14.48

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Präsidium! Ich danke Ihnen, Herr Vizekanzler, dass Sie die Debatte zur Tagesordnung zurückgeholt haben und Ihre Ausführungen aus der gestrigen Ausschusssitzung, die sehr wohltuend waren, hier noch einmal dargestellt haben. Meine Damen und Herren, ich versuche im Kurzen, die Kontrollrechte des Parlaments und die Minderheitsrechte darzustellen.

Wir haben in den letzten Wochen und Tagen nicht nur festgestellt, dass die Verfassung elegant und schön ist, sondern dass sie durchaus auch sehr zweckmäßig ist und Be­stimmungen enthält, die die Kontrolle des Parlaments über die Spitze der Vollziehung – die Minister – sehr gut möglich macht. Das beginnt bei Anfragen an Minister, bei Inter­pellationsrechten, und hört auf bei Misstrauensanträgen, die wir hier zur Genüge miter­lebt haben und von denen einer, der 186., Erfolg gezeigt hat.

Des Weiteren gibt es die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minder­heitsrecht, was ein für das Parlament wesentlich umfangreicheres und besseres Min­derheitsrecht ist, um Dinge aufzuklären und Fragen zu stellen.

Kontrolle, meine Damen und Herren, durch dieses Haus gegenüber der Spitze der Ver­waltung – der Bundesregierung – ist richtig, aber kontrollieren ist nicht gleich anklagen. Beobachten, prüfen und beaufsichtigen darf nicht mit anklagen, mit accusare, gleichge­setzt werden.

Wir leben, wie wir wissen, in einer veränderten Zeit. Kollege Noll hat das gestern auch in der Ausschusssitzung festgestellt. In dieser veränderten Zeit wurde damit begonnen, Politik vor die Gerichte zu bringen. Dies ist nun über 20 Jahre her.

Ein ehemaliges Mitglied dieses Hauses – mittlerweile verstorben – und ein Nochmit­glied dieses Hauses, das heute nicht anwesend ist – ich meine die Herren Haider und Pilz –, haben damals damit begonnen, Gerichte zu gebrauchen, um Politik zu machen. Sie haben insbesondere Staatsanwaltschaften mit Anzeigen, mit Unterlassungsklagen bombardiert und so damit begonnen, ein bisschen zu versuchen, die Politik zu krimina­lisieren. Das ist etwas, wovor ich sehr warne. (Beifall bei der ÖVP.)

Ist einer nämlich einmal angezeigt und ist das schon bei der Staatsanwaltschaft, dann gibt es immer irgendwelche, die schnell die Papiere zur Hand haben und sie, ob sie dürfen oder nicht, vor laufende ORF-Kameras halten. Ist einmal ein bisschen ange­patzt, ist der Fleck auf der Jacke, und den Fleck auf der Jacke kriegt man auch nicht so leicht wieder herunter.

Oftmals, meine Damen und Herren, genügt es ja mittlerweile, einer anderen Meinung zu sein, um diese andere Meinung als Verfehlung – vielleicht sogar strafrechtlich – oder als schlechte Vollziehung darzustellen. Das Referat, Herr Kollege Wittmann, das Sie hier heraußen gehalten haben, unterstreicht eigentlich meine Befürchtung, wohin das Ansinnen dieser Verfassungsänderung – ich betone noch einmal: Es geht um die Abänderung der Bundesverfassung! – zielt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich warne vor dieser Kriminalisierung der Politik. Ich frage – denn die Politik ist ja durch Demokratie Volksvertretung –: Von wem im Volk erwarten Sie dann tatsächlich, meine Damen und Herren, dass er dann noch hier herkommt und sich das antut, wenn er sich sofort vor einem Gericht zu verantworten hat, wenn er einmal vielleicht eine pronon­ciertere oder eine andere Meinung vertritt? – Das kann ja wohl bitte nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Wenn ich mir die zurückliegenden Debatten vergegenwärtige, dann möchte ich sagen, ich will nicht wissen, wie viele der Misstrauensanträge, die hier in diesem Haus in den letzten 18 Monaten abgehandelt worden sind, stattdessen in eine Ministeranklage ge­gossen worden wären und wie lange dieser Minister dann auch in seiner Tätigkeit ge­lähmt gewesen wäre; Kollege Gerstl hat das richtigerweise so ausgeführt.

Meine Damen und Herren! Es ist auch eine Frage der Gewaltentrennung, denn Ge­setzgebung ist nicht Justiz. Wenn sich, wie es in diesem Antrag begründet ist, eine Minderheit des Hauses dazu aufschwingt, festzustellen, was denn eine ernsthafte Ver­letzung der Pflichten ist, und damit Anklage vor dem VfGH gegen einen Minister er­hebt, dann vermischt sich die Gewaltentrennung, die für unsere Verfassung immer ein wesentlicher Punkt und nach wie vor das Grundgerüst dieses Staates ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich erspare es mir, alle weiteren rechtlichen Verfahren, die es gibt, um auch Minister, die Gott sei Dank normale Menschen sind und sein sollen und die man nicht über weitere Verfahrensrechte diskriminieren soll, zu belangen, auf­zuzählen. Eines ist jedenfalls sicher: Es gibt genug Kontroll- und Minderheitsrechte. Das, das Sie hier vorschlagen, ist untauglich. (Beifall bei der ÖVP.)

14.53

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Jarolim zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)