17.42

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Interpellationsrecht ist meines Erachtens eines der wesentlichen Goodies (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), die Abgeordnete – danke schön für den Applaus! – (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ) in ihrer parlamentarischen Tätigkeit zur Verfügung haben. (Zwi­schenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Na, gegen das Interpellationsrecht spricht ja nichts.

Es hängt natürlich schon davon ab, wie ein Parlament dieses Interpellationsrecht wahr­nimmt, und es sind meines Erachtens zwei Dinge entscheidend, wie es im gelebten Parlamentarismus funktioniert. Das Erste ist: Wie geht die Regierung mit parlamen­tarischen Anfragen um, wie genau werden sie beantwortet, wie ehrlich ist man, wie ernst nimmt man das? Das Zweite ist abhängig davon, wie die Regierung damit umgeht: Wie geht das Parlament mit Beantwortungen um, die eben diesen Standards nicht entsprechen? Aus dieser Kombination heraus stehen wir jetzt vor einer Situation, in der die Bundesregierung parlamentarische Anfragen sehr, sehr schlecht, sehr, sehr oberflächlich und den Parlamentarismus eigentlich nicht achtend beantwortet.

Sie können sich sicher erinnern, ich habe mich gestern zu diesem Thema zur Ge­schäftsordnung zu Wort gemeldet und den Präsidenten ersucht, auf die Bundes­regie­rung einzuwirken, und da, muss man auch mit allem Respekt sagen, bekommt man manchmal Ratschläge von politischen Mitbewerbern, die recht zweckdienlich sind.

Ich weiß nicht mehr genau, ob es Herr Klubobmann Rosenkranz oder Herr Klubob­mann Wöginger war, der gemeint hat, man müsse ja betreffend eine Anfragebeant­wortung nicht die Geschäftsordnung bemühen, sondern könnte ja eine Kurzdebatte darüber machen; ich glaube, es war eher Herr Klubobmann Wöginger, und deshalb sind Sie heute hier, Frau Bundesministerin, sozusagen auf Anraten des Herrn Klubob­manns Wöginger. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Geschäftsordnung ist Geschäftsordnung!)

Das Problem dabei ist, dass die Anzahl der schlechten Beantwortungen derart hoch ist, dass wir mit diesen Kurzdebatten eigentlich nicht zurande kommen, aber ich möchte jetzt eine herausnehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie ist meines Erachtens wirklich ganz exemplarisch für das, was passiert ist. Frau Bundesministerin, das betrifft eine Anfrage, die Sie beantwortet haben. Zu Ihrer Ehrenrettung muss man sagen, sie ist an die gesamte Bundesregierung ergangen, und die gesamte Bundesregierung hat sie so schlecht wie Sie beantwortet; aber Sie sind eben zuständig, und deshalb sitzen Sie heute hier.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Es geht bei dieser Anfragebeantwortung um die wahrscheinlich verfassungsrechtlich nicht haltbare und auch gleichheitswidrige Lösung, die Sie als Regierung für den Karfreitag gefunden haben. Ich glaube, es ist für die Öffentlichkeit schon interessant, zu wissen, wer für so eine eigentlich für alle schlechte Lösung – bis auf die, die damit wieder verdienen, nämlich die großen Konzerne – die Verantwortung trägt, deshalb habe ich eine Anfrage an alle Kabinette gerichtet, in der im Wesentlichen die Fragen 1, 3, 5, 8 und 9 interessant sind.

Frage 1 lautete: „Waren a. Sie, b. ihr Kabinett, c. ihr Generalsekretariat oder d. andere Organisationseinheiten ihres Ressorts jeweils in die Beratungen zur ,Karfreitags-Lösung‘ eingebunden?“

Frage 3 war: In welchen Räumlichkeiten hat das stattgefunden?

Frage 5: Welche Organisationseinheiten des Hauses haben sich damit befasst?

Frage 8: Warum erst so spät?

Frage 9: Welche Einflüsse der Wirtschaft hat es dabei gegeben?

Jetzt schauen wir uns die Chronologie der Geschehnisse betreffend Karfreitags­rege­lung an, die recht interessant war: Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes war am 22. Jänner. Am 24. Jänner gibt es die ersten Reaktionen der Bundesregierung. Herr Minister Blümel sagt am Mittwoch, dem 24., nach dem EuGH-Urteil, dass man es sich genau ansehen werde, ob man das jetzt ändern müsse; man müsse eine recht­liche Klärung durchführen und mit allen Beteiligten sprechen. Den evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünkner habe man zu diesem Zeitpunkt bereits einge­laden.

