13.34

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich glaube, jeder wird sich wahrscheinlich genau an den Moment und an den Ort er­innern können, an dem er war, als er zum ersten Mal das Ibizavideo gesehen hat. Herr Kollege, ich gebe Ihnen völlig recht, ich möchte auch nicht, dass es jetzt Einzug hält, dass man am laufenden Band versucht, Politiker mit geheimen Kameras in Fallen zu locken, und mich würde es sehr interessieren, wer das Video in Auftrag gegeben hat und wie das Ganze abgelaufen ist.

Es gibt aber ein großes Aber: Die Herrschaften, die darauf zu sehen sind, sind schon auch noch selbst verantwortlich für das, was sie gesagt haben, denn nicht jede Politi­kerin oder jeder Politiker würde solche Sachen von sich geben. Gott sei Dank! Das ist wohl völlig klar. (Beifall bei den NEOS.)

Dieses Video hat ja innerhalb von Sekunden nicht nur in Österreich Verbreitung gefun­den, sondern weltweit. Wir sehen hier zwei Politiker, die ganz offen – man kann sagen deppert, aber offen, man kann auch sagen bsoffen, aber trotzdem offen – davon reden, dass sie zur Korruption bereit sind. Das ist keine bsoffene Gschicht, das ist nicht damit zu legitimieren, wie das zustande gekommen ist. Der Vizekanzler der Republik Öster­reich sagt in diesem Video mehr oder weniger klar, dass er zur Korruption bereit ist. (Abg. Stefan: Haben Sie es gesehen?) – Ja, ich habe es gesehen! (Abg. Schimanek: Das ganze Video?) Er ist zur Korruption bereit: Machen Sie eine Firma, und dann ma­chen wir das schon mit den Auftragsvergaben! – Das haben alle gesehen, und das ist das Problem. (Abg. Stefan: Vor zwei Jahren war das! Was ist da passiert?)

Wissen Sie eigentlich, was das für eine Beschämung ist, nicht nur in Österreich, son­dern auch im Ausland? Man fragt: Was für ein Bild gibt die Politik da ab? Die Leute fra­gen: Ja Entschuldigung, was ist denn bei euch los? Das ist euer Vizekanzler, der so in dem Video auftritt? – Das haben Sie zu verantworten, und Sie können sich nicht aus der Verantwortung stehlen, indem Sie sagen: Na ja, das war eine bsoffene Gschicht! Das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei den NEOS.)

Das hat aber auch die ÖVP mitzuverantworten. Ich habe auch nicht gewusst, dass so etwas auftaucht, muss ich sagen, das hat sich, glaube ich, niemand denken können. Es gibt aber beispielsweise die Beziehungen zu Russland und die Fragestellung, ob wir mit unseren Gesetzen in Österreich gut genug aufgestellt sind, damit wir verhin­dern, dass es eine Finanzierung über dunkle Kanäle aus Russland gibt. (Abg. Stefan: Deripaska!) Genau diese Frage habe ich hier am Tag, bevor das Video aufgetaucht ist, gestellt. Genau diese Frage habe ich an den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz gestellt, und Sie haben sie abgeschasselt. (Abg. Jarolim: Wie in einem Drehbuch!) Von den Beziehungen der FPÖ nach Russland, der Frage der Finanzierung über dunk­le Kanäle und, ehrlich gesagt, auch sonstigen durchaus bekannten Korruptionsfällen, die in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen sind, hat die ÖVP gewusst. Sie ist sehenden Auges in dieses Desaster gegangen und hat in Kauf genommen, dass dieser Schaden an der Reputation Österreichs passiert. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll.)

Ich habe damals gleich gesagt, aus meiner Sicht sind Neuwahlen unausweichlich. Ich verstehe Kollegen Noll und seine Argumentation schon, aber aus meiner Sicht sind Neuwahlen unausweichlich, weil ich auch darauf dränge, dass die Österreicherinnen und Österreicher sich jetzt, in den nächsten Monaten ein Bild davon machen, wer denn wirklich die Lehren aus diesem Video zieht. Das ist mir jetzt am allerallerwichtigsten.

Ich habe das auch am Tag, nach dem das Video aufgetaucht ist, am Ballhausplatz ge­sagt: Die Menschen in Österreich müssen darauf vertrauen, dass in puncto Finanzie­rung von Parteien alles offengelegt ist, dass lückenlos offengelegt ist, wer die Parteien finanziert, woher es überall Gelder gibt, wo Millionen liegen, in welchen Vereinen, Vor­feldorganisationen, Bünden et cetera, womit überall Wahlwerbung gemacht wird. Da­rauf müssen die Menschen vertrauen können, und die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass Menschen an der Macht ausschließlich im Interesse der Men­schen handeln und nicht im Interesse der eigenen Partei, nicht im Interesse der eige­nen Posten und nicht im Interesse möglicher Geldgeber, die es da gibt. (Ruf bei der FPÖ: Haselsteiner!)

Jetzt gibt es die Riesenchance, zu sagen, das ist eine Zäsur in der Republik Öster­reich, in der Zweiten Republik. Jetzt ist wirklich der Zeitpunkt eines Tests, wer es ernst meint damit, ein für alle Mal Regeln zu schaffen, die Transparenz schaffen und die auch Kontrolle ermöglichen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind hier nicht gewählt, um permanent Parteiinteressen voranzutreiben, sondern um die Interes­sen der Menschen zu vertreten. Wir haben uns in so einer Situation sehr wohl hinzu­setzen, zusammenzuarbeiten, zu sagen, wir unterwerfen uns der Kontrolle des Rech­nungshofes, wir unterwerfen uns der Transparenz, und wir sind auch bereit, einen Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung einzuführen – es schaut nämlich ganz an­ders aus, wenn auf einmal die Staatsanwaltschaft einmarschiert und die Bücher kon­trolliert.

Das ist der Test, den es über die nächsten Monate bis zur Neuwahl zu bestehen gilt, damit sich die Österreicherinnen und Österreicher ein Bild davon machen können, wer wirklich bereit ist, diesen neuen Weg der politischen Kultur zu gehen. Von A wie An­stand bis Z wie Zukunft werden wir in den nächsten Monaten die Frage verhandeln, in welche Richtung sich Österreich bewegen soll, und es ist kein Geheimnis, dass wir gerade in puncto offene Gesellschaft, Vielfalt, aber auch Rechtsstaatlichkeit, Demokra­tie und Kontrollmöglichkeiten eine ganz andere Vorstellung haben als die bisherige türkis-blaue Bundesregierung. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

13.40

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Strasser. – Bitte.