs, und die anderen in die sozialberuflichen Schulen. Natürlich ist leicht ausrechen­bar, wie sich dann später berufliche Karrieren und Einkommen entwickeln.

Ich bin sicher, Frau Kollegin Hammerschmid, dass Sie viel getan haben, aber man sieht es halt in den Daten noch nicht. Wir müssen alle daran weiterarbeiten, damit sich diese negative geschlechtsspezifische Segregation aufhört.

Es gibt auch eine gute Nachricht, die ich hervorstreichen möchte, nämlich das hervor­ragende Urteil für die duale Ausbildung. Die duale Ausbildung zeigt eine klare Schnitt­stelle zum Arbeitsmarkt, was die Daten belegen: Wer eine duale Ausbildung macht, hat zu 80 Prozent innerhalb der nächsten drei Monate einen Job, und die Einkommenser­wartung ist ausgezeichnet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Hoyos-Trauttmansdorff ist leider nicht da; ich hätte ihm gerne etwas zu seiner Forderung nach mehr digitaler Kompetenz in den Kindergärten gesagt. Wir brauchen bei der Förderung von und der Forderung nach mehr digitaler Kompetenz eine gewisse Balance. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Kindergarten, wo man den Kindern in erster Linie einmal so etwas wie soziale Empathie angedeihen lassen möchte – sie sol-


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len miteinander sprechen, miteinander spielen und Gemeinsamkeiten entwickeln (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ) –, der richtige Platz dafür ist und ob man gerade den Drei- bis Sechsjährigen schon das Tablet in die Hand drücken soll, zur weiteren – wenn Sie so wollen – autistischen Anerziehung: Ich schaue nur auf das Eigene und nicht auf den anderen.

Ich hätte es ihm gerne selber gesagt, richten Sie es ihm vielleicht aus (in Richtung NEOS), und zwar auch mit dem Hinweis darauf, dass Kindergärten Landessache sind. Wenn er also diese Forderung hat, dann möge er bitte zu den neun Landeshauptleuten gehen, denn dort ist sie richtig platziert. Die Gesetzgebung betreffend Kindergärten ist Landessache, und an der Ausführung sind die Gemeinden beteiligt.

Frau Cox und Frau Feichtinger, Sie haben Gewalt und Mobbing angesprochen. Sie ha­ben sicherlich meine Vorschläge mitbekommen, diese neun Punkte, die noch ausfor­muliert werden müssen. Das ist kein Schnellschuss – eine Maßnahme antwortet auf ein komplexes Problem –, sondern schon so etwas wie ein ausgewogenes Pro­gramm – das kann man aber natürlich als Oppositionspolitikerin nicht zugestehen ‑, welches durchaus eine Chance hat, die Sache wirklich zu tangieren: Prävention, Kon­fliktresilienz in den Schulen stärken, damit Konflikte gar nicht so groß werden, und na­türlich Akutmaßnahmen.

Sie haben nach dem Geld gefragt: Ja, Geld ist schon wichtig, aber Geld folgt dem Kon­zept und bitte nicht umgekehrt – das ist eine ganz wesentliche Sache. Man sollte zu­erst eine Sache ausformulieren und, wenn Sie so wollen, auch monetär bewerten und dann schauen, ob sich das mit den Ressourcen, die im System sind, ausgeht. Fußno­te: Es sind unglaublich viele Ressourcen im System. Die Moderatorin der Sendung „Im Zentrum“ hat gesagt: Ich habe versucht, zu recherchieren, aber das ist ja ein Irrgarten, was es da alles gibt. – Tatsächlich ist es nicht leicht, weil es ganz unterschiedliche Funktionen gibt. Wenn man das also einmal gesichtet hat und dann sieht, man braucht etwas, dann muss man sicherlich handeln, zuerst soll aber bitte sozusagen ein konzep­tionelles Nachdenken erfolgen und dann von mir aus eine finanzielle Forderung folgen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nochmals unterstrichen: Das ist ein sehr guter Bericht. Ich glaube, wir müssen in Zu­kunft darüber nachdenken, wie wir diesen Bericht aktualisieren. Vieles davon ist im In­ternet wahrscheinlich mindestens genauso gut aufgehoben wie auf dem kostbaren Pa­pier, zumal wenn man auch noch an ökologische Gesichtspunkte denkt. Man muss si­cherlich auch überlegen, wie man manches auf den Punkt bringt, denn auf 900 Seiten nachzuschauen, was das Wesentliche ist, ist eine Geduldsfrage für jeden Leser. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.38


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Niss zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.38.18

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Unzählige Jah­reszahlen in Geschichte, die Lebenserwartung des Gürteltieres, der genaue Unter­schied zwischen den dorischen und den ionischen Säulen: Das sind Fakten, die ich während meiner Schulzeit von den Lehrern vorgetragen bekommen habe, dann ins Heft kopieren musste und vor dem Test auswendig gelernt habe. Wenn Sie mich heute danach fragen, ob ich das noch weiß, kann ich das wahrscheinlich meistens nur ver­neinen, was aber auch kein solch großes Problem ist, denn die meisten Fakten be­komme ich ganz leicht aus dem Internet – dort ist die ionische Säule auch besser als in jedem Schulbuch erklärt.


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Leider wird auch heute noch oft so gelehrt. Ich bin davon überzeugt, dass wir so nicht weitermachen können. Die Welt da draußen verändert sich so schnell, so schnell können wir den Inhalt eines Buches nicht einmal denken, geschweige denn drucken. Darauf müssen wir reagieren. Wir müssen es schaffen, den Kindern vermehrt zu vermitteln, dass Motivation und Neugierde notwendig sind. Die Kinder sind in diesem Alter so neugierig, sie sind so wissbegierig und sie haben so großes Interesse an Neu­em. Das nimmt aber über die Zeit ab, und daran ist leider auch die Schule schuld. Da­ran müssen wir arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Auf der anderen Seite erfordert die digitale Transformation kritisches Denken, Kreativi­tät, Kooperation und Flexibilität. Wenn wir bei uns im Unternehmen Mitarbeiter ein­stellen – das ist nicht nur bei uns so –, dann legen wir vor allem Wert auf diese Fähig­keiten, denn diese sind notwendig, damit wir die Herausforderungen der Zukunft be­wältigen und auch neue Produkte und Lösungen entwickeln können.

Sie werden also wettbewerbsentscheidend sein in der Frage, ob wir zukünftig Jobs nach Österreich bekommen oder nicht.

Meine Damen und Herren, mir ist es aber auch ganz wichtig, festzustellen, dass ich nicht infrage stelle, dass wir Basiswissen erlernen müssen: Rechnen, Schreiben, Le­sen, lebende Fremdsprachen, aber auch geschichtliche Zusammenhänge oder philo­sophische Grundlagen. Ich stelle aber infrage, ob dieses viele zusätzliche Detailwissen notwendig ist, das auf Kosten der vorhin erwähnten Fähigkeiten geht.

Am Ende der Schulzeit müssen wir Schüler haben, die Probleme erkennen, diese kri­tisch beleuchten können und Lösungsansätze dafür haben, die Werte haben und die eigenverantwortlich und vor allem kreativ handeln, denn genau das ist es, was uns von der Maschine unterscheidet. Damit ist das ja auch genau das, was in Zukunft mensch­liche Jobs und Aufgaben sichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Im vierten Teil des Bildungsberichtes, zu dessen Erstellung ich nicht nur gratulieren, sondern mich dafür auch bedanken will – wie gehört, ist es ein sehr profundes, umfas­sendes Werk –, beschäftigt man sich mit den Zukunftsperspektiven des Bildungssys­tems. Ich könnte viele Bereiche erwähnen, die für ein exzellentes Bildungssystem not­wendig sind, wie mehr Wirtschaft im Unterricht oder mehr Mint-Fächer. Ich bedanke mich dafür, dass im Rahmen der Überarbeitung der Lehrpläne daran auch gearbeitet wird, denn das werden die entscheidenden Aufgaben sein, damit wir den Wohlstand im Land nachhaltig sichern.

Entscheidend wird es aber vor allem auch sein, die Digitalisierung vermehrt in die Klas­senzimmer zu bringen. Digitalisierung in der Schule heißt nicht, dass wir in Zukunft auf den Tablets wischen, und – das möchte ich im Zusammenhang auch mit dem vorhin Gesagten erwähnen – das heißt es auch nicht im Kindergarten. Dennoch glaube ich, dass man sich auch schon im Kindergarten ein bisschen mit dem logischen Denken beschäftigen sollte, und das lernt man hie und da auch mit spielerischem Herantasten an die Programmierung. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Cox und Hoyos-Trauttmansdorff.)

Es ist nämlich erwiesen, dass der Einfluss von Computern auf den Lernerfolg gering ist, wenn er nicht entsprechend von den Pädagogen eingesetzt wird. Wenn er aber begleitet wird, dann ist er für den Lernerfolg sehr wichtig und kann auch starke Effekte erzielen. Dafür werden wir in Zukunft die dafür geschulten Pädagoginnen und Pädago­gen brauchen. Wenn wir das aber schaffen – und ich bin davon überzeugt, das werden wir schaffen –, dann haben wir auch die Chance, dass wir die Lehrer zukünftig frei­schaufeln, sodass sie den Kindern mehr und mehr zu Mentoren und zu Begleitern wer­den – kein Frontalvortrag mehr, kein Nivellieren nach unten, damit alle mitkommen. Der Einsatz von digitalen Medien kann es auch ermöglichen, die Kinder in ihrem Tem-


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po abzuholen und den Pädagogen Zeit und Raum zu lassen, die Kinder individuell zu fördern.

Meine Damen und Herren, manche Schulen machen das schon und sind dabei Vorzei­geschulen. Wir aber drängen immer wieder auf Chancengerechtigkeit. Ich glaube, wenn wir diese Chancengerechtigkeit wirklich leben wollen, brauchen wir eine umfas­sende Digitalisierung mit dem richtigen Konzept in allen Schulen. Es darf dann nicht darauf ankommen, ob man in Tirol oder in Wien ist, ob man in eine HTL oder in eine Mittelschule geht, denn das würde zu einem Digital Gap führen – zu einem Auseinan­derklaffen im Bildungssystem –, den wir uns ganz einfach nicht leisten können, denn er ist ein Startnachteil in das Leben und ganz besonders in die Berufswelt.

Wir kennen viele zukünftige Berufsbilder noch nicht, aber wir wissen, dass ungefähr 90 Prozent davon in Zukunft mit der Digitalisierung im Zusammenhang stehen. Mein Ziel ist es, die Kinder darauf vorzubereiten (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ), denn ich bin davon überzeugt, dass das besser ist, als sie nachher vermehrt in der Arbeitslosenversicherung zu betreuen – ähnlich wie es bei der Gesundheit bes­ser ist, vorzubeugen, anstatt nachher teuer zu sanieren oder zu behandeln.

Herr Minister, ich weiß und bin auch sehr dankbar dafür, dass Sie das Problem erkannt haben und gemeinsam mit dem Ministerium an einem umfassenden Plan für die Digita­lisierung arbeiten, um Österreichs Bildungssystem fit für das digitale Zeitalter zu ma­chen. Was man bisher hört, klingt sehr vielversprechend. Es scheint sich um einen Plan zu handeln, der die Bereiche Pädagogik, Lehrende und Technologie wirklich inte­grativ beleuchtet und Maßnahmen vorsieht, die unsere Schüler und Schülerinnen auf ein gelingendes Leben in einer digitalisierten und sich schnell verändernden Welt vor­bereiten.

Im Namen vieler PädagogInnen, Eltern und vor allem auch Schülerinnen und Schüler darf ich Sie und die Regierung aber nun bitten, diesen Plan besser gestern als morgen vorzulegen, denn ohne die rasche Umsetzung werden wir weiterhin in den Details der dorischen Säulen untergehen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.44

19.44.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da niemand mehr dazu zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, den vorliegenden Bericht III-268 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihn zur Kenntnis nehmen und ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

19.45.035. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 495/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (612 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu Punkt 5 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Hammerschmid zu Wort. – Bitte schön.



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19.45.46

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mit einem Zitat be­ginnen: „Man darf Migration nicht auf den Islam beschränken und Integration nicht auf plumpe Botschaften wie ‚Kopftuch – ja oder nein‘. Wer das macht, der meint es nicht ernst mit dem Thema.“ – Wahre Worte, denen ich nur zustimmen kann. Dieses Zitat stammt von Sebastian Kurz aus seiner Zeit als Integrationsstaatssekretär. Zum damali­gen Zeitpunkt wollte er noch auf Expertinnen und Experten hören – das hat er in die­sem Interview noch betont – und nicht blanken Populismus in den Mittelpunkt stellen.

Diejenigen, die sich tagtäglich mit interkulturellen Themen beschäftigen, sagen uns, die Einführung des Kopftuchverbotes als einzelne Maßnahme ist nicht zielführend. Als sol­che aber, als Einzelmaßnahme, liegt es heute hier im Parlament vor. Wir sagen auch ganz klar, kein Mädchen darf gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen. (Abg. Wurm: Traurig!) Klar ist aber auch, dass hinter diesem Zwang, ein Kopftuch zu tragen, oft viel, viel mehr steckt und daher ein reines Verbot keine Abhilfe schaffen wird, denn sobald die Kinder das Schulgebäude verlassen, werden sie es wieder aufsetzen. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Integration ist ein fortlaufender und langwieriger Prozess und eine viel zu wichtige Auf­gabe, als dass man sie für populistische Aussagen und Maßnahmen missbrauchen darf. Für uns war immer wichtig, ein umfassendes Integrationspaket für die Schulen in Österreich zu verhandeln, und wir haben Ihnen mehrfach die Hand gereicht, diesen Diskurs zu führen, und zwar mit Expertinnen und Experten beispielsweise aus dem In­tegrationsrat oder aus der Wissenschaft und mit den Betroffenen.

Es geht nämlich um ein Bündel an Maßnahmen. Es geht darum, Sprachförderung aus­zubauen. Es geht darum, ganztägige Schulangebote auszubauen. Genügend Ressour­cen sind ein Thema und auch genügend Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozial­arbeiter – das war heute schon mehrfach Thema.

Was aber hat die Bundesregierung getan? – Sie hat 80 Millionen Euro einfach gestri­chen, und zwar 80 Millionen Euro für genau diese Maßnahmen, bei denen es um So­zialarbeiter, Psychologen, Deutschpädagogen und Integrationspädagogen geht. (Bei­fall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Cox und Zadić.)

Da sieht man, wo die Prioritäten liegen, und da sieht man auch, dass dieses Thema In­tegration nachhaltig für Sie einfach nicht wichtig ist. Es ist eine Verlogenheit und eine Symbolhaftigkeit hinter dieser Maßnahme – nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker. – He-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das zeigt sich auch darin, dass diese Maßnahme nicht einmal in Begutachtung ge­schickt wurde. Da könnte man sagen, ja, typisch für diese Bundesregierung, es ist ganz oft so. Wovor aber haben Sie Angst gehabt, Herr Minister? – Dass Ihnen die Ex­pertinnen und Experten das in der Luft zerreißen? Warum haben Sie das nicht ge­macht? – Es ist also nur die Schlagzeile.

Bei Ihnen von der FPÖ werde ich überhaupt grantig (Ruf bei der FPÖ: Ja, was ist?), wenn Sie sich als oberste Beschützer der Frauen- und Kinderrechte aufspielen. (Abg. Wurm: Die letzten Beschützer, Frau Kollegin!) Liebe FPÖ, wo waren Sie denn bei den Frauenrechten in der letzten Nationalratssitzung? (Abg. Wurm: Ihr habt die Frauen­rechte aufgegeben!) – Alle 30 Anträge vom Frauenvolksbegehren wurden abgelehnt. (Beifall bei SPÖ und JETZT.)

Wie wichtig sind Ihnen die Kinderrechte – es geht um 70 000 Kinder – bei der Abschaf­fung der Mindestsicherung? In der Sozialhilfe Neu geben Sie dem zweiten Kind 4,50 Eu­ro und dem dritten Kind 1,50 Euro. (Abg. Hauser: Plus Familienbeihilfe! – Weitere Zwi-


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schenrufe bei der FPÖ.) Wie wichtig sind Ihnen denn die Kinder? (Abg. Wurm: Haben Sie nicht aufgepasst ...?)

Ich könnte das noch lange fortsetzen, um Ihre Doppelzüngigkeit aufzuzeigen (Abg. Ro­senkranz: Das ist doch reine narzisstische Dialektik!): Ihre Ablehnung von Frauenquo­ten, von Frauenförderung oder von Frauenhäusern (Zwischenrufe bei der FPÖ), von Ihren sprachlichen Entgleisungen gegenüber Frauenrechten und Gleichbehandlung ganz zu schweigen. (Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Dialogverweigerung war leider der Fall, und wir fordern den Dialog einmal mehr ein.

Deshalb bringen wir auch folgenden Entschließungsantrag ein – es geht um die Sum­me der Maßnahmen und nicht um Symbolpolitik –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen

betreffend bessere Integration

Der Nationalrat wolle beschließen – (Abg. Hauser: ... wieder nichts gelernt! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Gesamtpaket für bessere Integration so­wie für mehr Gleichstellung und bessere Chancen für Mädchen als Regierungsvorlage dem Nationalrat zu übermitteln. Dieser Gesetzesentwurf soll gemeinsam mit ExpertIn­nen des Integrationsrates, der neu eingerichteten Ombudsstelle für Kulturfragen, den Parlamentsfraktionen, VerfassungsexpertInnen und VertreterInnen der LehrerInnenge­werkschaft und der SchülerInnenvertretung ausgearbeitet werden. Der Fokus dieser Regierungsvorlage soll vor allem auf Maßnahmen für Schulen mit besonderen Heraus­forderungen liegen. Insbesondere betrifft dies die Anstellung von mehr LehrerInnen und Unterstützungspersonal an Volksschulen. Auch die Streichung der Mittel für den Integrationstopf soll umgehend von der Bundesregierung zurückgenommen werden, um für bessere Sprachförderung und Integration an Schulen zu sorgen. Hierfür wird die Bundesregierung aufgefordert, eine entsprechende Novelle des BFG 2019 sowie des BFRG 2019-2022 vorzubereiten.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

19.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

gemäß §55 GOG-NR

der Abgeordneten Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid

Genossinnen und Genossen

betreffend Gesamtpaket zur Integration statt Symbolpolitik

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 495/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (612 d.B.) (TOP 5)


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Mit dem Kopftuchverbot setzt die Bundesregierung eine Einzelmaßnahme, die den komplexen Herausforderungen an Österreichs Schulen nicht gerecht wird und bei der die Gefahr besteht, dass sie – da sie nur an eine einzige Religionszugehörigkeit ge­richtet ist – zu einer Stigmatisierung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe beiträgt. Anstatt faktenbasierte Politik zu betreiben und Expertinnen und Experten in den Ent­stehungsprozess von Gesetzesvorhaben einzubeziehen, setzt die aktuelle Bundesre­gierung auf Symbolpolitik. Anstatt sich im Detail mit Problemlagen in Österreichs Schu­len auseinanderzusetzen, wird Angstmache betrieben und kaum ein realer Beitrag zur Verbesserung der Situation geleistet.

Um sicherzustellen, dass Schulen in Österreich jedes Kind und jeden Jugendlichen op­timal entlang seiner Talente und Potenziale – unabhängig von Einkommen oder Bil­dungsstand der Eltern – fördern, braucht es ein umfassendes Gesamtpaket zur Intensi­vierung der Integrationsbemühungen an Schulen. Auch Kindern mit einer anderen Mut­tersprache als Deutsch müssen optimale Chancen geboten werden. Etwas mehr als ein Viertel der Schülerinnen und Schüler in Österreich hatte im Schuljahr 2016/17 eine nicht-deutsche Umgangssprache. Dies stellt einen Anknüpfungspunkt von mehreren dar. Bildungschancen sind der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben, ein positiv gestaltetes Aufwachsen und für ein Vorwärts in unserer Gesellschaft. Dieser Zugang umfasst alle Kinder und Jugendlichen, die in Österreich leben.

Dem Kopftuchverbot als Einzelmaßnahme stehen IntegrationsexpertInnen skeptisch gegenüber. Kenan Güngör, Soziologe an der Universität Wien und Mitglied des Exper­tenrates für Integration, den Sebastian Kurz in der Zeit als zuständiger Staatssekretär gründete, stellte beispielsweise fest: „Es ist keine grundlegende Lösung. Wir haben viele Herausforderungen, aber die Regierung verschärft die Probleme anstatt sie zu lö­sen. Sie kocht häppchenweise Themen auf, um eine Gruppe als problematisch darzu­stellen. Selbst bei längst integrierten Muslimen entsteht der Eindruck: ‚Sie reden über das Kopftuch, aber sie meinen uns.‘ Wir laufen Gefahr, Menschen, die schon lange Teil dieser Gesellschaft sind, zu verlieren. Die Regierung spielt mit einem hohen Risiko an gesellschaftlicher Polarisierung. Wir müssen die Probleme angehen, aber wir müssen sie redlich angehen.“ (Oberösterreichische Nachrichten, 23.11.2018) Auch der ÖVP-nahe Lehrergewerkschafter Paul Kimberger äußerte sich ähnlich: "Wir brauchen einen gesamtgesellschaftlichen Konsens. Dafür ist ein breiter Diskurs mit Experten notwendig. Das jetzt einfach zu beschließen, halte ich für falsch." (Tiroler Tageszeitung, 23.11.2018)

Österreichs Schülerinnen und Schüler haben sich mehr als reine Symbolpolitik ver­dient, zum Beispiel mehr Mittel für Integration an Schulen. Aber gerade hier hat die Bundesregierung massiv gekürzt und LehrerInnen für die Sprachförderung, Integra­tionspädagogInnen und SozialarbeiterInnen gestrichen. Wir brauchen eine breite De­batte über bessere Integrationsmaßnahmen, Chancengerechtigkeit und wie der Kampf gegen Diskriminierung von Mädchen am besten geführt werden kann. Wir wollen eine zeitgemäße Lehr- und Lernorganisation und keine Retropolitik. Und allen voran bedarf es mehr LehrerInnen und Unterstützungspersonal. Zusammengefasst: Es braucht drin­gend umfassende Reformschritte, die die Situation für Schülerinnen und Schüler – auch jene für Kinder ohne Migrationshintergrund, auf die in der Debatte zu oft verges­sen wird – LehrerInnen und Eltern verbessern.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Gesamtpaket für bessere Integration so­wie für mehr Gleichstellung und bessere Chancen für Mädchen als Regierungsvorlage


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 212

dem Nationalrat zu übermitteln. Dieser Gesetzesentwurf soll gemeinsam mit ExpertIn­nen des Integrationsrates, der neu eingerichteten Ombudsstelle für Kulturfragen, den Parlamentsfraktionen, VerfassungsexpertInnen und VertreterInnen der LehrerInnenge­werkschaft und der SchülerInnenvertretung ausgearbeitet werden. Der Fokus dieser Regierungsvorlage soll vor allem auf Maßnahmen für Schulen mit besonderen Heraus­forderungen liegen. Insbesondere betrifft dies die Anstellung von mehr LehrerInnen und Unterstützungspersonal an Volksschulen. Auch die Streichung der Mittel für den Integrationstopf soll umgehend von der Bundesregierung zurückgenommen werden, um für bessere Sprachförderung und Integration an Schulen zu sorgen. Hierfür wird die Bundesregierung aufgefordert, eine entsprechende Novelle des BFG 2019 sowie BFRG 2019-2022 vorzubereiten.“

*****

19.51.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete, ich nehme an, Sie nehmen die Aussage verlogen zurück, ansonsten müsste ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. (Ruf bei der SPÖ: Nein! – Abg. Hammerschmid: Nein!) – Gut, dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

*****

Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte schön, Herr Abge­ordneter. (Abg. Rosenkranz: Dass das die Frau Präsidentin Bures nicht miterleben darf ...! – Ruf bei der FPÖ: Das Desaster von Wien wollen Sie in ganz Österreich aus­rollen!)


