12.51

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Bundeskanz­lerin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Entsetzt haben mich heute Früh die Ausführungen von Klubobmann Wöginger zum freien Spiel der Kräfte: „Casi­noparlamentarismus“! Wenn es darum geht, Maßnahmen, die sinnvoll sind, im Rah­men des freien Spiels der Kräfte zu beschließen, dann meint er, es handle sich um die Verschleuderung von Steuergeldern. Wenn es aber umgekehrt darum geht, Maßnah­men aus dem Regierungsprogramm einer Regierung umzusetzen, an der die ÖVP be­teiligt war, dann ist das natürlich kein Wahlgeschenk, dann ist das natürlich in Ord­nung. (Abg. Winzig: Weil es budgetiert ist!) Ich finde, Herr Klubobmann, das ist uner­träglich. (Abg. Winzig: Das ist budgetiert, Herr Rossmann!)

Unerträglich finde ich aber auch die Zurufe, die vonseiten der NEOS zum freien Spiel der Kräfte kommen, die einen sogenannten Pakt der Verantwortung formulieren, in dem sie Steuerzuckerln, milliardenschwere Steuerzuckerln ohne Gegenfinanzierung ausschließen. Und was haben die NEOS gemacht? – Die NEOS haben in der Sonder­sitzung am 27. Mai einen Initiativantrag zur Abschaffung der kalten Progression einge­bracht, ein milliardenschweres Steuergeschenk ohne Gegenfinanzierung selbstver­ständlich. Wissen Sie, was dieser Pakt ist, meine Damen und Herren von den NEOS? – Das ist ein Pakt der Verantwortungslosigkeit. Verschrotten Sie diesen Pakt ehestmög­lich! (Beifall bei JETZT.)

Wir wollen das freie Spiel der Kräfte in erster Linie für Maßnahmen nutzen, die das Budget nicht belasten oder äußerst gering belasten. Da geht es etwa um ein soge­nanntes Demokratiepaket, Stichwort Parteienfinanzierung, Informationsfreiheitsgesetz, aber auch die Ministeranklage als Minderheitsrecht, was ja heute hier in diesem Hohen Haus noch zur Abstimmung gelangen wird.

Eine Maßnahme, die budgetäre Kosten verursacht, haben wir natürlich auch drinnen, das ist die sogenannte Unterhaltsgarantie. Es gibt das Versprechen von fünf Partei­chefs aus dem Jahr 2017, diese Maßnahme zu beschließen, um Kinderarmut in die­sem Land zu vermeiden.

In den Anträgen, die wir einbringen, sind aber auch Maßnahmen zum Klima- und Um­weltschutz enthalten, zum Umweltschutz beispielsweise das sogenannte Plastiksa­ckerlverbot. Dazu wird ja heute ein gemeinsamer Antrag von ÖVP und FPÖ einge­bracht werden, allerdings handelt es sich hiebei um ein Plastiksackerlverbot, das ein Anhängsel zum Abfallwirtschaftsgesetz ist. Das wollen wir nicht. Wir wollen ein Plastik­sackerlverbot, das diesen Namen verdient, und wir werden daher einen Entschlie­ßungsantrag einbringen, um die Regierung aufzufordern, dieses Plastiksackerlverbot zu finalisieren, damit wir eine ordentliche, eine gescheite Lösung zustande bringen und nicht eine halbherzige Lösung. (Beifall bei JETZT.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu einem Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen auf Basis des bereits bestehenden Ministerialentwurfs und unter Einbeziehung der Ergebnisse des Begutachtungsverfah­rens in der Begründung, mit allfälliger Änderung des Gesetzestextes, bis 30. Juni 2019 zuzuleiten.“

