13.27

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Damen und Herren! Ja, man merkt schon, da gehen die Wogen hoch. Ich erlaube mir, auch zu meinem Vorvorredner kurz Stellung zu nehmen. Ich habe mit Herrn Kol­legen Gerstl in dieser Koalition extrem gut zusammengearbeitet und war sehr froh, dass wir sehr viele Dinge gemeinsam umsetzen konnten. Aber offenbar hat er sich auch heute bemüßigt gefühlt, die Geschichte der ÖVP zu erzählen. Jede Vereinigung braucht ihre eigene Geschichte, und jetzt gibt es halt die Geschichte, wie diese Re­gierung zu Fall gekommen ist.

Mit Verlaub gesagt, Herr Kollege Gerstl, Sie wissen es, glaube ich, eh genauso gut wie ich: Es war nicht das Video selbst, das diese Koalition zu Fall gebracht hat. Die Re­aktion auf dieses Video war, dass es eine Vereinbarung zwischen Kurz und der FPÖ gegeben hat, dass die Regierung fortgesetzt wird, Hofer an die Stelle von Strache tritt, Strache und auch Gudenus zurücktreten. Das war die Vereinbarung, und daher hat Kurz auch nach Ansehen            dieses Videos, über das ich dann auch noch kurz spre­chen werde, kein Problem gehabt, diese Koalition fortzusetzen. Das ist eine Tatsache, und auch wenn das heute immer wieder anders dargestellt wird, war das so vereinbart.

Dann ist die zusätzliche Forderung gekommen: Nein, Kickl darf nicht Innenminister bleiben, und das Innenministerium darf überhaupt nicht in FPÖ-Hand sein. Das ist da­nach gekommen. (Ruf bei der FPÖ: So ist es!) Es gab davor diese Vereinbarung, des­wegen ist auch Strache einfach zurückgetreten und hat auch in seiner Erklärung am Samstag um 12 Uhr Mittag gesagt: Um diese Regierung nicht zu gefährden, trete ich zurück und ziehe mich zurück! – Das ist kein kleiner Schritt für einen Vizekanzler und Parteiobmann, auch in Ansehung aller anderen Dinge. So war es also.

Dann wurde verlangt, dass Kickl zurücktritt, Kickl hat es nicht gemacht und Kickl wurde abberufen. (Abg. Kassegger: Rausgeschmissen!) Das war eine einmalige Situation in dieser Republik. Das war nämlich der einmalige Schritt, der dann dazu geführt hat, dass es Misstrauen gegen die letztendlich ausschließlich von der ÖVP besetzten Mi­nisterien gegeben hat. Das war der Schritt, und das darf man hier nicht wegwischen und vergessen. Es geht nicht darum, dass man jetzt Schmutzwäsche wäscht oder sonst etwas, aber man muss die Dinge schon wirklich beim Namen nennen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Punkt fehlt mir völlig: Es wird hier aus dem Video zitiert – auch Kollege Gerstl hat zitiert, ich weiß jetzt nicht, ob er das Video kennt –, jeder zitiert irgendetwas. Tatsache ist, es sind 7 Minuten bekannt. Ich weiß nicht, ob Kollege Gerstl mehr gesehen hat. Mir und keinem von uns war es bis jetzt möglich, mehr als den 7-Minuten-Ausschnitt von 7 Stunden zu sehen. Der eigentliche Skandal ist meines Erachtens, dass hier kein Mensch darauf hinweist, wie dieses Video zustande gekommen ist, unter welchen Um­ständen es veröffentlicht wurde und was das in Wahrheit bedeutet. Das ist in Wahrheit ein demokratiepolitischer Skandal.

Es ist da offensichtlich mindestens ein halbes Jahr lang eine eindeutige Falle vorberei­tet worden, und dann wurden heimlich Ton- und Bildaufzeichnungen gemacht. Das ist der schlimmste Eingriff in die Privatsphäre, den es gibt. (Abg. Scherak: Da stimmt ihr immer mit!) Wir kennen den großen Lauschangriff, es gibt jedes Jahr einen Bericht über den großen Lauschangriff. Wenn die Polizei mit richterlicher Genehmigung heim­lich Bild- und Tonaufnahmen macht, braucht man einen richterlichen Befehl dafür; das wird im nächsten Jahr berichtet, und es wird geschaut, ob diese Maßnahmen zu weit gegangen sind.