19.51.39

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Tatsächlich, ja, es handelt sich um ein Symbol, aber es ist ein Symbol mit Substanz. Wir haben uns in drei Unterrichtsausschusssitzungen lang und breit diesem Symbol in der Diskussion gewidmet. Wir haben natürlich auch Experten gehört – auch Damen selbstverständlich. Wir haben uns wirklich diesem Thema intensiv und verant­wortungsvoll gewidmet, sodass Ihre Aussage, Frau Hammerschmid, eigentlich atembe­raubend ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Doch wie es auch sein mag, es ist ein Symbol. Dieses Symbol wurde gestern in einer Salzburger Zeitung genau, konzise und in einem Satz von Frau Staatssekretärin Karoli­ne Edtstadler beschrieben, indem sie sagte, das Kinderkopftuch ist ein politisches Symbol, Frau Cox, kein religiöses; es ist ein politisches Symbol der Unterdrückung (Beifall bei ÖVP und FPÖ), und mit diesem Gesetz werden wir diese Unterdrückung abschaffen. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir sind hier nicht allein. Wir wissen, dass Necla Kelek, die deutsche Soziologin, und Zana Ramadani gegen dieses Kinderkopftuch ankämpfen. Wir haben auch Ebrahim Afsah gehört, wir haben die Petition von Terre des Femmes gelesen. Es geht darum, den Kopf – bei den jungen Mädchen in den Volksschulen – freizuhalten, den Kopf für eine Entwicklung in physischer, in geistiger, in seelischer Hinsicht freizuhalten. Es geht darum, diese Mädchen von der Zumutung einer Unterwerfung, einer Soumission zu be­freien, wie es Michel Houellebecq, der Nietzsche unserer Tage, in seinem gleichnami­gen Roman beschrieben hat. Michel Houellebecq droht: „Gut, aber hinter die Philoso­phie der Aufklärung kann man ein Kreuz machen: verstorben.“– So droht er, und mit al-


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lem, was mir heilig ist, werde ich – und wir alle – versuchen, dieser Drohung Wider­stand zu leisten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es geht, Frau Hammerschmid, bei diesem Symbol um die Aufklärung – die Aufklärung, die von den Engländern, von Locke, begründet worden ist und von den amerikanischen Gründervätern mit „Life, Liberty and the Pursuit of Happiness“ beschrieben ist, mit dem Leben, der Freiheit und dem eigenen Streben nach Glück. All das ist auch von den französischen Enzyklopädisten wiederholt worden bis hin zu Olympe de Gouges, die sich im Grabe umdrehen würde, wenn sie das hören könnte, was Frau Hammerschmid gesagt hat.

Dies gilt auch für dieses Land, als die Aufklärung, von Sonnenfels, von Born, von den beiden van Swieten, Gerard und Gottfried, begründet worden ist. – All das bis hin zur franzisko-josephinischen Zeit, als die Aufklärung noch einmal gekommen ist und hier das geistige Zentrum der Welt war. Eugenie Schwarzwald würde sich genauso im Gra­be umdrehen.

Es geht um die Aufklärung, die wir erhalten müssen. Es geht um das Sapere aude! des Immanuel Kant, um das Heraustreten aus der Unmündigkeit, um das Heraustreten aus der Unterwerfung, die dieses Kopftuch darstellt. Das ist tatsächlich der Fall. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bravorufe bei der FPÖ.)

Sie sagen, das wäre für die Integration ja nur ein symbolischer Akt und würde den Kern nicht treffen. Das ist richtig, es ist keine hinreichende Bedingung, aber es ist eine not­wendige Bedingung. Diesen Unterschied muss man – jedenfalls als Mathematiker – verstehen. (Abg. Yılmaz: Das ist nicht so schwierig!) – Das ist richtig, es ist nicht so schwer, nein, aber sogar für diese Dame ist es ein Problem. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Sie hat mir Verlogenheit vorgeworfen. (Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Wer aus­teilt, muss auch einstecken können!) Das darf ich Ihnen auch sagen.

Zweitens: Sie sagen natürlich: Ja, es ist rein symbolisch (Zwischenruf des Abg. Jaro­lim  Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ, NEOS, JETZT und FPÖ), aber dieses Symbol wird unter Umständen gleich, sobald wir es beschlossen haben, angegriffen werden. (Abg. Loacker: Es ist ein Unterschied, ob eine Maßnahme verlo­gen ist oder eine Person verlogen ist!) – Herr Loacker, Sie haben gemeint, man muss unterscheiden zwischen Maßnahme und - -? (Abg. Loacker: Es ist ein Unterschied, ob eine Maßnahme verlogen ist oder eine Person! Das ist schon ein Unterschied!) – Ja, aber ich stehe ja dafür mit meiner Person ein, das wissen Sie schon. (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wie dem auch sei. Dieses Symbol wird auch bekämpft werden. Das ist also keine Sa­che, die einfach nur so beiläufig ist. Wir werden höchstwahrscheinlich Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erleben. Es ist keine Einzelmaßnahme, die angeblich nur populistisch ist, wie man uns vorwirft. Es ist überhaupt nicht populistisch. Das Einstehen für die Aufklärung ist gar nicht populistisch, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Eines darf ich Ihnen noch sagen: „Addendum“ wird fotografieren. Wer wird dafür ein­stehen, dass die Mädchen in unseren Volksschulen die Möglichkeit haben, sich frei zu entfalten? Und wer wird dann sitzen bleiben und sagen: Nein, das ist mir nicht recht? – Dann wissen die Vertreter des politischen Islam jedenfalls, wer ihre potenziellen Mit­läufer sind. Wir jedenfalls werden aufstehen. Wir sind dafür da, dass den Mädchen die Entfaltung ihrer Persönlichkeit gegeben ist, und dafür stehen wir ein. (Bravorufe und anhaltender Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

19.58



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 214

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Griss. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Griss – auf dem Weg zum Rednerpult –: Auf so einen Applaus kann ich nicht hoffen!)


19.58.39

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Ich habe vor einiger Zeit ein Interview mit einem syrischen Priester gelesen. Dieser syrische Priester hat geschildert, wie friedlich Alawiten, Sunni­ten, Schiiten und Christen vor Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien zusammengelebt haben. Er hat gesagt, ich bin in der Schule neben Mädchen mit Kopftuch gesessen – er ist Christ – und niemand hat sich daran gestoßen. Als ich das gelesen habe, habe ich mir gedacht, das ist eine versunkene Welt. Sie ist zerstört durch Fundamentalis­mus, Extremismus, Radikalismus.

Wie kommt es dazu, dass es immer wieder gelingt, die Menschen auseinanderzudivi­dieren, dass es immer wieder gelingt, geradezu Hass und Abneigung zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen zu wecken und zu schüren? Wie kommt es dazu, dass fremde Gewohnheiten und Gebräuche abgelehnt werden, mit Hass verfolgt werden? – Ich habe gedacht, diese Frage müssen aber auch wir uns stellen, wenn es darum geht, ob das Kopftuch in der Volksschule verboten werden soll.

Begründet wird das im Gesetz damit, dass die soziale Integration gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten gefördert werden soll und dies der Wahrnehmung der verfas­sungsrechtlichen Grundwerte und der Bildungsziele sowie der Gleichstellung von Mann und Frau dient. Meine Frage dazu ist: Heißt das, dass Mädchen mit Kopftuch in der Volksschule ausgegrenzt werden? – Wenn dem so ist, muss man da nicht bei denen ansetzen, die ausgrenzen, und nicht bei denen, die ausgegrenzt werden? (Zwischenru­fe bei ÖVP und FPÖ.)

Inwiefern gefährdet es die Bildungsziele in der Volksschule, wenn Mädchen ein Kopf­tuch tragen? Lernen sie weniger leicht lesen, schreiben und rechnen? Sind sie dümmer als die anderen? Hindert sie das Kopftuch am Lernen? – Ich glaube das nicht.

Ich habe auch nicht gesehen, dass es dafür empirische Evidenz gibt. Sie haben das je­denfalls nicht angeführt (Beifall bei NEOS und SPÖ – Zwischenruf des Abg. Hauser), obwohl Sie, Herr Bundesminister – was ich ja besonders schätze –, ein Politiker sind, der evidenzbasiert handelt. In diesem Bereich vermisse ich eine solche Evidenz. (Ruf bei der FPÖ: Oje!)

Ich weiß natürlich, dass diese Gründe vorgeschoben sind, das wissen wir ja alle, und dass es in Wahrheit darum geht – Herr Kollege Taschner hat das ja auch schon ausge­sprochen –, ein Zeichen zu setzen, dass das islamische Kopftuch bei uns nicht er­wünscht ist. Was tun wir damit? (Abg. Taschner: Das ist verkürzt!) – Wir machen da­mit die Mädchen in unseren Volksschulen dafür verantwortlich, dass autoritäre Regime im Iran, in Saudi-Arabien, in Afghanistan Frauen unterdrücken. Wird dadurch die Situa­tion der Frauen in diesen Ländern besser? (Ruf bei der FPÖ: Na, aber hoffentlich in Österreich! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Dient das der Integration bei uns, wenn wir die kulturelle Identität der Musliminnen und Muslime bei uns damit in Frage stellen? Ist nicht der Schaden größer als der Vorteil? (Nein-Rufe bei der FPÖ.)

Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin nicht dafür, dass Mädchen in der Volksschule ein Kopftuch tragen, aber ich bin dafür, dass alles getan wird, dass jedes Kind die Chance hat, seine Fähigkeiten zu entwickeln, egal, wo es hineingeboren ist, unter welchen Verhältnissen es aufwächst, auch wenn es nicht das große Los in der Geburtslotterie gezogen hat, wie wir alle hier, und dass Maßnahmen getroffen werden, die viel Geld kosten. Es ist schon gesagt worden, was alles getan werden könnte und muss. Das ist natürlich Sachpolitik, die etwas kostet. Sie bringt nicht den schnellen


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Beifall, aber sie ist das, was unserer Zukunft geschuldet ist und was eine verantwor­tungsbewusste Regierung machen sollte. Sie sollte auf eine solche Symbolpolitik, die nur Schaden anrichtet, die die Gesellschaft auseinanderbringt, die nur ein bestimmtes Klientel zufriedenstellt, verzichten. Das wäre mein Wunsch und meine Hoffnung. – Dan­ke. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

20.04


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.04.11

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Taschner, ich danke dir für deine vor allem präzisen und wohlgesetzten Worte. Du hast, glaube ich, perfekt umrissen, worum es hier geht. Ich kann mich auch deiner Bezeichnung der Rede von Kollegin Hammerschmid anschließen, nämlich dass es atemberaubend ist. Ungefähr ähnlich atemberaubend war jetzt die Rede von Frau Kollegin Griss. Ich habe immer das Gefühl, Sie leben irgendwo in einem Elfenbeinturm und sehen nicht ganz die Realitäten, die sich hier abspielen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es geht in der Tat um ein politisches Symbol; Kollege Taschner hat es wirklich her­vorragend ausgeführt. Es geht tatsächlich darum, ein Signal gegen den politischen Is­lam zu setzen, den wir in unserem Land nicht haben wollen. Wir haben aber in den letzten Jahren leider Gottes zur Kenntnis nehmen müssen, dass es ein Problem damit gibt, dass er sich ausbreitet und dass leider Gottes junge Mädchen quasi missbraucht werden, indem sie das Kopftuch tragen müssen. Die tun das ja nicht freiwillig! Oder wollen Sie das irgendjemandem erzählen, Frau Kollegin Griss? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie darüber philosophieren oder ich würde eher sagen schwadronieren oder bra­marbasieren, dass Mädchen vielleicht ausgegrenzt werden könnten oder auch nicht, ist genau das der Grund, warum sie ein Kopftuch tragen müssen – aus politisch religiöser fundamentalistischer Überzeugung –, dass sie sich eben nicht in unsere Gesellschaft integrieren können. Genau deswegen verbieten wir das Kopftuch in der Volksschule, damit sich diese jungen Mädchen in unsere Gesellschaft integrieren können.

Zur SPÖ und Ihrem Antrag, den Sie eingebracht haben: Das ist schon wieder einmal auch lustig: strotzt von Plattitüden, Stehsätzen, wie auch die Rede von Ihnen, Frau Kol­legin Hammerschmid. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich muss sagen, Ihre Forderungen nach mehr Geld, Mittel und dergleichen ist halt typisch sozialistisch. Das wird die Pro­bleme aber nicht lösen. Das hat die Vergangenheit aufgezeigt. Ihre Politik hat da ver­sagt, und ich glaube, es ist falsch, das Modell, das Sie als SPÖ-Verantwortliche in Wien leben oder umsetzen, auf ganz Österreich auszudehnen. Ich glaube, der Weg, den wir beschreiten, ist richtig. An dieser Stelle muss, glaube ich, noch einmal gesagt werden – und ich werde es noch tausend Mal tun –: Es kann nicht nur ums Geld ge­hen. Es muss auch darum gehen, dass jene Menschen, die zu uns ins Land kommen, den Willen mitbringen, sich zu integrieren. Dann wäre vieles leichter und wir müssten uns viele Gedanken nicht machen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir handeln, das ist einmal der wichtigste Punkt, den Sie nicht zustande gebracht ha­ben. Wir handeln, wir setzen ein Signal. Und ich weiß schon, es geht nicht nur um Signale. Wir haben es auch schon geschafft, zentrale Maßnahmen zu setzen, bei­spielsweise mit den Sprachstandserhebungen in den Kindergärten beziehungsweise beim Schuleintritt und den entsprechenden Deutschfördermaßnahmen. Es werden wei­tere Maßnahmen folgen müssen, das ist überhaupt keine Frage.

Wir nehmen eben das Heft des Handelns in die Hand. Ich fordere Sie auf, machen Sie sich nicht aus irgendwelchen Gründen zum Handlanger des politischen Islams, son-


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dern handeln Sie mit uns, beschließen Sie mit uns dieses Kopftuchverbot! Das wäre ein starkes Signal, das von uns hier ausgeht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Stichwort Handeln: Es ist heute schon angesprochen worden. Wir haben offensichtlich ein massives Problem mit Gewalt an Schulen. Wahrscheinlich hat Sie auch die Mel­dung erreicht, dass heute Nachmittag ein Schüler mit einem Messer auf Mitschüler los­gegangen ist und nur durch das beherzte Handeln einer Lehrerin Schlimmeres verhin­dert werden konnte. Wir alle kennen den schon viel diskutierten Fall aus einer Wiener HTL. Ich danke dem Minister an dieser Stelle, dass wir bereits einen Maßnahmenplan ausgeheckt beziehungsweise uns überlegt haben, wie wir die Gewalt an den Schulen eindämmen: mit Prävention auf der einen Seite und, wenn es notwendig ist, mit Aus­zeitgruppen oder Time-out-Gruppen auf der anderen Seite.

Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Maßnahmen zu setzen, um einerseits den Lehr­kräften entsprechendes Werkzeug in die Hand zu geben, mit dieser Gewalt an Schulen umzugehen, und um andererseits den jungen Menschen, die da hineingerutscht sind, auch die Möglichkeit zu geben, herauszukommen. Ich danke dem Minister, dass er die entsprechenden Handlungen angekündigt hat.

Um noch einmal auf das Kopftuchverbot zu sprechen zu kommen: Schließen Sie sich unserer Maßnahme heute an, stimmen Sie mit uns! – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.08


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Cox. – Bitte.


20.08.35

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen! Wir führen hier eine längst überfällige Debatte über die Rolle von Religion im öffentlichen Raum, konkreter noch über die Rolle von Religion in öffentlichen Schulen. (Ruf bei der ÖVP: Nein, hier!) – Ja, ganz be­wusst, ich spreche nicht nur über Mädchen im Volksschulalter, die kein Kopftuch tra­gen sollen – und das können Sie, Herr Minister, auch Frau Staatssekretärin Edtstadler ausrichten –, ich spreche auch nicht nur von den Kreuzen in den Klassenzimmern, sondern mein Beitrag zu dieser Diskussion ist ein größerer. Er beinhaltet viel mehr, denn ich wünsche mir, dass unsere Kinder und Jugendlichen in religionsfreien Schulen sein können und auf diese Weise zu mündigen BürgerInnen heranwachsen können. (Beifall bei JETZT. – Rufe bei der ÖVP: Ja, ja, ganz super!)

Das heißt auch, dass öffentliche Schulen endlich religionsfreie Räume sein müssen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was bedeuten für mich religionsfreie Räume? – Für mich bedeuten religionsfreie Räume, dass es keine sichtbaren religiösen Symbole in den Klassenzimmern gibt. Damit meine ich wirklich alle. (Beifall bei JETZT. Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Im Gegensatz zu Ihnen, die gerade die Stimme erheben, werte KollegInnen von den Regierungsfraktionen, bleibe ich nicht nur bloß beim Verbieten. Kein Verbot, dem keine entsprechenden Gegenmaßnahmen folgen, verhindert etwas Grundlegendes. Deshalb braucht es mehr als nur Verbote, denn nur, weil man etwas nicht darf, lernt man noch nicht daraus.

Es finden kein Dialog und kein Austausch statt, und ich wünsche mir Austausch. (Zwi­schenruf des Abg. Höbart.) Ich wünsche mir einen Dialog, ich wünsche mir einen Aus­tausch und ich wünsche mir einen Dialog und einen Austausch für unsere Schülerin­nen und Schüler in den Schulen. Wie kann so ein Austausch stattfinden? (Abg. Ham­mer: Das ist nicht „Wünsch Dir was“!) – Beispielsweise durch verpflichtenden Ethikun­terricht für alle Kinder (Beifall bei JETZT), und das unabhängig von ihrem persönlichen


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Glauben. Das würde auch bedeuten, meine Damen und Herren, der konfessionelle Religionsunterricht ist kein Pflichtfach mehr, aber, und das steht auch so in meinem Antrag, er kann zusätzlich und autonom von den Schulen als freiwilliges Wahlfach an­geboten werden.

Warum dieses Maßnahmenpaket? Warum fordere ich einen religionsfreien Raum Schule? (Abg. Neubauer: Das versteht keiner! Ruf bei der FPÖ: Warum eigentlich?) Ich könnte mich ja beispielsweise darüber freuen, dass zumindest ein religiöses Sym­bol, nämlich das Kopftuch, aus der Volksschule verschwinden soll. Ich freue mich aber deswegen nicht darüber, weil dieser aktuelle Gesetzentwurf eine populistische Einzel­maßnahme gegen eine religiöse Minderheit ist. Da muss man sich schon auch in Erin­nerung rufen: Der Staat ist verpflichtet, alle religiösen Gemeinschaften gleich zu be­handeln. (Beifall bei JETZT.)

Es ist feig, wenn sich die verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen als BeschützerIn­nen von muslimischen Mädchen darstellen, aber gleichzeitig den konfliktbehafteten Diskurs mit den betroffenen Eltern, die Diskussion mit der Öffentlichkeit nicht zulassen, und auch mit uns genau diesen Diskurs und diese Diskussion scheuen und somit diese Mädchen nicht unterstützen. Ja, man muss sich auch mit den betroffenen Eltern wirk­lich auseinandersetzen, da reicht es nicht, nur zu strafen. (Zwischenruf der Abg. Schwarz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die öffentliche Schule ist ein Ort, wo Kinder unterschiedlicher Herkunft über lange Zeit im engsten Kontakt zusammen aufwachsen und zusammenwachsen. Dieser Ort sollte ein Ort sein, an dem das Wir-Gefühl gestärkt wird. Eine öffentliche Schule sollte ein Ort sein, an dem man verbunden mit gemein­samen Grundwerten der Menschlichkeit lebt und gemeinsam wachsen kann, wo Kinder zu mündigen BürgerInnen werden, das heißt auch zu religiös mündigen BürgerInnen, und somit nicht radikalen Ideologien verfallen.

Ich wünsche mir auch, dass die öffentliche Schule, die Schule an sich, einen interreli­giösen Dialog, einen Austausch und eine Diskussion zulässt. (Beifall bei JETZT.)

Herr Minister Faßmann! Sie haben in einem Interview Anfang September eine breite Debatte mit allen Parteien angekündigt. Das Ziel war, und ich möchte Sie an das Ziel erinnern, einen gesellschaftlichen Konsens darüber herzustellen, wie es mit der Reli­gionsthematisierung in der Schule weitergehen soll. – Wo bleibt diese Debatte? (Ruf bei der FPÖ: Wir führen sie eh gerade!)

Wenn wir es schon nicht schaffen, einen faktenbasierten, neugierigen, einen wert­schätzenden Dialog über das Thema Religion und Ethik zu führen, geben wir zumin­dest unseren Kindern die Chance dazu. Genau deswegen bringe ich folgenden Ent­schließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine reli­giösen Symbole an öffentlichen Schulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, folgende Maßnahmen einzuleiten, um die Schule zu einem religionsfreien Raum zu machen und einen interreligiösen Dialog in der Schule zu ermöglichen:

•             Verbot aller sichtbaren religiösen Symbole in allen öffentlichen Schulen

•             Schaffung des Pflichtfachs ,Ethik‘ für alle SchülerInnen an der Stelle des derzei­tigen konfessionellen Religionsunterrichts


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•             Ermöglichung der Abhaltung des konfessionellen Religionsunterrichts als Wahl­fach“

*****

(Beifall bei JETZT.)

20.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stephanie Cox, Kolleginnen und Kollegen

betreffend keine religiösen Symbole an öffentlichen Schulen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Unter­richtsausschusses über den Antrag 495/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Karl Nehammer, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (612 d.B.)

Begründung

Das von der Regierung vorgeschlagene Kopftuchverbot in den Volksschulen ist eine Einzelmaßnahme, die sich nur auf eine einzige Religionsgemeinschaft bezieht. In ei­nem säkularen Land, in welchem die Trennung von Kirche und Staat eine maßgebliche Säule unseres Werte- und Rechtssystems darstellt, ist es unumgänglich, die Rolle von religiöser Symbolik im öffentlichen Raum zu diskutieren.

Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir in einer heterogenen Gesellschaft, die von verschiedenen Weltanschauungen und religiösen Einflüssen geprägt ist, ein „Wir-Ge­fühl“ im Hinblick auf unsere Grundwerte schaffen können und wie wir es bewältigen, ei­nen Dialog über weltanschauliche, religiöse oder traditionsbedingte Unterschiedlichkei­ten zu führen. Und hier rückt die Schule in den Fokus der Aufmerksamkeit. Denn dort sind Kinder unterschiedlichster Herkunft über lange Zeit in engstem Kontakt und das in den besonders prägenden Kindheits- und Jugendjahren. Durch die Schule sollten die Kinder zu mündigen BürgerInnen – auch zu religiös mündigen BürgerInnen – werden, sodass sie keinen radikalen Ideologien verfallen. Dafür braucht es einen religionsfreien Raum, in dem interreligiöser Austausch und Diskussionen stattfinden. Religionsfreier Raum bedeutet die Abwesenheit sichtbarer religiöser Symbole.

Der konfessionelle Religionsunterricht darf nicht mehr länger ein Pflichtfach sein, son­dern kann schulautonom als zusätzliches freiwilliges Wahlfach belegt werden. Statt des konfessionellen Religionsunterrichts soll ein Ethikunterricht für alle Kinder – unabhän­gig von ihrem persönlichen Glauben – geschaffen werden. In diesem Pflichtfach findet nicht nur Religionskunde statt, sondern man verständigt sich auch auf gemeinsame Werte und führt einen interreligiösen und interkulturellen Dialog. Soziales Lernen und gewaltfreie Kommunikation stehen im Mittelpunkt des Unterrichtsfachs und die Lehr­kräfte haben eine dementsprechende Ausbildung.

Um nicht nur Einzelmaßnahmen zu setzen, sondern ein gemeinsames Ziel zu definie­ren, stellen die unterfertigenden Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, folgende Maßnahmen einzuleiten, um die Schule zu einem religionsfreien Raum zu machen und einen interreligiösen Dialog in der Schule zu ermöglichen:

•             Verbot aller sichtbaren religiösen Symbole in allen öffentlichen Schulen

•             Schaffung des Pflichtfachs „Ethik“ für alle SchülerInnen an der Stelle des der­zeitigen konfessionellen Religionsunterrichts

•             Ermöglichung der Abhaltung des konfessionellen Religionsunterrichts als Wahl­fach“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben verlesene Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht worden und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Marchetti. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.14.49

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ich habe das Gefühl, dass wir teilweise auf unterschiedlichen Ebenen diskutieren. Also gerade wenn ich zum Beispiel Sie, Frau Dr. Griss, anspreche: Diese theoretische Ebene, auf die Sie sich da begeben, hat ja überhaupt nichts mit der Praxis zu tun. Ich bin im 10. Bezirk in eine öffentliche Volksschule gegangen. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Ich kann Ihnen zum Beispiel auch aus meiner Erfahrung berichten, wie das abläuft.

Ich hatte eine muslimische Mitschülerin, mit der ich mich sehr gut verstanden habe, wir haben uns auch immer unterhalten. Sobald die Schule aus war, hat sie nicht mehr mit mir gesprochen. Ich habe mich gefragt: Warum spricht sie nicht mehr mit mir? Habe ich irgendetwas falsch gemacht? Es war so, dass sie mir dann irgendwann gesagt hat, ja, ihr Papa will nicht, dass sie mit Männern redet, und deswegen darf sie mit mir quasi nicht reden, wenn wir aus der Schule hinausgehen. (Zwischenruf des Abg. Wimmer.)