Dann kommt der 29. Jänner: Herr Bünkner (Rufe bei der FPÖ: Bünker!) – Bünker, Entschuldigung – trifft Herrn Kanzleramtsminister Blümel. Es hat am 29. Jänner ein 15-minütiges Gespräch mit Bundesminister Gernot Blümel gegeben. Beide haben sich erstaunlicherweise zufrieden gezeigt, was dieses Gespräch betrifft.

Am 30. Jänner lobt der Herr Bundeskanzler das gute Gespräch zwischen den beiden.

Am 18. Februar passiert Folgendes: Am Abend vor der Bekanntgabe des Regie­rungs­vorschlags am 19. sagt Herr Bünker, dass ihn Herr Blümel telefonisch über den Stand informiert habe und es sei alles klar.

Am 19. Februar verkünden dann – und bitte achten Sie darauf! – Herr Kollege Haubner und Herr Kollege Rosenkranz die Halbtagslösung für den Karfreitag ab 14 Uhr. Das war die erste – wenn man es so nennen will – parlamentarische Handlung, die dieses ganze Prozedere begleitet hat. Minister Blümel zeigt sich im ORF mit dem Kompromiss zufrieden. Der Sozialausschuss beschließt das am 19. Februar. Am 20. Februar ver­weist Blümel wieder auf viele Gespräche mit Experten, viele, viele Expertinnen und Experten waren bei ihm und haben über den Karfreitag mit ihm gesprochen.

Dann geht das Ganze ein bisschen in Schieflage: Am 25. Februar treffen sich Ver­kehrsminister Hofer und Herr Bünker – auch danach sagen sie, dass das alles seine Ordnung hat.

Dann wird es ganz interessant: Es kommt die Meldung, dass die legistische Ausar­beitung der Karfreitagsregelung auf Beamtenebene stattfindet. Am Montag fanden Ge­spräche auf Beamtenebene statt, wie die APA mitteilte, die das aus Regierungskreisen erfahren hat. Da geht es wieder um diese 14-Uhr-Regelung.

Am 26. Februar erfahren wir Folgendes: Der Einigung vorangegangen waren Ge­spräche mit Vertretern der evangelischen und der römisch-katholischen Kirchen – man höre zu – mit den Regierungskoordinatoren Gernot Blümel und Norbert Hofer.

Dann ist das Ganze irgendwie gekippt. Am 27. Februar 2019 wird von der Koalition der Karfreitag-Feiertag gestrichen und stattdessen dieser berühmt-berüchtigte und sinn­lose persönliche Feiertag eingeführt. Das geht dann noch ein bisschen weiter. Am 27.2. sagt Blümel: Wir haben auch mit den betroffenen Religionsgemeinschaften Gespräche gesucht, und ich bin froh, dass der Kompromiss jetzt passt.

Das war die Chronologie, geschätzte Damen und Herren, und jetzt kommt die Antwort, die wirklich verblüffend ist. Die Frau Bundesministerin, die zuständig ist, sagt zu den Fragen 1, 3 und so weiter – das sind jene Fragen zu dem, was Sie und die Regierung getan haben –: „Die parlamentarischen Abläufe, die in der Geschäftsordnung des Nationalrates geregelt sind, sind kein Gegenstand der Geschäftsführung der Bundes­regierung“, deshalb brauche sie dazu nichts zu sagen. Sie hat also behauptet, die Regierung hat mit diesem Gesetz überhaupt nichts zu tun gehabt, das haben die Nationalratsklubs gemacht.

Geschätzte Damen und Herren, es gibt zwei Möglichkeiten: Die eine Möglichkeit ist, Frau Bundesministerin, Sie haben die Unwahrheit gesagt, denn die Chronologie sagt etwas ganz anderes aus. Die zweite Möglichkeit ist, die Herren Blümel und Hofer haben Sie links liegen gelassen und Sie Ihre Verantwortung nicht wahrnehmen lassen. Frau Bundesministerin, welche dieser beiden Möglichkeiten ist wahr? (Beifall bei der SPÖ.)

Sagen Sie uns das, sagen Sie, was wahr ist, sagen Sie uns aber auch, warum Sie diese Beantwortung, die offensichtlich falsch ist, so gemacht haben, Frau Bundes­ministerin! Erklären Sie sich hier! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.51

Präsidentin Doris Bures: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass ich Herrn Abgeordneten Josef Schellhorn, der heute früh als ver­hindert gemeldet war, jetzt sehe. Er ist also anwesend, obwohl es in der Früh anders verlautbart wurde.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Ernst Gödl. – Bitte.