*****

Wenn ich Klimaschutz sage, dann meine ich aber auch, dass wir jetzt keine Regierung haben dürfen, die sich nur als eine versteht, die verwaltet und nicht gestaltet. Wir hat­ten bisher im Bereich Klimaschutz trotz Klimakrise einen Stillstand, und es geht nicht an, dass wir in dieser wichtigen Frage in den nächsten sechs, sieben, acht Monaten – wie lange immer diese Interimsphase dauern mag – nicht handeln. Der Klimawandel, die Klimakrise darf nicht verwaltet werden, da muss gestaltet werden, da müssen drin­gend Maßnahmen gesetzt werden. Da sind Sie, Herr Bundesminister für Finanzen, ge­fordert, durch das Ingangsetzen einer ökosozialen Steuerreform aufkommensneutral das, was an Steuern eingenommen wird, beispielsweise durch CO2-Steuern, eins zu eins wieder an private Haushalte und an Unternehmungen zurückzuführen. Diese Maßnahme ist, neben der Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen, von denen das Wirtschaftsforschungsinstitut ja gemeint hat, es handle sich dabei um eine Grö­ßenordnung von mindestens 3 bis 4 Milliarden Euro, eine der stärksten Waffen im Kampf gegen die Klimakrise.

Ein anderer Bereich ist aber die schwächer werdende Konjunktur. Wenn Ihnen die Ba­lance wichtig ist, dann muss es Ihnen wichtig sein, dem Klimawandel gegenzusteuern, denn sonst drohen Strafzahlungen in der Größenordnung von 6,6 Milliarden Euro; und bei der schwächer werdenden Konjunktur und der steigenden Arbeitslosigkeit werden Sie sehr rasch erleben, wie sich das negativ auf die Einnahmensituation und auf die Steigerung der Ausgaben auswirken wird. Da wäre ernsthaft darüber nachzudenken – und auch da sind Sie gefordert – die Entlastung der niedrigen Einkommen als konjunk­turgegensteuernde Maßnahme zu beschließen. Da sind Sie gefordert, da brauchen wir Gestaltung durch die Regierung. Der Klimaschutz und der Kampf gegen die Klimakrise erlauben keinen Aufschub.

Abschließend möchte ich noch einen Entschließungsantrag betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“ einbringen.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitten, kurz zu warten, bis ich den Antrag auch habe, damit ich schauen kann, ob er wirklich ordnungsgemäß ein­gebracht wird. (Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion übergibt Präsidentin Bures ein Exemplar des entsprechenden Antrages.) – Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, den Antrag jetzt zu verlesen.

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Gerne. Ich bringe also folgen­den Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Ing. Norbert Hofer, Mag. Thomas Drozda, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zentrums“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird ersucht,

1. alle ihr politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Hinrichtung des Jugendlichen Murtaja Qureiris zu verhindern und seine Freilassung zu erwirken,

2. vom Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdu­laziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz ‚Errichtungsüberein­kommen‘) zurückzutreten (Art XVIII Errichtungsübereinkommen), sowie

3. das entsprechende Abkommen über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz ‚Amtssitzabkom­men‘) zu kündigen (Art 23 Amtssitzabkommen).“

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Die Begründung hat ja schon Herr Abgeordneter Peter Pilz vorgenommen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

12.59

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1: „Erklärungen der Bundes­kanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich des Amtsantrit­tes der neuen Bundesregierung“

Begründung

Aufbauend auf europäischen Vorgaben wie dem Kreislaufwirtschaftspaket und der Plastikstrategie sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, in verschiedenen Bereichen aktiv gegen die Entstehung von Kunststoffabfällen und deren Verteilung in der Umwelt vor­zugehen. Im Vortrag an den Ministerrat vom 5. Dezember 2018 wurden bereits Maß­nahmen zur Reduktion von Plastikabfällen in Österreich beschrieben. Eine der vielen notwendigen Maßnahmen ist ein generelles Kunststofftragetaschenverbot. Dazu liegt ein Ministerialentwurf vor und das Begutachtungsverfahren ist bereits abgeschlossen. Die eingeleitete Initiative für eine Regierungsvorlage soll nun vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Begut­achtungsverfahrens finalisiert werden, damit ein Inverkehrsetzungsverbot bereits An­fang 2020 in Kraft treten kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tou­rismus, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu einem Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen auf Basis des bereits bestehenden Ministerialentwurfs und unter Einbeziehung der Ergebnisse des Begutachtungsverfah­rens in der Begründung, mit allfälliger Änderung des Gesetzestextes, bis 30. Juni 2019 zuzuleiten.“