Das sind Dinge, die passieren, das ist die Praxis. Es gibt Eltern, die Druck auf die Kin­der ausüben. Auch bei diesem Kinderkopftuch ist es so, dass die Kinder nicht selbst entscheiden, ob sie es tragen oder nicht. Wenn sie es in der Schule abnehmen müs­sen, dann merken sie, dass sie nicht alleine sind, dass sie eine Wahl haben, dass das nicht normal ist. Das ist das Symbol, das wir ganz, ganz dringend aussenden müssen, Frau Dr. Griss. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist auch darum gegangen, dass die Religionsausübung eingeschränkt wird. Also ich muss da schon ganz klar sagen: Wir reden hier vom Volksschulalter. Wir reden von Kindern, die zwischen sechs und zehn Jahre alt sind. In einer gemäßigten Auslegung oder in einer normalen Auslegung des Islam tragen Kinder keine Kopftücher vor der Geschlechtsreife. Sie tragen in diesem Alter kein Kopftuch. Das ist einfach wichtig, da­zuzusagen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Kollegin Hammerschmid hat gesagt, man müsste Experten beiziehen, und das wäre nicht passiert. – Es gab ein Expertenhearing. Ein Ergebnis davon war, dass wir unter anderem gesagt haben, dass andere religiöse Gruppen, wo die Religionsausübung eingeschränkt wäre – wie zum Beispiel im Falle des Tragens der Kippa und des Pat­ka –, nicht erfasst werden, weil wir eben nicht die Religionsausübung einschränken wollen, wir wollen nur nicht Extreme in der Schule haben.

Deswegen haben wir auch eine Ausschussfeststellung beschlossen, das war ein Er­gebnis des Expertenhearings. Sie stellen sich hierher und sagen, es wären keine Ex-


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perten eingebunden worden, wir hätten das durchgepeitscht. Wir haben das lange und ausführlich diskutiert. Wir haben unter anderem diesen Punkt aus dem Experten­hearing mitgenommen und auch in einer Ausschussfeststellung klargestellt. Das war ein guter Prozess, unter Einbindung von ganz, ganz vielen, es war ein langer Prozess. Wenn man jetzt sagt, das hat nicht stattgefunden, dann frage ich mich wirklich, wie ernsthaft Sie eigentlich über dieses Thema reden möchten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Frau Kollegin Cox! Der erste Teil Ihrer Aussage, es sollen religiöse Symbole aus dem öffentlichen Leben verschwinden: Also ich hoffe, das meinen Sie nicht ernst (Abg. Cox: Das hab’ ich nicht gesagt! ), denn dann müsste man ja quasi in jeder zweiten Ortschaft die Kirche niederreißen. (Zwischenruf des Abg. Noll.) Also darauf gehe ich gar nicht weiter ein. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Der zweite Teil Ihrer Aussage betrifft die Schule. Wir können uns das gerne am Bei­spiel Frankreich anschauen: Da gibt es keinen Religionsunterricht in den Schulen, da gibt es Religionsunterricht im Hinterzimmer, privat organisiert und irgendwo anders. (Zwischenruf der Abg. Cox.) Ich glaube, es ist ein sehr guter Weg, dass bei uns Re­ligionsunterricht in der Schule unter staatlicher Kontrolle stattfindet und man auf diese Art und Weise auch Extremen entgegenwirkt. Das ist ein gutes, bewährtes Modell, das würde ich bitte in keinem Fall infrage stellen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Abschließend möchte ich sagen: Es geht um das Kinderkopftuch, es geht nicht ums generelle Kopftuch. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Unterschied. Ja, es ist ein Symbol, das wir da setzen. Ich glaube aber, es ist legitim, zu sagen – Sie haben auch Geburtslotterie erwähnt: es geht um Kinder, die in Österreich geboren wurden und so sozialisiert werden –, dass wir als Staat Österreich das Signal setzen, dass extreme Religionsinterpretationen und Extreme in der Schule keinen Platz haben.

Das ist ein Symbol, und es ist das absolut richtige Symbol. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.19


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.


20.19.20

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Marchetti! Glauben Sie wirklich, dass wir jetzt mit diesem Gesetz das Ende der Fahnenstange erreicht haben? (Abg. Mar­chetti: Habe ich nicht gesagt! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Eben.

Ich glaube nämlich, dass Sie Schritt für Schritt eine Gruppe von Österreicherinnen und Österreichern mit solchen Gesetzen von uns, von unserer Gesellschaft wegstoßen.

Herr Taschner! Glauben Sie wirklich, dass Sie mit diesem Gesetz die Befreiung der muslimischen Frau erreichen werden? So naiv können Sie nicht sein! (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Das glaube ich nicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das glaube ich nicht. (Abg. Prinz: Sie haben die Rede wieder nicht verstanden!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren eine Novelle zur Bekleidungsvor­schrift für Frauen. Diese gibt es fast überall auf der Welt. Es gibt Mullahs und religiöse Fanatiker, die den Frauen vorschreiben, was sie anzuziehen haben, ihnen sagen, dass sie nicht Auto fahren dürfen. Es gibt Diktatoren und Despoten, die den Frauen in öf­fentlichen Ämtern verbieten, Hosen zu tragen oder das Haar offen zu tragen. Möchten wir uns da einreihen? Mir als Feministin dreht sich der Magen um, wenn ich erfahre oder auch erlebe, dass Väter, Brüder, Schwäger – wer auch immer – junge Mädchen zwingen, ein Kopftuch zu tragen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Wir reden von Femi­nisten. Also wenn wir einen Feministen brauchen, sind Sie es sicher nicht. (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT. Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz werden wir viele Menschen von uns abstoßen und verlieren. Sie werden das Vertrauen verlieren. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das sind Österreicherinnen und Österreicher, die hier geboren sind. Die brau­chen auch keinen Deutschkurs. (Abg. Höbart: Das ist echt unglaublich!) Von wie vielen Kindern reden wir, Herr Minister? (Abg. Höbart: Da habt ihr schon lange keinen Draht mehr!) Von wie vielen Kindern reden wir in der Volksschule? Sagen Sie es mir!

Ich fürchte mich. Das ist nur der Anfang gewesen. Die Nächsten sind die Mittelschulen, Lehrerinnen, der öffentliche Raum, Spitäler und so weiter. Machen Sie das nicht, das schadet uns allen, glauben Sie mir! Das Zusammenleben in Österreich klappt eigent­lich hervorragend. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Na ja, Probleme gibt es immer, oder? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir sind Vorbild für viele Staaten. Sie machen mit diesem Gesetz den ersten Schritt zu Segregation. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Au­ßerdem geht es mir so auf die Nerven, dass dauernd über Frauenbekleidung gespro­chen wird. (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.) Habt ihr sonst noch irgendetwas? Es betrifft nur Frauen! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.  Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

20.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Cox gemeldet. – Bitte.


20.22.59

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Kollege Marchetti hat behauptet, dass ich Kreuze im öffentlichen Raum verbieten möchte. Zusätzlich hat er auch behauptet, dass ich durch meinen Antrag, durch meine Forderungen den Religionsunterricht quasi in den Hinterhof verbannen möchte.

Ich berichte tatsächlich: Wenn Sie den Antrag aufmerksam studiert haben - - (Abg. Neubauer: Berichtige!) – Ich berichte tatsächlich - - (Rufe bei der FPÖ: Berichtige!) – Ich berichtige tatsächlich, dass ich – wenn Sie den Antrag aufmerksam gelesen haben, wissen Sie es – ein Wahlpflichtfach fordere, und das in keinem Hinterhof. Ich habe kei­ne Ahnung, in welcher Schule Sie waren, aber ich hoffe nicht, dass Ihre Wahlpflichtfä­cher im Hinterhof stattgefunden haben. – Das war Nummer eins.

Nummer zwei – wenn Sie mir gerade aufmerksam gelauscht haben, wissen Sie es –: Ich habe gesagt, wir führen eine längst überfällige Debatte über die Rolle von Religion im öffentlichen Raum. Dabei war meine konkrete Forderung: keine sichtbaren reli­giösen Symbole in den Klassenzimmern. (Beifall bei JETZT. Zwischenruf des Abg. Neubauer. Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

20.24


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.


20.24.13

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wer­te Zuseher! Die intellektuelle Brillanz Herrn Professor Taschners werde ich jetzt nicht toppen können, ich versuche, meine Ausführungen in einfachen Worten darzustellen.

Vielleicht zum Ursprung und zum Sinn des Kopftuchs, von dem wir heute sprechen, um das noch einmal klarzumachen (Zwischenruf der Abg. Yılmaz), ich habe da auch re­cherchieren und mich beraten lassen müssen: In der Sure 24 und in der Sure 33 ist es definiert (Abg. Vogl: Bist schon radikalisiert, Peter?), da geht es im Grunde genommen einerseits darum, Frauen vor den lüsternen Blicken der Männer zu schützen und an­dererseits die sexuelle Aufreizung der Männer zu verhindern. Das ist Sinn und Ur­sprung des Kopftuchs.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 222

Jetzt frage ich heute, im Jahr 2019, hier in Wien, in Österreich: Sind wir in Österreich so weit gekommen, dass wir so etwas ernsthaft diskutieren müssen? Wollen wir unsere Gesellschaft wirklich 300, 400 Jahre ins Mittelalter zurücktransferieren? Diese Frage stelle ich mir bei dieser Diskussion heute, denn das ist die Basis der Diskussion. (Bei­fall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Um einfach zwischendurch auch einmal etwas klarzumachen (eine Tafel mit dem Co­ver einer Zeitschrift, die Frauen in Hosen zeigt, auf das Rednerpult stellend): Ich weiß nicht, ob man es gut sieht, das ist ein Cover einer Zeitschrift aus dem Iran in den 1970er-Jahren, das ist 40 Jahre her. Ich bin ja mittlerweile in einem Alter, dass ich auch in meiner Jugend islamische Länder besucht habe. Das ist 40 Jahre her. Ich ha­be jetzt bewusst kein Bild vom Iran im Jahr 2019 mitgenommen.

Ich habe noch ein Bild, wir können fortsetzen: Irak, Algerien, Ägypten, Iran, Afghanis­tan, Somalia, Pakistan, Saudi-Arabien, Indonesien (eine Tafel mit neun Abbildungen von Frauen aus verschiedenen Ländern auf das Rednerpult stellend) – es ist ein biss­chen klein –, Sie sehen freie, glückliche, selbstbestimmte, schöne Frauen. Diese Bilder können Sie in diesen Ländern im Jahr 2019 nicht mehr machen. Das findet dort nicht mehr statt. Um diese Diskussion dreht sich auch in Wahrheit heute dieser Tagesord­nungspunkt.

Ich möchte es schon noch einmal sagen: Die Expertenrunde war hochinteressant. Ich war über die Argumente von SPÖ und NEOS schockiert, muss ich sagen, zur Liste Pilz sage ich jetzt einmal gar nichts. Also diese Argumente, mit denen sich da alle um diese Frage, ob Mädchen im Kindergarten und in der Volksschule ein Kopftuch tragen sollen oder nicht, herumschwindeln!

Ich darf, weil das einfach perfekt ist, die Meinung der islamischen Expertin – wir hatten zwei islamische Experten dabei – vorlesen: Für „Zana Ramadani werden junge Mäd­chen durch ein Kopftuch um ihre Kindheit und ihr Recht auf körperliche Selbstbe­stimmung gebracht“. – Das sagt die Islamexpertin. Kleiner Hinweis an alle: Wo bleiben die Kinderrechte, die Sie sonst immer so gerne hätten? (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Es geht weiter: „Das von der österreichischen Regierung angestrebte Verbot schütze ‚Freiheit und Kinderrechte‘, verhindere eine Frühkonditionierung der Betroffenen und stelle somit einen wichtigen Schritt gegen die Ausbreitung des islamischen Fundamen­talismus dar. Jungen Mädchen ein Kopftuch aufzuzwingen, ist für Ramadani ‚Miss­brauch‘, der zu psychischen Schäden und Ausgrenzung aus dem öffentlichen Raum führe, denn Kinder würden dadurch auf ihre sexuelle Komponente reduziert. ‚Auch wenn nur ein Kind betroffen ist‘, müssten die Abgeordneten für das Verbot stimmen, denn das wäre ‚ein Einzelfall zu viel‘. Wenn der Staat hier nicht handle, mache er sich mit­schuldig.“ – Das sagt die Expertin im Ausschuss. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein kleiner Verweis, das will ich jetzt gar nicht ausführen: Es wurde im Ausschuss auch klar definiert, dass das Kopftuch bei Erreichung der Geschlechtsreife, der Menstrua­tion, im Koran dann offensichtlich religiös vorgeschrieben ist. Das will ich heute in der Tiefe gar nicht diskutieren, nur zum Nachdenken für zu Hause: Wer soll das dann ir­gendwann einmal überprüfen?

Für mich ist es interessant, wenn die SPÖ den Feminismus zitiert. Auch Alice Schwar­zer – von der ich nicht dachte, dass ich sie einmal quasi als Zeugin aufrufen muss – hat erkannt, wohin dieser Weg geführt hat, und dass er dem Feminismus nicht hilft.

Auch eine interessante Seite im Internet, kann ich jedem empfehlen: Before Sharia Spoiled Everything. Das ist die Entwicklung, die wir alle leider Gottes mitgemacht ha­ben. Also ich kann nur noch einmal sagen: Für uns oder für mich sind Frauen gleich­wertig und gleichberechtigt, und so hätte ich es in Österreich in Zukunft auch gerne.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 223

Schlusssatz meinerseits: Es wundert mich immer, wenn vor allem von der linken, in­tellektuellen Seite da herumgeschwindelt wird (Zwischenruf des Abg. Vogl), aber den großen Zug der linken Frauenrechtlerinnen, die in islamische Länder übersiedeln, sehe ich nicht. Wenn das alles so super und so toll sein soll (Zwischenruf der Abg. Yılmaz), dann frage ich mich, warum die nicht alle in das gelobte Land, in islamische Staaten aufbrechen, wo die Lage für Frauen angeblich so super ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Yılmaz: Wer sagt das?)

20.30


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzinger-Vog­tenhuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.30.27

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Was brau­chen Kinder? Wie kann die Schule diesen Bedürfnissen gerecht werden, um die vielfäl­tigen Potenziale und Talente dieser Kinder und der nächsten Generation bestmöglich zu unterstützen und zur Entfaltung zu bringen? Das sind die Fragen, um die es gehen muss, wenn wir uns über Schule, über Kinder und deren Zukunft unterhalten.

Neben diesen Fragen liegen auch die Antworten sofort auf der Hand, nämlich: Kinder, Mädchen wie Burschen, brauchen Liebe, sie brauchen Anerkennung, sie brauchen He­rausforderungen und Bestätigungen. Sie müssen gefordert und gefördert und in ihrem Leben darin bestätigt werden, dass sie die Ziele, die sie sich vornehmen, auch errei­chen und meistern können.

Worüber aber reden wir hier? – Wir reden bei dieser ganzen Diskussion nicht über die Kinder, sondern darüber, wie einzelne Religionsgemeinschaften behandelt werden. (Abg. Wurm: Über Rechte! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir reden über die Befind­lichkeiten der einen oder der anderen Religionsgemeinschaft. Wir reden über rück­wärtsgewandte religiöse Vorstellungen und Zwänge. Wir reden über Zwänge, die im­mer mehr in unsere Gesellschaft eindringen und zunehmend beginnen, das Leben der Menschen auf eine Art zu prägen, die wir so nicht kennen und an die wir so nicht ge­dacht haben.

Wir reden darüber, wie Religionen unter anderem auch neue Trennlinien durch unsere Gesellschaft ziehen, dort, wo wir eigentlich geglaubt haben, dass wir sie überwunden haben, zwischen Gläubigen und Ungläubigen, zwischen Männern und Frauen, zwi­schen Burschen und Mädchen. Wir reden darüber, wie die bereits ohnehin unklare Si­tuation und Grenze zwischen Religion und Staat in unserem Land weiter verwischt wer­den kann.

Ich unterstütze deshalb den Antrag meiner Kollegin Stephanie Cox vollinhaltlich. Es ist eigentlich ein ganz großes, aber ganz einfaches Ziel, das in diesem Antrag festge­schrieben ist, nämlich die Schule zu einem Raum des Lernens und einem Raum der Bildung zu machen. Es soll eine Schule sein, die keinen Unterschied macht, dahin ge­hend, woher ein Kind kommt und welches Geschlecht dieses Kind hat. In der Schule soll es ausschließlich darum gehen, alle Kinder bestmöglich zu unterstützen und sie auf ihrem Weg zu einem mündigen, selbstbestimmten und ethisch handelnden Er­wachsenen zu begleiten und anzuleiten.

Eines ist für mich deshalb vollkommen klar: In dieser Schule der Zukunft haben reli­giöse Dogmen, von welcher Seite auch immer sie kommen, nichts verloren. (Beifall bei Jetzt sowie der Abg. Bißmann.) Deshalb ist es schlicht unzureichend, wenn der Vor­schlag der Regierungsfraktionen lediglich islamische Kleidungsvorschriften als Problem erkennt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 224

Es ist schlicht unglaubwürdig, wenn Sie hergehen und diese Debatte mit dem Argu­ment bereichern, Sie möchten Mädchen bis zum Alter von zehn Jahren vor dieser ge­schlechtlichen Segregation schützen. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe als Politiker und Politikerinnen, diese Mädchen nicht nur bis zum zehnten Lebensjahr zu schützen. Was ist mit einem Mädchen im elften Lebensjahr? Hat dieses Mädchen den Schutz vonseiten des Staates vor politischer Einflussnahme, vor politischer Instrumentalisie­rung, unter anderem auch vor einem politischen Islam nicht mehr verdient? Deshalb unterstütze ich wiederum den Antrag meiner Kollegin Stephanie Cox, denn dieser An­trag umfasst das gesamte öffentliche Bildungssystem und nicht nur Mädchen bis zu ei­nem Alter von zehn Jahren.

Geschätzte VertreterInnen der Regierungsparteien! Ihr Antrag ist bestenfalls ein kleiner Schritt in eine richtige Richtung (Ruf bei der ÖVP: Gehen Sie ihn!), und ich werde die­sem meine Unterstützung geben. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Haubner: Sehr großzügig!) Ich ersuche Sie aber: Trauen Sie sich beim nächsten Schritt, die Sie­benmeilenstiefel anzuziehen! Stehen Sie zu dem, was Sie auch sagen, nämlich dass es wichtig ist, unsere Kinder und Jugendlichen vor religiöser Bevormundung zu be­schützen! Das geht aber nicht nur durch diese Einzelmaßnahme, sondern dazu braucht es ein umfassendes Maßnahmenpaket, so wie das meine Kollegin Stephanie Cox und wir auch vorgeschlagen haben. – Vielen Dank. (Beifall bei jetzt sowie des Abg. Wurm.)

20.35


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Himmelbau­er. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.35.22

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mit einem Danke an die Initia­toren dieses Antrages beginnen, an den Abgeordneten Nehammer, an den Abgeordne­ten Taschner und an den Abgeordneten Mölzer. Als Politiker müssen wir Fehlentwick­lungen, die sich in der Gesellschaft abzeichnen, die klar gegen unsere Grundwerte ge­richtet sind, aufzeigen, aber nicht nur aufzeigen, sondern auch klar dagegen auftreten und Maßnahmen setzen. Und das tun wir heute.

Eine solche Fehlentwicklung ist, dass der Glaube und Kinder, insbesondere junge Mäd­chen, für politische Agenden instrumentalisiert werden, indem junge Mädchen im Kin­dergarten oder in der Volksschule zum Tragen eines Kopftuchs gezwungen werden. Das ist etwas, das klar der Entwicklung von Kindern, der Entwicklung eines Selbstwert­gefühls, der Entwicklung einer unabhängigen Persönlichkeit entgegensteht. Das geht aber auch klar gegen die eigene religiöse Überzeugung der Mehrheit der Musliminnen und Muslime in diesem Land, wie wir in den Ausschüssen dazu gehört haben.

Das Tragen des Kopftuchs ist nämlich auch ein Symbol der Geschlechtsreife der Frau. Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, dass das im Kindergarten oder in der Volksschule gegeben sein soll, das kann mir heute auch keiner weismachen. Es geht um jedes Kind, und jedes Kind, das dieses Kinderkopftuch tragen muss, ist eines zu viel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Daher ist es für uns klarer Auftrag, gegen diese Entwicklung aufzutreten und dieses Kopftuchverbot auch für die Volksschule heute umzusetzen. Was für mich aber absurd anmutet, ist, dass sich zwar alle Parteien, die heute hier vertreten sind, in den vergan­genen Wochen öffentlich, aber auch in den einzelnen Ausschüssen, die sich mit die­sem Thema befasst haben, und auch hier vom Rednerpult aus gegen das Tragen des Kopftuchs im Kindesalter ausgesprochen haben, Sie als Oppositionsparteien diesem heute aber dennoch – mit Ausnahme natürlich – nicht zustimmen werden. Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 225

Die Argumentation, die hier geliefert worden ist, ist für mich absurd. Teilweise wird dar­gelegt, dass es in anderen Ländern schlimmer ist, aber das relativiert ja nicht die Situation, wie sie in Österreich vorliegt. (Abg. Yılmaz: Es geht immer um Frauen!) Es wird argumentiert, dass es nur eine Einzelmaßnahme ist, aber jeder einzelne Schritt ist ein richtiger und wichtiger. Teilweise hatte ich das Gefühl, es ist argumentiert worden, wir sollten es einfach akzeptieren. (Abg. Krainer: Wer hat das gesagt?) – Nicht von Ih­nen, aber so ist es heute auch da gekommen, dass wir es einfach akzeptieren sollen. Das ist aber nicht zu akzeptieren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich darf auch daran erinnern, dass wir hier im Parlament vor nicht allzu langer Zeit eine 15a-Vereinbarung verabschiedet haben, die das Kopftuchverbot im Kindergarten be­inhaltet hat, und dass jede einzelne Partei dieser 15a-Vereinbarung zugestimmt hat. Was hier jetzt anders sein soll, vom Kindergarten hin zur Volksschule, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das wird wohl daran liegen – das bleibt oft unausgesprochen –, dass es sich um einen Vorschlag der Regierung handelt.

Es geht nicht um den Islam, es geht nicht um die Musliminnen und Muslime in unserem Land. Es geht um eine Strömung, es geht um einen politischen Islam, der österreichi­sche und europäische Grundwerte und gesellschaftliche Normen untergräbt. Wir wol­len eine Gleichstellung von Mann und Frau, von Burschen und Mädchen. Wir wollen dieser Gleichstellung gerecht werden. Wir wollen Kindern eine Schule bieten, in der sie sich sicher fühlen, in der sie sich entfalten können, in der Integration gelebt wird und in der Diskriminierung und Abgrenzung kein Platz gelassen wird. Deswegen werden wir heute auch für dieses Kopftuchverbot stimmen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.39


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bißmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.39.37

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsi­dentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Liebe Besucherin­nen und Besucher auf der Galerie! Bevor ich mit meiner Rede beginne, möchte ich al­len Musliminnen und Muslimen Ramadan Mubarak wünschen. (Abg. Neubauer – in Richtung Galerie zeigend –: Da oben wird gefilmt!)

Seit über zehn Jahren werden vonseiten der FPÖ politische Kampagnen gegen die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land geführt. Eine ganze Ge­neration von MuslimInnen musste in diesem Land mit Ressentiments gegen ihre Kultur und Religion aufwachsen. Sie mussten es ertragen, wie sie Tag für Tag zum Haupt­feindbild der Rechtspopolisten hochstilisiert wurden, und sie mussten Sprüche wie „Da­ham statt Islam“ von Großplakaten lesen.

Heute sehen und hören wir, wie muslimische Frauen mit Kopftuch auf der Straße belei­digt, bespuckt und angegriffen werden – das passiert –, und das ist das Resultat Ihrer poli­tischen Hetzkampagne! (Ruf bei der FPÖ: Aber geh! – Zwischenruf des Abg. Schrangl.)

Das Kopftuchverbot, meine Damen und Herren, ist nicht mehr als eine Scheindebatte um das angebliche Kindeswohl. In Wirklichkeit geht es aber nur darum, in einem nächsten Schritt auch die erwachsene kopftuchtragende Frau aus der Öffentlichkeit zu verbannen. (Abg. Schimanek: ... befreien! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Dieses Tuch (ein zusammengefaltetes Kopftuch in die Höhe haltend) ist Teil des All­tags vieler Muslimas in diesem Land, es ist Teil ihrer kulturellen Identität. Es gehört zu ihrer Identität wie für den Politiker das Sakko, wie für das Schulkind die Schultasche oder für die Mechanikerin der Blaumann. Nun aber ist dieses Tuch Symbol Ihrer anti­muslimischen Politik geworden.


