Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! Herr Minister, ich habe eine Frage im Zusammenhang mit der Medien­berichterstattung.

Das Innenministerium gab damals zum Beispiel im „Kurier“ bekannt, dass 41 Prozent der Abgeschobenen strafrechtlich verurteilt sind und dass die Zahl der Außerlan­des­bringungen und der Abschiebungen im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent ge­stiegen ist. Wenn wir unser Anfragerecht als Parlamentarier ausüben und Ihnen in einer schriftlichen Anfrage eine Frage mit zehn Unterfragen zu diesem Thema stellen und Sie uns auf sechs dieser Fragen die Antwort geben, dass bei Ihnen im Innen­ministerium keine entsprechende Statistik geführt wird, dann muss ich Sie schon fragen: Herr Minister, sollen wir in Zukunft die Anfragen an den „Kurier“ stellen? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 126/M, hat folgenden Wortlaut:

„Warum gibt es im BMI keine konkreten Zahlen, wie viele der Asylwerber, die einen rechtskräftig negativen Bescheid erhalten haben, bereits abgeschoben werden konnten (siehe Ihre Anfragebeantwortung 3055/AB)?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Danke, Frau Abgeordnete, für diese Frage, die eigentlich Gegenstand für eine Besprechung einer Anfragebeantwortung gewesen wäre – wenn Sie es schon genau wissen wollen (Abg. Lindner: Das können wir ja noch machen! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) –, aber wenn Sie jetzt die Gelegenheit dafür nützen wollen, erkläre ich es Ihnen auch hier gerne.

Diese Anfragebeantwortung ist deshalb so ausgefallen, wie sie ausgefallen ist, weil Sie zwei Dinge miteinander in Beziehung setzen, die einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen gleichkommen: Ein negativer Asylbescheid ist nicht gleichbedeutend mit einer Rückkehrentscheidung. Das ist aber das, was Sie miteinander vermanschen, und deshalb kann man die Statistik, die Sie sich wünschen, in dieser Form nicht erstellen.

Es gibt nämlich sozusagen negative Asylbescheide, bei denen eine Rückkehr­entschei­dung unzulässig ist. Da gelten insbesondere die Bestimmungen der Menschen­rechts­konvention, etwa der Artikel 8. Dann gibt es Fälle, bei denen es sozusagen zeitweise unzulässig ist, eine Rückkehrentscheidung zu treffen. Das ist dann, wenn etwa ein Familienmitglied sozusagen krankheitshalber betroffen ist. Es gibt Dinge, bei denen Abschiebungen unzulässig sind. Das ist das berühmte Non-Refoulement-Regelwerk, das etwa Abschiebungen nach Syrien verhindert. Dann gibt es Abschiebungen, die sozusagen nicht durchführbar sind, einfach deshalb, weil es am Entgegenkommen des Gegenübers fehlt. Ein Beispiel dafür ist etwa die Problematik bei Heimreisezertifikaten, wenn Staaten nicht dazu bereit sind, oft auch trotz bestehender Rücknahmeüber­ein­kommen, diese Staatsbürger als ihre Bürger anzuerkennen.

Weiters gibt es die Möglichkeit, dass jemand, der einen negativen Asylbescheid hat, untertaucht und sich damit der Abschiebung entzieht. Ja, und dann gibt es auch noch die Möglichkeit, dass jemand, der einen negativen Asylbescheid hat, freiwillig aus­reist – dann wird er auch nicht abgeschoben.

Sie sehen, es gibt eine ziemlich große Zahl von Komponenten, die in diesem Zusam­menhang zu berücksichtigen sind. Und das ist der Grund dafür, dass die Anfrage­beantwortung so ausgesehen hat, wie sie aussieht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Ich hätte mir erwartet, dass Sie das, was Sie jetzt mündlich geantwortet haben, auch in der Beantwortung meiner Anfrage geant­wortet hätten.

Nichtsdestotrotz erlaube ich mir, eine weitere Frage zu stellen; speziell als Obfrau des Innenausschusses muss ich auch auf die heutige mediale Berichterstattung eingehen: „Nur 41 Minuten vor der Hausdurchsuchung löschte Sellner seine Mails“. Ich frage: Was wissen Sie im Innenministerium, wurde Herr Sellner vor einer Hausdurchsuchung gewarnt? Wie kann es das geben, dass er 41 Minuten vor der Hausdurchsuchung Mails mit dem Christchurch-Attentäter gelöscht hat? (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Zunächst einmal stelle ich fest, dass die Frage, die Sie hier stellen, keinen Bezug zu Ihrer Hauptfrage hat und damit eigentlich sozusagen nicht Gegenstand dieser Fragestunde ist. (Abg. Meinl-Reisinger: ... das festzustellen und nicht Sie! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Nur, ich habe es schon gestern gesagt: Worum geht es denn bei dieser ganzen Ermittlung im Zusammenhang mit Herrn Sellner? – Es geht darum, dass die Ermittlungsbehörden jetzt möglichst unaufgeregt und ohne permanente Kommen­tare der Öffentlichkeit ihre Ermittlungsarbeit machen können. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist der Punkt, um den es geht. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Und im Zuge dieser Ermittlungen wird sich herausstellen, ob an den Vorwürfen, die die Staatsanwaltschaft gegen ihn erhoben hat, etwas dran ist oder nicht. – Das ist Rechtsstaatlichkeit in Reinkultur, und ich würde einfach vorschlagen, dass wir genau dieses Prozedere zulassen.

