11.33

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglie­der der Bundesregierung! Hohes Haus! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, heute die neue Bundesregierung hier begrüßen zu dürfen.

Ich freue mich auch, dass wir heute einen Innenminister gehört haben, der sich dem Rechtsstaat verpflichtet fühlt. Ich freue mich auch, dass der neue Innenminister aus unserer Bundesverfassung zitiert; er sagt nämlich hier vor uns, den Abgeordneten des Parlaments, das Recht unserer demokratischen Republik geht vom Volk aus. Wir können uns ja noch an die Worte des ehemaligen Innenministers Kickl erinnern, der der Meinung war, das Recht habe der Politik zu folgen. Dieser Ansatz, meine Damen und Herren, ist aber mit dem Rechtsstaat unvereinbar. Ich habe daher die Hoffnung, dass diese neue Regierung mit der ersten Bundeskanzlerin Österreichs an ihrer Spitze ein Schritt in Richtung Versachlichung der politischen Debatte in Österreich ist. Ich freue mich daher auch sehr darüber, dass die Stimmung – das merkt man, finde ich, auch hier im Hohen Haus – einfach sachlicher geworden ist. (Ruf: In welchem Haus?) – Im Hohen Haus.

In den letzten eineinhalb Jahren war der Innenminister ein stetiger Faktor politischer Diskussion, um nicht zu sagen politischer Instabilität, Unruhe und Aufregung in Öster­reich. Das lag, um hier keinen falschen Anschein zu erwecken, nicht an den engagier­ten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, sondern an FPÖ-Innenminister Kickl. (Abg. Rosenkranz: Na, ich glaube, das war eher der Herr Pilz und seine Liste!) Daher kann ich auch gut verstehen, wenn die ÖVP heute der Meinung ist, dass sie damals bei den Regierungsverhandlungen einen Fehler gemacht hat. Warum sie einen Fehler gemacht hat, möchte ich anhand von ein paar Beispielen noch einmal in Erin­nerung rufen.

Wir alle können uns an die mittlerweile als rechtswidrig erkannte Hausdurchsuchung erinnern, die dazu geführt hat, dass unser Verfassungsschutz kurzzeitig gelähmt und auch von sicherheitsrelevanten Informationen abgeschnitten war. (Abg. Rosenkranz: Hat die Hausdurchsuchung der Herr Kickl veranlasst? Das ist unglaublich!) Das Budget des Bundesministeriums für Inneres hat er lieber für Polizeipferde und zur Förderung rechtsextremer Medien verwendet, anstatt für die Sicherheit in Österreich zu sorgen, für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, und auch für die notwendige Arbeit von Polizistinnen und Polizisten. Seine Hauptsorge in den letzten eineinhalb Jahren galt dem Ausschluss von kritischen Medien von der Berichterstattung.

Es ist daher, meine Damen und Herren, für mich besonders erfrischend und, wie ich sagen muss, auch als Bürgerin beruhigend, jetzt einen Innenminister zu haben, der sich dem Rechtsstaat und unserer Bundesverfassung verpflichtet fühlt. Davon, dass er an seine Aufgaben sachlich, besonnen und konstruktiv herangeht, haben wir Sicher­heitssprecherInnen uns gestern überzeugen dürfen, als wir gemeinsam in einen Dialog getreten sind; das haben wir in den letzten eineinhalb Jahren vermisst. Diesen Dialog möchten wir mit Ihnen, Herr Innenminister, gerne fortsetzen, daher möchte ich Ihnen heute ein paar meiner Meinung nach wichtige Themen mit auf den Weg geben.

Vor Kurzem wurde im Hohen Haus das Gesetz betreffend die Bundesbetreuungs­agentur verabschiedet. Wir können jetzt an diesem Gesetz nichts mehr ändern – das entscheidet ja die Mehrheit im Parlament –, aber dieses Gesetz bringt aus rechtsstaat­licher Sicht einige Gefahren mit sich, die bei der Umsetzung unbedingt und dringend zu berücksichtigen sind. Es besteht die Gefahr, dass ein intransparentes System der Rechts- und Rückkehrberatung entsteht, das sich jeglicher Kontrolle entzieht. Daher appelliere ich an Sie, Herr Innenminister, bei der Umsetzung der nächsten Schritte auch die Zivilgesellschaft und die Wissenschaft miteinzubinden, um sicherzustellen, dass die Umsetzung grundrechtswahrend erfolgt.

In unserem gestrigen Gespräch waren wir uns auch über eine Sache einig, nämlich dass die Abwicklung der Asylverfahren rascher, unter Einhaltung der Grundrechte und Sicherstellung der Qualität der Asylverfahren zu erfolgen hat. Es wäre daher unseres Erachtens dringend notwendig, die Qualität der erstinstanzlichen Asylentscheidungen dahin gehend zu verändern, dass die Fehlerquote, die ja derzeit bei 42 Prozent liegt, korrigiert wird. Da gilt es auch, die erstinstanzlichen Verfahren so auszugestalten, dass die Qualität gewahrt bleibt.

Einen zweiten Punkt möchte ich hier schon noch einbringen: Vor Kurzem haben uns erschreckende Bilder von mutmaßlicher Polizeigewalt im Rahmen der Klimaschutzde­monstration erreicht. Diese Bilder zeigen eine Gewalt, die es in Österreich nicht geben sollte und die dem guten Ruf der Wiener Polizei schadet. Das sind verstörende Sze­nen, die eine rasche, vollständige, transparente und unabhängige Ermittlung erfordern und die klare Konsequenzen verlangen, denn nur eine sofortige Ermittlung und eine vollständige Aufklärung kann das Vertrauen in die großartige Arbeit der Mehrzahl von Polizistinnen und Polizisten und auch den guten Ruf der Wiener Polizei wieder her­stellen.

Ich darf Ihnen, Herr Innenminister, alles Gute bei der Ausübung Ihres Amtes wün­schen, freue mich auf den weiteren sachlichen Austausch und die konstruktive Zusam­menarbeit, und ich danke Ihnen, dass Sie das Parlament, den Volksvertreter, auch ernst nehmen. – Danke schön. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der NEOS.)

11.39

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.