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Die Mullahs im Iran schreiben Frauen vor, was sie am Kopf zu tragen haben. Sie aber, geschätzter Minister und auch Abgeordnete von FPÖ und ÖVP, Sie tun genau das gleiche hier in Österreich, nur auf eine andere Art, indem Sie den Frauen nämlich vor­schreiben, was sie am Kopf nicht zu tragen haben. (Abg. Rosenkranz: Den Mädchen, sechs- bis zehnjährigen! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Im ersten Schritt die Mädchen und im zweiten Schritt die Frauen. Entspricht das nicht der genau selben Geisteshaltung? (Abg. Rosenkranz: Bei Ihren Schritten sieht man, wie das en­det!) Ein Hoch auf die mutigen Frauen im Iran! Ein Hoch auf die Selbstbestimmung für jeden Mann, für jede Frau auf dieser Welt!

Ich persönlich bin ganz entschieden gegen Zwänge jeder Art, und das ist übrigens auch die Mehrheit aller Musliminnen und Muslime in diesem Land. Niemand ist dafür, dass Mädchen gezwungen werden, Kopftücher zu tragen, wirklich kaum jemand; und die ganz wenigen Fälle, wo das passiert, wo Mädchen gezwungen werden, erfordern individuelle Gegenstrategien, wo der Staat, sprich SozialarbeiterInnen und PädagogIn­nen, den Eltern unter die Arme greifen muss. Wo sind die diesbezüglichen Ansätze? Wurde jemals der Dialog mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ge­führt (Ruf bei der ÖVP: Ja!), oder müssen MuslimInnen weiterhin über Ihre Maßnah­men und Bestrafungen aus der Zeitung erfahren?

Geschätzte FPÖ! Ist es wirklich das (das zusammengefaltete Kopftuch erneut in die Höhe haltend), wovor Sie Angst haben? Haben Sie Angst vor diesem Tuch? Oder ist das etwas, das Sie seit über zehn Jahren als Symbol verwenden, um eine große Ge­fahr für unser sogenanntes christlich-säkulares Abendland heraufzubeschwören, um die Gesellschaft von den wirklichen Problemen abzulenken?

Ich sage Ihnen etwas (das Kopftuch auseinanderfaltend), geschätzte Damen und Her­ren. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, schauen Sie mich an! (Die Rednerin bindet das Tuch um ihren Kopf, lässt dabei aber den vorderen Teil ihrer Haare unbedeckt. – Ruf: Passt so! – Abg. Schrangl: Im Iran tragen sie’s übrigens weiter hinten, gell?! – Heiter­keit bei der FPÖ. – Abg. Schrangl: Da war ich nämlich gerade! Keine einzige Frau im Flugzeug hat dort ein ...!) Hat sich irgendetwas verändert? (Rufe: Ja! Natürlich!) Bin ich nicht nach wie vor Martha Bißmann, Diplom-Ingenieurin, Umweltexpertin, Nationalrats­abgeordnete, freie, emanzipierte, feministische, konfessionslose Frau mit der festen Überzeugung, dass jeder Mensch frei und gleich an Würde und Rechten geboren ist?

Ich hatte in den letzten Monaten die große Ehre, viele großartige muslimische Frauen kennenzulernen, die Sie strafen wollen, darunter Ärztinnen, Physikerinnen, Lehrerin­nen, Arbeiterinnen, Angestellte, Mütter, Töchter. Sie sind so erfolgreich, so engagiert! Ein Kopftuch hindert niemanden daran, Karriere zu machen.

Reden wir einmal mit den muslimischen Frauen, anstatt immer über sie zu reden! Wir können auch viel von den muslimischen Frauen lernen. Werte wie Toleranz (Zwischen­rufe bei FPÖ und ÖVP), Hilfsbereitschaft, Solidarität, Gemeinsinn, das sind Werte, ös­terreichische Werte übrigens, die tief in der muslimischen Gemeinschaft Österreichs verankert sind.


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss­satz!


Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (fortsetzend): Jetzt aber ganz abgese­hen von den Werten: Dieses Gesetz ist sehr wahrscheinlich verfassungswidrig (die Rednerin nimmt das Kopftuch wieder ab), weil es weder die jüdische Kippa noch den Patka der indischen Sikhs erwähnt.


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete!



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 227

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (fortsetzend): Ein Hoch auf die Reli­gionsfreiheit in unserem Land! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

20.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Rosenkranz: Umweltexperten braucht das Land!)


20.45.10

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Taschner hat ein­gangs Symbole erwähnt, und ja, das Kopftuch ist ein starkes Symbol, und das muss man hier auch unstrittig sagen.

Frau Griss, Sie haben das Thema angesprochen, wann Mädchen ein Kopftuch tragen sollen. Muslimische Mädchen haben nach islamischem Recht Kopftuchpflicht beim Ein­setzen der Pubertät. Das heißt aber im Umkehrschluss: Die Geschlechtsreife der Mäd­chen wird nach außen getragen. Ich möchte aber nicht, dass meine Tochter, meine Enkeltochter ihre Geschlechtsreife offen zur Schau stellen muss. Das ist ja diskriminie­rend hoch zehn! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch dient das Bedecken der Haare in der islamischen Kultur dazu, Frauen und Mäd­chen vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Das Verhüllen von Haar, Hals, Nacken und Brust soll dazu dienen, Männer nicht sexuell zu provozieren. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Damit ist das Kopftuch für Kinder eindeutig eine Sexualisierung der Mädchen und deren Degradierung zu einem Sexualobjekt, und das hat an unseren Schulen nichts verloren! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mein Kollege Peter Wurm hat ja einen Koranvers angerissen. Ich möchte auch etwas daraus vorlesen, damit Sie wissen, wovon wir sprechen. Die Begründung des Kopftu­ches im Islam ist an folgender Stelle im Koran festgeschrieben, nämlich Sure 33, Vers 59: „O Prophet, sprich zu deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, daß sie sich in ihren Überwurf verhüllen. So werden sie eher erkannt und werden nicht verletzt.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt im Umkehrschluss: Alle nicht ver­hüllten Frauen in Österreich beziehungsweise auf der ganzen Welt werden als Ungläu­bige gekennzeichnet, sind unrein und dürfen auch verletzt werden. Deshalb, Herr Mi­nister, bedanke ich mich bei Ihnen, dass wir es jetzt auch geschafft haben, in der Volksschule das Kopftuchverbot durchzusetzen.

Die Schule ist dazu verpflichtet, allen Schülerinnen und Schülern ein sicheres Umfeld zu gewährleisten, um aufgrund des Geschlechtes nicht diskriminiert zu werden. Die das Kopftuch betreffende Vorschrift bedeutet allerdings im Umkehrschluss, wie ich schon eingangs gesagt habe: Wenn ich es nicht trage, bin ich unsittsam, unrein und unkeusch. Davor müssen wir unsere Mädchen schützen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Mit Ihrer Ablehnung des Kopftuchverbots an den Volksschulen haben Sie einen tiefen Kniefall vor dem politischen Islam gemacht, und das ist Ihre Schande! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Die Argumente, die Sie uns heute geliefert haben, sind so etwas von falsch und unglaubwürdig, dass es einfach nicht mehr zu fassen ist. Als Frau in Österreich habe ich das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmtheit, und das lasse ich mir von nie­mandem, und schon gar nicht von diesen antiquarischen muslimischen Männern neh­men! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Ich werde die Erste sein, die von diesem Pult aus für die Rechte der Frauen in Öster­reich kämpft! Ich würde mir erhoffen, dass ich gerade die Frauen von der SPÖ als Ver-


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bündete für die Frauenrechte gewinnen kann, denn in dieser Frage gibt es kein links oder rechts, es gibt nur ein richtig oder falsch! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.49


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordnete Lugar. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.49.44

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (FPÖ): Frau Bißmann hat mich jetzt motiviert, etwas aufzuklären. Frau Bißmann hat uns gefragt, ob sich durch das Aufsetzen des Kopf­tuchs etwas verändert hat.

Auch meine Mutter hat zeitweise ein Kopftuch getragen. Das Problem ist nicht das Kopftuch. Es ist auch nicht so, dass wir den Frauen ihre Religionsfreiheit wegenehmen wollen. Es geht um das Symbol. Es geht darum, dass Männer wollen, dass Frauen ein Kopftuch tragen. Es ist ja nicht so, dass wir die Religionsausübung von Frauen ein­schränken, denn Männer wollen, dass Frauen das Kopftuch tragen, und zwar aus zwei Gründen: Erstens wollen sie, dass sie für andere Männer nicht attraktiv sind (Zwi­schenruf bei der FPÖ), da ja ohnehin nicht vorgesehen ist, dass sie sich ihren Mann selbst aussuchen, sondern das meistens der Vater oder sonst jemand bestimmt und es zu einer Zwangsehe kommt.

Und zweitens wollen Männer, wenn sie mit einer Frau verheiratet sind, diese für andere Männer möglichst unattraktiv machen, um ihre eigene Eifersucht in den Griff zu be­kommen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Grund!) Das ist ja der Hintergrund dieses Kopf­tuchs. Das heißt, wir sprechen nicht von einem Stück Stoff, wir sprechen von der sys­tematischen Unterdrückung der Frau. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wir sprechen davon, dass Männer – und das gab es bei uns vor ein paar Hundert Jah­ren auch – systematisch ihre Töchter, ihre Frauen unterdrückt haben, um sie zu Ge­burtsmaschinen zu machen, um sie gefügig zu halten, und das ist das Problem. Das heißt, wir sprechen von einem System, durch das Frauen systematisch unterdrückt werden.

Atatürk, ein Gründer der Türkei, hat das Kopftuch verboten. Das war kein Muslimhas­ser und das war auch kein Rechter. Der Gründer der Türkei hat das Kopftuch verboten, weil es eben genau mit der Unterdrückung der Frau zusammenhängt. Du kannst kei­nen modernen Staat aufbauen, wenn du die Hälfte deiner Bevölkerung unterdrückst, das geht nicht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

In Wahrheit ist es nicht so, wie Frau Griss behauptet hat, dass wir Frauen und Mäd­chen ausgrenzen. Ganz im Gegenteil! Der Staat reicht diesen Frauen die Hand, denn diese Frauen haben niemanden, der ihnen die Hand reicht. Lesen Sie das Buch „Der Schleier der Angst“ von Samia Shariff. Lesen Sie dieses Buch! Da werden Sie einmal sehen, was da abgeht. Von ganz klein auf wird die Tochter systematisch unterdrückt, zwangsverheiratet, missbraucht und zu einer Geburtsmaschine ohne Rechte, ohne Entfaltungsmöglichkeiten abgewertet, und das ist das Problem.

Was erwarten Sie von einem Vater, von einer Mutter, die ihr Kind mit zehn Jahren verhüllen? Was erwarten Sie von so jemandem? Glauben Sie, dass der ihr dann, wenn die Tochter elf oder zwölf ist, plötzlich sexuelle Selbstbestimmung zugesteht, ihr Ent­wicklungspotenzial zugesteht? Glauben Sie das allen Ernstes? Das ist eben nicht so!

Die Eltern sind ja auch indoktriniert. Es gibt auf der Welt 300 Millionen genitalverstüm­melte Frauen. Wissen Sie, wer diese Frauen genitalverstümmelt? Zu einem großen Teil sind es die eigenen Mütter! Auch in Österreich gibt es 8 000 Frauen, die genital­verstümmelt sind. In Österreich! Und diese Frauen haben Schmerzen beim Sexualver­kehr, haben Schmerzen beim Urinieren und bei anderen Dingen. Diese Frauen in Ös-


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terreich lassen sich zum großen Teil nicht operieren, um diesen Schmerzen ein Ende zu bereiten, weil sie Angst vor ihrer eigenen Familie haben. So schaut es aus, und das ist das Problem! Das heißt, wir müssen diesen Frauen die Hand reichen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Wenn ich einem zehnjährigen Kind die Hand reichen kann, wenn ich als Staat die Mög­lichkeit habe, einem zehnjährigen Kind die Hand zu reichen und zu sagen: Du lebst in einem Land, in dem du dich frei entfalten kannst, in dem du die Möglichkeit sexueller Selbstbestimmung hast, wenn du einmal erwachsen bist, in dem du dir deinen Partner selbst aussuchen kannst, in dem du gebildet wirst, in dem du nicht zwangsverheiratet wirst!, dann werde ich es tun, und genau das machen wir heute. Wenn die SPÖ da nicht mitstimmt, nur weil sie Angst hat, in Wien ihre muslimischen Wähler zu verlieren, dann kann ich nur eines sagen: Sie tragen die Frauenrechte und die Rechte dieser Kinder für politisches Kleingeld zu Grabe, und das ist schäbig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.54.25

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einiges richtigstellen. Ich will auch nicht, dass Kinder ein Kopftuch tragen, weil es ihre Eltern wollen. Ich weiß aber schon, was ich damit mache. Ich – Blödsinn! –, wir sollten den Kontakt nicht abbrechen, Kolle­gin Schimanek, mit einem Verbot. (Abg. Schimanek: Das tun wir auch nicht!) Wir soll­ten mit ihnen reden, wir sollten SozialarbeiterInnen einstellen. (Abg. Höbart: Um das geht es hier ja nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir sollten mit den Eltern reden. Glauben Sie mir, ein Gesetz für vielleicht zehn Kinder in der Volksschule zu ma­chen – ich glaube, es sind vielleicht sogar noch weniger, denn kein Mensch kann mir eine Zahl sagen – - - (Ruf bei der SPÖ: Wie viele sind es?) Wie viele sind es? – Keine Ahnung, aber wir sagen einmal Nein. (Abg. Rosenkranz: Es geht darum, ein Zeichen zu setzen!) Ich sage: Unterstützen wir die Kinder, reden wir mit ihnen, damit wir sie nicht verlieren.

Noch etwas ist in diesem Fall sehr wichtig, Herr Minister, nämlich dass Sie sich gar nicht zu Wort gemeldet haben. (Abg. Deimek: Das ist peinlich, was Sie da reden!) Das hat mich jetzt sehr gewundert. Das ist doch ein sehr wichtiges Thema für Sie, für die Koalition. Sie wollen ein Zeichen setzen und die muslimischen Frauen befreien. Das werden Sie so nicht können! Wir müssen im Gespräch bleiben.

Ich glaube auch nicht, dass das damit zu Ende ist. Ich fürchte, die Diskussion wird wei­tergehen. Sie wollen ja eigentlich die muslimische, kopftuchtragende Frau aus dem öf­fentlichen Leben weghaben, und Sie glauben, Sie können das mit Gesetzen erreichen. Das können Sie nicht! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich bin gegen die Mullahs, die den Frauen verbieten, kein Kopftuch zu tragen. Ich kämpfe gegen sie. Ich bin gegen jene Diktatoren, die Frauen verbieten, ein Auto zu lenken, und ihnen zum Teil das Wahlrecht vorenthalten. Ich bin dagegen, dass man Frauen bevormundet, und dafür, dass man Kindern hilft. Das Kindeswohl ist sehr wichtig. Kindern und Jugendlichen müssen wir helfen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosenkranz: Halten Sie diese Rede einmal in Saudi-Arabien! Meine Hochachtung haben Sie, wenn Sie diese Rede in Sau­di-Arabien halten!)

20.56


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schima­nek. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 230

20.57.09

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Kollegin Nurten! Sie haben mich jetzt wirklich noch einmal motiviert, hier zu Ihnen zu sprechen. Also noch seichter geht es nicht! Noch seichter geht es nicht! Selbstverständlich habe ich mit Betroffenen gesprochen und sogar mit Integrationsbeauftragten, die mir sehr wohl alle bestätigt haben, dass das Verbot des Kopftuches an der Volksschule eine richtige und wichtige Maßnahme ist. Auch mit Integrationsbeauftragten, die selbst Muslime sind, habe ich mehrfach gesprochen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Was ich nicht aushalte, bei aller Liebe, ist Ihr Herumgeeiere jetzt bei dieser Abstim­mung. Seid ihr dafür oder seid ihr dagegen? Das, was ihr da jetzt macht, ist einfach nur scheinheilig! Ihr tretet damit die Frauenrechte in Österreich mit Füßen! (Anhaltender Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Yılmaz.)

20.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte.


20.58.00

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Frau Kollegin Yılmaz, mir ist nicht klar, was ei­gentlich Ihr Beitrag zur Debatte sein soll. Wer diesen Antrag gelesen hat, weiß, da steht drinnen, dass es ein verpflichtendes Elterngespräch geben muss, und zwar ist in § 2 festgehalten, dass der Schulleiter unverzüglich und innerhalb von vier Schultagen ein verpflichtendes Elterngespräch führen muss, das dokumentiert und an alle Behör­den weitergeleitet wird, wenn gegen dieses Kopftuchverbot verstoßen wird. Es ist also nicht so, dass da kein Dialog entsteht oder dass da die Verursacher nicht eingebunden werden. Das ist im Antrag ganz klar geregelt. Sie sagen, das geschieht nicht. Darauf wollte ich nur antworten, dass das einfach nicht stimmt, weil es genau so, wie Sie es gefordert haben, im Antrag steht. Sie meinen, es ist nicht so vorgesehen, es steht aber genau so im Antrag. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich verstehe also nicht, was Ihnen im Wege steht, da zuzustimmen. Und abgesehen davon, liebe SPÖ: Bei der 15a-Vereinbarung, wo von uns genau dasselbe Thema be­züglich des Kindergartens diskutiert wurde, haben Sie zugestimmt. Wo ist da jetzt der Unterschied? Ich verstehe es nicht, ich sehe ihn nicht. Es ist also nicht schlüssig, und ich würde Sie wirklich bitten, da Ihre Argumente zu überdenken. Es gibt ein verpflich­tendes Elterngespräch. Sie haben beim Kindergarten zugestimmt. Warum stimmen Sie nicht auch jetzt zu? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.59

21.00.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Lugar, ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 612 der Beilagen.

Ich darf die Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich darf jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 231

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ham­merschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesamtpaket zur Integration statt Symbolpolitik“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Bitte, keine Kommentare!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cox, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine religiösen Symbole an öffentlichen Schulen“.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

21.01.486. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (595 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird (613 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Taschner. Ich darf ihm das Wort erteilen.


21.02.12

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Es ist mir eine Freude, Ihnen hier zu berichten, dass es Herrn Bundesminis­ter Faßmann jetzt gelungen ist, endlich eine Ferienregelung durchzuführen, die bun­desweit gilt.

Ich darf sie kurz vorstellen: Es wird jetzt bundesweit einheitlich geregelt, dass vom 27. Oktober bis zum 31. Oktober schulfreie Tage sein werden, sodass sich eine Herbst­ferienwoche vom 26. Oktober bis 2. November ergibt. Dafür werden die Dienstage nach Ostern und nach Pfingsten eingespart, das heißt, sie werden zu regulären Schul­tagen, und es wird auch dafür gesorgt, dass die schulautonomen Tage so weit einge­schränkt werden, dass sich die Gesamtunterrichtszeit durch diese Neuregelung nicht ändert. Es wird also genauso viele Schulunterrichtstage geben wie bisher.

Diese Regelung haben wir jetzt nach einer jahrelangen, ja einer jahrzehntelangen Diskussion getroffen. Frau Kollegin Yılmaz, wir haben diskutiert, diskutiert, diskutiert, aber es gibt einmal den Punkt – und das ist unsere Aufgabe –, an dem man sagt, man muss eine Dezision fällen. Das ist wirklich unsere Verpflichtung, und die Bevölkerung hat auch erwartet, dass eine Dezision gefällt wird, und die wird jetzt von dieser Bun­desregierung gefällt.

Es ist so, dass tatsächlich viele Argumente dafür sprechen, aber es gibt auch Argu­mente gegen diese Regelung, und diese Argumente haben auch durchaus Gewicht. Diese Regelung, die wir gefällt haben, wurde so gefällt, dass diejenigen, die sagen, es gefällt mir nicht, jedenfalls nicht vor den Kopf gestoßen werden, sondern sicherlich damit leben können. Es ist besser für die Bevölkerung, zu wissen, so ist es, als dass man ein ewiges Provisorium ad infinitum aufrechterhält. Das ist eine gute Botschaft, und darum bin ich auch dankbar, dass wir die Entscheidung jetzt getroffen haben.

Nebenbei will ich die Argumente, die für diese Regelung sprechen, auch noch hervor­heben. Es ist so, dass gerade für Familien mit mehreren Kindern, wenn die Kinder in verschiedene Schulen gehen, eine Vereinfachung der Ferienplanung daraus resultiert.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 232

Es ist also, wenn Sie so wollen, ein sehr familienfreundlicher Gesetzentwurf. Es ist ein kleiner Baustein einer familienfreundlichen Regierungsarbeit, aber wir haben auch schon große Bausteine geschaffen, wir haben den Familienbonus Plus, wir haben eine Steuerreform, die auch die Familien fördert. Dieser Baustein ist ein kleiner, aber nicht unwesentlicher. Er ist in gewisser Weise ein kleiner Eckstein im Gebäude, das die Re­gierung aufgestellt hat.

Insofern ist das ein sehr guter Entwurf. Ich glaube, man kann ihm allgemein zustim­men. Diejenigen, die noch Bedenken haben, mögen sich Folgendes vorstellen: Wenn wir das beschlossen haben, werden plötzlich die Diskussionen verstummen, und man wird sagen: Ja, so haben wir es eigentlich immer gehabt, und so ist es gut. Das Pro­visorium ist jedenfalls aufgehoben. Wir sind wirklich guter Dinge, da wir hiermit Klarheit und Eindeutigkeit geschaffen haben.

Ich danke dem Bundesminister, ich danke dem Kabinett, das schnell und zügig gear­beitet hat. Wir stimmen dem natürlich gerne zu, und ich hoffe auch, dass Sie alle damit einverstanden sein werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

21.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kovacevic. Ich darf ihm das Wort erteilen.


21.06.10

Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Grundsätzlich kann ich mich den Worten meines Vorredners anschließen. Es ist schon so, dass einheitliche Herbstferien zu besserer Planbarkeit führen und geschickter für Familien sind, die mehrere Kinder in verschiedenen Schulen haben. Sie haben auch richtig gesagt, dass es bei solchen Entscheidungen Gewinner und Verlierer gibt. Wir wissen, dass in der Vergangenheit bereits sehr lange diskutiert wurde. Es gab viele Versuche, die Ferien zu vereinheitlichen. Sie machen das jetzt so beziehungsweise haben das so vorge­schlagen. Gut, das ist auch für uns in Ordnung so, aber man darf trotzdem anmerken, dass es eben auch die von Ihnen angesprochenen Verlierer gibt. Ich weiß zum Bei­spiel, dass die Elternvertreter damit jetzt nicht ganz glücklich sind, aber soll so sein in dem Fall. Sehen wir die positiven Aspekte oder die Vorteile im Vordergrund, belassen wir es dabei!

Ich möchte ganz kurz auf ein paar Unstimmigkeiten technischer Natur eingehen, ganz unabhängig von der politischen Entscheidung, denn es gab da schon noch einige of­fene Fragen, die wir im Ausschuss angesprochen und diskutiert haben, und zwar wirkli­che Unstimmigkeiten im Gesetzentwurf. Vielleicht können wir diese heute noch ein bisschen klären, Herr Bundesminister.

Eine Frage war: Welche Regelungen gelten jetzt konkret, welche Ausnahmen gibt es für die Bundesländer? Ich weiß nicht, ob Sie, liebe KollegInnen von der FPÖ und der ÖVP, die Stellungnahmen immer auch so aufmerksam lesen. Wir haben versucht, das sehr gründlich zu prüfen. Es gab doch auch einige Stellungnahmen von den Bundes­ländern, in denen sie ihre Verwirrung kundgetan haben. Sie haben gesagt, sie verste­hen zum Beispiel § 16 nicht, in dem „kann“ und nicht „muss“ steht. Heißt das jetzt, dass Bundesländer die Wahlmöglichkeit haben, die Herbstferien einheitlich einzuführen oder nicht, oder müsste das durch ein „müssen“ ersetzt werden? Die Tage, die freizugeben sind, sind nicht ganz klar. – Diese Unstimmigkeiten haben bei uns ganz einfach offene Fragen hinterlassen.

