9.54

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Wenn eine nachhaltige Budgetpolitik so definiert wird, dass ein Nulldefizit und ein Ende des Schuldenmachens in den Mittelpunkt der Budgetpolitik gerückt werden, dann muss ich als Ökonom heftig widersprechen. (Beifall bei JETZT. – Abg. Hanger: Ihr Linken!)

Wer an dem neoliberalen Dogma des Nulldefizits festhält und dieses sogar heute noch durch einen Beschluss über eine Schuldenbremse im Verfassungsrang anreichern will, der zeigt, dass er nicht verstanden hat, dass ein Nulldefizit und das Ende des Schul­denmachens keine Ziele einer an Mensch und Natur ausgerichteten Budgetpolitik sein können. (Beifall bei JETZT.)

Es sind bestenfalls Instrumente, aber auch als Instrumente sind sie aus ökonomischer Sicht kontraproduktiv, ja sogar falsch. Diese Politik des Nulldefizits wird auch dann nicht richtiger, wenn es durch die ÖVP, durch schwarze Finanzminister, durch die FPÖ, durch die Europäische Union mantraartig immer wieder wiederholt wird. Werfen wir einen Blick auf die Budget- und Wirtschaftspolitik seit der Finanzkrise 2008, so können wir festhalten, dass diese Politik völlig versagt hat. (Beifall bei JETZT.)

Sie hat uns eine lange Phase der Stagnation beschert, sie hat uns ein verlorenes Jahr­zehnt beschert. Betroffen waren insbesondere die Länder des Südens, als Parade­beispiel können wir Griechenland anführen. Diese Politik des Neoliberalismus, diese Nulldefizitpolitik hat dazu geführt, dass die Arbeitslosigkeit in allen europäischen Ländern gestiegen ist und dass sich die Armut dramatisch erhöht hat.

Wenn Sie heute nun den Beschluss fassen wollen, meine Damen und Herren von der ÖVP, der FPÖ und den NEOS, die Schuldenbremse im Verfassungsrang zu verankern, dann begehen Sie einen sehr großen Fehler. Wir haben eine Schuldenbremse auf einfachgesetzlicher Ebene, wir haben Budgetregeln, wir haben das Haushaltsgesetz. Es gibt en masse Regeln, die sicherstellen, dass man eine Budgetpolitik führen kann, die langfristig auch einen stetigen Pfad einer Schuldenentwicklung zeichnen kann. Wer eine Schuldenbremse im Verfassungsrang verankern möchte, der zeigt meines Erachtens aber auch, dass er verantwortungslos handelt, denn wir müssen nur einen Blick in die Bundesrepublik Deutschland werfen, dort gibt es eine solche Schulden­bremse. Und in der Bundesrepublik Deutschland gibt es – meine Damen und Herren, bitte verfolgen Sie das ein wenig, bevor Sie diesen Beschluss fassen – eine heftige Debatte darüber, diese Schuldenbremse aus gutem Grund wieder abzuschaffen: weil sie in den Ländern, aber auch in den Gemeinden zu einem Investitionsrückstau geführt hat, der dank der Schuldenbremse nicht gelöst werden kann. Überlegen Sie sich diesen Schritt sehr, sehr, sehr gut! (Beifall bei JETZT.)

Werfen wir nun einen Blick auf die Budgetpolitik der vergangenen zwei Jahre, die hier so hochgehalten wurde! Was hat sie uns gebracht? – Na ja, dank einer guten Konjunktur ist es möglich gewesen, gute Budgetzahlen zu schreiben, das ist richtig; die Arbeitslosigkeit ist gesunken, das ist richtig; aber die Konjunktur lässt nach, und schon gegen Ende des Jahres wird die Arbeitslosigkeit wieder steigen – sie ist insgesamt nach wie vor zu hoch. Die Zahl der von Armut Betroffenen ist zu hoch, die Zahl der Armutsgefährdeten in unserem Lande ist zu hoch, und dazu hat diese Defizitpolitik, das Dogma des Nulldefizits, erheblich beigetragen. (Beifall bei JETZT.)

Dazu kommen natürlich auch Maßnahmen, die diese Regierung gesetzt hat, beispiels­weise die Kürzungen im Bildungsbereich, die Kürzungen bei der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland, aber auch Kürzungen von Transferleistungen für Kinder im Rah­men der Sozialhilfe (Abg. Wöginger: Was ist mit dem Familienbonus?), der Familien­bonus, der vielen Menschen überhaupt nicht zugutekommt. Ja, das müssen Sie auch einmal dazusagen, das haben Sie nicht gesagt (Abg. Wöginger: Gehen Sie mal hinaus zu den Leuten!), sagen Sie es dazu! (Abg. Wöginger: Aus Ihrem Wahlkreis? Ein Bundesmandat hat er!) – Herr Kollege Wöginger, diese Regierung hat mit ihrer Politik dazu geführt, dass sich die Spaltung der Gesellschaft beschleunigt hat, die Kluft zwischen Arm und Reich größer und nicht kleiner geworden ist. Daher braucht es meines Erachtens einen Paradigmenwechsel in der Budgetpolitik: weg von null Defizit, hin zu null Armut! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

9.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Bun­desrealgymnasiums Hallein, die aus Salzburg zu uns gekommen sind, recht herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und JETZT sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte. (Abg. Martin Graf: ... deine Abschiedsrede?)