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Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Norbert Hofer, Thomas Drozda, Freundinnen und Freunde

betreffend die Freilassung von Murtaja Qureiris und die Schließung des Abdullah-Zen­trums

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend „Erklä­rungen der Bundeskanzlerin und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge­schäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes der neuen Bundesre­gierung“ in der 80. Sitzung des Nationalrates, XXVI. GP, am 12. Juni 2019

Begründung

Wie am 7. Juni 2019 bekannt wurde, soll der mittlerweile 18-jährige Murtaja Qureiris in Saudi-Arabien hingerichtet werden, weil er sich als Kind für etwas einsetzte, auf das wir hierzulande stolz sind: Er hat für Menschenrechte demonstriert. Murtaja Qureiris engagierte sich bereits als 10-Jähriger und nahm an friedlichen Demonstrationen teil. Auf den von CNN veröffentlichten Videos ist eine Gruppe von Jungen auf ihren Fahr­rädern zu sehen, die gut gelaunt auf der Straße demonstrieren.1 Später hat er durch ein Megaphon gerufen: „Die Leute brauchen Menschenrechte!“2

Drei Jahre später wurde Murtaja Qureiris festgenommen. Heute sitzt er bereits seit fünf Jahren im Gefängnis. Nach seiner Festnahme 2014 kam er zunächst in Einzelhaft. MenschenrechtsaktivistInnen gehen davon aus, dass er damals der jüngste Mensch war, der in Saudi-Arabien im Gefängnis saß. Laut Amnesty International wurde ihm für ein Geständnis die Freilassung versprochen.3

Die saudische Staatsanwaltschaft wirft Murtaja Qureiris vor, an Anti-Regierungspro­testen teilgenommen zu haben und einer „terroristischen Vereinigung“ anzugehören. Dafür ziehe die Anklage die Höchststrafe in Betracht. Daher droht dem Teenager, des­sen einziges „Verbrechen“ es war, sich für Menschenrechte in seiner Heimat einzuset­zen, nun die Todesstrafe durch Köpfen und anschließendem Kreuzigen des verstüm­melten Körpers.

Nach dem Fall Khashoggi zeigt das saudische Regime erneut, wie es mit seinen Kri­tikern umgeht und dass es auch vor der Ermordung von Kindern bzw. Teenagern nicht zurückschreckt. Wer Kritiker verhaften, foltern und ermorden lässt, wer 13-jährige Kin­der einsperrt und anschließend köpfen lässt, kann nicht zur gleichen Zeit Partner eines „Dialogs“ über Menschenrechte und Religionsfreiheit sein. Deshalb wird die Bundesre­gierung erneut aufgefordert, das Internationale König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog zu schließen.

Das Regime in Riad versteht nur eine klare und deutliche Sprache: Ohne Respekt vor dem Leben und der Würde von Menschen gibt es keinen Dialog. Diese Grenze muss auch die österreichische Politik in aller Deutlichkeit ziehen. Jetzt.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird ersucht,

1. alle ihr politisch und diplomatisch zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Hinrichtung des Jugendlichen Murtaja Qureiris zu verhindern und seine Freilassung zu erwirken,

2. vom Übereinkommen zur Errichtung des Internationalen König Abdullah bin Abdu­laziz Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz „Errichtungsüberein­kommen“) zurückzutreten (Art XVIII Errichtungsübereinkommen), sowie

3. das entsprechende Abkommen über den Sitz des Internationalen König Abdullah bin Abdulaziz Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (kurz „Amtssitzabkom­men“) zu kündigen (Art 23 Amtssitzabkommen).“

1 https://www.spiegel.de/politik/ausland/murtaja-qureiris-teenager-in-saudi-arabien-droht-die-todesstrafe-a-1271507.html.

2 https://kurier.at/chronik/welt/als-13-jaehriger-verhaftet-saudi-arabien-will-teenager-koepfen/400518040.

3 https://www.spiegel.de/politik/ausland/murtaja-qureiris-teenager-in-saudi-arabien-droht-die-todesstrafe-a-1271507.html.

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Präsidentin Doris Bures: Nun sind beide Entschließungsanträge ordnungsgemäß eingebracht, stehen in Verhandlung und gelangen somit nachher zur Abstimmung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Martha Bißmann. – Bitte.