Der wesentliche ungelöste Punkt bei diesem Gesetzentwurf, auch wenn wir ihm zu­stimmen, ist das Problem der Kinderbetreuung. Auch darauf haben wir die Debatte mehr-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 233

fach fokussiert. Wir haben gesagt, und auch das wird in sehr vielen Stellungnahmen, zum Beispiel auch vom Gemeindebund, untermauert, dass wir, wenn wir das so ma­chen und eine zusätzliche Ferienwoche einschieben, dann auch gewährleisten müs­sen, dass ein entsprechendes Angebot an Kinderbetreuung vorhanden ist. Das ist ganz, ganz wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein kleiner Denkanstoß in diesem Zusammenhang: Ich weise gerne wieder auf eine unserer Forderungen im Zusammenhang mit der sechsten Urlaubswoche hin. Das wä­re zum Beispiel eine effektive Maßnahme, um diesem fehlenden Angebot entgegen­zuwirken. Einzelne freie Tage, so wie es sie bisher gab, waren leichter abzudecken als eine ganze Woche. Aus diesem Grund stellen wir folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Sicherstellung von Kinderbetreuungsangeboten in den Herbstferien“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert si­cherzustellen, dass während der Herbstferien ausreichende Angebote zur Kinderbe­treuung zur Verfügung stehen. Dafür sollen zur Unterstützung der Gemeinden die Mit­tel im Bildungsinvestitionsgesetz adäquat aufgestockt werden.“

*****

Wir werden Ihrer Gesetzesänderung zustimmen, bitten aber auch um Zustimmung zu unserem Antrag, damit die Kinderbetreuung für berufstätige Eltern in den Herbstferien nicht zu einem unlösbaren Problem wird und damit auch die Gemeinden auf diesem Gebiet ein wenig entlastet werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

gemäß §55 GOG-NR

der Abgeordneten Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherstellung von Kinderbetreuungsangeboten in den Herbstferien

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (595 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 ge­ändert wird (613 d.B.) (TOP 6)

Die Anforderungen der Berufswelt an Erwerbstätige und Selbständige steigen stetig. Überstunden, 12-Stunden-Tag und eingeforderte Flexibilität sind an der Tagesordnung. Eltern haben daher bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie große Herausforde­rungen zu bewältigen. Insbesondere Alleinerziehende und Personen ohne familiären Rückhalt stehen oft vor einem massiven Betreuungsproblem.

Diese Situation spitzt sich in den Ferien zu, da vor allem außerhalb von Wien ein Man­gel an Kinderbetreuung herrscht. So zeigte beispielsweise die Studie "Ferienbetreuung steirischer Kinder" im Auftrag der Arbeiterkammer Steiermark, dass fast 90 Prozent aller Eltern Ferienbetreuung für ihre Kinder benötigen, mehr als 70 Prozent müssen da-


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 234

für zahlen. Die Gesamtkosten betragen im Schnitt 1.019 Euro pro Haushalt (durch­schnittlich 1,7 Kinder pro befragtem Haushalt). Für 49 Prozent belastet der erhöhte zeitliche Betreuungsbedarf die eigene Lebensqualität.

Tatsache ist, dass die Summe an Ferienzeiten der Schulen den regulären Urlaubsan­spruch von in der Regel fünf Wochen pro Elternteil bei Weitem übersteigt. Somit wird auf familiäres oder befreundetes Umfeld ausgewichen, um die Kinder gut versorgt zu wissen. Eltern berichten, dass einzelne Tage dabei leichter abzudecken sind als ge­samte Ferienwochen.

Geeignete Unterstützung für Familien und Kinder ist notwendig, um echte Entlastung – zeitlich und finanziell – anbieten zu können und über allem muss der Anspruch einer adäquaten, pädagogisch wertvollen und leistbaren Ferienbetreuung stehen. Die unter­zeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert si­cherzustellen, dass während der Herbstferien ausreichende Angebote zur Kinderbe­treuung zur Verfügung stehen. Dafür sollen zur Unterstützung der Gemeinden die Mit­tel im Bildungsinvestitionsgesetz adäquat aufgestockt werden.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Mölzer. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


21.10.09

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es wurde ja von meinen Vorrednern schon ausgeführt: Man kann es nicht allen recht machen, es ist aber, glaube ich, doch wichtig, dass man eine Vereinheitlichung schafft. Es wurde schon ausgeführt: Das war einfach in der Vergangenheit ein Problem, weil es einerseits überhaupt an Planbarkeit gemangelt hat, da man nicht gewusst hat, wie das im Herbst sein wird, und auf der anderen Seite natürlich oftmals Probleme im Alltag aufgetaucht sind, wenn man mehrere Kinder an verschiedenen Schulen hatte. Ich bin der festen Überzeugung, dass es der richtige Schritt ist, diese Ferien in dieser Form einzuführen; es gibt das ja auch in vielen anderen Ländern.

Ich glaube auch, dass es durchaus Sinn macht, in diesem langen Schulherbst, der in Wien Anfang September beginnt und in anderen Bundesländern eine Woche später, einen Break für die Kinder zu haben, sodass sie auch einmal durchschnaufen können oder, wenn sie älter sind, die Zeit beispielsweise auch dafür nutzen können, vor der in­tensiven Phase vor Weihnachten zu lernen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig.

Ein weiterer Punkt, der auch wichtig ist: Wir haben gesagt, wir wollen schauen, dass wir auch die Lehrerfortbildungen verstärkt in die Herbstferien hineinpacken, denn man darf nicht vergessen, dass die schulautonomen Tage, die wir hatten, ja eigentlich ge­nau dafür gedacht waren, Lehrerfortbildung möglich zu machen. Wir wissen schon, dass Lehrer leider Gottes oft dazu geneigt haben, sich diese Tage dann auch freizu­nehmen. Die Gewerkschaft hat deshalb nicht gerade Hurra geschrien, aber es soll nun so sein, dass in diesen Herbstferien verstärkt Lehrerfortbildung stattfindet.


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Herr Kollege Kovacevic, eine Kleinigkeit hat mich gestört: Sie haben von zusätzlichen Ferien gesprochen. – Das stimmt natürlich nicht, denn wir nehmen nur freie Tage her, die bereits jetzt als solche bestehen. Das heißt, es ist jetzt nicht so, dass wir zusätzli­chen Bedarf an Betreuung haben, sondern es verschiebt sich das Betreuungsproblem; das ist ganz klar. (Abg. Kovacevic deutet mit den Händen eine lange Strecke an.) Wir werden jedoch erstens auch dafür – der Minister hat es ja schon angekündigt – im Bil­dungsinvestitionsgesetz Abhilfe schaffen, soweit ich gehört habe, und es wird ja zwei­tens auch planbarer, weil es etwas anderes ist, wenn man das auf schulautonome Ta­ge aufgeteilt hat – Osterdienstag, Pfingstdienstag –, die es ja dann nicht mehr geben wird. Es macht also, glaube ich, auch Sinn, dass das im Herbst einheitlich ist, denn das ist für alle leichter planbar.

Vielleicht noch ein grundsätzliches Wort zu der Ferienordnung, wie wir sie in Österreich haben: Es taucht ja zu Beginn der Sommerferien immer wieder, auch wegen der Be­treuungsfrage, die Diskussion auf – ich bin überzeugt davon, in einem Monat werden wir wahrscheinlich wieder in den Medien darüber lesen –, dass unsere Sommerferien zu lang wären, dass das ein Betreuungsproblem ist et cetera pp.

Ich bin der Überzeugung, dass unsere derzeitige Regelung gut ist, und gebe zu be­denken, dass einerseits die jüngeren Kinder diese lange Pause im Sommer einfach brauchen – das ist ein Argument für so lange Sommerferien – und dass eine Verkür­zung der Sommerferien andererseits – und das vergessen wir ganz gerne – für Ju­gendliche, die dann schon in das Alter kommen, Ferialpraktika zu absolvieren, ein or­dentliches Ferialpraktikum unmöglich machen würde. Das kennen wir zum Beispiel aus Bayern oder aus Baden-Württemberg, wo die Sommerferien nur sechs Wochen dauern und die Kinder – das weiß ich, weil ich dort viele Bekannte habe – im Sommer keine Praktika machen können, weil damit die gesamte Zeit verbraucht wäre.

Ich glaube also, wir haben da eine vernünftige Lösung gefunden, und das sollte man mitdenken. Man sollte nicht immer nur über die Ferien diskutieren, sondern über die viel wesentlicheren Fragen in unserem Schulwesen, die uns beschäftigen. Wir werden da vieles tun, um uns zukunftsfit zu machen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. Abg. Martin Graf erheitert : Du, Wendelin, ich mach jetzt einen Break!)

21.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trautt­mansdorff. – Bitte.


21.13.34

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Werte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Grundsätzlich ist diese einheitliche Lösung zu begrüßen – das haben wir auch schon im Ausschuss gesagt –, wir werden daher diesen ersten Schritt unterstützen, allerdings muss uns auch klar sein, dass es nur ein erster Schritt sein kann. Wir sind der Meinung, dass es in der Ferienordnung generell zukunftsfähige Lösungen braucht, die den Eltern und den SchülerInnen mehr Flexibilität bieten und auf der anderen Seite auch mehr Le­bensqualität und weniger Stress für alle Beteiligten bedeuten.

Was heißt das? – Die Ferienordnung sehen wir als nicht mehr zeitgemäß an. Sie orien­tiert sich sehr stark an der Agrargesellschaft, an den Erntezeiten (Abg. Mölzer: Sie orientiert sich am heißen Sommer, wenn es in der Schule so gemütlich ist!), und ich bin der Meinung, dass das für die Schülerinnen und Schüler heutzutage eine sehr unterge­ordnete Rolle spielt und keine Relevanz mehr hat.

Darüber hinaus ist es so, dass der Lernstoff ungünstig verteilt ist. Es gibt viele Zeiten, in denen rein beaufsichtigt wird. Wir denken da beispielsweise an die ersten Schulwo­chen, bis einmal der Stundenplan steht, oder an die letzten Schulwochen nach der


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 236

Notenkonferenz. Da ist sehr wenig - - (Abg. Rosenkranz: Das gibt es doch alles nicht mehr! Abg. Vogl: Ich wollte gerade sagen: Das gibt es ja nicht mehr!) – Natürlich sind die ersten Schultage nach wie vor nicht groß geplant. Fragen Sie meine Schwes­ter, die geht in die fünfte Klasse, da ist in der ersten Schulwoche gar nichts los, und das ist bei den meisten nach wie vor der Fall – und natürlich auch vor Ferien; an die­sen Tagen findet oft sehr wenig statt. (Abg. Rosenkranz: Was ist das für eine Schu­le?)  Eine ganz gewöhnliche öffentliche Schule, Herr Klubobmann. (Abg. Rosen­kranz: Nur damit man dort die Schulaufsicht einmal hinschickt, die Qualitätsmanager, die Bildungsdirektion!)

Eine echte Reform der Ferienordnung heißt für uns, lernpsychologisch sinnvolle Pau­sen einzubauen, auf der anderen Seite aber auch, die Unterrichtszeiten besser anzu­passen. (Ruf bei der FPÖ: Erholung!) Die Sommerferien wurden angesprochen: Diese sind auch aus dem Grund viel zu lang, weil Schülerinnen und Schüler, die dann zu Hause sind und zu Hause nicht gefördert werden, zwei Monate lang nicht gefördert werden – das ist eine Katastrophe! – oder zwei Monate lang nicht die Unterrichtsspra­che benutzen können, weil zu Hause nicht die Unterrichtssprache gesprochen wird – eines der Themen, das Ihnen eigentlich am Herzen liegen sollte, Kollege Mölzer –, und dann eben rauskommen und rausgeworfen werden.

Das nächste Thema, das, wie ich glaube, in diesem Zusammenhang auch sehr rele­vant ist, ist das Thema schulautonome Tage – das wurde auch schon angesprochen. Wir haben schon den Vorschlag vorgelegt und werden ihn auch im Unterrichtsausschuss wieder einbringen, familienautonome Tage einzuführen, sodass die Familien gemein­sam mit den Kindern entscheiden können und da auch mehr Flexibilität gegeben ist; auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – auch ein ganz wichtiges Thema für jun­ge Familien – wird dadurch verbessert.

Zusammenfassend: Der Schritt zu einheitlichen Herbstferien ist ein erster, den wir durch­aus begrüßen, es müssen aber viele weitere folgen, und es kann nicht sein, dass wir an dieser Stelle aufhören. (Beifall bei den NEOS.)

21.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Cox. – Bitte.


21.16.32

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Sehr geehrte ZuschauerInnen! Ja, wir werden dem Antrag zustimmen, vor allem auch, weil es sich da um eine bundesweit einheitliche Regelung handelt, was wir begrüßen. Ich glaube, dazu wurde ohnehin schon einiges erwähnt und auch im Ausschuss diskutiert.

Was mir noch wichtig wäre an dieser Stelle zu erwähnen – es wurde auch schon kurz angesprochen –, ist die Kinderbetreuung. Ich glaube, das ist etwas, was man sich nicht nur in den Herbstferien anschauen sollte. Es gab dazu schon im Ausschuss einen An­trag von mir, und man sollte sich schon die Frage stellen, wie man dies flächende­ckend umsetzen und ein leistbares Angebot schaffen kann. Ich werde meinen Antrag wiederholt einbringen, weil ich glaube, man muss sich schon anschauen, wie man ein Angebot schaffen kann und auch angehende Lehrerinnen und Lehrer hier mit ins Boot holen und ihnen somit auch Praxiserfahrung ermöglichen kann, wobei eine Studienver­zögerung vermieden werden sollte, denn das Angebot an Schulpraxis ist nicht immer zeitlich kompatibel mit den Pflichtveranstaltungen.

Wir regen auch eine Entlohnung für die Ferienbetreuung an. Mit dem Unterrichtsprak­tikum gab es ja eine solche Entlohnung, doch dieses wurde abgeschafft. Dazu wird also wieder ein Antrag von mir gestellt werden. Ich glaube, es ist eine Win-win-Situa­tion: Wie können wir es schaffen, eine leistbare Ferienbetreuung flächendeckend zu


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gewährleisten, und zwar nicht nur in den Herbstferien, sondern auch in den Sommerfe­rien? Für Familien mit mehreren Kindern ist das schon auch eine Belastung. Ferien sind gut, wichtig und richtig, aber auf der anderen Seite sind sie auch nicht immer leicht mit dem Job und der Familie vereinbar. (Beifall der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

21.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hofinger. – Bitte.


21.18.26

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, wenn ich die Vorredner so höre, dass es da eine breite Mehrheit für die Einführung dieser Herbstferien gibt. Wir diskutieren ja schon seit den Achtzigerjahren über diese Herbstferien, und zwar jedes Jahr im Herbst. Es hat immer die Diskussion gegeben: Die Zeit zwischen Anfang Sep­tember und Weihnachten ist zu lang. Die Bundesländer haben das unterschiedlich ge­regelt. Ich glaube, es ist an der Zeit, da Klarheit hineinzubringen, und genau das ist die Handschrift dieser Bundesregierung, die Probleme erkennt, gemeinsam mit allen Be­teiligten Lösungen erarbeitet und diese dann tatsächlich auch umsetzt. Das ist nicht nur hier so, das ist auch beim Kopftuchverbot, bei den Deutschförderklassen – das hat­ten wir ja schon – oder zum Beispiel bei den Klassenzügen in der Neuen Mittelschule oder den Ziffernnoten in der Volksschule so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der FPÖ. Abg. Vogl: Ziffernnoten, da ... Experten Rosenkranz!)

Da ich ja auch schon in der letzten GP Mitglied des Unterrichtsausschusses war, freut es mich umso mehr, jetzt mitarbeiten zu können, denn mit Bundesminister Faßmann wird Bildungspolitik wieder greifbarer und begreifbarer; das freut mich besonders. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es ist ein großer Unterschied zu früher, weil den Lehrerinnen und Lehrern mehr Wert­schätzung entgegengebracht wird, und das brauchen die Lehrerinnen und Lehrer. Nur motivierte Lehrer sind gute Lehrer. Daher kommt die Methode, gemeinsam Lösungen zu schaffen und tatsächlich Entscheidungen zu treffen, auch sehr gut bei den Pädago­ginnen und Pädagogen an.

Es ist schon ausführlich darüber diskutiert und berichtet worden, wie wir die Herbstfe­rien jetzt einführen: Es werden keine zusätzlichen freien Tage geschaffen. Warum wir jetzt, nach so langen Jahren, diesen Schritt gesetzt haben? – Die Gesellschaft und auch das Familienbild wandeln sich, und natürlich sind in immer mehr Familien beide Eltern berufstätig. Sind mehrere Kinder in unterschiedlichen Schulen, dann ist die Be­treuung durch die schulautonomen Tage wirklich schwierig geworden.

Ich glaube – das zeigen auch die Umfragen –, dass die Eltern vor allem eine Klarstel­lung für die Zukunft wollen, und das schaffen wir genau mit diesem Gesetz. Da es in einigen Bundesländern ja schon Regelungen gibt und diese nicht einheitlich sind, ist es, so glaube ich, an der Zeit gewesen, da Klarstellung zu schaffen. Das wünschen sich Eltern, Lehrer und Schüler. Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

21.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Faß­mann. – Bitte.


21.21.18

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Ich möchte mich für die sachliche und offensichtlich auf einen Konsens hinauslaufende


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 238

Diskussion über eine langwierige Fragestellung, die wir jetzt, glaube ich, zu einem En­de führen können, bedanken.

Es geht in der Tat um Klarheit den Eltern gegenüber. Klarheit ist für mich auch noch ein Stichwort, Herr Kovacevic, um Ihnen das zu sagen: Wir bieten klarerweise im BIG an, dass Mittel für die Ferienbetreuung abzurufen sind. Wir haben im BIG extra auch die Herbstferien expressis verbis erwähnt, damit das klar ist. Hier sind von den Ge­meinden über die Länder Mittel abrufbar. Die Gemeinden müssen es klarerweise ma­chen, müssen es auch freiwillig machen. Man kann die Gemeinden nicht dazu ver­pflichten, dass sie das tun, aber das Incentive, dass die finanziellen Mittel zur Verfü­gung gestellt werden, ist da.

Ich denke, es ist insgesamt eine gute Regelung, ein gutes Paket und in zwei Jahren oder in einem Jahr wird man wahrscheinlich sagen: Warum haben wir darüber über­haupt so lange diskutiert? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schandor. – Bitte.


21.22.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine geschätzten Kollegen! Werte Zuseher und Zuhörer! Die uneinheitliche Vorgehensweise gerade bei den schulautonomen Tagen führte ja regelmäßig zu schwierigen Betreuungssituationen für die Eltern. Kollege Hofinger hat schon ausge­führt, dass wir in Österreich eigentlich seit den Achtzigerjahren durchaus kontrovers diskutieren, ob Herbstferien gerechtfertigt sind oder nicht. Jetzt ist es so weit: Wir schaffen mit diesem Gesetz Klarheit und werden mit dem Schuljahr 2020/2021 die Herbstferien bundesweit einführen.

Damit, meine Damen und Herren, schließen wir uns einer Gruppe von 20 europäischen Ländern an, die schon seit vielen Jahren Herbstferien haben. Wir sind da etwas hinten nach. Trotzdem finde ich diese Regelung gerade für Familien ganz besonders wichtig, weil diese einheitliche Regelung zu besserer Planbarkeit und Vereinbarkeit von Fami­lie, Schule und Beruf führt.

Ich sage das hier nicht nur als Politiker, sondern auch als Familienvater. Ich habe zwei schulpflichtige Söhne, einer ist im Gymnasium, der andere ist in der Volksschule in der­selben Stadt, und auch in der kleinen Stadt Fürstenfeld gelingt es nicht, die schulauto­nomen Tage zusammenzuführen. (Abg. Wöginger: Tatsächlich? Das ist ein Zirkus!) Das ist durchaus problematisch.

Noch interessanter ist es, wenn ein Kind in einem anderen Bundesland unterrichtet wird beziehungsweise dort in die Schule geht. Das macht die Sache dann noch span­nender, denn dann kann man das nämlich wirklich ganz schwer unter einen Hut bringen.

Daher begrüße ich diese Regelung und möchte mich ganz herzlich beim Regierungs­partner ÖVP, aber auch bei allen anderen, die heute diese Entscheidung mittragen, be­danken. Ich halte das für einen gelungenen Schulterschluss.

Das Ziel, das wir hier verfolgen, ist die weitere Optimierung der zeitlichen Struktur des Unterrichtsjahres. Wir wollen auch die Betreuungsbedingungen im Sinne der Eltern und Erziehungsberechtigten, gerade in unterrichtsfreien Zeiten, verbessern. Herr Bun­desminister Faßmann hat auch schon im Ausschuss angekündigt, dafür die notwendi­gen Rahmenbedingungen sicherzustellen. – Das begrüßen wir!

Ich halte das Gesetz in dieser Art und Weise für ein gelungenes Gesetz. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.25

21.25.36



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 239

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 595 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Ich komme sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung von Kinderbe­treuungsangeboten in den Herbstferien“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

21.26.307. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (596 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Institutes des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen und die Einglie­derung des Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwick­lung des österreichischen Schulwesens erlassen und das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Bundesinstitutes für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens geändert wird (614 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum Punkt 7 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucharowits. Ich darf ihr das Wort erteilen.


21.27.08

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf vielleicht als Erstrednerin das vorliegende Gesetz beziehungsweise die Gesetzesmaterie ein wenig skizzieren.

Worum geht es eigentlich? – Der Nationalrat hat im Jahr 2008 ein Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des Bildungswesens, kurz Bifie, ge­schaffen.

Der Aufgabenbereich des Bifie ist angewandte Bildungsforschung, Bildungsmonitoring, nationale Bildungsberichterstattung, Information und Beratung. Alle WissenschafterIn­nen und PädagogInnen des Instituts sind mit unterschiedlichsten Projekten betraut und arbeiten umfassend am Schulwesen. Sie stehen damit der Bildungspolitik und der Schulverwaltung für analytische Fragen und für Fragen zur Entwicklung des Schul­wesens zur Verfügung. Es stehen der Öffentlichkeit durch das Bifie auch vielfältige, sehr evidenzbasierte Daten zur Verfügung. Das war damals das Ziel.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das Bifie, das bis jetzt extern und unabhängig war, eine nachgelagerte Dienststelle des Ministeriums werden. Ein neues Institut des Bundes für Qualitätssicherung soll entstehen.


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Sie, geschätzte Regierungskolleginnen und -kollegen, argumentieren, dass die Infra­struktur für wissenschaftsbasierte Qualitätssicherung im Schulbereich sowie die Exper­tise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch diese Maßnahme von der Schulverwal­tung wirkungsvoller genutzt werden kann.

Herr Minister, ich frage Sie: Auf welcher Grundlage basiert diese Erkenntnis? – Sie ha­ben es nicht ausgeführt. Es gibt auch keine Grundlage dafür. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Faßmann.)

Wir sind der Meinung, es liegt eher daran, dass Sie einfach mehr Kontrolle über das Institut bekommen wollen, und das vor allem dadurch, und das möchte ich an dieser Stelle explizit betonen, dass die Dienst- und die Fachaufsicht des neuen Instituts im Ministerium liegen sollen. Auch die Aufgabenplanung soll durch das Ressort erfolgen: alles unter die Kontrolle des Ministeriums! (Abg. Hauser: Wird ja richtig sein!)

Ich frage Sie: Wovor haben Sie eigentlich Angst, dass Sie die Kontrolle so ausweiten wollen? (Beifall bei der SPÖ.)

Es riecht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sehr, sehr, sehr nach einem weiteren Puzzleteil von Message Control. (Abg. Martin Graf: Ja, ja! Abg. Neubauer: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben!)

Sie wollen Kontrolle über Wissenschaft und ihre Ergebnisse, Stichwort Statistik Austria. Sie vereinnahmen. Das geht aber in einer Demokratie nicht. Das ist höchst gefährlich, und das geht auch nicht zusammen – ehrlich!

Herr Minister Faßmann, Sie sind Wissenschaftler, Sie waren Vizerektor. Stellen Sie sich vor, das Rektorat hätte damals entschieden, wo und wofür Sie forschen dürfen! Was hätten Sie dazu gesagt? Warum spielen Sie bei diesem Gesetz mit? Das frage ich Sie an dieser Stelle. (Beifall bei der SPÖ.)

Kontrolle über Institute, über Ergebnisse und Berichte von Instituten heißt, etwaige un­erwünschte Meinungen nicht zuzulassen, nicht zulassen zu wollen, und das heißt, mit Demokratie anscheinend nur schwer umgehen zu können und sie eindämmen zu wollen. Das ist höchst, höchst problematisch. Bei uns schrillen da die Alarmglocken. Wir erleben das hier im Haus öfter: Wenn Abgeordnete nicht der Meinung der Regie­rungsfraktionen sind, sind sie unsachlich, wenn ein Diskurs nicht stattfinden soll, kommt einfach kein Ausschuss zustande, und wenn journalistische Fragen nicht pas­sen, dann werden Journalistinnen und Journalisten beleidigt. (Abg. Deimek: Es soll na­türlich auch schon vorgekommen sein, dass ein Journalist einen Politiker beleidigt hat!) Und wenn jetzt etwaige Ergebnisse der Wissenschaft nicht passen, verleibt man sich diese einfach ein und stellt sie unter Aufsicht.

