17.32

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungs­mitglie­der! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was soll ich nach dieser Debatte sagen? – Ich bin gewiss nicht der Familientherapeut der Österreichischen Volkspartei. Was Reinhold Mitterlehner in den letzten Wochen publiziert hat, haben wir alle hautnah mitbe­kom­men, die FPÖ hat die geheimen Unterlagen von Sebastian Kurz ja bereits im letzten Wahlkampf aufgedeckt. Uns ist ja allen bekannt gewesen, wie lange Sebastian Kurz diesen Putsch – das war der Begriff, der seitens der ÖVP verwendet wurde – geplant hat. Es war deswegen doppelt spannend, dass Sebastian Kurz sich heute hier hinge­stellt und lang und breit über den Wahlkampf philosophiert hat, und das in der alten Manier von Sebastian Kurz: ein ganz, ganz Großer, ein Riese beim Austeilen, ein Zwerg bei der Selbstkritik. (Beifall bei der SPÖ.)

Doppelt spannend war dann, dass die Rede von Sebastian Kurz einen Kenner der Materie, nämlich den Generalsekretär der ÖVP, dazu bewogen hat, rauszugehen und die Frage zu stellen: Ja wird denn in unseren eigenen Reihen genug dafür getan, um so etwas abzuwenden? Das war doppelt spannend, weil Sebastian Kurz neben Elli Köstinger gesessen ist. 6 Millionen Euro – 6 Millionen Euro! – mehr sind von der ÖVP im letzten Wahlkampf ausgegeben worden, und wir alle wissen bis heute nicht, wo das Geld herkommt. Wo ist denn da die Transparenz? Wo bleibt denn da die Kritik, Herr Bundeskanzler? (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Wenn man schon immer auf alle anderen mit dem Finger zeigt: Wo sind die 6 Millionen Euro hergekommen? Wir alle haben es im letzten Wahlkampf hautnah miterlebt: Groß­spender aus der Immobilienwirtschaft, Großspender aus der Industrie; und wir alle haben uns die Frage gestellt: Ja, warum spenden die? Weil ihnen Sebastian Kurz so wichtig ist, weil die Projekte so wichtig sind, oder gibt es da Eigeninteressen? – Nach der Wahl wissen wir es: Es gibt Steuerzuckerl für die Großkonzerne – das können wir jetzt alles im Regierungsprogramm nachlesen: eine halbe Milliarde Euro im Bereich der Unfallversicherung –, Steuerzuckerl für Immobilienkonzerne. Was jeder kleine Häusel­bauer zahlen muss, das kann man den Immobilienspekulanten nicht zumuten. Das ist Sebastian Kurz! Diese Themenbereiche haben wir alle miteinander nicht aufgeklärt. Das heißt, wenn wir schon offen miteinander reden, kann man auch selbstkritisch sein und Fehler, wenn sie passieren, eingestehen. Ich erwarte mir aber diese Aufklärung auch einmal in der Österreichischen Volkspartei. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Karl Nehammer hat das doch hautnah mitbekommen. – Du musst den Scherbenhaufen jetzt im Nachhinein reparieren, aufarbeiten. Elli Köstinger hat nichts dazu gesagt, und Sebastian Kurz hat auch nichts dazu gesagt.

Und dann reden wir immer wieder von Fake News. Da gibt es jede Menge Beispiele! (Abg. Hafenecker: Pass auf dein Herz auf, Philip!) Es kommt Ministerin Hartinger-Klein hierher und verspricht uns eine Patientenmilliarde, worauf der Rechnungshof sagt: Wir wissen alle nicht, woher diese Milliarde kommt, das kann man nicht nachprüfen! (Abg. Hafenecker: Dein Blutdruck!) Da ist dann Klubobmann Rosenkranz ausgeritten und hat den Rechnungshof beschimpft und beleidigt. In welcher Welt leben wir denn? Die Patientenmilliarde war Fake News, das haben wir alle hier hautnah miterlebt, weil es eben keine gleich guten Leistungen für alle gibt. Wir könnten hier noch jede Menge Beispiele darstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein super Beispiel ist auch der Schmäh vom Sparen im System. Wir sind jetzt durch jede Menge Anfragen der Opposition und durch Medienberichte draufgekommen, dass es im Bereich der Politapparate in den Ministerien Rekordausgaben gibt – Rekord­ausgaben, eine Armada an Pressesprechern, Generalsekretäre ohne Ausschreibung. Und was passiert dann? – Die „Kronen Zeitung“ hat das im letzten Jahr aufgedeckt, als wir draufgekommen sind, dass es diese Rekordausgaben gibt, geht der General­sekre­tär von Sebastian Kurz her und sagt: Stellen wir das alles ein bisschen schlanker dar! Behaupten wir einfach, das gehört zum Apparat! – Ja, sind das Fake News? Ist das Transparenz? Ist das die Wahrheit? Das hat doch keine Vorbildwirkung, Herr Bundes­kanzler! So kann man wirklich nicht arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte heute das zweite Zitat zum Besten geben. Karl Nehammer: Nutzen wir den heutigen Tag, um gemeinsam zu sagen: Es ist nicht Job und Aufgabe der Politik, Jour­nalistinnen und Journalisten zu beschimpfen, die einfach nur ihren Job machen und kritisch recherchieren. Und es ist ganz gewiss normalerweise unser Job, dafür zu kämpfen, dass wir in Österreich keine amerikanischen Verhältnisse haben, dass Groß­spender in Österreich nicht glauben, dass sie mit irgendwelchen Großspenden Plakate und Inserate finanzieren können. Das hat in Österreich nichts zu suchen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn es heute schon einen Schulterschluss gibt und wir alle so selbstkritisch sind, dann sagen Sie doch offen, Herr Bundeskanzler: Strenge Kriterien bei der Parteien­finanzierung!, und: Wir brauchen in Österreich keine Großspender! Das ist ganz einfach. Sagen Sie: Spart euch das Geld, das Scheckheft könnt ihr euch behalten! Es ist Aufgabe der Politik, Politik für alle Menschen zu machen, und nicht nur für ein paar Großspender. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rossmann und Zinggl.)

17.37

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubob­mann Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Kucher: Sie kennen die Bestimmungen?)