16.19

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die freiheitlich-russische Freundschaft ist ja schon länger bekannt und auch gut dokumentiert. Es gibt zahlreiche Medienberichte dazu, und basierend auf diesen Medienberichten habe ich vor ungefähr einem Monat zahlreiche Anfragen an die FPÖ-geführten Ministerien gestellt. Ich muss sagen, ich freue mich schon sehr auf deren Beantwortung, denn ich glaube noch an das Instrument der parlamentarischen Anfra­gen.

Vor Kurzem hat eine Tageszeitung die FPÖ als Trojanisches Pferd Russlands bezeich­net, auch Abgeordneter Leichtfried hat die FPÖ als Trojanisches Pferd bezeichnet. (Abg. Rosenkranz: Welche Zeitung war denn das? Damit ich nachschauen kann!) Ich muss dem leider widersprechen, denn der Vergleich hinkt. Bei einem Trojanischen Pferd wissen wir nämlich nicht, was dahintersteckt, aber bei der FPÖ wissen wir sehr wohl, dass Putin immer wieder Versuche unternimmt und die FPÖ auch dazu verwen­det, in der österreichischen Politik Fuß zu fassen. (Abg. Rosenkranz: Aber in der Sage war der Odysseus an sich der Gute, gell?) Das ist ja auch belegt, es gibt ja einen Freundschaftsvertrag zwischen der FPÖ und Putins Partei Einiges Russland. Dieser Freundschaftsvertrag aus dem Jahr 2016 wurde auch unterzeichnet von den Herren Strache, Hofer, Vilimsky und Gudenus.

Wir alle, die wir aus der Privatwirtschaft kommen, wissen ja, warum man Verträge ab­schließt, Verträge sollen ja Vorteile für beide Seiten bringen. Was sind denn nun die Vorteile für Russland und was sind die Vorteile für die FPÖ? – Die Vorteile für Russland liegen meines Erachtens klar auf der Hand; Russland schweigt auch nicht, die geben ja offen zu, was sie wollen, dass gewisse europäische Parteien für sie tun. Sie wollen – sie fordern ja auch dazu auf – Unterstützung, wenn es um das Ende der Russlandsanktionen geht. Sie fordern auch eine Anerkennung der völkerrechtswidrig besetzten Krim.

Russland wünscht sich auch einen zweiten Punkt – und da ist Russland wahrscheinlich mit den Großmächten nicht allein –: Geopolitisch ist es weder in Russlands Interesse noch im Interesse der USA, dass wir ein starkes Europa haben. Und Europa ist nur dann stark, wenn es gemeinsam mit einer Stimme in allen außenpolitischen Fragen spricht. (Beifall bei JETZT sowie des Abg. Leichtfried.)

Aber die Sorge, dass mit diesem Vertrag Einfluss auf die österreichische Politik aus­geübt wird, haben nicht nur wir, sondern die haben laut internationalen Medien­berich­ten auch die Sicherheitsbehörden Europas. Die Geheimdienste Europas machen sich Sorgen und teilen deswegen nicht alle Informationen mit unserem Geheimdienst. Sie haben Angst, dass russlandrelevante Informationen in falsche Hände geraten, sie haben Angst, dass ihre Informationen weitergeleitet werden.

Russland übt einen gewissen Einfluss auf Europa aus. (Abg. Höbart: Die Geostrategin Alma Zadić!) Es macht das mit den Freundschaftsverträgen, die ich eingangs erwähnt habe; diese Freundschaftsverträge gibt es ja auch mit anderen Parteien. Es gibt sie mit der Lega Nord, es gibt sie auch mit Le Pens Partei. (Abg. Höbart: Die ist eine richtige Geostrategin, die Frau Kollegin!)

Was macht aber Russland so gefährlich für uns und was macht Russland so gefährlich für Europa? – Russland hat in den vergangenen Jahren neben Gas sehr erfolgreich einen weiteren Exportschlager entwickelt, und das sind Fake News. Diese Fake-News-Kampagnen werden über Pro-Moskau-Plattformen wie Russia Today oder Sputnik News, aber auch über zahllose andere Fake-Accounts verbreitet. Allein während der Brexitkampagne 2016 wurden auf Twitter 150 000 russische Fake-Accounts gesperrt. Das wäre ungefähr so, als würde ganz Linz für Putin twittern. Mit diesen Fake News soll das Vertrauen in unsere Demokratie und unseren Staat und seine Institutionen geschwächt werden.

Es gibt auch zahlreiche andere russische Cyberangriffe, die belegt sind. Wenn man sich allein das Jahr 2017 anschaut, beispielsweise Deutschland: Nach der Bundes­tagswahl streuen gewisse Plattformen und Social-Media-Accounts das Gerücht, Wah­len seien zuungunsten der AfD manipuliert worden.

Frankreich, 2017: Das Team von Macron wird wenige Tage vor den Wahlen gehackt, um seine Kampagnen lahmzulegen.

Spanien, 2017: Es gibt zahlreiche russische Fake News im Zusammenhang mit dem Katalonienreferendum.

All das, meine Damen und Herren, ist eine Taktik, eine Taktik, um Europa zu schwächen, um das gemeinsame europäische Ziel zu schwächen. (Beifall bei JETZT. – Abg. Höbart: Was ist denn das gemeinsame europäische Ziel?) – Ein starkes Europa.

Die EU findet leider vor der EU-Wahl keine wirksamen Mittel gegen diese Desinfor­mationskampagnen. Recherchen eines Journalistennetzwerks, Investigate Europe, haben ergeben, dass die Einheit, die die Europäische Union im Europäischen Auswär­tigen Dienst ins Leben gerufen hat, die East StratCom Task Force, weitgehend wirkungslos ist, wenn es um Desinformationskampagnen geht, die ihren Ursprung in Europa haben. Sie ist schon ganz gut, wenn der Ursprung außerhalb Europas liegt, aber wenn der Ursprung in Europa liegt, ist sie weitgehend wirkungslos. Genau das ist auch der Grund, warum sich gewisse russische Akteure gerne europäischer Akteure und europäischer Parteien bedienen, um ihre Fake News in Europa zu streuen.

Das alles ist sehr beunruhigend und macht uns allen zu Recht Angst. Daher fordere ich auch den Bundeskanzler auf, hier wirklich genau zu schauen und darauf zu achten, dass Österreich nicht dem politischen Einfluss Russlands unterliegt und dass wir Europa vor russischem Einfluss schützen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.