Wir stimmen diesem Gesetz mit Sicherheit nicht zu: ein klares Nein zur Eindämmung der Demokratie, ein klares Nein zur Kontrolle der Wissenschaft und ein klares Nein zur Message Control! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rosenber­ger. – Bitte.


21.31.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Alois Rosenberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Übertragungs­geräten! Es handelt sich um eine Überführung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, in Kurzform Bifie genannt, in eine nachgeordnete Dienststelle des Bildungsmi­nisteriums – vorher Bildungsministerium, nachher Bildungsministerium. Es ist eigentlich eine verwaltungsorganisatorische Maßnahme, die staubtrocken ist, und ich bin wirklich erstaunt, mit welchen Argumenten hier nicht zugestimmt wird.


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Liebe Kollegin Kucharowits, wie viele Universitätsinstitute und Pädagogische Hoch­schulen gibt es in Österreich, die unabhängige Forschung betreiben können? Sie ha­ben Sorge um eine Institution, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Direk­torium und Aufsichtsrat, beschickt vom Bildungsministerium, bis jetzt mehrere Aufga­ben wahrgenommen hat. Ein Teil dieses Bifie – derjenige, der die Zentralmatura mit ei­nigen Turbulenzen auf den Weg gebracht hat – wurde im Jahr 2017 auch in das Mi­nisterium rückgeführt. Es ist also an sich nicht wirklich etwas Neues.

Zum anderen hat der Rechnungshof diese Gesetzesinitiative eindeutig befürwortet, weil in sehr vielen Überprüfungen des Rechnungshofes festgestellt wurde, dass das Bifie mit seinem Personalstand und mit seiner Budgetplanung über das Ziel hinausge­schossen hat, und einiges an Follow-up-Überprüfungen notwendig war, um das Bifie wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

Es werden also Ressourcen effizienter genützt, es wird der Output erhöht, und es wer­den Synergiepotenziale in Verbindung mit den einzelnen Abteilungen des Ministeriums gehoben. Das ist auch nachvollziehbar und daher auch sinnvoll.

Die Datenerhebung, mit der dieses IQS, das Institut für Qualitätssicherung im Schulwe­sen, beauftragt ist, beziehungsweise die erhobenen Daten müssen nahe der Bildungs­steuerung sein, damit sie auch tatsächlich ordentlich genutzt werden können und nicht dazu dienen, eigene ideologische Meinungen zu untermauern. Der Unterschied zum bisherigen System ist, dass die vielstrapazierte Diskussion über evidenzbasierte Bil­dungssteuerung jetzt auf einen anderen Weg gebracht wird.

Ich komme zurück zur Diskussion über Gewalt an Schulen: Man hört jetzt nur den Ruf nach der Feuerwehr und nach Feuerlöschern und übersieht, dass der vorbeugende Brandschutz bis jetzt nicht ins Auge gefasst wurde. Bei der objektiven Datenerhebung, die dann wirklich in der Bildungssteuerung verwendet werden kann, geht es darum, genau jene Daten zu erheben, mittels derer wir diese Probleme tatsächlich vermeiden können und Lösungen auf den Weg bringen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Zum einen ist Herr Bildungsminister Faßmann als Wissenschaftler eine unumstrittene Koryphäe, und hier zu meinen, dass Bildungspolitik jetzt mittels falscher oder metho­disch nicht richtig erhobener Daten betrieben werde, ist, finde ich, schon ein starkes Stück. Zum anderen ist auch ein wissenschaftlicher Beirat installiert, der auch inter­national besetzt ist, der die Forschungsarbeit auch methodisch und objektiv bewertet und kontrolliert. Ich habe also keine Sorge, dass wir da in irgendeiner Weise Probleme haben werden, die uns auf einen schlechten Weg führen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, zuzustimmen! Die Uhren der Bil­dungspolitik gehen jetzt genau. Sie ticken etwas anders, sie gehen aber auf jeden Fall nicht nach, und eine Nichtzustimmung wäre wirklich nicht verständlich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

21.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trautt­mansdorff. – Bitte.


21.35.36

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werter Minister! Herr Kollege Rosenberger, Sie haben gerade das Datenleck im Bifie angesprochen. Ihnen ist bewusst, dass einer der beiden damaligen Geschäftsführer im Bifie mittlerweile der Generalsekretär im Ministerium ist. Es ist also sehr spannend, wie Sie hier die Dinge vermischen und denjenigen dann in Ihrem Ministerium befördern – aber das ist ein eigener Punkt.


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Zum Thema Bifie und Umwandlung ins IQS: Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es da – das habe ich auch schon im Ausschuss gesagt – rein darum geht, die Quali­tätssicherung in den Einflussbereich des Ministers zu holen. Sie holen die Dienst- und die Fachaufsicht in Ihr Ressort, und damit ist der volle Weisungszugriff auf diese Ins­titution möglich. Das ist gefährlich, aus meiner Sicht inakzeptabel und auch fachlich falsch und kann von uns natürlich nicht unterstützt werden.

Das ist genau der falsche Weg. Was wir vielmehr brauchen, ist, glaube ich, eine ex­terne, unabhängige und kritische Einrichtung, die echte Qualitätssicherung betreibt, die Daten hinsichtlich Schulqualität wirklich erhebt und dementsprechend auch Schulqua­lität vorantreibt und weiterbringt.

Schaut man sich das Gesamtbild an, das, was in den letzten Monaten in Ihrem Ressort passiert ist, Herr Minister, dann sieht das schon durchaus gefährlich aus. Ich habe drei Punkte herausgenommen, an denen man sieht, dass Dinge einfach nicht zusammen­passen, dass Sie massiv in Ihr Ministerium eingreifen und das langfristig auch durch­aus massive Folgen haben wird:

Das Erste, was Sie gemacht haben, ist, dass Sie das Bundesministerium massiv um­gefärbt haben. Sie haben insgesamt elf Führungskräfte ausgetauscht, vier davon wa­ren Sektionsleiter, die anderen Gruppenleiter beziehungsweise Abteilungsleiter. Das ist besonders in dem Zusammenhang bedenklich, dass Sie es geschafft haben, Ihren Kabinettschef in eine Doppelfunktion zu setzen, nämlich ihn auch zum Gruppenleiter für Allgemeinbildung zu machen, und hiermit eine Vermischung der politischen Arbeit auf der einen Seite mit der inhaltlichen Zuständigkeit auf der anderen Seite geschaffen haben, was ich für brandgefährlich und besorgniserregend erachte. (Beifall bei den NEOS.)

Es könnte für dieses ganze Vorgehen aber noch eine andere Interpretation geben, und zwar wenn man sich anschaut, woher Ihr Kabinettschef kommt: Er war früher im Ka­binett von Bundeskanzler Kurz und ist ein enger Vertrauter des Bundeskanzlers. Man könnte also durchaus auch unterstellen, dass Ihnen wahrscheinlich der Bundeskanzler nicht vertraut und dementsprechend als weitere Maßnahme versucht, so fest wie mög­lich in Ihrem Ministerium verankert zu sein.

Die zweite Maßnahme, die Sie gesetzt haben, ist, dass Sie das Bifie abgeschafft ha­ben. Ich habe vorhin schon gesagt, ich halte das für höchst fahrlässig und verantwor­tungslos, weil es wichtig ist, eine externe Qualitätssicherung zu haben.

Das Dritte, was Sie gemacht haben: Sie haben die Überprüfung der Bildungsstandards abgeschafft. Das ist schon ein ganz besonderes Zuckerl, denn damit haben Sie die Möglichkeit, dass wir eine systematische Rückmeldung an die Schulen über das Leis­tungsniveau vor Ort bekommen, abgeschafft und es gibt dementsprechend keine Mög­lichkeit mehr, zu vergleichen beziehungsweise Informationen über den Leistungsstand an einer Schule zu bekommen. Sie haben zwar die individuelle Kompetenz- und Poten­zialmessung, iKPM, eingeführt, allerdings ist absolut nicht klar, wie Sie da Rückmel­dungen an das Schulsystem erreichen wollen.

Sie haben dazu – und das ist, finde ich, der Höhepunkt an der ganzen Geschichte – in einer Anfragebeantwortung an uns vor wenigen Wochen, als wir gefragt haben, bis wann und in welcher Form – dies bleibt davor auch unklar – Sie diese Rückmeldungen haben wollen, geantwortet: „Der erste Systembericht erfolgt frühestens drei Jahre nach der flächendeckenden Einführung der iKPM.“

Das heißt, frühestens 2024/2025 wollen Sie da wieder eine Evaluation stattfinden las­sen, und jegliche Maßnahme, die diese Bundesregierung setzen wird, wird nicht mehr überprüft werden können. Ihre ganze Amtszeit als Minister wird nicht mehr abgebildet


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werden können, und wir können die Maßnahmen in keiner Form beurteilen. Daraus folgt, dass Sie – oder Ihr Nachfolger, wer auch immer – sich in Zukunft diese Qualitäts­sicherungen sozusagen beim hauseigenen Institut bestellen und sagen können, was Sie da drinnen haben wollen und wie man da vorzugehen hat.

Ich halte das für eine extrem bedenkliche und gefährliche Ausgangssituation und wür­de Sie schon bitten, da aufzupassen, dass Sie nicht Strukturen schaffen – und Sie schaffen de facto autoritäre Strukturen in Ihrem Ministerium –, die zur Folge haben, dass die eigenen Maßnahmen nicht mehr überprüft werden können, weil das mittelfris­tig und langfristig eine echte Katastrophe für das österreichische Schulsystem sein wird. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

21.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


21.40.35

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Für uns, für mich ist es fatal, wenn man Rech­nungshofberichte zum Bifie ignoriert. Dieses Gefühl habe ich bei den NEOS und bei der SPÖ.

Die Rechnungshofberichte werden hier im Hohen Haus richtigerweise immer gelobt, für die Umsetzung wird jedes Mal gedankt. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendje­mand im Hohen Haus einmal aufgestanden wäre und gesagt hätte, dass der Bericht schlecht war. Auch dieser Rechnungshofbericht wurde gelobt. Ich habe das Gefühl, der Bericht ist bei der SPÖ und bei den NEOS nicht angekommen, und das ist das Fatale; wir müssen ja auf einen negativen Rechnungshofbericht reagieren.

Bringt man die Kritik des Rechnungshofes auf den Punkt, so wurde Folgendes festge­stellt: Das Bifie hat zu viel Budget, zu viel Personal, zu wenig Kontrolle und zu wenig Effizienz. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass durch die Ausgliederung des Bifie aus dem Ministerium die erhoffte Effizienzsteigerung nicht stattgefunden hat, und hat uns als Parlament aufgefordert, zu überprüfen, ob die Eingliederung nicht doch besser sei. Und das ist das, was wir hier und heute tun. Es ist grob fahrlässig, wenn wir Rech­nungshofberichte einfach ignorieren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Weitere Kritikpunkte des Rechnungshofes waren: ungenügendes Projektcontrolling, das Direktorium war kaufmännisch schwach aufgestellt, das Vieraugenprinzip wurde nicht eingehalten und es wurden Personen beschäftigt, die im familiären und im wirtschaftli­chen Naheverhältnis stehen. – Kollege Trauttmansdorff, würde man auf diese Zustän­de und auf diesen Bericht nicht reagieren, wäre das wirklich fatal.

Wovor haben wir also Angst? Hier wird klipp und klar festgestellt, dass nicht einmal das Vieraugenprinzip eingehalten wurde. Und die Doppelstrukturen, die aufgebaut wurden, indem eine Außenstelle des Bifie in Wien und die andere in Salzburg ist, rot-schwarz proporzmäßig besetzt – das spricht doch bitte Bände! Deswegen ist es ja höchst an der Zeit, diese Vorschläge des Rechnungshofes umzusetzen, das Bifie einzugliedern und daraus das Institut für Qualitätssicherung zu machen.

Wovor haben Sie Angst? Die methodische Unabhängigkeit für die Datenerhebung bleibt bestehen, das ist im Gesetzestext so festgehalten. Es wird weiterhin einen inter­national besetzten wissenschaftlichen Beirat geben, und die Daten, die jetzt das Minis­terium, das Haus selber hat, werden weitergegeben. Der Herr Minister hat ja im Aus­schuss auch gesagt, dass die Daten, deren Erhebung viel Geld kostet, nicht weiterge­leitet werden. Zukünftig bekommen diese Daten die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen und so weiter, und das ist ja entscheidend. Man kann ja nicht mit viel


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Aufwand Daten erheben und dann auf den Daten sitzen bleiben und diese nicht wei­terleiten; das geht nicht.

Für die Budgetierung ist künftig das Ressort zuständig und verantwortlich, auch die Personalausstattung ist ein Teil des Ministeriums. Das ist gut so. Wir setzen heute mit dieser Beschlussfassung die Empfehlung des Rechnungshofes um, und das ist richtig so. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Salzmann. – Bitte.


21.44.19

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Gesetz wird ein wesent­licher Schritt zu einer hochwertigen Weiterentwicklung der Schulqualität gemacht, in­dem mit 1. Juli 2020 dieses neue Institut zur Qualitätssicherung geschaffen wird. Das bestehende Bifie, das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwick­lung, wird in dieses neu geschaffene Institut eingegliedert und somit Ihnen, Herr Bun­desminister, direkt unterstellt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir machen evidenzbasierte Bildungspolitik, denn wir wollen hervorragende Schulen, und wir wollen diese qualifiziert weiterentwickeln. Wir wollen weniger Ideologie in der Bildung haben, aber dafür mehr Fakten. Eine sinn­volle und erfolgreiche Schulentwicklung braucht nationale und internationale Leistungs­messungen, eine sinnvolle Schulentwicklung braucht eine praxisnahe Nutzung der er­hobenen Daten, und eine sinnvolle Schulentwicklung braucht auch eine Weiterentwick­lung der standardisierten Überprüfungen des Lernstands.

Meine Damen und Herren, diese Erhebungen dienen der Qualitätssicherung, und das wird den Schulen auch wieder zurückgegeben. Sie bieten den Lehrerinnen und Leh­rern die Möglichkeit, dass sie ganz individuell, jeweils auf den Schüler zugeschnitten schauen, wo Förderbedarf vorhanden ist und wo Fördermaßnahmen eingesetzt wer­den können.

Frau Hammerschmid ist jetzt nicht da. Sie hat heute immer wieder lamentiert, es würde nie binnendifferenziert. Das stimmt nicht. Ich stehe jede Woche in der Schule, und ich kenne die Schulen nicht nur von Schulbesuchen, sondern ich unterrichte selbst und weiß, was meine Kolleginnen und Kollegen tagtäglich leisten – und sie leisten wirklich Hervorragendes. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn es hier Überlegungen gibt, dass dann wissenschaftlich nicht frei genug gearbei­tet werden kann, meine Damen und Herren, dann erinnere ich daran – das ist schon angesprochen worden –, dass es einen wissenschaftlichen Beirat geben wird. Ich glau­be nicht, dass man irgendeinem Wissenschaftler unterstellen kann, dass er sich von dem einen oder anderen irgendetwas einflüstern lässt, denn diese arbeiten wirklich sehr gründlich, da können Sie sicher sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir sorgen mit dieser Regelung auch für einen effizienten und transparenten Einsatz der Ressourcen, der durch die enge Anbindung an das Mi­nisterium gewährleistet werden soll.

Erlauben Sie mir abschließend – speziell als Salzburgerin – zu sagen, dass es mich ganz besonders freut, dass die Bifie-Außenstelle in Salzburg erhalten bleibt. Es sind 140 Mitarbeiter, die jetzt in dieses neue Institut überführt werden, und das ist für uns in Salzburg auch ein sehr wichtiger Standort. Es ist auch ein Zeichen für die Regiona­lisierung von öffentlichen Einrichtungen, und ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen,


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Herr Minister, dass Sie das möglich gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

21.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schandor. – Bitte.


21.47.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon von meinen Vorrednern an­gesprochen worden, dass wir eine Empfehlung des Rechnungshofes umsetzen wollen. Wir wollen der Empfehlung zur Setzung einer verwaltungsorganisatorischen Maßnah­me nachkommen, und im Vergleich zum Bifie, das 2008 gegründet wurde, soll dieses neue Institut eine schlankere Aufbauorganisation haben. Wissenschaftliche und perso­nelle Ressourcen des Bifie sowie die Kompetenzen werden auf dieses neue Institut des Bundes für Qualitätssicherung mit 1. Juli 2020 übertragen.

Ziel ist es, dass die Daten aus der Leistungsmessung an den Schulen direkt der Bil­dungspolitik zugutekommen und damit die evidenzbasierte Qualitätsentwicklung im Bil­dungsbereich und die Ressourceneffizienz in der Bildungsverwaltung verbessert werden.

Es sind natürlich schon einige Punkte erwähnt worden. Ich möchte jetzt nicht auf die Pannen eingehen, die beim Bifie im Rahmen der Zentralmatura passiert sind. Es hat auch hier entsprechende Reaktionen, damals noch von Ihnen, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, gegeben. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Unter anderem wurde ja auch 2017 ein Teil aus dem Bifie, der eben die Zentralmatura betraf, ausgegliedert und in das Mi­nisterium eingegliedert. Ich muss dazu sagen: Der Zweck, den wir verfolgen, ist die evi­denzbasierte Qualitätssicherung. Wir wollen diesen Bereich enger an die Schulverwal­tung binden. Wir wollen damit die Qualitätsentwicklung im österreichischen Schulwe­sen stärken und sehen in der Erhebung und in der Nutzung der Daten eine Effizienz­steigerung. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

21.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Faß­mann. – Bitte.


21.49.40

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Frau Kucharowits! Skeptizismus ist immer etwas Gutes, und Sie haben vollkommen recht damit, skeptisch zu sein.

Bevor wir diese Sache mit Bifie und IQS gemacht haben, habe ich mich erkundigt, wie das damals, 2008, war. Ich habe es ja persönlich nicht miterlebt (Abg. Noll: So jung sind Sie auch nicht mehr, Herr Minister!), ich kann nur das nachvollziehen, was mir ge­sagt worden ist. Damals hat man das Bifie gegründet, aber nicht als ein Grundlagen­forschungsinstitut wie beispielsweise die Österreichische Akademie der Wissenschaf­ten – die als Grundlagenforschungsinstitut unabhängig sein soll –, sondern als Institut, das immer ganz spezifische Aufgaben für das Ministerium zu erledigen gehabt hat. Früher war es einmal die Zentralmatura, dann hat man sie dem Bifie weggenommen. Es war aber immer ein eindeutig dem Ministerium zugeordnetes Institut, das auch vom Ministerium die Aufträge erhalten hat.

Die Finanzierung: Obwohl das Bifie sich auch auf dem Drittmittelmarkt weitere Gelder holen hätte können, wurde es zu nahezu 100 Prozent aus den Geldern des Ministe­riums finanziert, also nicht so wie bei der Akademie der Wissenschaften, die sich sehr viel auf dem Drittmittelmarkt verdient, weil sie eine unabhängige Einrichtung ist. Das Bifie war dahin gehend organisatorisch unabhängig, aber inhaltlich klarerweise ein


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Dienstleister für das Ministerium; eine klassische Hybridstruktur, die der Rechnungshof zu Recht kritisiert hat. Diese Hybridstruktur wird jetzt verändert.

Natürlich hätte man das Bifie vollkommen entlassen und sagen können: Holt euch euer Geld auf dem Drittmittelmarkt!, aber das wäre ja nicht im Sinne einer evidenzorientier­ten Bildungspolitik gewesen. Ich bin kein Zentralisierungsfanatiker. Bei anderen Institu­ten gehe ich den umgekehrten Weg, wie zum Beispiel bei der Geologischen Bundes­anstalt, einer nachgeordneten Dienststelle, die jetzt sozusagen ihre Selbstständigkeit bekommt, weil sie sich viel stärker, wenn Sie so wollen, im freien akademischen Markt zu bewegen hat.

Die Hereinnahme des Bifie als IQS hat eine klare Funktionalität, und die liegt darin, möglichst rasch gute Daten, wissenschaftlich einwandfrei erhobene Daten in das Bil­dungssystem einfließen zu lassen. Ich würde das als ganz normal ansehen. Die wis­senschaftliche Unabhängigkeit, darauf wurde schon hingewiesen, ist gesetzlich fixiert und wird von mir in keinster Weise verändert.

Herr Hoyos-Trauttmansdorff, Ihre Aussage war etwas tief, wenn Sie mir gestatten, dies auch so zu klassifizieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Loacker.) Wenn Sie mir jetzt eine massive Umfärbung unterstellen, dann implizieren Sie ja ganz offensichtlich, dass es schon einmal eine Färbung gegeben hat. (Ruf bei den NEOS: Genau! Richtig! – Abg. Meinl-Reisinger: Das macht es nicht besser! – Abg. Loacker: Mama, die anderen haben auch einen Fünfer!) Ich bin darüber ganz überrascht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Dinge, die Sie aufgezählt haben, sind Dinge, die sich entwickelt haben, weil Ver­träge ausgelaufen sind oder manche in Pension gegangen sind, deren Posten nachbe­setzt wurden. Es gibt eine Auswahlkommission, die sich aus Mitgliedern des Arbeitge­bers, der Arbeitnehmer und des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen zusam­mensetzt. Da wird von mir gar nicht eingegriffen. Ich bekomme am Ende des Weges eine Dreierliste, so wie es an der Universität auch üblich ist, und ich habe die Drei­erliste bisher nie umgestürzt. Mir jetzt hier eine Umfärbung vorzuwerfen, ist eine Unter­stellung, die ich wirklich zurückweise. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Auch Ihre zweite Konstruktion, dass ein Kabinettschef nicht Gruppenleiter, in diesem Fall interimistischer Gruppenleiter, sein darf, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das ist eine Institution des Ministeriums und das sind nicht zwei unterschiedliche Institutionen. Alle Mitarbeiter sind Mitarbeiter des Ministeriums, und wenn einer interimistisch eine andere Funktion mitübernimmt, wüsste ich nicht, worin das Problem bestünde.

Ein dritter Punkt zur Aufklärung betreffend die Sache mit den Bildungsstandards: Herr Hoyos-Trauttmansdorff, bitte schauen Sie sich diese Sache doch genauer an! Bisher wurden die Bildungsstandards alle drei Jahre erhoben. Wir erheben sie jetzt jedes Jahr, aber nur von einem Drittel der Grundgesamtheit. Die Grundgesamtheit ist so groß, dass man ohne Weiteres eine Drittelstichprobe bilden kann, um jedes Jahr über die Bildungsstandards Bescheid zu wissen, weil die Stichprobe, die in etwa 25 000, 30 000 Probanden umfasst, so groß ist, dass sie keine Varianz mehr aufweist. Sie ha­ben mir unterstellt, ich wolle es nicht wissen. Die Wahrheit ist, ich will es genauer wis­sen, und das jedes Jahr, und deswegen ist die Änderung eingetreten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Insgesamt ist diese Umwandlung einer hybriden Institution Bifie zu einer Institution, die, bei gleichzeitiger Zusicherung der gesetzlich fixierten wissenschaftlichen Unabhängig­keit, einen klaren Auftrag bekommen hat, ein sehr guter Vorschlag. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

21.55



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 247

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smol­le. – Bitte.


21.55.55

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was geschieht formal? Was sind die Aufgaben der Einrichtung? Welche Folgen können wir uns davon erwarten? Warum glaube ich, dass durchaus Anlass ge­geben ist, da neuen Schwung hineinzubringen? Zum Schluss kommt dann noch ein hoffnungsfroher Wunsch von meiner Seite.

Was geschieht? – Das Bifie, das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens, wird nun näher an das Ministerium he­rangeführt, wird mit den dortigen Qualitätssicherungseinrichtungen im neuen IQS zu­sammengeführt.

Schon bisher hat das Bifie überwiegend Aufgaben erfüllen müssen, für die das Ministe­rium die Verantwortung getragen hat. Da ist es nur legitim, dass das Ministerium auch eine entsprechende Gestaltungsmöglichkeit hat. Das ist einmal der formale Aspekt da­von. Aufgrund der Aufgaben, wie sie da sind – Leistungs- und Kompetenzmessung so­wohl auf individueller wie auf kollektiver Ebene –, ist das etwas, das ganz, ganz wichtig für die weitere Steuerung unseres Bildungssystems ist.