In diesem Fall wurde das heimlich gemacht, es wurde heimlich in ärgster, in gröbster Weise in die Privatsphäre eingegriffen, das Ganze eben noch vorbereitet. Dann wurde das zwei Jahre lang liegen gelassen, um es eine Woche vor einer Wahl zu zünden. Wir hatten hier große Diskussionen, dass es ein wesentliches Problem ist, dass die Wah­len in Europa möglicherweise durch Fake News aus Russland manipuliert werden könnten. Es war ein großes Thema, dass man da aufpassen muss. Na was war denn das? – Das war ja wohl die Manipulation schlechthin, zwei Jahre zu warten, um es dann zu zünden, um eine Wahl zu manipulieren! Und sie ist dadurch definitiv verändert worden.

Das war also der Tabubruch, der hier passiert ist. Das bringt hier kein Mensch zur Sprache, sondern man amüsiert sich nur darüber und nimmt geradezu wohlwollend zur Kenntnis, dass man damit Strache zu Fall gebracht hat. – Ja, wunderbar, da sind ja alle Mittel recht! Da denke ich ja gar nicht mehr darüber nach, was es in Wahrheit be­deutet, was hier gemacht wurde! Das ist ein Punkt, den ich als echten Skandal empfin­de, dass man hier zur Tagesordnung übergeht, dass Journalisten das als investigati­ven Journalismus bezeichnen, wenn sie nicht einmal recherchieren, wie das Video ent­standen ist und was in den 7 Stunden Material wirklich alles enthalten ist, was vielleicht aus dem Zusammenhang gerissen ist, was in Wirklichkeit durch eine Fragestellung entstanden ist, bei der vielleicht der zweite Halbsatz fehlt und so weiter.

Das ist in Wirklichkeit der Skandal, und dass hier kein Mensch darauf hinweist, finde ich tatsächlich enttäuschend, damit habe ich nicht gerechnet. Ich verstehe, dass es ge­nug Leute gibt, die hier sitzen, die sich vielleicht darüber freuen und das schön finden, dass diese Regierung in die Luft fliegt, aber nicht, dass man nicht darüber hinausgeht und sagt, das ist ein Tabubruch, der könnte in ähnlicher Weise jederzeit passieren, wenn das in Kauf genommen wird, dass man in die Privatsphäre eindringt, Bild- und Tonaufnahmen macht, daraus etwas produziert und das dann auf Halde legt, wenn es passt. Das ist doch ein unglaublicher Zustand, davor müssen wir uns doch fürchten, weil das die Demokratie in Wirklichkeit auch infrage stellt und weil es auch für die Zu­kunft eine Sprengkraft hätte. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zum eigentlichen Antrag: Es geht darum, wann der Wahltermin gesetzt wird. Da­rüber kann man natürlich diskutieren. Ich würde meinen, das ist keine große Frage, ob das jetzt ein Schulterschluss ist. In diesem Fall werden Blau und Rot gemeinsam stim­men, es gibt genug andere Themen abseits der ehemaligen Regierungsarbeit, bei de­nen wir mit der ÖVP oder auch mit anderen Fraktionen stimmen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es keinen Sinn macht, im Sommer Wahlkampf zu führen, denn tatsächlich sind die Menschen üblicherweise während der Schulferien nicht in ih­ren Heimatorten oder mit den Gedanken woanders. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Daher haben wir es für sinnvoll erachtet, dass der Wahlkampf im Wesentlichen Anfang Sep­tember beginnt und Ende September die Wahl stattfindet. Das ist in Wirklichkeit quasi auch der nächstmögliche Termin, ohne es jetzt auf eine Woche festzulegen. Dass da­raus eine große Sache gemacht wird, verstehe ich tatsächlich nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wenn man wirklich einen kurzen Wahlkampf will, kann das jeder für sich so handha­ben. Soviel ich weiß, hat die ÖVP jetzt schon begonnen – Sie können das ja noch ein­mal bremsen und Anfang September noch einmal starten, wenn das wirklich das Pro­blem wäre. Wir werden es jedenfalls so handhaben. (Beifall bei der FPÖ.)

13.34

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Meinl-Reisin­ger. – Bitte schön.