9.55

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Sehr geehrte Frau Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es freut mich sehr, als Leiter der österreichischen Delegation in der Parlamentarischen Versamm­lung Sie, Frau Präsidentin, in unserer Mitte auch meinerseits willkommen heißen zu dürfen.

„Ich will nun die Aufgaben, die vor Ihnen stehen, zusammenfassen. Unser beständiges Ziel muss sein, die Vereinten Nationen aufzubauen und zu festigen. Unter- und inner­halb dieser weltumfassenden Konzeption müssen wir die europäische Völkerfamilie in einer regionalen Organisation neu zusammenfassen, die man vielleicht die Vereinigten Staaten von Europa nennen könnte. Der erste praktische Schritt wird die Bildung eines Europarates sein.“

Das sagte Winston Churchill am 19. September 1946 in Zürich in seiner relativ be­rühmten Rede an die akademische Jugend, wie er es damals genannt hat.

Heuer feiert der Europarat sein 70-jähriges Bestehen. Er wurde gegründet, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt Europas voranzutreiben. Er stand, wenn Sie so wollen, an der Wiege der europäischen Integration, und es war wahrscheinlich auch kein Zufall, dass im Wirtschaftsausschuss des Europarates bereits ein Antrag lag, der die Absicht verfolgte, eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die spätere EGKS, die Montanunion, zu gründen, also die gemeinsame Verwaltung jener Produkte vorzunehmen, die zum Kriegführen gebraucht wurden.

Die Historiker sind sich nicht ganz einig, aber der frühere Generalsekretär Walter Schwimmer hat das erst kürzlich bei einer Veranstaltung hier im Haus erzählt, dass es die Briten waren, wegen denen es damals nicht dazu kam, dass diese EGKS im Rahmen des Europarates gegründet wurde, sondern außerhalb. Die Geschichte ist Legion, daraus entwickelten sich die Europäische Gemeinschaft und die Europäische Union.

Heute sind 47 Staaten Mitgliedstaaten des Europarates, nur der Kosovo, Weißrussland und der Vatikanstaat sind nicht Mitglieder des Europarates. Im Europarat sind nicht nur die Regierungen repräsentiert, sondern tatsächlich eben auch die Parlamente, und damit sind, glaube ich, der Europarat und die Parlamentarische Versammlung so etwas wie eine europäische UNO.

Das Konventionsrecht ist auch einzigartig, ist ein einzigartiges Rechtsinstitut, das weltweit, glaube ich, auch noch keine Nachahmung in ähnlicher Form gefunden hat. Wir haben 220 Konventionen. Die wichtigste dieser Konventionen ist zweifelsohne die Europäische Menschenrechtskonvention – neben vielen anderen Themenbereichen wie Antidiskriminierung, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit, Kinderrechte, Kultur, Ge­sundheit, Gentechnik und Demokratie. Das System, das die Überwachung der Euro­päischen Menschenrechtskonvention vorsieht und seine Spitze im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte findet, ist schon etwas ganz Besonderes.

So ist es ein Erfolg des Europarates, dass es zur Abschaffung der Todesstrafe in praktisch ganz Europa kam. Erst im April 1983 wurde das Protokoll zur EMRK aufge­nommen, das als Bedingung, um Mitglied werden zu können, vorsah, dass es keine Hinrichtungen mehr gibt, und das ist seit 1997 in allen Mitgliedstaaten des Europarates der Fall.

Der Präsident des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, Guido Raimondi, hat erst kürzlich in einer Präsidiumssitzung des Europarates davon gesprochen, dass immerhin 95 Prozent aller Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Men­schenrechte in den Mitgliedstaaten auch umgesetzt werden und damit der gesamten Bevölkerung dieser Mitgliedstaaten dieser Zugang eröffnet wird, was unglaublich wichtig ist. Das sollten wir auch bedenken, wenn wir nächste Woche im Rahmen der Parlamentarischen Versammlung über die Frage Russland zu entscheiden haben.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich am Ende dieser kurzen Rede nach bald 25-jähriger Zugehörigkeit zum Haus auch die Gelegenheit nütze, Danke zu sagen. Meine erste Rede vor dem Hohen Haus habe ich zur Ratifizierung des Bei­trittsvertrags zur Europäischen Union gehalten. Insofern ist es eine schöne Fügung, heute anlässlich der 70-Jahr-Feier des Europarates zu Ihnen sprechen zu dürfen.

Ich bin 1993 schon in den ÖVP-Klub gekommen, damals als Bundesobmann der Jungen Volkspartei, 1994 wurde ich Abgeordneter, damals als jüngster. So möchte ich, wenn Sie gestatten, nach bald zweieinhalb Jahrzehnten ein paar Personen ein Danke­schön sagen. Ich danke Erhard Busek, dass er mich damals in den Nationalrat geholt hat. Schon ein Jahr später – Legislaturperioden sind ja manchmal etwas kürzer als von der Verfassung vorgesehen – war es dann Wolfgang Schüssel, der mich wieder in den Nationalrat holte.

Ich danke meinen Landeshauptleuten Krainer, Klasnic und Schützenhöfer, dass sie mir über zweieinhalb Jahrzehnte das Vertrauen geschenkt haben. Ich möchte doch darauf hinweisen, dass es mir erst 2017 gelungen ist, ein Grundmandat zu erkämpfen. Wir waren ja manchmal auch weniger, derzeit sind wir ein bisschen mehr, und wir hoffen, wir können das fortsetzen.

Ich möchte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlaments danken, und zwar tatsächlich von den Direktoren bis zur Haustechnik. Ich habe mich in diesem Haus immer exzellent betreut gefühlt. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Klub. Ich danke meinen parlamentarischen Mitarbeitern, die mich in all den Jahren begleitet haben. Und last, but not least danke ich meiner Familie, meinen Eltern, die zu früh verstorben sind, meiner Frau, meinen Kindern, dass sie diesen Weg bis hierher mit mir gegangen sind.

Es lebe unsere Heimat, die Republik Österreich, in einem geeinten, friedlichen Europa! Ein steirisches Glückauf! – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

10.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Zweite Präsidentin Doris Bures, die ebenfalls im Europarat engagiert unsere österreichischen Anliegen vertritt. – Bitte, Frau Präsidentin.