Welche Folgen haben wir von dieser Neuorientierung zu erwarten? – Einerseits eine gewisse Verschlankung der Strukturen, andererseits aber auch ein näheres Heranrü­cken der Institution und insbesondere der zu erwartenden Ergebnisse an die Schulver­waltung und damit auch an die Schulrealität. Nicht zuletzt können wir auch erwarten, dass der Informationsfluss der wissenschaftlichen Errungenschaften sowohl in das Schulwesen als auch draußen in die Universitäten und Pädagogischen Hochschulen dadurch befestigt und beschleunigt wird und Dinge dadurch besser und schneller um­gesetzt werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Warum glauben wir, dass neuer Schwung gerade in diesem Bereich angebracht ist? – Es wurde im Schulwesen in den letzten Jahrzehnten sehr viel reformiert, sehr viel ver­ändert. Ich war zehn Jahre lang in der Elternvertretung tätig und ich weiß, wie sich der Unterricht gerade in der Volksschule durch sehr engagierte Pädagoginnen und Päda­gogen massiv weiterentwickelt hat.

Schauen wir uns die Ergebnisse an: Ein beträchtlicher Teil der Jugendlichen, ein er­schreckender Prozentsatz kann nicht sinnerfassend lesen. Da ist es eigentlich legitim, ja eigentlich unsere Pflicht, zu überlegen: Drehen wir an den richtigen Stellschrauben? Drehen wir in die richtige Richtung? Haben wir irgendwo zu weit gedreht oder müssen wir irgendwo noch weitere Schritte setzen? Genau diese Fragen sind jetzt evidenzba­siert zu bearbeiten und hoffentlich auch schlüssig zu beantworten.

Mein hoffnungsfroher Wunsch zum Schluss ist, dass es in dieser neu geschaffenen und ans Ministerium angeschlossenen Einrichtung, die zugleich auch eine wissen­schaftliche Einrichtung nach dem Forschungsorganisationsgesetz ist, gelingt, die Ex­pertise der Wissenschaft, die konkreten Fakten aus den konkreten Studien und aber bitte auch die Erfahrung unserer Pädagoginnen und Pädagogen aus der Praxis zusam­menzuführen, dass die aus dieser Zusammenschau abgeleiteten Erkenntnisse dann wirklich auch fruchtbringend, im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen im Schul­system umgesetzt werden. Da bin ich sehr optimistisch. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.00

22.00.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 248

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? (Abg. Wöginger: Nein!) – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 596 der Beilagen.

Wer damit einverstanden ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer wiederum mit diesem Gesetzentwurf einverstanden ist, den bitte ich, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

22.00.538. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 723/A der Abgeordneten MMMag. Gertraud Salzmann, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 geändert wird (615 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 8.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte. (Abg. Ottenschläger: Wie war das mit der Staatszielbestimmung, Herr Kollege Preiner?)


22.01.26

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kol­leginnen und Kollegen! Den vorliegenden Änderungen des Landeslehrer-Dienstrechts­gesetzes könnte man im ersten Moment fast die Zustimmung erteilen. Diese Änderun­gen betreffen Pädagogen, die ein universitäres Lehramtsstudium nach alter Studien­ordnung absolviert haben, sich im alten Dienstrecht befinden und an den Neuen Mittel­schulen unterrichten. Durch die von der Regierungsmehrheit im Hohen Haus beschlos­sene Abschaffung des Teamteachings wäre eine weitere Beschäftigung dieser Perso­nengruppe unter den neuen Voraussetzungen allerdings nicht möglich, außer mit ei­nem Sondervertrag, wie wir wissen. Circa 1 500 Pädagoginnen und Pädagogen sind davon betroffen.

Nun, Kolleginnen und Kollegen, durch die Abschaffung eben dieses von mir vorhin ge­nannten Teamteachings im Bereich der – jetzt noch – Neuen Mittelschule betreibt die Regierung, betreiben Sie, Herr Minister, meiner Ansicht nach ein perfides Spiel mit die­sen Pädagogen beziehungsweise auch mit den betroffenen Schülern und ihren Eltern. Frau Kollegin Salzmann hat in der Ausschusssitzung gemeint, ich zitiere: Die AHS-Stan­dardform wird auch an der Mittelschule eingeführt. – Zitatende.

Ich frage Sie jetzt, Frau Kollegin Salzmann: Heißt das, dass zum Beispiel für die KEL-Gespräche, die jetzt für die Mittelschule verpflichtend sind und die ich gutheiße, diese Verpflichtung wegfällt oder dass die Verpflichtung zu KEL-Gesprächen auch in der AHS-Unterstufe, für die dortigen Kinder und ihre Eltern, kommen wird?

Ich habe noch zwei Fragen an Sie, Herr Minister, und zwar: Wenn die Planstellen die­ser 1 500 Kolleginnen und Kollegen auch nach der Novelle, die heute mit Regierungs­mehrheit beschlossen werden wird, weiterbestehen, werden diese 1 500 Planstellen weiterhin vom Bund bezahlt?

Die zweite Frage: Es gibt Kollegen, die im Rahmen der alten Studienordnung ein uni­versitäres Lehramtsstudium begonnen haben, dieses Studium aber nicht abgeschlos-


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sen haben und trotzdem bereits jahrelang an NMS unterrichten. Werden sie weiter Be­schäftigung finden, da sie bereits gute pädagogische Erfahrung gesammelt haben?

Eine weitere Kritik unsererseits ist, dass die Regierungsmehrheit im Ausschuss mittels Initiativantrag die Novelle zur Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes einge­bracht hat. Meiner Meinung nach ist das insofern ein Fehler, ein demokratiepolitischer Fehler, da die Begutachtung seitens der Länder fehlt und es dadurch auch keine ent­sprechende Stellungnahme der Sozialpartner geben konnte. Es wurden auch die Ge­werkschaft und die betroffenen Pädagogen nicht gehört.

Ich komme zum Abschluss, Kolleginnen und Kollegen: Diese Novelle ist in sich unaus­gegoren und entspricht nicht unserem Demokratieverständnis. Unter diesem Aspekt können wir dieser Gesetzesnovelle leider nicht unsere Zustimmung erteilen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Salz­mann. – Bitte.


22.04.49

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Preiner, als Dienstrecht­lerin kann ich jetzt nicht jeden inhaltlich falschen Ansatz, den Sie vorgebracht haben, korrigieren. (Abg. Vogl: Das war eine super Rede!) Dazu fehlt mir leider die Zeit. Ich werde aber trotzdem auf einiges eingehen. Als Dienstrechtlerin ist es mir wirklich eine Freude, diesen Initiativantrag einzubringen. Warum, meine Damen und Herren? – Wir sind für eine weitere praxisnahe Anpassung, was die Erfordernisse in den Schulen an­langt.

Was heißt das jetzt? – Wir hatten über lange Zeit zwei Schienen in der Lehramtsausbil­dung: die universitäre Lehramtsausbildung mit dem Magisterium in zwei Unterrichtsfä­chern und parallel dazu die zweite Schiene, die Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen, die speziell auf den Einsatz in den Neuen Mittelschulen, in den Polytech­nischen Lehrgängen und in den Volksschulen abzielt. Das Lehramt an der Universität bildet nur für die Höheren Schulen aus.

So, und jetzt haben wir aber das Problem, dass viele Junglehrer im AHS- und BHS-Be­reich derzeit nicht unterkommen; das heißt, sie sind beschäftigungslos. Herr Preiner, ich weiß nicht, was Sie daran finden, wenn wir diesen jungen Menschen jetzt die Mög­lichkeit geben, in eine Beschäftigung hineinzugehen, denn das tun wir mit dieser Ge­setzesänderung. Wir gehen her und sagen, diesen hoch qualifizierten jungen Damen und Herren, die sehr, sehr gerne unterrichten möchten, erkennen wir jetzt rechtlich auch die Unterrichtserteilung für die Neue Mittelschule und für den Polytechnischen Lehrgang an. Das sind hoch qualifizierte junge Damen und Herren. Das tun wir! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Preiner, Sie haben auch das Teamteaching angesprochen: Wenn Sie den Geset­zestext genau kennen würden, müssten Sie auch wissen, dass dieses Teamteaching nicht generell abgeschafft wird, sondern der Schulautonomie übergeben wird – ob man jetzt binnendifferenziert oder nicht. Lesen Sie den Gesetzestext! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir wollen, dass diese jungen Kolleginnen und Kollegen nicht mit Sonderverträgen an­gestellt werden müssen, sondern wir wollen, dass sie eine reguläre Beschäftigung in den NMS haben können, denn ein Sondervertrag ist ein klarer Nachteil. Dass Sie von­seiten der SPÖ da nicht mitgehen, ist für mich völlig unverständlich. Ein Sondervertrag bedeutet, dass diese jungen Kolleginnen und Kollegen erst nach zehn Dienstjahren,


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meine Damen und Herren – nach zehn Dienstjahren! –, einen unbefristeten Vertrag er­halten können. Die anderen Kolleginnen und Kollegen kriegen ihn spätestens nach fünf Jahren. Ich rede jetzt noch gar nicht von den jungen Müttern, die in diesen zehn Jahren Kinder bekommen haben und für die es fast unmöglich ist, da wieder einzusteigen. Überlegen Sie sich das als SPÖ!

Der zweite Punkt: Wir haben in den nächsten Jahren, Sie haben es angesprochen, in den Neuen Mittelschulen eine relativ starke Pensionierungswelle. Wir können diese frei werdenden Posten mit den NMS-Lehrern nicht füllen. Wir haben hoch qualifiziertes Personal da, und daher ist es für uns selbstverständlich und klar – da die wirklich sehr hoch qualifiziert sind –, mit diesen Junglehrern den Personalmangel abzufedern. Sie müssen nicht verpflichtend in die NMS gehen, sie können das tun.

Frau Hammerschmid, wenn Sie im Ausschuss davon sprechen, dass das ein Nachteil, eine Schlechterstellung ist, dann frage ich mich schon, wer das Schema pd eingeführt hat. – Das waren die roten Ministerinnen im Bildungsressort. Und ja, pd ist für einen AHS- und BHS-Lehrer eine Schlechterstellung, leider. Wir wollen also die gut ausgebil­deten Lehrer in unseren Schulen haben, und wir wollen nicht, dass diese Junglehrer auf der Straße stehen. Das ist ein ganz klares Ziel von uns. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich möchte zum Abschluss meiner Rede noch auf ein sehr wesentliches Thema einge­hen, das mich in den letzten zwei Wochen wirklich sehr, sehr bewegt hat. Es ist allseits bekannt: Psychische und physische Gewalt darf an unseren Schulen keinen Platz ha­ben. Dazu braucht es ein ganz klares Bekenntnis von uns allen. Ein Verhalten, das an­dere schikaniert und entwürdigt, darf nicht hingenommen werden; egal, ob das zwi­schen Schülern ist oder ob das zwischen Schülern und Lehrern ist. Wir wollen, und das ist ganz klar, Lehrer und Schüler schützen und eine konstruktive Lernatmosphäre ermöglichen. Vor allem wollen wir auch, dass der erfolgreiche Unterricht gewährleistet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich glaube, es ist jetzt wirklich an der Zeit, unseren Lehrerinnen und Lehrern in Ös­terreich, die tagtäglich in den Schulklassen stehen – und in den heterogenen Klassen vor großen Herausforderungen stehen –, wieder viel mehr Wertschätzung und viel mehr Vertrauen entgegenzubringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Erziehung, meine Damen und Herren, ist nicht nur Aufgabe der Schule, sondern vor allem auch der Familien und der Gesellschaft. Es braucht jetzt und der Herr Minister hat in diesem Bereich schon vieles in Angriff genommen – ein praxisorientiertes Maß­nahmenpaket.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Minister, denn Sie schauen auf diese Probleme hin! Es wird nicht, wie in den Jahren davor, weggeschaut, sondern Sie schauen hin und Sie handeln rasch und zielorientiert. (Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt ja gar nicht!) Und das Schöne daran ist, Sie binden die Fachleute aus der Pra­xis, aus den Schulen mit ein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Faß­mann. – Bitte.


22.10.55

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Herr Preiner! (Abg. Preiner spricht mit Abg. Wittmann.) – Herr Preiner! (Abg. Jarolim: Soll er rauskommen? – Heiterkeit bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.) Herr Preiner, Sie haben zwei Fragen gestellt, ich darf Ihnen die Antworten geben.


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Die eine ist: Werden die Planstellen dann aus dem Landeslehrerkontingent bezahlt? – Ja, das sieht das System so vor; Finanzausgleich, ganz klar.

Und die zweite Frage: Werden Lehramtsstudenten, die nicht fertig geworden sind und derzeit über einen Sondervertrag beschäftigt sind, weiterbeschäftigt? – Ja, sie werden weiterbeschäftigt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zarits. (Abg. Jarolim: Der Kollege befürchtet, dass hinter der Angelegenheit der Hausver­stand ...!) – Sie können sich zu Wort melden, Herr Abgeordneter Jarolim. Das steht Ih­nen frei, es ist noch genügend Zeit für Ihren Redebeitrag. (Abg. Lausch: Er hat ja nichts zu sagen! – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.) – Bitte, Herr Abgeordneter Zarits.


22.12.00

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heu­te sehr, sehr viel über Bildung diskutiert, auch unterschiedliche Meinungen dazu ge­hört. Ich glaube, was uns gemein ist, ist, dass wir alle das Beste wollen, dass unsere Kinder, unsere Jugendlichen gut ausgebildet sind und sie auch auf die Herausforderun­gen der Zukunft gut vorbereitet werden. Dafür braucht es unsererseits ein gutes Bil­dungssystem, das einerseits Kernkompetenz vermittelt. Uns ist es wichtig, dass Talen­te gefördert werden, Defizite ausgeglichen werden. Ich glaube, dann bereiten wir die Schülerinnen und Schüler für höhere Ausbildungsformen, für höhere Schulen oder auch auf die moderne Arbeitswelt vor.

Mir ist es ganz, ganz wichtig, dass ich dem Herrn Minister heute auch Danke dafür sa­ge, dass er konsequent Themen anpackt. Es wurde in den letzten 18 Monaten schon sehr, sehr viel im Bildungsbereich umgesetzt. Heute wurden so wichtige Beschlüsse wie zum Beispiel die Herbstferien, wie das Kopftuchverbot gefasst. Und auch das Maß­nahmenpaket gegen Gewalt und Mobbing, das Sie vorgestellt haben, ist, glaube ich, der wichtige und richtige Schritt, mit dem es auch in Richtung Prävention geht.

Dazu darf ich Ihnen ganz, ganz herzlich gratulieren; ebenso zu den Deutschförderklas­sen, die heute ja auch angesprochen wurden. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir Kin­der die deutsche Sprache lehren, dann können sie sich auch integrieren. Ich darf Ihnen sagen, ich bin viel in meinem Wahlkreis unterwegs, und die Menschen sind sich sicher, dass aufgrund Ihrer sehr, sehr ruhigen und kompetenten Art die Bildung in Österreich in Ihren Händen sehr, sehr gut aufgehoben ist. – Ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Kollege Preiner hatte heute das Pech, dass er vor Kollegin Salzmann gesprochen hat, denn die hat ihm eigentlich erklärt, wie es in Zukunft ausschauen soll: dass wir kei­ne Sonderverträge brauchen, dass wir für Lehrerinnen und Lehrer, die auch an den Universitäten studiert haben, keine Sonderverträge brauchen, sondern dass wir die re­gulär anstellen wollen. Ich glaube, das ist wichtig und richtig. Die SPÖ steht für Son­derverträge, und die sind zum Nachteil der Lehrerinnen und Lehrer, die sind nämlich befristet. (Abg. Preiner: Das ist eine Unterstellung, Herr Kollege!) Wir stehen für unbe­fristete Lehrverträge für Junglehrerinnen und Junglehrer. – Herzliches Dankeschön da­für. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich glaube, dass es niemand versteht, außer vielleicht die SPÖ, warum ein Lehrer, der eine Ausbildung an einer Universität gemacht hat, an einer höheren Schule, für eine höhere Lehranstalt, nicht regulär und ohne Sondervertrag an einer Pflichtschule, an ei­ner Mittelschule unterrichten soll. Wir stellen das mit dem Initiativantrag heute klar. Wir stellen sicher, dass wir den Herausforderungen im Pflichtschulbereich auch gerecht


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werden, dass es zu einer Verbesserung für die Lehrerinnen und Lehrer kommt, und darum bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es gibt noch eine tatsächliche Berichtigung durch Abgeordneten Preiner. – Bitte, ich darf Ihnen das Wort erteilen. (Abg. Steinacker: Nein, das kann es nicht sein!)


22.15.22

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Es wurde vom Vorredner behauptet, die SPÖ stehe für Sonderverträge. – Ich berichtige tatsächlich: Das habe ich nicht gesagt, diese Behauptung ist daher unwahr. (Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Leichtfried.)

22.15

22.15.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist auch nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 615 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die mit dem Gesetzentwurf einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Ich komme sogleich zur dritten Lesung.

Wer wiederum einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ange­nommen.

22.16.299. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 708/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zeitgemäße Sexualpädago­gik im Schulunterricht!“ (616 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 755/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen*Volksbegehren 2.0 – Sensibilisierungsprogramme zum Thema Gewaltschutz und Antigewalttrainings (617 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 756/A(E) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen*Volksbegehren 2.0 – Sicherstellung und Finanzierung von sexueller Bildung (618 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. Ich darf es ihm erteilen. (Beifall bei der SPÖ für den ans Rednerpult tretenden Abg. Lindner.)



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22.17.37

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich muss Ihnen gratulieren, Sie haben das Arbeitscredo die­ser Bundesregierung zur Perfektion getrieben: Probleme ignorieren, notfalls Lösungen ankündigen und am Ende einfach alles aussitzen. Die gesamte Causa Teenstar be­weist das leider sehr gut.

Zur Erinnerung: Seit Juni 2018, elf Monate lang, diskutieren wir über die Workshops dieses Vereins an Schulen; Workshops, in denen laut internen Schulungsunterlagen massiv problematische Inhalte propagiert werden: kein Sex vor der Ehe, Änderung der sexuellen Orientierung durch Seelsorge und Therapie. Dabei zeigen internationale Stu­dien, dass gerade bei homo- und bisexuellen Jugendlichen das Selbstmordrisiko vier bis acht Mal höher ist als im Durchschnitt.

All das hat an unseren Schulen nichts verloren. (Beifall bei der SPÖ.) Dort soll nämlich der selbstbewusste Umgang mit Sexualität gefördert werden. Aber was machen Sie als Bildungsminister? Schnell für Aufklärung sorgen, Konsequenzen ziehen? – Nein, Sie ignorieren, kündigen an und sitzen aus. Lösungen haben Sie in elf Monaten keine ge­liefert.

Im Juni berichteten die „Salzburger Nachrichten“, Sie kündigen eine Meldepflicht für externe Workshops an Schulen an. – Dann passiert lange nichts. Im November be­richtete der „Falter“, und plötzlich kündigen Sie neue Clearingstellen an. – Details gibt es natürlich keine. Über den Verein Teenstar soll es bis Dezember eine Entscheidung geben. – Und wieder ist nichts passiert. Im März gingen Sie in die „ZIB 2“ und redeten von einem Missverständnis bei den Unterlagen des Vereins. – Nur zur Klarstellung: Die angeblich veralteten Unterlagen stammen aus dem Jahr 2017; Hauptsache, Sie kön­nen das aussitzen. Kurz darauf ging es in der „ZIB 2“ wieder um dieses Thema. Was passiert? – Eine brandneue Ankündigung, plötzlich soll es ein neues Akkreditierungs­verfahren für externe Anbieter geben. – Natürlich ohne Details.

Anfang April dann der Höhepunkt: viel medialer Druck, viele Zeitungsberichte, und Sie wollen diese Schulworkshops verbieten. – Aber wieder bleibt von der Ankündigung nichts übrig, denn Ihre Abgeordneten lehnen unseren Antrag zu Ihrem Versprechen ein­fach wieder ab.

Heute stehen wir hier – und nach fast einem Jahr Diskussion, nach unzähligen parla­mentarischen Anfragen und Medienberichten, offenen Briefen und Versprechen ist bis heute genau keine Konsequenz passiert. Sie haben zwar Clearingstellen, Meldepflich­ten und einen Akkreditierungsrat angekündigt, aber Details, Strukturen, Zeitpläne oder gar Ressourcen gibt es dafür nicht.

Wenn ein Schüler/eine Schülerin an unseren Schulen sein/ihr Schuljahr so planlos be­streitet wie Sie als Minister, dann ist der Nachzipf fix. Ein Schüler kann es sich nicht leisten, ein Jahr lang nur anzukündigen und zu versprechen, aber jede Schularbeit zu ignorieren. Das sollten Sie sich als Vorbild nehmen. Statt alle zwei Monate neue Struk­turen anzukündigen, sollten Sie endlich handeln, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Für uns alle muss klar sein, dass solche mittelalterlichen Praktiken an unseren Schulen nichts verloren haben. – Herr Minister, setzen, fünf! (Beifall bei der SPÖ.)

22.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kuss-Berg­ner. – Bitte.


22.21.37

Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege


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Lindner, ich glaube Ihnen, dass Sie dieses Thema emotional sehr berührt (Abg. Lind­ner: Richtig!), finde es aber nicht in Ordnung, wenn Sie hier von Ankündigungen, von Aussitzen und von Planlosigkeit sprechen, denn das Gegenteil ist der Fall, und ich möchte hier auf dieses Thema auch kurz eingehen. Wir haben heute eben zwei Anträ­ge zur sexuellen Bildung in der Schule und einen Antrag betreffend Gewaltschutz auf der Tagesordnung.

Geschätzte Damen und Herren! § 17 des Schulunterrichtsgesetzes regelt die Zustän­digkeit für Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Zuständig für diese Aufgabe ist einzig und allein die Lehrperson, die in der Klasse steht. Und das finde ich auch richtig so. Wir bilden unsere Lehrkräfte aus und unterstützen sie, wo es geht, damit sie die Auf­gaben gut erfüllen können. Meine Damen und Herren, unsere Lehrkräfte lernen ihren Job jahrelang, machen einen Abschluss und besuchen laufend Fortbildungen. Sie sind sich dessen bewusst, dass sie ihre Aufgaben wahrnehmen müssen, sich an die Lehr­pläne und Erlässe zu halten haben. In den Lehrplänen und in den Erlässen gibt es eine ganz klare Regelung, was unterrichtet werden soll.

Herr Kollege Lindner hat das hier eigentlich nur anhand des einen Unternehmens Teenstar dargelegt. Es ist so, dass sich sehr viele Anbieter ständig, tagtäglich den Schulen nähern, und es obliegt dann der Entscheidungsfähigkeit der Lehrperson, der Schulleitung, des Schulgemeinschaftsausschusses, sich darüber Gedanken zu ma­chen, ob es in Ordnung ist. Und die Personen, die Lehrkräfte haben sich an Gesetze zu halten.

Es stimmt, es ist einiges an Maßnahmen getroffen worden; geregelt zuerst in dem Rundschreiben, das im März herausgekommen ist. Wir haben das Thema Clearing­stellen in den Bildungsdirektionen, in den übergeordneten Gremien, die da mitentschei­den. Wir haben hier den Grundsatzerlass zur Sexualpädagogik. – Herr Lindner, bitte, ich würde Ihnen auf Seite 4 den Absatz 2 sehr ans Herz legen, die Lehrerinnen und Lehrer halten sich daran.

Es gibt einen Grundsatzerlass Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung. Es sind viele Dinge in der Schule geregelt. Ein Grundsatzerlass für die Weiterentwick­lung der Curricula, für die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Sexualpädago­gik ist unter anderem auch in Vorbereitung.

Wir haben noch einen Antrag zum Thema Gewaltschutz, und da darf man gerade in dem aktuellen Fall Ottakring einiges klar ansprechen. Es gibt hier nur eine klare Bot­schaft: Null Toleranz bei Gewalt an Schulen! Es gibt seit 2007 eine umfassende Ini­tiative zur Gewaltprävention an Schulen, die umgesetzt wird. Man muss – und das möchte ich betonen – konsequent am Thema arbeiten. Frau Dr. Spiel hat das in einer Diskussionsrunde auch angeführt, ich glaube, es war diese oder letzte Woche: konse­quent am Thema arbeiten.

