14.09

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vielen herzlichen Dank für die sehr inter­essante Debatte! Danke speziell auch an die Regierungsparteien hier im Hohen Haus für den Antrag und die Möglichkeit, speziell auch die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik zu diskutieren. Ich glaube, was den wenigsten hier herinnen – was man annehmen kann, wenn man die Beiträge hört – wirklich voll bewusst ist, das ist, dass die Gemeinsame Agrarpolitik der einzige Politikbereich der Europäischen Union ist, der vergemeinschaftet worden ist. Ich glaube, das ist etwas ganz Besonderes, und zehn Tage vor der EU-Wahl kann man das auch einmal hervorstreichen.

Das ist deswegen besonders hervorzustreichen, weil es uns in Europa zurzeit in so vielen Bereichen nicht gelingt, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Vielleicht würde uns das heute in der Landwirtschaftspolitik auch nicht mehr gelingen, weil wir einfach viel zu viele unterschiedliche Interessen haben und weil – ich glaube, das konnten wir auch heute wieder verfolgen – die Forderungen oft sehr inkohärent sind. Auf der einen Seite wird permanent gefordert, bäuerliche Familienbetriebe und Klein­betriebe vorne hinzustellen, und auf der anderen Seite wird gesagt, es muss weniger Förderungen geben. Das geht sich schlichtweg nicht aus. (Abg. Vogl: Das behauptet kein Mensch!) Das geht sich vor allem nicht aus, wenn man gleichzeitig auch mehr Umweltleistungen haben will; das alles können unsere Familienbetriebe unter dem derzeitigen Preisdruck nicht leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Vieles an der Kritik an der Gemeinsamen Agrarpolitik ist mit Sicherheit zu teilen. Die Förderverteilung erfolgt derzeitig so, dass zum Teil wirklich Millionenförderungen an Großbetriebe gehen, die natürlich unsere bäuerlichen Familienbetriebe vor allem im Marktfruchtbereich bei Ackerbaubetrieben massiv unter Druck setzen. Deswegen sehen auch wir als Bundesregierung es höchst an der Zeit – das war auch bereits unsere Forderung bei der letzten GAP-Reform –, dass es verpflichtende Förder­ober­grenzen für alle Mitgliedstaaten der EU geben muss, um wirklich eine Wettbewerbs­gleichheit herstellen zu können.

Das Zweite, das wir eben auch haben wollen, ist weniger Bürokratie. Wenn man sich heute anschaut, wie beispielsweise das ganze Thema ökologische Vorrangflächen definiert wird, dann findet man da drin auch Mindestabstände von Baumkronen und Sonstiges geregelt. Das geht bei Weitem über das hinaus, was in der Natur Stand der Dinge ist und was unsere bäuerlichen Familienbetriebe leisten können. Die Bauern sitzen zum Teil schon viel länger an den Zetteln, die sie ausfüllen müssen, als sie in letzter Konsequenz im Stall oder am Feld verbringen.

Auch da braucht es wirklich eine Änderung. Diesbezüglich können wir unserem Spit­zenkandidaten auf europäischer Ebene, Manfred Weber, nur zustimmen, wenn er fordert, dass die EU-Kommission die Gesetzesmaterien durchleuchten und schauen soll, wo wir unnötige Bürokratie streichen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Ob die vorliegende Reform, die der EU-Kommissar vorgeschlagen hat, das erfüllen kann, lässt sich zurzeit nicht abschätzen. Das, was wir auf jeden Fall unterstützen, ist, dass die erfolgreichen österreichischen Programme fortgesetzt werden. Das sind vor allem die Agrarumweltprogramme. Jedes Jahr werden 266 Millionen Euro an unsere bäuerlichen Familienbetriebe ausbezahlt, weil sie ökologische Mehrleistungen liefern. Das sind konventionelle Betriebe in Österreich, die massiv zur Artenvielfalt, zum Um­weltschutz, zum Bodenschutz beitragen und damit Österreich auch zu einem derartig lebenswerten Land werden ließen.

