14.57

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wir sind heute mit einer eigentlich ganz simplen Frage konfrontiert, und diese lautet: Hat Sebastian Kurz unser aller Vertrauen verdient? (Ruf bei der ÖVP: Ja!) Trauen wir ihm zu, unser Land durch jene politische Krise zu führen, in die uns seine Regierung gestürzt hat? Meinen wir, dass eine Allein­regierung Kurz das Verbindende vor das Trennende stellt? Glauben wir, dass für Bun­deskanzler Kurz das Wohl der Republik Österreich vor dem Wohl der türkisen Partei steht? (Ruf bei der ÖVP: Ja!)

Ich habe meine berechtigten Zweifel, aber lassen Sie uns gemeinsam einen kleinen Rückblick wagen: Mitte Mai 2017 stürzte Kurz kalkuliert und eiskalt den damaligen Par­teiobmann und Vizekanzler dieser Republik. Von einer Art staatspolitischen Verantwor­tung oder von Stabilität, vom Wohl des Staates – Schlagwörter, die heute von Ihnen, Herr Bundeskanzler, mehrfach bemüht worden sind – war damals in keinster Weise die Rede. Sie sind damals auch nicht der Grund gewesen, um Sie in irgendeiner Art und Weise zu bremsen. Weder dachten Sie damals daran, die Funktion des Vizekanz­lers zu übernehmen, noch daran, die Koalition aufrechtzuerhalten. Sebastian Kurz woll­te damals ganz nach oben – und das möglichst schnell. Das alles ist übrigens in einem Buch mit dem bezeichnenden Titel „Haltung“ nachzulesen.

Was kam dann? – Nicht nur einer der schmutzigsten Wahlkämpfe der Zweiten Repu­blik (Zwischenruf des Abg. Hörl), nein, wohl auch einer der teuersten. Statt maximal 7 Millionen Euro gemäß Wahlkampfkostenbeschränkung wurden von der Kurz-ÖVP 13 Millionen Euro ausgegeben – beinahe das Doppelte des gesetzlich Erlaubten. Die zu erwartende Strafe hat man einfach einkalkuliert.

Was aber ist das anderes als vermittelter Stimmenkauf? Und was bedeutet es, wenn Personen und Parteien sich auf eine derartige Vorgehensweise verständigen? (Zwi­schenruf der Abg. Steinacker.) Was bedeutet das für die Gesetze in diesem Land, die da gezielt von einer Partei gebrochen werden, nur um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen? (Beifall bei JETZT.) In der Privatwirtschaft würde das als Wettbewerbs­verzerrung gelten, und Sie erwarten von der Bevölkerung, dass sie ein derartiges Ver­halten einfach duldet. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Es geht aber noch weiter: Herr Bundeskanzler, in absoluter Herrlichkeit haben Sie in den letzten eineinhalb Jahren Ihre Regierungsarbeit am Parlament vorbeigeführt. An­statt in parlamentarische Debatten zu gehen, anstatt Interessenorganisationen, die So­zialpartner einzubinden, anstatt Reformvorhaben auf eine breite Basis des Kompromis­ses zu stellen, haben Sie mit Ihrer Fraktion Geschäftsordnungstricks genutzt, um De­batten hier in diesem Hohen Haus möglichst kleinzuhalten, Stichwort 12-Stunden-Tag. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Dann hat Sebastian Kurz am Ende des Tages, beinahe auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Sprengen der ersten Regierung, auch noch die zweite in die Luft gejagt; dies aber nicht, wie viele glauben könnten, weil es moralisch mit der Freiheitlichen Partei nicht mehr gehen würde, sondern weil er ihre Schwäche ausnutzen wollte, um sich die alleinige Macht in der Koalition zu sichern, um die Schlüsselressorts dieser Republik in seine Hände zu bekommen und unangenehme Einblicke in schwarz-türkise Netzwerke zu verunmöglichen. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Die Freiheitlichen haben diesen Plan durchkreuzt, und was wir heute sehen, ist totale und uneingeschränkte Macht, die hier vor uns sitzt, totale und uneingeschränkte Macht in den Händen des Sprengmeis­ters dieser Republik.

Ganz zu guter Letzt möchte ich noch folgende Frage aufwerfen: Welche Rolle haben Sebastian Kurz und die ÖVP im Zusammenhang mit dem Ibizavideo gespielt (Abg. Wöginger: Um Gottes willen! Versündig dich nicht! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP), und wann hat Bundeskanzler Kurz wirklich von diesem Video erfahren? Wir kennen die Antworten darauf nicht, aber ein gesundes Misstrauen (weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP) – sehr verehrte KollegInnen, regen Sie sich nicht auf, kommen Sie heraus und halten Sie Ihre Rede! – gegenüber dem Bundeskanzler und seiner ÖVP-Al­leinregierung ist allemal angebracht. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT. – Abg. Wögin­ger: Die dritte Partei, oder? Es ist wie ein Regenbogen bald, deine Parteizugehörigkeiten!)

15.03

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Martin Engel­berg zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.