15.35

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Wenn junge Menschen die Demokratiewerkstatt des Parlaments besuchen, dann dis­kutieren sie dort – unter anderem, aber sicherlich – über die drei Säulen, die unsere Demokratie ausmachen.

Das ist zum einen dieses Parlament, also wir alle, die Abgeordneten dieses Hohen Hauses. Das ist die öffentliche Verwaltung, die dann die Gesetze, die wir hier beschlie­ßen, exekutiert, ausführt, mit den vielen, vielen Bediensteten im öffentlichen Bereich, die helfen, diese Gesetze umzusetzen, oder sie direkt umsetzen, und es ist, als dritte Säule, die Gerichtsbarkeit, die kontrolliert und schaut, ob wir alle – jeder Bürger, jede Bürgerin in diesem Land – uns nach bestem Wissen und Gewissen an diese Gesetze halten.

Genau dieses Dreieck, wie ich diese drei Säulen nennen möchte, ist sicher in der La­ge, nicht nur in den nächsten vier Monaten bis zur Wahl auch ohne diese Mitglieder der Bundesregierung die Demokratie aufrechtzuerhalten, sondern auch für unser Parla­ment, für die Bürgerinnen und Bürger gute Arbeit zu leisten.

Ich bin, so wie Sie alle, auf die Verfassung vereidigt, und wir alle haben den Eid abge­legt, nach bestem Wissen und Gewissen unsere Arbeit zu leisten. Wenn aber zwischen anständig und unanständig nur mehr ein so schmaler Grat ist, wenn es nicht mehr anständig ist, in einer Krisensituation – einer politischen Krise wohlgemerkt, wie wir sie jetzt verspüren – genau diese Legislative, die Mitglieder des Hohen Hauses oder Ver­treterInnen derselben, zu kontaktieren und zu fragen: Wie können wir alle gemeinsam diese Krise schnell bewältigen und den nächsten Schritt bis zur Neuwahl machen?, wenn das nicht passiert, dann ist der Schritt in die Unanständigkeit nur mehr ein sehr kleiner. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie müssen es sich gefallen lassen, dass wir festhalten, dass es nicht anständig war, wenige bis keine Versuche zu unternehmen, mit allen vertretenen Parteien so ins Gespräch zu kommen, dass man diese Krise gemeinsam bewältigt. Das haben Sie verpasst und versäumt.

Ich möchte nicht anstehen zu sagen, dass die neuen Mitglieder der Bundesregierung durchaus Expertinnen und Experten sein mögen (Ah-Rufe bei der ÖVP!  Abg. Haub­ner: Parteipolitisches Kalkül!), aber dass es für uns nicht geht – ausreden lassen! –, dass sie türkise Aufpasserinnen oder Aufpasser an der Seite haben. (Abg. Haubner: Zuerst die SPÖ, dann das Land!) – Nein, wir wollen kein Wahlkampfkabinett, wir wollen ein funktionierendes Kabinett! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Der Herr Bundeskanzler wollte sich ein Wahlkampfkabinett aufbauen, das lehnen wir ab. Das Vertrauen ist nicht gegeben, und wenn man einander nicht mehr vertraut, dann muss man sich trennen. (Abg. Strasser: Vertrauen Sie dem Bundespräsident ...? Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Zu gewährleisten, dass bis zur Wahl Staatshan­deln sichergestellt ist, dass sicher und ganz ruhig in diese Wahl gegangen werden kann, das ist Grund genug, dieser Regierung nicht mehr zu vertrauen und ihr das Ver­trauen zu entsagen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Haubner: Zuerst die SPÖ, dann das Land!)

15.39

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ef­gani Dönmez. – Bitte.