Ich habe natürlich vernommen, dass es einzelne Abgeordnete gibt – das sind ohnehin immer die gleichen (Heiterkeit des Abg. Drozda) –, die angeblich irgendwelche Infor­mationen darüber haben, dass irgendwo etwas geleakt worden sein soll oder Infor­mationen weitergegeben worden sein sollen. Mir ist diesbezüglich nichts bekannt. Ich fordere aber diesen Abgeordneten auf, entweder diese sogenannten Sachverhalte oder seine Beweise für diese Behauptungen den Ermittlungsbehörden vorzulegen – das wäre nämlich ein wesentlicher Beitrag zur Aufklärungsarbeit –, und wenn er das nicht tut oder wenn er das nicht tun kann, dann wäre es vernünftiger, er würde schweigen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mahrer, bitte.

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Schönen guten Morgen, sehr geehrter Bun­desminister! Kehren wir zum Gegenstand der Hauptfrage zurück!

In der Regel, Herr Bundesminister, wird mit einem negativen Bescheid oder einer Ausreiseverpflichtung auch eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Was tut das Innenministerium, um die freiwillige Rückkehr zu forcieren?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Herr Abgeordneter, ich bedanke mich für diese Frage, weil sie mir die Gelegenheit gibt, vielleicht mit einem Vorurteil aufzu­räumen, das darin besteht, dass wir die Abschiebung als bevorzugte Variante der Außerlandesbringung zum Einsatz bringen würden. – Das Gegenteil ist der Fall. Die Abschiebung ist immer nur das letzte Mittel, um jemanden außer Landes zu bringen.

Genau aus diesem Grund forcieren wir umgekehrt jedwede Form der Unterstützung, wenn es darum geht, eine freiwillige Rückkehr zustande zu bringen.

Das hat mehrere Vorteile: Zum einen ist sie billiger. Wir nehmen zwar eine gewisse Geldsumme in die Hand – es gibt quasi eine kleine Starthilfe für diejenigen, die sich für eine freiwillige Ausreise entscheiden; diese fällt umso höher aus, je früher im Verfahren jemand zu dieser Erkenntnis kommt –, das hat folglich aber den Vorteil, dass wir uns in diesem Falle sozusagen die aufwendigen Sicherheitskosten, die eine Abschiebung mit sich bringt, ersparen.

Ich darf darauf hinweisen, dass auch für die neue Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, über die wir ja heute noch abstimmen werden, explizit vorgesehen ist, dass im Bereich der Rückkehrberatung nicht gespart wird, sondern im Gegenteil verstärkt Mittel investiert werden.

Es gibt einen weiteren Vorteil: Einzelne Staaten nehmen die Leute eher an, wenn sie freiwillig zurückkehren; sie weigern sich quasi, Zwangsabgeschobene als ihre Bürger zurückzunehmen.

Der dritte Vorteil ist, dass mit der finanziellen Unterstützung für diese Leute eine Rückkehr in ihre Heimat in Würde möglich ist und sie sich dort eine kleine Existenz aufbauen können. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hafenecker, bitte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundes­minis­ter! Im Nachfeld der Flüchtlingskrise 2015 ist es ja in einigen Teilbereichen zu signifi­kanten Anstiegen der Kriminalität gekommen, daher meine Zusatzfrage: Was wird im Bereich straffälliger Asylwerber und Asylberechtigter getan?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Herbert Kickl: Wir haben im Bereich der Arbeit des BFA, des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, einige Schwerpunktsetzungen. Eine dieser Schwerpunktsetzungen ist die Verkürzung der Verfahrensdauer. Die zweite Komponente, die uns sehr, sehr wichtig ist, ist die Konzentration auf diejenigen, die straffällig werden – entweder schon als Asylwerber oder aber dann, wenn sie einen Schutzstatus haben, sei es der eines Asylberechtigten oder der eines subsidiär Schutzberechtigten. Das heißt, darauf wird ein entsprechender Fokus gelegt. Wir arbeiten diesbezüglich auch verstärkt mit Anträgen zur Aberkennung des Schutz­status – das ist sehr wichtig. Wenn es einen Asylwerber betrifft, dann werden die Verfahren beschleunigt geführt, damit wir sehr rasch zu einer entsprechenden Außer­landesbringung kommen.

Ich darf darauf verweisen, dass seit meinem Amtsantritt die Zahl der Aberkennungs­verfahren rapide gesteigert worden ist. Wir haben im letzten Jahr 6 000 solcher Ab­erkennungsanträge gestellt. Nicht alle davon, aber sehr, sehr viele, haben den Hinter­grund, dass es um Kriminelle geht. Wir haben im Jahr 2018 tatsächlich bereits 1 600 solcher Aberkennungen erreicht.

Wir drehen also an allen Schrauben, wo dies möglich ist, um sozusagen Straffällige schneller außer Landes zu bringen, damit sie uns nicht neben dem Schaden, den sie angerichtet haben, auch noch auf der Tasche liegen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur 3. Anfrage, die von Frau Abgeordneter Steger gestellt wird. – Bitte.