Ich denke, dass Konsequenz auch etwas ist, das in diesem Bereich sehr stark thema­tisiert werden soll. Ich kann mich noch erinnern, als ich als Junglehrerin an eine Schule kam und der Schulleiter zu mir gesagt hat, mich mit den Worten begrüßt hat: An dieser Schule sind wir alle für das Schulklima verantwortlich, beginnend beim Schulleiter bis zur Reinigungskraft! – Ich bin überzeugt, wenn alle sich dafür verantwortlich fühlen und sich gegenseitig dabei unterstützen, dann hat das auch Erfolg.

Ich bin auch sehr froh über das Neun-Punkte-Programm, das der Herr Minister letzte Woche vorgestellt hat und das auch viele Punkte und Maßnahmen im Bereich Ge­waltprävention beinhaltet. Wir brauchen im Bildungsbereich keine Schnellschüsse, sondern wohlüberlegte Maßnahmen für eine gelingende Schule. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Bravoruf des Abg. Haubner.)

22.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Cox. – Bitte.



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22.26.19

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Werte ZuschauerInnen! Homosexualität ist ein Identitätspro­blem, das „oft durch eine Kombination von Therapie, speziellen Selbsthilfegruppen und geschulter Seelsorge“ geheilt werden kann. (Abg. Heinisch-Hosek: Unglaublich!) Ich­bezogenheit und geringes Selbstwertgefühl sind mögliche Folgen der Selbstbefriedi­gung. (Abg. Heinisch-Hosek: Unglaublich!) Sex vor der Ehe ist grundsätzlich abzuleh­nen. Und überhaupt: „Wenn ihr euch so sehr liebt, warum heiratet ihr nicht gleich? Wenn nicht, warum habt ihr dann Geschlechtsverkehr?“ – Das waren drei Zitate. (Hei­terkeit des Abg. Scherak– Ja, mir kommt eher das Weinen, um ehrlich zu sein; aber ja, in manchen Momenten frage ich mich auch, ob ich lachen oder weinen soll.

Das sind drei Zitate aus den Schulungsunterlagen von Teenstar. Das ist die erzkatholi­sche Organisation, die noch immer als Sexualpädagogikverein an unseren Schulen un­terrichtet, die Organisation, die ich gemeinsam mit meinen Kollegen aus dem National­rat monatelang nicht nur hinterfragt, sondern – man kann schon fast sagen – bekämpft habe, die Organisation, von der Herr Bundesminister Faßmann abrät. Es ist aber so, im Jahr 2019, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekommen manche unserer Kinder immer noch beigebracht, dass Selbstbefriedigung egoistisch macht und dass Homosexualität heilbar ist.

Ein Land, in dem so etwas möglich ist, muss Sexualpädagogik endlich ernst nehmen. Es darf nicht passieren, dass Kinder und Jugendliche solchen sexistischen und homo­phoben Thesen ausgesetzt sind. Wir brauchen eine zeitgemäße und aufgeklärte Se­xualpädagogik in den Lehrplänen von Österreichs Schulen. (Beifall bei JETZT und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nein, das ist nicht utopisch und auch nicht illusorisch, das ist in vielen Ländern nämlich auch schon möglich und gelebte Praxis. In Schottland stehen beispielsweise LGBTIQ-Themen mittlerweile fix auf dem Lehrplan – in Österreich ist es größtenteils noch Theo­rie. Warum setzen wir nicht den Grundsatzerlass Sexualpädagogik um? Was ist mit dem Grundsatzerlass Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung aus 2018? Was ist mit meinem Antrag zur geschlechtersensiblen Pädagogik, den ich eingereicht habe? Genau das sind die Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und genau das sind die Dinge, die wir umsetzen müssen, damit die Sexualpädagogik im Jahr 2019 auch in Österreich ankommt. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir unsere Kinder zu mündigen, aufgeklärten und selbstbewussten Menschen aufwachsen sehen wollen, müssen wir endlich die Theorie zur Praxis machen und da­für auch Geld in die Hand nehmen. Das meine nicht nur ich, auch das Frauenvolksbe­gehren fordert von Beginn an die Verankerung und Finanzierung zeitgemäßer Bildung zu den Themen Sexualität, Verhütung und Schwangerschaft.

Abseits davon fordern 13 sexualpädagogische Vereine, Institute und Fachstellen von Minister Faßmann in einem offenen Brief, den Sie (in Richtung Minister Faßmann) wahrscheinlich mittlerweile schon gesehen haben, mehr Geld für die Professionalisie­rung der sexuellen Bildung an Österreichs Schulen. Sie fordern außerdem die Einbin­dung sexualpädagogischer Expertise bei der Entwicklung von Qualitätskriterien und neuen Steuerungsformen. In dem offenen Brief liest man Folgendes, und es ist sehr wichtig, diesen Punkt zu betonen:

„Zu professionellen Kompetenzen gehören soziale Fähigkeiten, die man nicht in einem Kriterienkatalog vorschreiben kann, sondern die man in der Praxis als Sexualpädago­gin und -pädagoge lernen muss. Das braucht Zeit und Geld, weshalb die“ sexualpäda­gogischen „Vereine und Expertinnen und Experten mehr Geld für die Weiterbildung,


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Supervision und Forschung fordern.“ Eine allgemeine Dramatisierung und Tabuisie­rung von Sexualität „ist dabei nicht zielführend“.

Herr Minister Faßmann, Sie haben die einmalige Möglichkeit, die Causa Teenstar, das Frauenvolksbegehren und Zigtausende AktivistInnen sowie die Plattform Sexuelle Bil­dung ernst zu nehmen, zu unterstützen und sich mit diesen Themen nicht nur ernsthaft auseinanderzusetzen, sondern, wie ich glaube, diese Thematik, die so wichtig ist, ins Jahr 2019 zu heben. Machen Sie Österreich zu einem Vorzeigeland für zeitgemäße und aufgeklärte Sexualpädagogik! (Beifall bei JETZT und SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

22.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühl­berghuber. – Bitte.


22.31.51

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher und Zuhörer auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Zum Antrag „Sicherstellung und Finanzierung von sexueller Bildung“ möchte ich, Herr Lindner, darauf hinweisen, dass betreffend den Inhalt des Grundsatzerlasses Sexualpädagogik der erste Schritt für eine Sicherstellung der Umsetzung und zur Zusammenarbeit mit außerschulischen Organisationen im Bereich Sexualpädagogik bereits gesetzt wurde, denn grundsätzlich hat die Lehrkraft gemäß Schulunterrichtsgesetz „in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule [...] zu erfül­len“. Im Zuge der Erarbeitung der Lehrpläne 2020 wird er im Bereich flächenübergrei­fender Kompetenzentwicklung aufgenommen (Abg. Heinisch-Hosek: Fächerübergrei­fend!), wo die Unterrichtsprinzipien verstärkt verankert werden und Kompetenzziele auf Schülerebene auch in den fächerübergreifenden Themen dargestellt werden.

Den einzelnen Lehrkräften steht es im Rahmen des Unterrichts frei, ob sie außerschuli­sche Personen beziehungsweise Organisationen in den Unterricht einbinden; Voraus­setzung für diese Einbindung ist aber, dass das Erarbeiten und Festigen des Lehrstof­fes in der notwendigen Qualität erfolgt und auch den rechtlichen Grundlagen entspricht.

Ich hoffe auf Lehrer, die mit Menschenverstand und ihrer genauen Kenntnis den Wis­sensstand der Kinder erweitern und diesen sensiblen Bereich selbst abdecken – das heißt den Unterricht nicht an Fremde weitergeben, denn Sexualität betrifft unser in­nerstes Menschsein. Sie ist ein Teil von uns selbst und ganz in unserer Person in­tegriert. (Abg. Lindner: Haben Sie schon jemals mit ExpertInnen geredet? Jemals? – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Mit dem Grundsatzerlass Sexualpädagogik hat der Staat Zugriff auf sexuelle Bildung, und, Herr Lindner, dazu braucht es ethische Grundsätze, humane Rahmenbedingun­gen und natürlich die rein faktisch-biologische Wissensvermittlung und keine ideologi­sche Umerziehung. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

22.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holz­leitner. – Bitte.


22.34.53

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf auf TOP 10 und auf TOP 11 eingehen. Das sind Anträge zum Thema Frauenvolksbegehren, die hier im Haus schon diskutiert worden sind. Wir haben aber den Regierungsparteien quasi eine zweite Chance gegeben, über diese wirklich modernen und sinnvollen Forderungen noch einmal nachzudenken und sie zu reflektieren, und, Frau Kollegin Schimanek, wenn Sie sich so für Frauenrechte


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einsetzen, könnten Sie ja vielleicht bei diesen zwei Anträgen durchaus mitgehen. (Bei­fall bei der SPÖ. – Ruf: Genau!)

Es geht dabei auch um das Thema Sensibilisierungsprogramme im Bereich Gewalt­schutz – wir haben vorhin schon von Ottakring gehört –, ein wirklich dringliches Pro­blem. Unserer Meinung nach können Time-out-Klassen nicht die Lösung sein. Wir wol­len nicht, dass Kinder segregiert und weggesperrt werden, wie die Bundesregierung es bei den Deutschklassen schon präferiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht nachhaltige Lösungen. Kurzfristiges Ausblenden des Problems, indem man Kinder ausschließt, ist keine nachhaltige Lösung. (Zwischenruf des Abg. Mölzer.) Das Ganze darüber hinaus eventuell noch an Leistungskürzungen für Familien zu knüpfen, verschärft das Problem eigentlich nur noch ins Bodenlose. Wir müssen die Schulen wirklich mit ausreichendem Personal und ausreichenden Ressourcen ausstatten – Psy­chologInnen, SozialarbeiterInnen –, denn Sparen im System bei Schulen ist absolut fehl am Platz.

Unsere Antwort, die Antwort der Sozialdemokratie ist: 100 Psychologinnen und Psy­chologen mehr an Schulen in Österreich (Beifall bei der SPÖ) und der weitere Ausbau von Peer-Mediationsprogrammen von Schülerinnen und Schülern für Schülerinnen und Schüler. Im Sinne des Frauenvolksbegehrens appellieren wir an die Regierung, res­sortübergreifend die Sensibilisierungsprogramme zum Thema Gewaltschutz zu ver­stärken.

Auch ein zweiter Punkt ist wichtig – er ist vorhin auch schon ein bisschen angespro­chen worden –: Es ist endlich Zeit, ehrlich und offen an das Thema Sexualpädagogik heranzugehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.) Wir brauchen wirklich einen positiven Zugang zu Sexualität und vor allem einen reellen. Es ist nicht mehr zeitgemäß: Licht aus, Decke drüber, dabei am besten auch noch die Augen zu, Bien­chen, Blümchen – Entschuldigung bitte, kommen Sie im 21. Jahrhundert an! Das ist doch unfassbar! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Wenn man die Reden von manchen KollegInnen hier mitverfolgt, dann kommt mir das so vor wie bei den drei bekannten Äffchen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen! – Das ist bei dem Thema aber wirklich nicht die Realität! Wir müssen unsere Jugendli­chen bezüglich Sexualität, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch endlich ordentlich aufklären. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Wir stehen für einen offenen Dialog, kei­nen Backlash, wie so manche Petition das fordert. Wir sagen: keinen Millimeter, wenn es um das Thema Schwangerschaftsabbruch geht! (Abg. Steinacker: ... Schwanger­schaft!) My body, my choice! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT.)

Im Bildungsbereich geht es vor allem um folgende Forderungen: Erstens ist ein flä­chendeckendes Bildungsangebot zu den Themen Sexualität, Verhütung, Schwanger­schaftsabbruch in den Schulen zu implementieren. Zweitens: Die Finanzierung damit betrauter externer Anbieterinnen und Anbieter und von Beratungsstellen ist sicherzu­stellen. Entscheidend ist überdies, dass die vorgetragenen Inhalte mit dem Grundsatz­erlass Sexualpädagogik – wir haben ihn vorhin schon präsentiert bekommen – wirklich übereinstimmen.

Ich kann Ihnen am Schluss nur noch eines mitgeben: Let’s talk about sex! Kommen wir von Bienchen und Blümchen weg und endlich ins 21. Jahrhundert der Sexualpädago­gik! (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT.)

22.38

22.38.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme. (Unruhe im Saal.) – Ich darf um etwas Ruhe bitten.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 258

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 616 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die da die Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Unterrichtsausschusses, sei­nen Bericht 617 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, und damit ist der Antrag angenommen.

Ich komme zur Abstimmung bezüglich Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Unter­richtsausschusses, seinen Bericht 618 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenso ange­nommen. (Abg. Jarolim: So schnell kann man wieder im Mittelalter ankommen! – Abg. Wöginger: Du stammst aus dem Mittelalter! – Ruf: Die Scharia ...! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Wir sind bald fertig, ich glaube, wir können das am Rednerpult austragen, und würde bitten, dass wir uns jetzt dem Tagesordnungspunkt 12 widmen.

22.40.2212. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 677/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Medien­kompetenz in der Erwachsenenbildung zum Aufbau einer resilienten Gesell­schaft (619 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kovacevic. – Bitte.


22.40.49

Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Bei dem vorliegenden Antrag geht es darum, die Vermittlung von Medienbildung voran­zutreiben. Wie wir heute Nachmittag in der Diskussion zum Nationalen Bildungsbe­richt 2018 bereits gehört haben, braucht es im Bereich schulische Bildung noch weitere Maßnahmen und Anstrengungen, vor allem bei den Themen Digitalisierung und Me­dienbildung. Während es da aber wenigstens schon ein paar Vorschläge und eine Richtung gibt und das Thema auch bereits mehrfach auf parlamentarischer Ebene dis­kutiert und besprochen wurde, gibt es für Erwachsene bisher kaum Angebote, um ei­nen verantwortungsvollen und kritischen Umgang mit Medien zu fördern. Dies ist also sicherlich ein guter Antrag, der auch unsere Unterstützung bekommen wird.

Umso verwunderlicher ist jedoch, dass die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ diesen Antrag ablehnen wollen. Ich frage mich, was die Motivation dahinter ist. Wovor haben sie bei einem doch eher harmlosen Antrag, wie dieser es ist, Angst? – Da könnte man ja fast auf die Idee kommen, dass sie keine gut gebildeten und kritischen WählerInnen in der Bevölkerung haben wollen.

Die Begründung, dass es bereits zahlreiche Initiativen und Angebote für Erwachsene gibt, wie wir das im Ausschuss gehört haben, kann ich leider nicht nachvollziehen. Ich frage mich, welche das sein sollen. Bitte klären Sie uns diesbezüglich auf! Uns ist je­denfalls nicht bekannt, dass Sie bisher einen Fokus auf das Thema Medienbildung für Erwachsene gelegt hätten – ich weiß nicht, Herr Minister, vielleicht können Sie uns ja hier im Anschluss dann aufklären.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 259

Grundsätzlich sollte das Thema Medienkompetenz also generell ein nachhaltiger Teil des lebenslangen Lernens werden; dafür sollten wir uns doch alle gemeinsam einset­zen! – Vielen Dank und guten Abend. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Niss. Ich darf ihr das Wort erteilen.


22.42.45

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir sprechen hier also über den Antrag der NEOS betreffend die nachhaltige Verankerung von Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung. Ziel soll sein, eine gut gebildete Gesellschaft zu erlangen, die vor allem Fake News und Desinformationskampagnen erkennt. – Das ist, glaube ich, ein sehr löblicher Ansatz, aber, liebe NEOS, noch löblicher wäre es, wenn ihr keine Fake News verbreiten würdet. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf: ... die Bundesregierung!)

Ich finde es in diesem Zusammenhang sehr traurig, dass du, Gerald, hier an diesem Pult vor einigen Stunden gesagt hast, dass im Digitalen Amt von vier Applikationen nur zwei funktionieren. Das ist, wenn ich es einmal so sagen will, eine wahrscheinlich vor­sätzliche Unwahrheit, um nicht das Wort Lüge zu verwenden, es sind aber jedenfalls Fake News. Das sind wir aber in letzter Zeit leider von den NEOS gewöhnt. (Abg. Meinl-Reisinger: ... noch, ... wenn die Demokratie destabilisiert wird! ...!)

Jetzt zum Antrag selbst: Also die Maßnahmen, Herr Kovacevic, die jetzt schon ergriffen wurden, sind einerseits der Ausbau des Open-Online-Kurses für die Erwachsenenbil­dung, in dem die Digitalisierung und die Medienkompetenz mitbehandelt werden, ein Train-the-Trainer-Modell, was, wie ich meine, sinnvoll ist, weil das eine große Mul­tiplikatorenwirkung hat, und auf der anderen Seite werden auch die Curricula in der Basisbildung weiterentwickelt und konkretisiert. Auch dort ist das Thema Digitalisierung enthalten.

Darüber hinaus gibt es auch eine Maßnahme, die zwar nicht seitens des Wissen­schafts- oder Bildungsministeriums, aber seitens des Wirtschaftsministeriums ins Le­ben gerufen wurde; das ist der Verein Fit4Internet, dessen Ziel es ist, digitale Fähigkei­ten für Jugendliche, ältere und berufstätige Personen zu konkretisieren und zu verstär­ken. Auch dort wird das Thema digitale Medienkompetenz forciert.

Ich glaube also, es gibt genügend Maßnahmen, und ich denke, deswegen wieder ei­nen Plan zu schreiben, der einige Personen im Ministerium beschäftigt, ist meiner Mei­nung nach ein Bürokratieaufbau, den wir nicht brauchen. Diese Regierung steht für Bü­rokratieabbau, und deswegen haben wir den Antrag im Ausschuss abgelehnt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.


22.45.21

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Danke schön, Herr Präsident! (Ruf: Oje!) – Es geziemt sich nicht, ein: Oje! von sich zu geben, wenn jemand zum Redner­pult gerufen wird, aber bitte.

Frau Abgeordnete Niss hat behauptet, es wären Fake News, wenn ich sage, dass beim Digitalen Amt zwei von vier Applikationen fehlerhaft sind.

Ich berichtige tatsächlich: Die vier Applikationen sind, dass man eine Wahlkarte be­stellen kann, dass man den Wohnsitz melden kann, dass man die Geburt des Kindes melden und den Reisepass hochladen kann.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 260

Bei der Bestellung von Wahlkarten sind im Bereich der Gemeinde Wien 600 von 2 600 im Nirwana des Systems verschwunden (Abg. Steinacker: Das stimmt nicht! – Abg. Deimek: Das stimmt nicht!), und beim Melden des Wohnsitzes hat die Ministerin be­reits selbst zugestehen müssen, dass Nachkorrekturen erfolgen und dass Nachpro­grammierungen vorgenommen werden müssen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Deimek: Lesen Sie etwas anderes als „Heute“!)

22.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


22.46.28

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Hohes Haus! Werter Herr Minister! Ich glaube, was wichtig ist, Frau Kollegin Niss, ist, dass wir hier über ernst­hafte Fake News debattieren und nicht über eine normale politische Diskussion, in der, wie wir alle wissen, Dinge immer wieder verzerrt dargestellt werden – abgesehen da­von, dass Herr Kollege Loacker sehr klar gezeigt hat, dass er die Wahrheit gesagt hat. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das sind aber nicht Fake News, um die es geht: Hier geht es um demokratiepolitische Maßnahmen oder demokratiepolitische Gefähr­dungen, die dadurch entstehen, und das, glaube ich, ist in dieser Situation nicht der Fall. (Beifall bei den NEOS.)

Vorweg – es ist vielleicht ein etwas seltsames Lob, das ich jetzt ausspreche –: Ich bin sehr froh, dass Sie diesen Antrag nicht vertagt, sondern ihn abgelehnt haben, weil wir so über dieses wichtige Thema hier heute diskutieren können. Die Ablehnung ist aber durchaus mit sehr großem Erstaunen von mir zur Kenntnis genommen worden, das muss ich schon sagen. Sie haben im Ausschuss gesagt, dass in diesem Bereich viel passiert, und das jetzt hier noch einmal von sich gegeben – und das entspricht einfach nicht der Realität.

Schauen wir auf die Website erwachsenenbildung.at, die vom Ministerium selber be­trieben wird: Dort gibt es ein Dossier zur Erwachsenenbildung, und auf Seite 1 steht in diesem Dossier als erster Satz Folgendes: „Medienkompetenz in der Erwachsenenbil­dung ist ein Thema, das in den vergangenen Jahren weitgehend vernachlässigt wur­de.“ – Dies ist der beste Beleg dafür, dass nichts passiert.

Schauen wir weiter: Wir haben vor Kurzem eine Anfragebeantwortung bekommen – um auch ein bisschen über die Performance der Regierung in diesem Bereich zu re­den. Was kommt da? – Dass es ein Kompetenzwirrwarr gibt, dass die Bundesregie­rung selber nicht weiß, was genau passiert, weil sie nur Fördermittel vergeben, diese aber nicht evaluieren kann, weil sie die Zahlen gar nicht bekommt. – Da tut mir der Minister in diesem Bereich leid, aber es ist so; dementsprechend können Sie gar nicht wissen, ob genug passiert, weil Sie im Ministerium die Zahlen gar nicht haben. Das geht auch klar aus dieser Anfragebeantwortung hervor; ich kann sie Ihnen nachher gerne zeigen.

Schauen wir uns die Zahlen an! Sie haben vorhin die großartigen Maßnahmen gelobt, die es da gibt. Das Portal Erwachsenenbildung bietet einen Kurs, über den Sie gespro­chen haben. 2017 gab es 2 900 Teilnehmer, von denen ihn 63 Prozent abgeschlossen haben; 2018 waren es 3 100 Teilnehmer – ja, wir haben hier 200 Teilnehmer mehr –, 52 Prozent haben ihn abgeschlossen. Das heißt, die Zahlen der Teilnehmer, die ihn abschließen, sinken sogar. Das ist eigentlich eine Katastrophe, was da passiert! Das Ganze ist ein Kurs, der sechs Wochen dauert, mit einem Kursaufwand von 18 Stun­den – also auch nichts Riesiges, wo man sich erwarten würde, dass es da massive Drop-out-Quoten gibt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 261

Sie haben die Basisbildung angesprochen. Betreffend Basisbildung hat es in den Jah­ren 2015 bis 2018 – es gibt eine schöne Auflistung über alle Bundesländer – ganze 260 Schulungsmaßnahmen in ganz Österreich gegeben. Und das ist die große Offen­sive, von der wir hier sprechen? Das ist die Möglichkeit, wie wir die Erwachsenen da­rauf vorbereiten wollen, wie sie mit Fake News umgehen? – Ich halte das für zu wenig.

Schauen wir uns das Ganze auch finanziell an: Da gibt es fast keine Zahlen, weil das Ministerium sie einfach nicht hat, weil es keine Ahnung hat, was in diesem Bereich passiert.

Das Einzige, was sie sagen, ist, dass für „Digitale Methoden und Ressourcen“, das ist einer dieser Kurse, die hier angeboten werden, im Jahr 2018 knapp 76 000 Euro aus­gegeben wurden. 76 000 Euro investiert das Bundesministerium da hinein, dass wir den Umgang mit Fake News verbessern können, dass Erwachsene sich darauf vorbe­reiten können.

Es ist ein Wahnsinn, wie schlecht wir auf dieses Thema vorbereitet sind, insbesondere wenn wir uns anschauen, was weltweit passiert: Die amerikanischen Wahlen wurden durch Fake News massiv beeinflusst; mittlerweile ist das de facto bewiesen, es geben die Russen quasi schon zu, dass sie da eingegriffen haben. Eine Europawahl steht vor der Haustür, und alle sagen, da wird schon nichts passieren. – Also ganz ehrlich, das ist ein Stück weit scheinheilig, wenn man sagt, da wird nichts passieren. Das kann es doch nicht sein. (Beifall bei den NEOS.)

Ich halte es für gefährlich, absurd und abstrus, wenn Sie sich hierherstellen und sagen, es passiere in diesem Bereich so viel und es sei alles großartig. Es ist genau das Ge­genteil der Fall, und wir müssen hier schnell in die Gänge kommen, weil das gesell­schaftlich ein höchst relevantes Thema ist. Deshalb kann ich noch immer nicht nach­vollziehen und bin wirklich fassungslos darüber, dass Sie sich hierherstellen und sa­gen: Wir machen in dem Bereich eh so viel, das Thema ist nicht relevant! Wahrschein­lich ist es nur deswegen nicht relevant, weil es Ihnen oder Ihrem Koalitionspartner möglicherweise bei Wahlen schaden würde, wenn Sie nicht unterstützt werden, von wem auch immer. (Beifall bei den NEOS.)

22.51

22.51.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, sei­nen Bericht 619 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag angenommen.

22.51.56Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 784/A(E) bis 813/A eingebracht worden sind.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betrifft, berufe ich für 22.52 Uhr ein; das ist unmittelbar nach dieser Sitzung.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung, 15. Mai 2019 / Seite 262

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.52.23Schluss der Sitzung: 22.52 Uhr

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