17.00

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kanzler! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jetzt von diesem unfassbaren Whataboutism der FPÖ zurück zum Thema (Beifall bei NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der SPÖ – Zwischenrufe bei der FPÖ): Versetzen Sie sich in die Situation eines Landes, das mit EU-Sanktionen konfrontiert ist, das sehr groß ist und über einen Nachrichtendienst mit Tausenden Mitarbeitern verfügt! Dieser Nachrichtendienst wird analysieren, wie man diese Sanktionen loswird, wird ein Lagebild machen und sich dafür entscheiden, die nächsten Wahlen zu manipulieren, und zwar durch Desinformation auf Social Media. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Die Situation ist nicht fiktiv. Es handelt sich natürlich um die Russische Föderation. Wir reden heute über Österreich, denn wir haben eine Regierung, die uns nicht vor diesen Angriffen der Desinformation hinsichtlich EU-Wahl schützen will. Die FPÖ will das natürlich nicht, weil es ihr mehr als egal ist, denn sie macht ja schließlich mit diesen Feinden der europäischen Selbstbestimmung – der Partei von Putin – gemeinsame Sache. Innenminister Kickl hat uns heute in der Fragestunde geantwortet, dass er nicht für Desinformation und deren Bekämpfung zuständig ist. Das BVT ist dafür zuständig. Was wir also von seiner Seite, Herr Lopatka, zu erwarten haben, ist klar, nämlich nichts. (Beifall bei den NEOS.)

Die ÖVP: Herr Bundeskanzler, liegt Ihnen nichts daran? Liegt es Ihnen nicht am Herzen, die Österreicherinnen und Österreicher vor Desinformation zu schützen? – Offensichtlich nicht, denn Sie nehmen, solange es Ihren Umfragen gutgeht, in Kauf, dass Desinformationsangriffen von russischer Seite nichts entgegengestellt wird und auch dass wir durch die FPÖ ein Sicherheitsrisiko in Österreich erleben. Trotz gegen­teiliger Beteuerung der Bundesregierung ist Österreich wegen der FPÖ in Sachen Informationsaustausch mit den westlichen Geheimdiensten isoliert. Allein die Tatsache, dass die FPÖ beide Sicherheitsressorts innehat, lässt die Partnerdienste zurück­schrecken. In Papieren der U.S. Mission in Wien finden sich Statements betreffend right-populist Freedom Party’s leadership of the Ministry of the Interior, in denen gesagt wird: „The Freedom Party’s pro-Russian stance should, and does, give us pause when it comes to sharing certain types of sensitive information.“

Wenn das von Diplomaten bereits in dieser Deutlichkeit gesagt wird, kann man sich vorstellen, wie es auf der darunterliegenden nachrichtendienstlichen Ebene ausschaut, nämlich derartig, dass sogar das russische Portal Sputniknews schon darüber be­richtet, dass der niederländische Geheimdienst die Zusammenarbeit mit Österreich eingestellt hat. (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger.) In Russland freut man sich also ganz öffentlich darüber, wenn es gelingt, einen Keil zwischen die europäischen Staaten zu treiben. Dass das stimmt, wissen wir aus der „New York Times“, in der eine Aus­sage von BVT-Chef Gridling zitiert wurde, dass die USA, England, die Niederlande und Deutschland nicht mehr mit Österreich zusammenarbeiten. (Beifall bei den NEOS.)

Die Partnerdienste in Europa beunruhigt auch die mangelnde Abgrenzung der FPÖ zu den Rechtsextremen. Woran zeigt sich das? – Ich habe die Leiterin des Extremis­mus­referates im Untersuchungsausschuss gefragt, von welchen Treffen sie ausgeladen wurden, und sie hat gesagt, von einem. Ich fragte dann, zu welchem Thema, und sie antwortete, zum Thema Identitäre. Mittlerweile müssen wir uns auch fragen, ob aus dem blauen Innenministerium nicht jemand Sellner vor der Hausdurchsuchung gewarnt hat und wie weit da das Sicherheitsrisiko geht.

Diesem Sicherheitsrisiko FPÖ, Herr Kanzler, könnten Sie ein Ende setzen, und Sie müssten es auch, Sie kommen dieser Verantwortung aber nicht nach. Solange Sie das nicht tun, müssen wir innerhalb der parlamentarischen Möglichkeiten versuchen, das Treiben von Kickl beziehungsweise seine Untätigkeit – wie im Fall der Desinfor­ma­tionsattacken von russischer Seite hinsichtlich EU-Wahl – zu beobachten.

Effektive parlamentarische Kontrolle erfordert aber das Recht, Fragen ohne Einschrän­kung durch von der Regierung vorbestimmte Themen zu stellen. Wenn sich die Tages­ordnungspunkte bis hinter den Mond stauen, dann müssen diese einmal abgearbeitet werden, denn sonst wird dieses Gremium – landläufig der Geheimdienstausschuss genannt – völlig ineffizient. Ich fordere daher weiterhin, dass dieser Ausschuss monatlich tagt, bis die Tagesordnung abgearbeitet ist, denn sonst wird das ein sinn­loses Gremium. Zudem erwarte ich mir – da bleiben wir dran – eine seriöse Debatte über unseren Vorschlag zur Reform dieser parlamentarischen Kontrollgremien.

Was in Summe bleibt, symbolisiert der Kniefall unserer Außenministerin vor Putin im letzten Jahr ganz treffend, nämlich den Weg Österreichs unter der Regierung Kurz: Man lässt sich ausgerechnet von jenem Regime vor den Karren spannen, welches versucht, Europa zu destabilisieren. Dass die einstige Europapartei ÖVP bereit ist, diesen Weg mitzugehen, ist eine traurige Realität. (Beifall bei den NEOS.) Daher ersuche ich Sie, Kanzler Kurz, wachen Sie auf und bereiten Sie dieser Zäsur in der so erfolgreichen Geschichte der Zweiten Republik ein Ende – im Sinne Österreichs, im Sinne Europas! (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Zadić.)

17.05

Präsidentin Doris Bures: Ein zweites Mal zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Abgeordneter Karl Nehammer. – Bitte.