Die Bundesregierung steht klar hinter den bäuerlichen Familienbetrieben, und wir werden das vor allem auch in den kommenden Verhandlungen zum Ausdruck bringen. Das Entscheidende für uns ist aber natürlich der Mehrjährige Finanzrahmen. Die Kürzungen, die ins Haus stehen, sind absolut inakzeptabel. Wer heute in der länd­lichen Entwicklung kürzt, kürzt Agrarumweltprogramme, kürzt Bioförderungen, kürzt Investitionsförderungen, kürzt die Förderungen im Berggebiet, und das kann von uns so nicht unterstützt werden und ist inakzeptabel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Diese Bundesregierung steht auf allen Ebenen hinter den Bäuerinnen und Bauern, und das haben wir vor allem auch mit der aktuellen Steuerreform klar zum Ausdruck gebracht. Die Entlastung muss bei den bäuerlichen Familienbetrieben ankommen und das, was wir jetzt vom Finanzminister vorgelegt bekommen haben, ist ein Entlastungs­paket für unsere bäuerlichen Familienbetriebe, das es in dieser Art und Weise noch nie gegeben hat.

Zwei Drittel dieses Paketes betreffen vor allem auch die Familienbetriebe bis zu einem Einheitswert von 30 000 Euro. Es betrifft vor allem auch den Bereich der Pensionistin­nen und Pensionisten. Es wurde angesprochen, dass die Gemeinsame Agrarpolitik sozialen Dienstleistungen zugutekommen muss. Diese Bundesregierung macht das bereits heute, indem sie die Mindestpensionen anhebt. Das ist echte Sozialpolitik, wie es sie in dieser Art und Weise in dem Land noch nicht gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Preiner: Wie schaut’s bei der Kinder­betreuung und Pflege aus?)

An dieser Stelle – und das wirklich ehrlich gesagt – möchte ich dem Koalitionspartner Danke schön sagen, da wir genau in diesen Dingen gemeinsam an einem Strang ziehen. Es werden keine ideologischen Gräben ausgehoben, sondern es stehen wirk­lich die bäuerlichen Familienbetriebe im Zentrum der Entlastung. (Abg. Loacker: Zwi­schen euch zwei gibt es wirklich keine ideologischen Gräben! – Ruf bei der FPÖ: Weil wir sachlich orientiert sind!)

Das Zweite – und auch das ist ein ganz zentraler Punkt –: Wenn man Landwirt­schafts­politik und Lebensmittelpolitik diskutiert, müssen natürlich auch der Konsument und die Konsumentin miteinbezogen werden. In letzter Konsequenz entscheidet jeder Einzelne vor dem Regal, welche Art der Landwirtschaft er unterstützt. Ist es die billige, anonyme Massenproduktion, wo die Lebensmittel unter dem Preishammer im Centbereich verschleudert werden, oder greift man zu Produkten regionaler Herkunft, greift man zu heimischen Produkten, die saisonal produziert werden? Genau da trägt jeder einzelne wirklich Verantwortung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wie bei Sonntagsreden am Rednerpult zu stehen und auf der einen Seite bäuerliche Produktion zu fordern, auf der anderen Seite aber auch immer wieder zu sagen, dass die Lebensmittel in Österreich zu teuer sind, geht sich schlichtweg nicht aus. Das sei auch einmal ganz klar gesagt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir dürfen an dieser Stelle allen Bäuerinnen und Bauern, die dieses Land zu einem der lebenswertesten Europas machen (Abg. Preiner: Das ist aber nicht Ihr Verdienst!), die im höchsten Maße biologisch produzieren, im Berggebiet produzieren, mit höchsten Standards produzieren und all das den Konsumentinnen und Konsumenten trotzdem zu einem leistbaren Preis zur Verfügung stellen, ein herzliches Dankeschön aus­sprechen. Sie sind das Herz und das Rückgrat unseres Landes. Wir werden alles dazu beitragen, dass sie auch in eine gute Zukunft schauen können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.16

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerstner. – Bitte, Herr Abgeordneter.